Das ist nicht immer so. In der Serie gibt es bereits zahlreiche Beispiele, in denen man storyrelevantes Geschehen von weit entfernten Orten eingeschoben sieht, gerade wenn es nicht die Perspektive der Hauptcharaktere zeigt. Das ist auch generell nichts Besonderes und kommt in zahllosen RPGs vor. Deshalb muss das noch nicht automatisch in einem interaktiven Film enden (man bedenke, dass FFXIII solche Erzählmittel nicht oder kaum verwendet hat und sich trotzdem über weite Teile wie ein interaktiver Film anfühlte). Ich spiele gerade Tales of Legendia, und dort wird ständig kurz zurück zur entführten Schwester des Protagonisten geschaltet, damit man auf dem Laufenden bleibt. Immer nur ein oder zwei Szenen, ohne würde was fehlen. Deshalb schrieb ich ja, dass weit weniger nötig wäre, als ein Film. Von mir aus könnten sie Kingsglaive auch zusätzlich später noch anbieten, um ein vollständigeres Bild zu präsentieren, wenn besagte Kernszenen wenigstens noch so oder so ähnlich im Spiel vorkommen würden. Aber man hat beides strikt voneinander getrennt, obwohl es zusammengehört.
Ich vergleiche das auch nicht in erster Linie mit Versus. Gehe auch davon aus, dass die neuen Charaktere für den Film weitgehend erst nachträglich hinzugedichtet wurden. Aber dass in irgendeiner Weise das Geschehen in der Hauptstadt ursprünglich im Spiel vorkommen sollte, auch wenn es anders aussah als nun mit Kingsglaive, erscheint in diesen Berichten von offizieller Seite genauso naheliegend. Würde mich nichtmal wundern, wenn wir in Kingsglaive bestimmte Szenen aus früheren Spieletrailern wiedererkennen werden (zum Beispiel wie der Niflheim-Obermacker König Regis im Thronsaal stellt). Du sagst es ja - die Geschichte wurde aufgeblasen, um einen Film damit sinnvoll füllen zu können. Wäre meiner Meinung nach aber nicht nötig gewesen, wenn man es in vereinfachter Form im Spiel belassen hätte.Zitat
Perspektivenwechsel als erzählerisches Element finde ich wichtig. Da die Party in XV sowieso schon so klein und arm an Abwechslung ist, fände ich diesen Punkt umso bedeutsamer. Kann auch gut noch sein, dass sowas wenigstens hier und da im Spiel vorkommt (Luna etc.), aber es ist nochmal ein ganz anderer Maßstab, wenn man eine komplette Parallelhandlung hat, die nicht weniger spannend zu verfolgen ist. Das ist der Grund, warum mich das Auslagern in Filmform so sehr stört! Die epischen Ausmaße, die Klasse und Variation. Ohne den Part in der Hauptstadt bleibt FFXV hinter seinen Möglichkeiten zurück, selbst wenn die Geschichte um Noctis wirklich gelungen ist.
Das musst du schon Tabata fragen, hat er schließlich selbst gesagt.Zitat
Nirgendwo in Bezug auf XV und Kingsglaive war bisher die Rede von einem Prequel, daher weiß ich nicht, wie du zu dieser Schlussfolgerung kommst.Zitat
Die Situation ist eine völlig andere als vor 16 Jahren. Advent Children war ein Sequel und entstand sehr lange nach dem Spiel. Es war ursprünglich niemals eingeplant gewesen. Final Fantasy VII bildet eine in sich völlig runde, abgeschlossene Story. Advent Children ohne jedes Vorwissen durch VII hat massive erzählerische Probleme und legt wenig Wert darauf, uneingeweihten Zuschauern das Setting zu erklären. Wäre auch schlecht möglich gewesen, in so kurzer Zeit das an Exposition zu bringen, was das Spiel clever über 50+ Spielstunden verteilt hat. Der Film zu VII war ein bloßer Zusatz, ein Afterthought, ein Anhängsel, auf das man auch leicht verzichten kann.Zitat
Der Hauptunterschied zu Kingsglaive besteht darin, dass FFXV und der dazugehörige Film gleichzeitig stattfinden und nach Aussagen von Square Enix von vornherein dazu gedacht sind, sich gegenseitig zu ergänzen. Natürlich hat beides Anfang und Ende und wird (hoffentlich) mehr oder weniger für sich alleine stehen können. Aber anders als in Advent Children beschreibt es letztenendes dasselbe Geschehen, den selben übergreifenden Konflikt (!) in temporaler Einheit (!!) und bietet eine alternative Perspektive zum jeweils anderen Produkt. Kein Werk aus der Compilation of FFVII hat sich das getraut. Es waren entweder Prequels oder Sequels, aber mit sowas hätte man Kingsglaive und XV nicht gut bewerben und verkaufen können, weil man dann das eine vor dem anderen gucken oder spielen müsste. Jetzt, wo beides dasselbe beschreibt, ist die Reihenfolge egal. Das bedeutet aber, dass man nur dann das ganze Bild der Ereignisse bekommt, wenn man beides konsumiert hat.
