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Thema: [Sky] Rollenspielthread #1 (Signatur aus)

Baum-Darstellung

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  1. #3

    Solstheim, südwestliche Küste

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    Wenn sie bis zur Abenddämmerung, die im südlichen Teil der Insel wohl recht früh eintreten würde, noch fünf bis zehn Meilen zurücklegen konnte, wäre Vesana schon zufrieden damit. Da sie auf dem Grund allerdings nur langsam vorankam, hegte sie so ihre Zweifel daran, es auch tatsächlich noch so weit zu bringen, bevor die ohnehin schon dunkle Sonne schließlich hinter dem Horizont verschwand. Ungeachtet dessen lief sie ihre Geschwindigkeit, wie sie es als angenehm empfand. Das musste reichen, immerhin lag noch eine straffe Wanderung in den Norden vor ihr und sie wollte sich am ersten Tag nicht gleich überanstrengen. Während des Marschs hielt sich die Kaiserliche nahe an den Basaltklippen, die parallel zum flachen Küstenstreifen verliefen. Zwar ragten sie nicht unbedingt hoch in den Himmel, aber waren dafür so glatt und dicht geschlossen, dass es zunächst keine Möglichkeit zu geben schien, sie durch eine Kletterpartie zu überwinden. Notgedrungen musste Vesana also den Umweg weiter nach Süden in Kauf nehmen und darauf hoffen, irgendwann doch noch eine Lücke zu finden, bevor die Landmasse letztlich auch so einen Bogen beschrieb und weiter nach Osten führte. Sie würde es wohl früher oder später herausfinden.
    Ihr Weg führte die Jägerin vorbei an schroffen Felsformationen und erloschenen Lavabrocken, die teils mit Asche bedeckt waren. Hin und wieder durchbrach aschfahles Gras die geschlossene graue Decke. Auch die Überreste alter Farmhäuser, die von Auswürfen aus dem Roten Berg oder Abbrüchen von den Basaltklippen zerstört worden waren oder einfach unter der Last der Asche nachgegeben hatten, zierten ihren Weg. Es bot sich ein bizarres, fast schon surreales Bild der Landschaft, die schlichtweg tot wirkte. Die zunächst interessante, da fremdartige, Umgebung verlor schon nach den ersten ein, zwei Meilen jeden Rest an ohnehin spärlichem Abwechslungsreichtum und Vesana beschränkte sich einfach darauf, stur geradeaus zu laufen und die Augen oft genug über die Klippen zu ihrer Linken schweifen zu lassen.
    Die Gedanken beschränkte sie vor allem auf die nächsten Tage. Die Frage der Übernachtungsmöglichkeiten unterwegs hing noch in der Luft, würde sich wohl aber hoffentlich zu gegebener Zeit mehr oder minder von selbst beantworten. Nachts in den südlichen Gebieten umherzustreifen oder gar unter freiem Himmel zu übernachten hielt sie für unangebracht und schlichtweg gefährlich. Üble Kreaturen – Aschenbrut wurden sie wohl genannt, wenn sie sich recht entsann – streiften dann umher. Nach den Geschichten über sie wollte Vesana lieber keine Begegnung mit ihnen riskieren. Sie drehte sich alsbald gedanklich im Kreis, aber vermied immerhin effektiv großartig über andere Dinge nachzugrübeln.
    Im Verlauf des Nachmittags kam Vesa an einem weiteren Haus vorbei. Der weiten Umzäunung einiger rechteckiger Areale in der unmittelbaren Umgebung nach zu urteilen wohl wieder ein Farmhaus. Im Gegensatz zu den bisherigen schien dieses aber noch zu schwelen. Rauch stieg auf und es knacke hin und wieder leise, als ob Holz verbrannte. Da sich im Hintergrund auch noch ein Bruch in der Basaltwand abzuzeichnen schien, beschloss sie eine kurze Rast einzulegen und sich noch ein bisschen umzuschauen – möglicherweise ließ sich noch das eine oder andere an Nützlichem bergen, bevor es endgültig verglühte.
