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The Big Guns
"Somewhere~ Beyond the sea - Somewhere waiting for meeeee~"
Lexi sang unfassbar beschissen, aber zumindest so leise, dass sonst niemand es hören konnte (hoffte sie wenigstens). Sie mochte Seefahrten, auch wenn sie selbst bisher eher weniger dazu gekommen war in den letzten Jahren. Und die letzte Seefahrt fand in einem Schiff statt, dessen Inneres nach Schweiß, Blut und Füßen stank. So allerdings - das war angenehm. Sie mochte das Sonnendeck, auch wenn sie aus hygienischen (und blasenentleerungstechnischen) Gründen jeden Moment dazu gezwungen war, ins Innere zu spazieren. Aber solange...
"And watches the ships, that go saaaa-aaaailin'~"
Diese stille Geräuschkulisse war ohrenbetäubend, aber schön. Nur das Rauschen des Meeres, das Blubbern des Motors, das hier und da entfernt hörbare Geschnatter der anderen - jupp, so konnte es bleiben. Sie wünschte es sich zumindest. Nur faulenzen und darauf hoffen, dass die Piraterie nicht durch diese ganze "doofe Zombiesache" irgendeine Art Aufschwung gewann. Ab und an kurz an Land um Kram zu holen und ZACK zurück aufs Boot. Gute Idee. Aber es war unmöglich - nicht solange er da draußen war. Und solange das Militär wahrscheinlich auf sie Jagd machen würde. Was 'ne Scheiße.
Wie du's machst, du machst es falsch.
Gedankenverloren stützte sie sich mit den Ellenbogen auf der Reling ab und schaute hinaus aufs Meer, auf die Sonne die langsam aber sicher Fahrt aufnahm wie das Boot selbst, auf dei Möwen die sich wahrscheinlich einen feuchten Kack für die Situation hier unten interessierten (sollten sie doch) und...
"Hey, Lex!", ertönte eine vertraute Stimme. Allerdings war die schiere Lautstärke genug, um Lexi kurz zusammenzucken zu lassen vor Schreck. Sie wandte sich um, mit etwas Pipi in den Augen, zugegebenermaßen.
"Hi, Shelley, äh-Hey! Hi.", stotterte sie und versuchte zumindest, dabei freundlich zu lächeln. Wahrscheinlich sah sie gerade aus wie der Joker.
"Wie geht's deiner Wunde? Alles cool?"
"Aye aye, Ma'am. Hehe.", kurz pausierte Lexi, um ein prägnantes "Passt schon." hinterherzuschieben. Erst jetzt bemerkte sie die Sporttasche, die Shelley durch die Gegend schleppte.
"Ach, bevor ich es vergesse. Ich hab ja im Polo...naise-Dorf gefunkt und da war halt ein Flüchtlingsboot, das ich um Hilfe gefragt habe. Naja - und die haben mir das hier da gelassen!"
"Aha..." Interessiert beäugte sie die Tasche, als Shelley sie öffnete als würde sie gleich ein Kilo Heroin und drei Tonnen Uran herausfischen. Zumindest schaute sie so verschwörerisch drein, als würde es gleich passieren. Gleich käme der Brennstab. Wir bauen uns ein Atomkraftwerk.
Dann öffnete Shelley den Reißverschluss und zauberte eine niegelnagelneu ausschauende Remington 870 Shotgun, in der Tasche selbst klimperten einuigee Patronen. Jede Menge Patronen. "Eine Pump.. äh... also... Schrotflinte. Ach, du weißt ja eh, was das ist. [b]Ich dachte, dass sie bei dir am Besten aufgehoben ist!"
"Du-da-diese, heilige..." Shelley hielt das Teil vor ihre nase als wäre sie ein Köter, den man aus dem Gehege mit 'nem Steak locken wollte. Das Steak war hier eine ihrer absoluten Lieblingswummen damals bei der Polizei. Sie kam sich etwas ertappt vor, so mit offenem Mund und Augen die drohten aus dem Kopf zu schießen. "'ne Remi 870, heilige Scheiße!" Sie freute sich über eine Schrotflinte wie eine 12-jährige über ein Pony als Geburtstagsgeschenk. Und nachdem Lexi Shelley ihr die Waffe fast schon aus der Hand gerupft und nach einigen Sekunden aufgehört hatte, die Waffe an ihre Brust zu drücken wie einen Säugling, merkte sie was genau sie da hielt. Sie fachsimpelte eine Runde:
"Hm. Wenn ich das so recht betrachte: Vorne am Lauf ein paar Zentimeter abgesägt, aber wenigstens okay geschliffen. Könnte man eventuell etwas ausbessern. Schulterstütze abgesägt, ebenfalls gut geschliffen - das' der Vorteil an Holzverarbeitung: Im Prinzip sägst du nur hier und hier an und ZACK: Pistol Grip. Mal sehen, wie..." Sie legte die Waffe kurz an, achtete vor allem darauf nicht zu "chickenwingen" (was soviel bedeutete wie "Den Ellenbogen zu weit nach außen abspreizen, somit Treffsicherheit verlieren und durch den Rückstoß ggf. Verletzungen am Arm davontragen"), probierte Sicherung, Schaft, Abzug aus. Alles okay. Sie kommentierte jeden Schritt mit einem gegrummelten "Hm.", bevor sie die Waffe wieder in der Sporttasche verschwinden ließ und selbige an sich nahm. Locker ließ sie sie hinter der Schulter hängen, hielt den mit der rechten Hand fest und grinste Shelley an. "Danke. Das' das coolste Nicht-Geburtstagsgeschenk das ich je gekriegt habe. Kommt bestimmt übelst Gangsta wenn ich damit auftauche und Stress mache." Etwas beschämt schaute sie zu Boden - all der Scheiß für sie und sie konnte nichts als Gegenleistung bieten. "Was hätte ich dafür gegeben dir beim Stabhochsprung zuzusehen.", fügte sie hinzu und grinste verschmitzt, bevor sie ihr eine kurze, etwas merkwürdig anmutende Umarmung verpasst und an ihr vorbei ins Innere verschwand.
