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Ritter
Ivan stand am Bug des Schiffes und sah in Fahrtrichtung auf die weite, offene See hinaus. Er lächelte und war äußerst zufrieden, während er sein geputztes Kampfmesser zurück in die Messerscheide unter seinem Mantel gleiten ließ. Mit dem Lappen in seiner Hand und einem Spritzer eines Reinigungsmittels machte er sich nun daran, den Hammer von dem Blut, den feinen Knochenstückchen, dem Blut und den Gehirnteilen der erlegten Untoten zu säubern. Er schüttelte hin und wieder den Lappen über dem Bordrand aus, damit der ganze Dreck über Bord ins Wasser fiel. Auch eine Tube mit Reinigungspaste für die Hände hatte er aufgetan, um seine Hände nach der Waffenpflege zu säubern. Dabei dachte er zurück an die Verteidigung des Steges.
[Rückblende]
Ivan stand am Steg mit dem Messer in der Rechten und dem Hammer in der Linken. Die Untoten kamen immer näher an ihn heran geschlurft, während er von seinen Hinterleuten nichts hörte. Dem ersten schlug er mit dem Hammer in den Schädel und stieß das Messer gekonnt links das Brustbein entlang in den Torso, riss beide Waffen heraus und stieß den Untoten zurück, wo dieser um fiel und einige mit sich zu Boden riss. Er blieb regungslos liegen, während andere dahinter versuchten, über die am Boden liegenden zu steigen. Verstand war es nicht, was die Untoten ausmachte, da sie entweder stolperten und ihrerseits übereinander fielen oder seitlich vom Steg hinab ins Wasser stürzten, wo sie sich noch aufrichten konnten, wenn es nicht all zu tief war.
Ivan konnte seine Stellung recht problemlos halten und drei der Untoten auf die beschriebene Art und Weise außer Gefecht setzen, ehe sein Name von hinten gerufen wurde und er den Steg zurück zum Schiff eilte. Alle waren sie bereits an Bord und er als letzter machte die Quasi-Besatzung komplett. Ein Untoter war ihm gefolgt, der schneller als die anderen zu Fuß unterwegs war, doch mit einem gemeinsamen Kraftakt mit einem anderem Mann war es ein relativ leichtes Unterfangen gewesen, diesem Untoten auf die harte Tour klar zu machen, dass er nicht schwimmen konnte.
[Ende der Rückblende]
Der Hammer war inzwischen gesäubert und getrocknet und wanderte an den Gürtel, den Ivan um seine Cargo-Hose trug. Den Lappen seinerseits ließ er in den Eimer mit der angesetzten Reinigungslösung fallen und wusch ihn dort aus, ehe er das Waschwasser ins Meer kippte, nur um frisches Wasser mit einem Eimer und einem Seil an Bord zu holen und seine Hände mit der Reinigungspaste zu säubern. Als er auch das Wasser zurück ins Meer kippte, mit dem er seine Hände abgewaschen hatte, sah er eher zufällig einige Fische im Wasser schwimmen. Tja, es wäre wohl praktisch, wenn sich die Fische einfach so mit einem Eimer und einem Seil fangen ließen. Damals in seiner Kindheit im Ural hatte er Speerfischen gelernt, doch ist das mehr als fünfzig Jahre her und... nun... er hatte sich zu seiner Zeit als Soldat und Söldner anders mit Nahrung versorgt. Außerdem konnte er nicht mit einer Angel umgehen, wenn er denn eine hätte. Doch wer weiß, vielleicht hätte er ja Talent dazu, Fische zu fangen. Sie auszunehmen sollte kein Problem darstellen, das hatte er als Söldner auch öfter einmal gemacht, wenn einer aus der Gruppe Fische gefangen hatte. Und mit dem gesäubertem Messer sollte das auch kein nennenswertes Problem darstellen.
