Zitat Zitat von Ligiiihh Beitrag anzeigen
In jedem Fall macht hier aber niemand SE diese "Bromance" zum Vorwurf, sondern bringt nur die Inkompatiblität zum eigenen Geschmack zum Ausdruck... oder?
Für mich hängt das nicht an nur einem Faktor - Was ich Square Enix schon eher zum Vorwurf mache ist die ungewöhnliche Häufung von vereinheitlichenden Gruppencharakteristika, die ich auf den vorherigen Seiten aufgezählt habe. Der Geschmack spielt dabei natürlich eine Rolle - auch ich bin an Bromance als zentraler Thematik nicht sonderlich interessiert, obgleich man potentiell bestimmt was draus machen kann. Aber die Helden in einem RPG möglichst abwechslungsreich zu gestalten, halte ich schon für grundsätzlich wichtig, um für lange Spielzeiten von 60 und mehr Stunden in dem Bereich nicht langweilig zu werden.

Eine reine Männergruppe in Kombination mit der Tatsache, dass sie sich nicht erst im Spiel kennenlernen, sondern bereits seit Kindheitstagen Freunde sind und sogar ganz unmittelbar für den Spieler von Anfang an zusammenhängen (also keiner der vier erst später hinzustößt, ob nun bekannt oder nicht), finde ich da schon unangenehmer. Das untergräbt auch ein Stück weit den Effekt, den die Story mit der vordergründigen Bromance-Thematik erzeugen kann. Denn anstatt sich rein am Handlungsgeschehen messen zu lassen (wenn die Charaktere erst im Spiel zum ersten Mal aufeinandertreffen und wir sozusagen alles "live" miterleben), wird jetzt vom Spieler erwartet, alle Verbundenheit und Sympathie direkt zu glauben, weil vor Spielbeginn schon mehr passiert sein muss. Hier macht es sich Square Enix also ein bisschen einfach. Die eigentliche, kontinuierliche und diesmal auch möglichst realistische Etablierung so einer Männerfreundschaft wäre imho das eigentlich Spannende an dem Ansatz gewesen. Um den Part hat Nomura einen Bogen gemacht und uns vor vollendete Tatsachen gestellt. Das ist übrigens auch der Grund, warum ich den Brotherhood-Anime irgendwie als Teil des Spiels verarbeitet sehen wollte. Kann natürlich sein, dass es im Laufe der Geschichte noch ausführliche Rückblenden gibt. Halte ich zwar für eher unwahrscheinlich, aber lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen.

Wenn ich nun darüber hinaus noch berücksichtige, dass die alle mehr oder weniger einer Altersklasse angehören, macht es das noch störender für mich. Betagte Säcke können in RPGs so viel Spaß bedeuten und taten das in der Serie auch bisher. Finde es schade, dass der Aspekt inzwischen so vernachlässigt wird. Wenn es schon nur Männer sind, dann hätte man mit unterschiedlichem Alter eine Menge Frische reinbringen können. Beißt sich nicht unbedingt mit dem Action-Kampfsystem, die Figuren müssen ja nicht gleich gebrechlich sein. Wenn der Prinz der jüngste von ihnen wäre und die anderen mehr in Richtung Veteranen gingen, würde das mit der Beschützerfunktion auch besser passen.

Dann ist da natürlich die Anzahl von nur vier Charakteren (Gäste nicht mit eingeschlossen). Je geringer die Zahl, desto wichtiger finde ich es, sie so unterschiedlich wie möglich zu gestalten - sowohl äußerlich, als auch innerlich und von den Story-Hintergründen her. Wenn ich nur vier Charaktere bekomme, okay, aber dann lasst mich unter diesen wenigstens selbst die Auswahl treffen, wen ich direkt steuern möchte. Geht auch nicht? Nein. Alles ist auf Noctis und auf Noctis allein ausgelegt, die anderen sind nur Satelliten, die um ihn kreisen. Da sind die schwarzen Klamotten bloß noch das Sahnehäubchen.

Einen oder zwei dieser meiner Ansicht nach für einen Hauptteil der Serie eher negativen Aspekte könnte ich noch leicht akzeptieren, vielleicht auch drei oder vier. Das würde ich unter "anderem Ansatz" verbuchen. Aber bei sieben oder acht der aufgezählten Sachen in Bezug auf die Party fängt es unweigerlich an, mir in den Spielspaß reinzuschneiden. Als Spieler bekomme ich dadurch keine neuen Möglichkeiten und sehe auch nichts, was man nicht auf anderem Wege hätte umsetzen können. Eine tiefe Freundschaft zwischen zwei oder drei männlichen Charakteren darzustellen ist jedenfalls absolut möglich, selbst wenn die Party etwas größer ist und/oder weibliche Figuren dabei hat. Manche Leute bevorzugen in dieser Art von Spiel eher Kerle, manche Mädels, manche mögen beides oder es ist ihnen egal. Warum es nicht möglichst vielen recht machen? "Man, I wish the next mainline Final Fantasy game had ONLY male characters in the party, and I want to control only ONE of them the whole time!" ...said no one ever. Fände sich keine überwältigende Mehrheit, die gerne mal einen der anderen drei anstelle von Noctis in der Geschichte übernehmen würde, hätte sich Square Enix das nicht ursprünglich für Versus oder jetzt die Ersatzlösung mit dem DLC überlegt.

Das heißt nicht, dass die Story dadurch nichts taugen würde oder das ganze Spiel schlecht wird. Ich mein, allein der Soundtrack rechtfertigt wahrscheinlich bereits den Kauf -_^ Doch so viele kleine bis mittelgroße Kritikpunkte kombiniert und konzentriert auf diesen einen Bereich (die Gruppe von Spielercharakteren) sind für mich schon schwierig zu schlucken. Nicht weil es anders ist als bisher, sondern weil ich darin bis jetzt fast nur Nachteile und kaum Vorteile sehe. Vielleicht habe ich ein paar originelle Ideen nicht bedacht, die das alles eher rechtfertigen und im Spiel auftauchen. Aber erwartet von mir keine zurückhaltende Reaktion auf Teile des Konzeptes, die ich auf Anhieb klar unglücklich und abträglich finde ^^