Das ist exakt das Problem. Also, ich oute mich jetzt nun einfach mal als Toningenieur. Ich habe das studiert, weil ich ein Händchen dafür habe. Da aber der bereich Musikproduktion (und ja, das habe ich gewusst) alles andere als eine gute Auftragslage vermittelt, bin ich so flexibel um in jedem Medienbereich etwas zu suchen. Selbst in der Körperschallentwicklung für Flugzeug- oder Autoteile habe ich nach einem Job gesucht. In der Entwicklung von Soundsystemen für Autpomobile oder gar Bahnhofshallenbeschallung habe ich gesucht. Von Bang und Olufson bis Harmann habe ich mich beworben... Ich habe eine Kamera in die Hand genommen und versucht als Video-Journalist ein Volontariat (nicht viel Geld, aber zum Leben langt's) zu bekommen, aber außer einigen unbezahlten Praktika bei Produktionsfirmen und privaten Fernsehsendern nichts gefunden. Die haben mir dann das Volontariat vorenthalten einmal wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage, das andere Mal weil im Hintergrund jemand anders durch Beziehungen mehr "erwünscht" war und ein weiteres Mal, weil die Produktionen umgestellt worden sind. Die Videobeiträge waren allerdings - laut der komplertten Redaktion - immer ausgezeichnet. Ich werde sie hier dennoch nicht posten - zur Verschleierung meiner Identität versteht sich.
Ich habe mich auch als Internetredakteur und sogar als Video-Redakteur für Online-Videospiel/ Computer/ Motorrad-Zeitschriften beworben. Ich habe mich als Pilot bei der Deutschen Lufthansa AG beworben, wurde aber aus körperlichen Gründen aber für eine Pilotenausbildung abgelehnt. Okay, das waren jetzt die krassen Berufe...
Okay, ich habe auch nach "normalen" Berufen gesucht. Bei einer Firma habe ich mich als Übersetzer (Ich bin mittlerweile sehr englischfest) beworben, ich habe mich als Betreuer für Dokumentenmanagementsystemen in EDV-Abteilungen verschiedener Firmen beworben, habe mich als Event-Manager und sogar als Grafiker bei verschiedenen Werbeblättern beworben. Ich habe einen Nebenjob in einer IT-Abteilung gehabt, dennoch reichen meine Computerkenntnisse offenbar nicht aus.

Meine aktuelle freiberufliche Tätigkeit besteht hingegen aus der Produktion von Musik. Zur Not könnte ich auch noch Filme schneiden. Ich habe mir selbst bei uns daheim eine kleine Regie eingerichtet. In dieser kann ich die Aufnahmen, die ich gemacht habe, bestmöglich schneiden, mischen und mastern. Ich kann auch Sprecher in meinem kleinen Aufnahmeraum aufnehmen - sei es für Podcasts, Hörspiele oder Hörbücher. Ich mach alles vom Werbespot für's Radio bis hin zur Metalplatte. Hauptsache Kohle. Für die Musikproduktion habe ich leider keinen Aufnahmeraum - aber da ich hauptsächlich im klassischen Metier unterwegs bin, finden die Aufnahmen sowieso in Konzerthäusern oder Kirchen statt. Deshalb kann ich mein "Tonstudio" auch überall mithinnehmen. Aktuell kann ich bis zu 30 Spuren gleichzeitig aufnehmen. Für größere Setups muss ich noch zusätzliches Aufnahme-Equipment mieten. Leider bekomme ich auch kaum größere Aufträge - meist beschränkt es sich auf ein Freundschaftsangebot, auch wenn ich das ein oder andere renommierte Kammermusikensemble schon mal zwischen meinen Mikros hatte. In dem Bereich ist definitiv nix zu holen. Die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten benötigen grundsätzlich Vitamin B um erklommen werden zu können. Und sonst wird für klassische Musik nicht viel ausgegeben. "Der Fritz hat zwei Mikros und an Laptop! Der macht's für an Fufzger!" Der Cuzco hat ein mobiles Tonstudio mit Neumann-Mikrofonen (ja, teuer!) und RME-Technik (preiswert, aber teuer!), der kann es nicht für einen Fufzger machen! Ich habe den Mist schließlich studiert. Habe auch noch ein fundiertes Musikstudium. Ich bin mit einem Tagessatz von knapp 300 Euro brutto eh spottbillig. Der Kunde bekommt von mir auch eine Aufnahme die sich entsprechend meiner Mittel anhört. Der Fritz hingegen liefert eine - sicherlich nicht schlechte - aber doch sehr blasse Aufnahme. Ich hatte nämlich schon öfter mal das Master von so einem Fritz bekommen und ich sollte es neu "mastern". Das ist nämlich billiger, als wie wenn ich da 20 oder 30 Mikros aufstelle. Oder wenn ich die Aufnahmeleitung übernehme. Die Branche ist hin. Vor 20 Jahren konnte Fritz noch keine Aufnahmen mit dem Computer machen. Es blieb ihm nur der Kassettenrekorder. Der hat gerauscht, wie Sau. Der Computer, selbst mit billiger Soundkarte und zwei einfachen Mikros rauscht nicht mehr so stark - der Laie ist von der Qualität begeistert, da er den Unterschied zwischen meiner Aufnahme und Fritz seiner Aufnahme nicht kennt. Erst im direkten Vergleich fällt es auf: Cuzcos Aufnahme klingt viel lebendiger und direkter. Woran das wohl liegt?

Was ich damit sagen will ist, dass ich im Nachhinein nicht das studiert hätte, was mir gefallen hat, sondern das, womit ich sicher einen Job bekommen hätte. Elektrotechnik wäre sicherlich nicht ganz falsch gewesen. Letztenendes möchte ich mich mit fast 30 Jahren nicht noch immer von meinen Eltern sponsern lassen und wenn das so weiter geht werde ich noch hauptberuflich an einer Tankstelle enden. Da ist mir ein langweiliger Bürojob doch etwas lieber - hier krieg ich wenigstens noch viel mehr Kohle. Und kann mir dann zum Ausgleich zumindest Extremsport oder andere teure Hobbies leisten.

Cuzco