Man kann sich immer fragen, was vor oder nach einer Geschichte passiert ist. Um sowas interessant und zu mehr als nur eine Aneinanderreihung von Zusatzszenen zu machen, braucht es schon eine neue Handlung. So gibt es ein fest definiertes Ende vom einen und Anfang vom anderen. Zwei Stories, die parallel zueinander stattfinden und sich dabei auch noch ein paar Charaktere und Orte teilen, haben in diesem Sinne viel mehr miteinander zu tun und hier grob gesagt sogar den selben Ausgangspunkt mit der Invasion Niflheims.
Advent Children habe ich nie gemocht und nur anderthalb mal gesehen. Halte es vom Niveau her für schlechte Fanfiction, schon dadurch, dass Sakaguchi in keiner Weise beteiligt war, und weil es einfach völlig überflüssig wirkt. Sephiroth hat im Spiel sein endgültiges Ende gefunden. Ihn im Film wieder hervorzuholen, anstatt sich an einer neuen Bedrohung zu versuchen, war einfach nur billigster Fanservice und extrem unkreativ. Das Gleiche gilt für Tseng und Rufus. FFVII schließt sogar mit einrahmender Kyklos und Anapher, der erste Moment mit Aerith im Opening ist gleich der letzten Einstellung mit ihr im Ending. Runder kann man eine Geschichte kaum zu einem Abschluss bringen - alles war gesagt. Wenn ich Final Fantasy VII spiele, fällt es mir leicht, das stilistisch sehr abweichende Advent Children & Co zu ignorieren, weil ich mir Jahre bevor die Compilation rauskam eigene Gedanken zu jener Welt gemacht und die Story und Atmosphäre in Gänze erlebt habe.
Kingsglaive ist anders. Es ähnelt FFXV nicht nur viel stärker (man denke nur mal an den Look, die Farben und das Charakterdesign), sondern wurde auch parallel dazu erdacht und entwickelt. Während ich auf Advent Children pfeife, möchte ich Kingsglaive wirklich sehen, schon aus der Befürchtung heraus, etwas Wesentliches aus dieser Welt und Geschichte zu verpassen, das im Spiel bloß mit ein paar kurzen Dialogzeilen abgehakt wird (aber irgendwie auch, weil es halt verdammt schick rüberkommt -_^). Die Tatsache, dass es noch kurz vor XV erscheint, also das erste Fenster bildet, welches uns einen Blick in diese Welt erlaubt, erhöht die Authentizität und Legitimität weiter. Gleichzeitig jedoch erscheint mir das Vorhandensein dieser Teil-Geschichte in einem anderen Medium sehr umständlich und unschön gelöst und unendlich viel lieber hätte ich etwas davon in XV selbst gesehen, um dem RPG für diese neue und frische Story-Herangehensweise Komplimente machen zu können. Das ist jetzt nicht mehr möglich. Weder kann ich FFXV für das loben und empfehlen, was in Kingsglaive gezeigt wird, noch kann ich Kingsglaive für das loben und empfehlen, was in XV vorkommt. Die sind auf sich allein gestellt, obwohl sie als Einheit ihre Stärken miteinander hätten bündeln können. Wie man es auch dreht und wendet, es ist ein Multimediaprojekt geworden.