    Die Jägerin lehnte ihren Tornister gegen einen Zaunpfahl der Veranda und schob die knarrende Tür ins Innere auf. Es roch nach Rauch und Schwefel, Qualm schlug ihr entgegen. Die Augen begannen sofort zu brennen und zu tränen, sie musste husten und drehte sich kurz weg, bis der Anfall nachgelassen hatte. Nach dem ersten Schrecken wandte sie sich wieder dem Innenraum zu. Es glühte zwischen den Resten des strohbedeckten, eingestürzten Dachstuhls. Der tiefrote Schimmer durchdrang unheilvoll den Qualm. Bei näherem Hinsehen erkannte Vesana, dass er zu einem deformierten, geschmolzenen Steinhaufen gehörte. Wie erstarrte Lava bedeckte er Trümmer und Gegenstände des Hauses. Nur das Glühen wollte nicht so recht dazu passen, denn wenngleich der glimmende Fels große Wärme abstrahlte, für gewöhnlich war Lava flüssig.
    Interessiert näherte sich Vesa weiter. Das Material war in der Tat völlig fest, das Knacken ging von ihm, und nicht vom Holz des Hauses, aus. Ebenso der Rauch und Schwefelgeruch. Vorsichtig hob sie ein daumengroßes Fragment auf. Die eine Spitze glomm rot, der Rest hielt sich in dunklem Grau bis Schwarz, wie Basalt. Etwas mehr als handwarm lag ihr das Stück schwer in der hohlen Hand. Nach kurzem Spielen mit dem Splitter warf sie ihn achtlos zurück zum Rest, während sie sich bereits zum Gehen wandte. Nur aus dem Augenwinkel sah sie den starken Funkenschlag, den das Fragment verursachte, als es aufkam. Jetzt wieder mit voller Aufmerksamkeit bei dem Gestein, nahm sie sich zwei ähnlich große Splitter und schlug sie gegeneinander. Jedes Mal stoben Funken, als sie sich mit einem Geräusch von Hammer und Schmiedeeisen trafen. Von der Nützlichkeit als Feueranzünder schnell überzeugt, steckte Vesana die Stücke in zwei separate Beutel an ihrem Gürtel.
    Zurück am Zaunpfahl mit ihrem Gepäck schulterte sie dieses. Während sie sich dem Bruch in der senkrechten Basaltwand näherte, nahm sie noch etwas Wasser aus ihrem Trinkbeutel und machte sich im Anschluss an den Aufstieg. Möglichst sicher tretend und greifend kam die Jägerin zwar nur langsam voran, aber immerhin schien es an dieser Stelle tatsächlich bis ganz hinauf zu gehen. Über große und kleine Bruchstücke der markant geformten, schwarzen Felssäulen kletternd und sich durch schmale Spalten zwängend, stand sie letztlich trotz aller Fehltritte und Engpässe oben auf den Klippen einige hundert Schritte von der eigentlichen Abbruchkante entfernt. Umgeben von verkohlten Baumstammresten, die sie bei Weitem überragten, und den abgebrochenen Resten, die sich über den Boden zwischen den Stümpfen verteilten, kam sich Vesana wie auf einem Friedhof vor. Leben gab es hier, wenn überhaupt, auf den ersten Blick in keiner erkennbaren Weise. Nur ein Aschehüpfer sprang aus einem hohlen Stamm am Boden hervor und hüpfte anschließend davon, als sie ihm und seiner Behausung zu nahe kam. Sonst herrschte Stille, selbst ihre Schritte hörte sie kaum auf dem weichen Boden und wenn sie nicht schwer geatmet, geschwitzt und das leise Knirschen und Klappern ihres Gepäcks vernommen hätte, es wäre nicht mehr als ein Traum für sie gewesen. Ein schlechter noch dazu.
