Die Platten wogen schwer in den Händen von Jul und Ivan als Prudence ihnen die Metallplatten reichte.
Ihre Knie knackten ob der ungewohnten Art zu sitzen, doch sie hatte einen Familienruf zu verteidigen und biss die Zähne zusammen, um ja keinen Klagelaut entkommen zu lassen.

Jul und Ivan assistierten ihr so gut es ging, hatten sie doch die schwere Last der Platten zu tragen und zu halten, während sie im Pool standen und die alte Dame schraubte.

In der Zwischenzeit warfen sich die anderen Überlebenden unter dem mehr improvisierten Kommando von Gabriel gegen die Seile und zogen so das Boot vorsichtig in immer seichtere Gewässer, nicht zu weit jedoch, liefen sie doch in Gefahr, das Boot sonst nicht mehr rechtzeitig flott zu bekommen. Matt und Nathan stöhnten unter der Last, gaben jedoch keine Sekunde auf, auch David und Gunther nicht.

Die Uhr zeigte 23:00 Uhr an, wenn die Reparatur nur eine Minute länger dauerte, wären die Folgen nicht abzusehen und katastrophal.

Weiterhin unterstützt von Jul und Ivan stapfte Prudence dann zum Heck der Heather, das verbogene Ruder, das so erbärmlich und verbogen am Boot hing, jagte ihnen eine Gänsehaut über den Rücken, wussten sie doch, dass ihnen die Zeit davonlaufen würde.
Lexi und Suparman sahen sich ernst an und schulterten dann ihre Waffen. Sie gingen nur wenige Schritte vom Boot weg, genug jedoch, um die anderen beschützen zu können. Als erste Welle gegen einen ihnen vollkommen unbekannten Feind. Zum ersten Mal seit ihrer Flucht wussten sie nicht was sie erwarten würde, eine Bombe, Untote oder gar das von Millens erwähnte Gas. Celina und Dolores reichten den Dreien in regelmäßigen Abständen nasse Tücher, so konnten sie sicherstellen, dass zumindest das Gas sie möglicherweise nicht sofort töten würde.

Heftig krachte die Ruderplatte in das seichte Wasser und unterstützt vom Mondlicht und geisterhaften Helfern, die dankbarerweise Fackeln improvisiert hatten und hielten, reparierten die Drei das Ruder. Zäh. Langsam. Im Rennen gegen die Zeit.
Es war Mitternacht und Ivans Hände bluteten bereits leicht vom Halten des schweren Metalls, doch knurrend biss er die Zähne zusammen und schien sich nicht über den Schmerz zu ärgern, sondern mehr über die Tatsache, dass er mit blutig-rutschigen Händen das improvisierte Ruder nur würde schwerer halten können.

Dolores hatte sich mittlerweile zu den Anderen der ersten Verteidigungslinie gesellt und hielt ihre neu erworbene Schrotflinte auf den Dschungel gerichtet, vage in Richtung des Wartungshäuschens, die Vier konnten förmlich spüren, wie der Dschungel sich verfinsterte und sein Wind war wie das Atmen der grünen Hölle, die Schrecken gebären und auf sie speien wollte.

Es musste nun weit nach Mitternacht sein. Ölverschmiert und vollkommen erschöpft ließ Jul die letzte Schraube einrasten und Prudence hieb sie mit einem beherzten Hieb ihrer Zange fest. Die Arbeit war Flickenwerk, weder hübsch anzusehen, noch würde auch nur Jemand mit einem Funken Vernunft im Herzen darauf wetten, dass es funktionieren würde. Doch es musste, alles andere wäre das Todesurteil für die Überlebenden.
Und dann, einem unsichtbaren Signal folgend, war es zwei Uhr geworden. Keine Kirche schlug, kein Glockenklang, nur furchtsam wie gleichermaßen entschlossene Blicke, die getauscht wurden.


Und dann begann der Dschungel im Norden zu leben!
Pflanzen wurden niedergetrampelt von verwesenden Füßen, sie Meute der hungrigen und gierigen Untoten stolperte fast übereinander, im Versuch, so schnell sie nur konnten, den Weg zu den Überlebenden zu überbrücken und sie zu töten.
Fast unisono brüllte die erste Verteidigungslinie das Alarmsignal und schon bellten die wenigen Feuerwaffen los, die sie ihr eigen nannten. Gabe warf sich das Seil über und rannte gezielt, mit Wut im Blick über den Steg, bereit, das Boot wieder ins tiefere Wasser zu ziehen.

Und fast alle folgten ihm, warfen sich gleichermaßen gegen die Seile, zogen um nichts weniger als um ihr Leben. Wütend und entschlossen, den Schmerz des in das Fleisch schneidenden Seiles ignorierend. Lichtblitze von den Waffen gaben der Szene etwas Surreales, Prudence stand mit Leo oben am Steuer und sie wartete voll Bangen darauf, kein Knirschen mehr unter dem Rumpf zu hören, sondern das wohltuende leise Gluckern von Wasser – doch bange Sekunden verstrichen, wie Knochenmehl klang der Sand, der unter dem Bug entlangstrich, während die Überlebenden sich in der Pier festbeissend gegen das Seil stemmten.
Und dann war es soweit – mit einem Ruck war das Schiff frei, der Motor jaulte auf.

Die Verteidigungslinie zog sich zurück, die Untoten im Rücken, die vor Hunger schreiend und sabbernd hinter ihnen waren. Herbeieilende Überlebende halfen den Verteidigern und denen, die noch mit dem Seil beschäftigt waren nach oben, in dieser Sekunde, so schien es, war Jeder für den Anderen da.

Und Prudence betätigte den Anlasser. Gurgelnd und fauchend kam der Motor, die Schraube kam in Gang. Jeder schien an Bord zu sein und die alte Dame bewegte das Ruder.

Ein leises Knirschen.

Ein lauteres Knarzen.

Das Aufjaulen der Untoten vor Hunger, die den Strand und das Wasser erreicht hatten.

Und das Boot glitt mit einwandfreier Manövriertechnik aus der Gefahrenzone. Ungläubig und ein letztes Mal blickten die Überlebenden auf die G-Anlage, die schnell in der Dunkelheit verschwand.
Mitsamt ihren vielen, ungelösten, verborgenen und dunklen Geheimnissen…
Doch sie alle hatten ein weiteres Mal überlebt! Ausnahmslos. Alle.