Doch, so im Nachhinein betrachtet, kam es ihm eigenartig vor, dass das Schiff quasi reisefertig dort angelegt war, voll aufgetankt und bereit zur Abfahrt. Sicher gab es auch in Russland reiche Menschen mit Yachten, die sie auch pflegten, doch war die Yacht quasi ungesichert am Strand und das kam ihm dann doch etwas eigenartig vor. Theoretisch, so glaubte er, hätte so ziemlich jeder mit genügend Fingerspitzengefühl und einem gewissem Talent zum Schleichen sich des Schiffes bemächtigen und das Weite suchen können, Untote hin oder her. Zur Not hätten es zwei oder drei gemeinsam planen und umsetzen können. Auf der anderen Seite war es auch ganz gut so, dass es niemand vor ihnen getan hätte. Was sie wohl als Alternative hätten tun können, wenn das Schiff nicht mehr da gewesen wäre? Nein, daran wollte Ivan nun wirklich nicht denken.
Die Reise würde sie nach China führen und schon hatte Ivan diesen einen chinesischen Söldner in Erinnerung, diesen Dr. Q. Huaong, mit dem er einige Missionen zu erfüllen hatte und der Ivan schon vier Mal Kugeln aus dem Körper geholt und starke Blutungen gestillt hatte, und das quasi mitten in einem Gefecht, während Ivans Neffe neben ihm in Deckung kniete und Feuerschutz gab, nur um nach der Wundversorgung von Ivan selbst abgelöst zu werden. Was wohl aus Diesem Dr. Huaong geworden war? Ivan wusste nur, dass er etwa einen Monat vor ihm die Söldneragentur verließ und nach China zurück kehrte. Und wie er mit seinen Nahkampfkünsten und Wurfmessern aus dem Nichts heraus den Feind von hinten hoch nahm, während Ivan und die anderen aus der Gruppe von vorn den Feind in Schach hielten und einen nach dem anderen ausschalteten. Waren das noch Zeiten früher. Und jetzt? Wieder dachte er daran, dass es nicht die cleverste Idee war, beim Antritt des Ruhestands die RPK74 abzugeben. Tja, wenigstens das Kampfmesser zu behalten war die richtige Entscheidung. Allerdings wunderte es ihn doch ein wenig, dass er weder die alte Dame, noch das Mädchen gesehen hatte, für die er maßgeblich für Deckung gesorgt hatte. Überlebt hatten sie, das hatte ihnen dieser eine Mann gesagt, mit dem er gemeinsam den Untoten in der See versenkte, doch gesehen hatte er sie nicht. Und verletzt konnten sie auch nicht sein, da kein Untoter durchgekommen war. Nun, vielleicht machte er sich auch nur unnötig sorgen.
Ivan verschränkte die Arme vor sich und sah in den Abendhimmel vor sich, wo die See noch endlos schien. Er war müde, doch wollte er sich noch nicht zur Ruhe begeben. Auch wenn die See ruhig war fragte er sich, ob denn das, was die Menschen zu Untoten machte, nicht irgendwann auf Tiere über greifen würde. Wenn Untote wirklich tot sind lockte dies sicher irgend welche Aas fressenden Vögel an, die vom Fleich der Toten zehrten. Und diese Vögel wiederum würden ihrerseits zu Untoten werden und diese Seuche weiter verbreiten. Zumindest hielt er diesen Gedanken für halbwegs plausibel. Sein Neffe hatte ihm einmal von einem Kinofilm erzählt, in dem so etwas gezeigt wurde, nur an den Titel konnte er sich nicht erinnern. Irgend etwas mit "Evil" im Titelnamen, doch das war nicht sonderlich wichtig.
Was wichtig war, war fürs erste ein Plan, wie man denn relativ zeitig an frischen Proviant kommen könnte. Doch das wäre eher etwas für den kommenden Tag. "Я надеюсь, мы создаю его к Китаю" (Ich hoffe, wir schaffen es nach China) murmelte er, mit verschränkten Armen und Blick in Fahrtrichtung des Schiffes, den Abendhimmel betrachtend. Auch, weil Mütterchen Russland - beziehungsweise das, was noch davon übrig war - sich auf dem selben Kontinent befand und dort, sollten er und seine Begleiter Glück haben, er noch reichlich Kontakte zu alten Militärfreunden hatte, die ihm reichlich Gefallen schuldeten.
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