    Vesa richtete sich neu nach der Sonne aus und lief nun auf möglichst direkter Linie nach Nordosten, wo das Skaal-Dorf lag. Mit ihrer jetzigen Geschwindigkeit, sofern sie sie auch im steileren Terrain halten konnte, würde die Kaiserliche wohl etwa fünf, oder sechs Tage bis zu dem Nord-Stamm brauchen. Eine akzeptable Reisedauer. Mittlerweile musste sie wohl auch die Fünf-Meilen-Marke überschritten haben, sicher war sie sich allerdings nicht dabei. Aber es bestand auch noch genug Zeit, um ein Stück weiterzugehen.
    Pünktlich zum späten Nachmittag und frühen Abend machte sie unweit vor sich eine weitere, verlassene Hütte aus. Die Frage nach ihrer ersten Bleibe hatte sich damit an dieser Stelle erledigt. Eigentlich lief es fast schon zu reibungslos ab, so wenige Komplikationen gab es bis zu diesem Moment. Andererseits war sich Vesa sicher, ihren Herrn auf ihrer Seite zu haben. Sie nahm es deshalb als gutes Zeichen.
    Als Folge ihrer Zuversicht und der ewigen Stille der Umgebung wurde sie nachlässiger und bemerkte erst zu spät, dass sie keinesfalls allein hier war. Aus dem Eingang der Hütte kam ein hochgewachsener, kräftiger Mann. Zunächst registrierte er Vesa nicht. Er zog sich gemütlich die Hose ein Stück nach unten und erleichterte sich erst einmal von der Veranda seiner heruntergekommenen Bleibe. Erst als es schon plätscherte blickte er auf – genau in dem Moment, in dem sich die Jägerin hinter einen Baumstamm hechtete.
    „Ehjo, Boss, ich glaub‘ hier draußen is‘ jemand!“, rief der Nord. Seine tiefe Stimme klang verzerrt.
    „Erzähl‘ kein‘ Qutasch, hier kommt keine Sau vorbei! War bestimmt wieder nur ein Aschehüpfer!“, hallte eine andere Stimme gedämpft aus dem Haus heraus.
    „Ne‘, ich schwör’s! Es war ‘was Großes!“
    Stühle wurden verschoben und schwere Schritten trampelten über Holzplanken. „Wo?“
    „Da hinten hinter dem dicken Baumstamm und dem abgebrochenen Stück.“
    „Wenn Du wieder nur Halluzinationen hast, schneid‘ ich Dir eigenhändig die Eier ab!“ Vesana versuchte, sich einen Überblick zu verschaffen, mit wie vielen sie es nun tatsächlich zu tun hatte. Mindestens zwei, aber sie vermutete anhand der Trittgeräusche zuvor eher, dass es drei waren. Vermutlich Plünderer, noch dazu welche, die hier schon zu lange lebten und nicht am vergifteten Wasser gestorben waren. Hektisch suchten ihre Augen nach einem Ausweg, nach Deckung, in der sie sich möglichst unbemerkt von den Nord entfernen konnte. Sie fand nichts, die verkohlten Baumreste standen und lagen zu weit auseinander und boten zu wenig Schutz. Schweiß rann ihr nun noch schneller aus den Poren die Schläfen hinab in Gjalunds Tuch, das Blut rauschte in ihren Ohren und die Brust schmerzte, so raste ihr Herz. Sie wischte sich einige salzige Perlen aus den Augenbrauen und atmete tief durch. Die zuvor niedergerungenen Stiche durch den Vorderkopf verstärkten sich wieder etwas und es fiel der Kaiserlichen schwer sich zu konzentrieren. Unruhig glitt ihr Blick weiter über die Umgebung.
    Vesa schaute über die Schulter an dem Stamm vorbei, gegen den sie lehnte. Ein Nord in schwerer, stählern glänzender Rüstung kam direkt auf sie zu. Zwei weitere deckten seine Flanken in einigem Abstand. Sie durchforsteten das Gebiet vor der Hütte Schutzmöglichkeit für Schutzmöglichkeit. „Piep, piep, kleines Mäuschen! Spielen wir heute Verstecken?“ Tönte der scheinbare Anführer von ihnen, der sich durch seine bärenkopfartig geformten Schulterpanzer und den dicken Harnisch von seinen zwei leicht geschützten Kumpanen abhob. „Piep, piep.“ Sie zog sich wieder in die Deckung zurück.
