Ich hab nichts gegen Klischees, ganz im Gegenteil. Ich liebe gut umgesetzte Klischees und mag es auch gerne, wenn Animes sich der Klischees bewusst sind und damit spielen.

Aber diese „wir sind doch nicht verwandt“-Auflösung ist fast nie gut umgesetzt. In den allermeisten Fällen läuft es darauf hinaus, dass das irgendwann eingebracht wird, vielleicht noch mit einer schnell erfindenden Backstory, letztlich aber nur Device bzw. Alibi-Lösung dafür ist, eine Beziehung zwischen zwei verwandten Personen im Nachhinein zu legalisieren. Aber ist das notwendig? Das Problem ist, dass solche Arten von Beziehungen nicht gesellschaftlich akzeptiert sind. Dann stellt sich aber die Frage, warum solche Bruder-Schwester-Beziehungen in japanischen Medien überhaupt so stark präsent sind. Die Antwort darauf ist sicherlich sehr komplex, aber offensichtlich ist, dass das Verlangen nach solchen Beziehungen in Geschichten alles andere als gering ist. Das liegt vermutlich an den Kleine-Schwester- bzw. Große-Schwester-Stereotypen, die sich ja beide in immer wieder ähnlicher Form überall wiederfinden lassen.

Die Frage, die man sich stellen muss, ist hier aber, warum sich überhaupt so eine Beziehung zwischen Bruder und Schwester entwickelt hat, und inwiefern sie damit zu tun hat, dass sie Bruder und Schwester sind. Und halte ich es für eine ungenügende Lösung, am Ende zu sagen, "sind ja doch nicht blutsverwandt". Auch wenn ich die emotionale Aversion gegenüber einer solche Beziehung verstehen kann, finde ich es letztlich recht haltlos, wenn das bloße Nichtvorhandensein einer Blutsverwandtschaft das alles plötzlich okay macht – warum war es nicht schon vorher okay, oder warum ist es plötzlich nicht mehr okay, wenn eine bestätigte Blutsverwandtschaft herrscht? Die psychologischen und emotionalen Aspekte dieser Beziehung bestehen doch unabhängig von dieser Blutsverwandtschaft.