Etwas unsicher war Celina schon, als sie das überfüllte Gemeinschaftszentrum sah. Bunt gemischt liefen hier Bewohner aller Sektoren in emsigem Treiben durcheinander.
Angst, Prinzessin?
Nicht wirklich.

So ganz behagte ihr der Gedanke trotzdem nicht, hier den Nachmittag zu verbringen.
Sicher, nicht alle Bewohner des Alpha-Sektors war Holes waren streitlustige Soldaten.
Nicht alle Bewohner des New-WHOs waren Wissenschaftler, die unschuldige Passanten entführen und an ihnen experimentieren wollten.
Und nicht alle Bewohner des Holes waren leprakranke Kriminelle, die versuchen würden, sie auszurauben und weiß Gott was noch mit ihr anzustellen.
Aber Celina war überzeugt, dass jeweils ein Exemplar von jeder Sorte mehr war, als sie jemals auch nur von Weitem erspähen wollte.

Die junge Frau wurde durch Mrs Thomas’ Hüsteln aus ihren Gedanken gerissen und stammelte verlegen einen ziemlich offensichtlichen Kommentar bezüglich der Menschenmasse.
Dieses gedankliche Abdriften musste wirklich aufhören!
Und dabei habe ich gar nichts gesagt.
Ja, Will. Und wenn das so bleibt, gibt es gleich Kekse.


Immerhin schien sich Mrs Thomas nicht allzu sehr an der Menschenmenge zu stören, also entspannte Celina sich etwas.
"Vielleicht gibt es hier auch ein weniger überfülltes Plätzchen", meinte sie hoffnungsvoll.
Während die beiden Frauen näher traten, fiel Celina eine blauhaarige Frau auf, welches sich mit Zeichenblock und Bleistift auf die Wiese gesetzt hatte. Ganz sicher war sie sich nicht, aber Celina glaubte, schon einmal irgendwo gesehen zu haben.
Bist du schon so senil, wie die Militär-Oma? Das Mädel hängt doch auch im Village rum.
Jetzt, wo du es sagst... ich habe sie dort wohl schon herumlungern sehen. Aber wie kommt so jemand an einen Platz im Village?
Du bist doch auch reingekommen.
Meine Güte! Selbst du musst zugeben, dass sie dort hervorsticht. Diese Haarfarbe... und die Stechereien erst...
Weiß nicht. So auffällig kann sie wohl nicht sein. Du vergisst sie ja anscheinend schon, wenn du dich umdrehst. Vielleicht ist sie ja eine wandelnde Amnesie-Wolke? Oder du wirst doch einfach alt.

Celina tat so, als hätte sie den letzten Satz nicht gehört und setzte ihren Gang zum Gemeinschaftszentrum fort. Als sie relativ nah an der jungen Frau vorbeischritt, glaubte sie ein leises Fluchen zu hören - auf Französisch.
Warum gab es im Village so viele Franzosen? War der Kerl, der bei Mr Jackman lebte nicht auch Franzose? Vielleicht gehörten sie ja zusammen?
Wobei auch das Fragen aufwarf.
Fragen, die Celina nicht weiter verfolgen wollte. Im Grunde konnte es ihr auch egal sein. Die Haarfarbe war seltsam aber keine allzu große Beleidigung für’s Auge und die junge Frau schien nicht besonders interessiert an Gesellschaft.
Zudem bemerkte Celina Mrs Thomas’ skeptischen Gesichtsausdruck. Schnelles Weitergehen war wohl angesagt.

Im Gegensatz zum restlichen Gemeinschaftszentrum war das kleine Café überraschend leer. An den wenigen Tischen hatte bis auf einen Mann im Kittel, der ein Buch las und zwischendurch an einer Tasse nippte, niemand Platz genommen.
Celina war unschlüssig, ob das in dieser Situation gut oder schlecht war, allerdings sprachen die sauberen Tische und das gepflegte Äußere der Kellnerin dafür, dass man hier wohl immerhin etwas trinken konnte, ihne sich Herpes einzufangen.
"Nun, das sieht doch wie ein halbwegs ordentlicher Ort aus", bemerkte Celina erleichtert. "Ich werde mich sicher nicht beschweren, ein wenig abseits vom Trubel zu sitzen. Und Wert auf Ordnung scheint man hier auch zu legen."
Die Karte war natürlich bei Weitem nicht so umfangreich wie sie hätte sein können, aber einige Teesorten waren doch vertreten.
Und anscheinend akzeptierte man hier, wenn Gäste mitgebrachte Speisen verzehrten.
"Mrs Thomas", begann Celina, nachdem sie sich eine Tasse Earl Grey mit Milch bestellt hatte. "Kann ich Ihnen, wenn es kein Tee sein soll, denn wenigstens einen Keks anbieten? Ich habe so viele, dass ich sie schwerlich alleine verzehren kann."
Hey, was soll das denn!? Besorgt um deine Figur, Prinzessin?
Ganz ruhig, Will. Du bekommst deinen Anteil auch noch.

Celina stellte die Keksschachtel in die Mitte des Tischs und nahm sich selbst einen. Sie schmeckten in der Tat nicht übel, sobald man sie nicht mehr in der prallen Sonne aß. Obwohl ihr etwas Melone dennoch lieber gewesen wäre.
Als jedoch eine dampfende Tasse vor ihr abgestellt wurde, war aller Unmut verflogen.
Langsam hob Celina die Tasse an die Lippen und seufzte zufrieden.
"Fast wie zu Hause..."