"Sorry, ich geh' mal - äh - kurz was erledigen. Bevor's hier gleich ein Unglück gibt."
2 Jahre zuvor
[Irgendwo in San Jose, kurz nach Mitternacht, ein Wohnungskomplex etwas außerhalb des Zentrums.
[klopf klopf klopf an der Wohnungstür 2.04]
[Aggression in der Stimme] Lexi.
[klopf klopf klopf]
Ich weiß, dass du da bist - du hast eben deine verfickte Wäsche aus dem Waschkeller geholt. Und mich ignoriert als du die verdammten Stufen hochgelatscht bist. Ich muss mit dir reden.
[klopf KLOPF KLOPF]
Lexi! LEXI, MACH DIE GOTTVERDAMMTE TÜR AUF!
[er klopft so hart gegen die Tür, fast scheint es er würde sie gleich einreißen]
KOMM' RAUS UND LASS' UNS ZIVILISIERT DARÜBER REDEN DU ••••••••! Was zum Teufel hast du dir bei der Aktion gedacht, hä? Was-was verfickte Scheiße hast du dir dabei gedacht?
[Sie lehnt von innen gegen die Tür, am Boden hockend, nur im Bademantel bekleidet, in der Hand die M1911 ihres Vaters]
Setz' einen Fuß in meine Tür und ich vergesse kurz dass wir verwandt sind.
Hast du 'ne Ahnung, was dein blödes Geständnis für 'ne Welle gemacht hat, Lex? Weißt du das? Zum Beispiel, dass mir meine gottverdammte Marke abgenommen wurde wegen Behinderung der Justiz, wegen Verleumdung und weil ich vor 'n paar Wochen vorm Richter gelogen habe, ganz nebenbei erwähnt.
Ich hab' nie darum gebeten, dass du das machst, Axel!
Weiß ich, deshalb hab ich's gemacht. Auf mich kann man das besser abwälzen als auf die Seargant-Anwärterin. Den verfickten Stolz der Familie...
Niemand kann was dafür dass du so'n abgefuckter Loser geworden bist der mit halbstarken Affen rumhängt und seinen Scheißlebensunterhalt damit verdient, halbstarke Affen übern Haufen zu schießen!
Immer noch besser als kleine Kinder, Lexi.
[eine Minute Stille, die wie eine Stunde scheint]
Sorry, das... das...
[deutliches Schluchzen ist innen zu hören]
F-Fick dich Axel. Verpiss dich einfach.
Wie kann ich mich jetzt verpissen, Lex? Ich kann nirgendwohin, ich hab' keine verdammte Marke, keine verdammten-Shit, keine Rückendeckung, gar nichts.
Tu' nicht so als wär' das mein Problem.
Es ist dein beschissenes Problem, verdammt! Jetzt mach' die Tür auf bevor ich sie aufmache!
Was hätte ich tun sollen? Die haben rausgefunden dass die Kugel aus meiner gottverdammten Waffe war!
Ihnen sagen dass ich dir das Ding abgenommen und 'ne Runde freigedreht habe - kein Plan, verdammt nochmal, sei kreativ! Chief Rogers gibt mir selbst für seine Prostataprobleme die Schuld, eine Sache mehr oder weniger macht den Kohl auch nicht fett!
Ich hab' 'n beschissenes Kind erschossen, verdammt! Ein Kind! Sieben Jahre alt! Und das nur weil sie so 'ne scheiß Wasserpistole in der Hand hatte! Du laberst mich voll mit Kohl und so 'nem Scheiß - sag' mir lieber, wie ich damit leben soll!
[Funkstille für eine halbe Minute]
Tu' nicht so als wär' das mein Problem.
[Schritte draußen, die sich von der Tür entfernen.]
[In der Wohnung hört man lautes Schluchzen und bitterliches Weinen.]
[Esmeralda Szábo, 7 Jahre alt, Todesursache: Blutverlust durch Einschusswunde (Tatwaffe: Beretta 92FS, Dienstwaffe Nr. 201-6565-87-0, zugel. auf: Off. Alexandra Miller) im Oberkörperbereich]
[Empfohlen werden: intensive psychologische Behandlung nach entsprechendem Gerichtstermin. Mindestdauer der Therapie: 12-15 Monate. Versetzung von Ms. Miller in Waffenkammer, Distrikt 9, Precinct 13. Wenn mögl. Vermeidung von Streifendienst bis Ende d. Therapie]
Geändert von T.U.F.K.A.S. (27.08.2013 um 18:05 Uhr)
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