    „Komm‘ schon, kleines Mäuschen!“, forderte der letzte der Nord, der zuvor noch nicht gesprochen hatte. „Sei kein Spielverderber.“ Diese Männer schienen in der Tat schon viel zu lange hier zu leben. Vesana überlegte fieberhaft, Gedanken überschlugen sich. Wegrennen? Sinnlos. Mit Gepäck nicht, und ohne wäre es genauso ihr Todesurteil hier draußen in der öden Wildnis. Kämpfen? Eine gegen drei? Das würde sie nicht überleben. Nicht, wenn die Drei gemeinsam mit ihr kämpften. Den Anführer erschießen und die anderen beiden im Nahkampf erledigen? Das mochte vielleicht funktionieren. Doch dann war es schon zu spät.
    „Da bist Du, Mäuschen!“ In der Stimme des Anführers schwang eine nicht zu überhörenden Note an Spott mit. „Hab‘ – Ich – Dich!“ Genau in dem Moment streifte sich die Jägerin die Riemen des Felleisens von den Schultern, ließ den Speer los und sprang auf die Füße. In einer Bewegung drehte sie sich gleichzeitig um die eigene Achse und zog ihr Schwert, das sie am ausgestreckten Arm in Richtung des Plünderers hielt, um ihn auf Abstand zu halten. Allerdings musste sie direkt danach feststellen, dass er an einem Stamm einige Schritte entfernt stand und einen Aschehüpfer mit ihr verwechselt hatte, als dieser am Stamm sitzend gewackelt hatte. Der große, bärtige Nord ließ ihn fallen und griente sie an. „Hab‘ – Ich – Dich!“, wiederholte er. Vesana gefror das Blut in den Adern und sie merkte, wie sich ihre Pupillen vor Schreck und Wut über sich selbst weiteten. Wie ein Kind, das beim Stehlen eines Apfels erwischt worden war, so fühlte sie sich. Die zwei anderen Räuber blieben stehen und gaben ein einstimmiges „Piep, piep, kleines Mäuschen!“ von sich. Mit hintereinander in größerem Abstand gesetzten Füßen und dem erhobenen Schwert blieb die Jägerin wie angewurzelt stehen. Ihre Augen behielten die drei Männer genau im Blick, während ihr ein mögliches Kampfszenario nach dem anderen durch den Kopf schoss. Und was bei allen Göttern war nur los mit ihr, dass sie überhaupt in so eine Situation geraten konnte? Wie war es möglich, dass sie als geschulte Jägerin in so eine simple Falle getappt war?
    Mit einem leisen, scharfen Schleifgeräusch zog der Anführer sein Schwert aus der Scheide. Eine gebogene Klinge mit schwerer, breiter Spitze. „Überlasst mir den Spaß“, forderte er von seinen zwei Kumpanen, die sich kurz darauf auf einen umgestürzten Baumstamm setzten und gespannt zuschauten. „Sieh‘ mal einer an, was uns der Wind zugetrieben hat: Ein kleines Kätzchen.“ Die anderen zwei begannen aufgeregt zu gackern und zu kichern. „Kätzchen“, äfften sie ihn nach.
    Inzwischen würde sie den Anführer nach zwei großen Ausfallschritten erreichen können, so nah war er bereits heran. Er fischte sich eine dicke Strähne, seines langen, fettigen Haares aus dem Gesicht und warf sie nach hinten über die Schulter. Ob es braun war, oder es der Dreck so färbte, ließ sich nicht unterscheiden. Der wilde Bart umrahmte die spröden, wulstigen Lippen und den dunklen Augen haftete etwas Wahnsinniges an. „Erst werde ich Dich abstechen“, begann er zu beschreiben als sie dazu übergingen sich gegenseitig zu umkreisen. „Dann werde ich Dich benutzen“, setzte er fort und leckte sich die Lippen. Das leicht gekrümmte Schwert hob er nun ebenfalls vor die Brust auf sie zeigend. „Und dann werd‘ ich Dich als Trophäe bei uns aufhängen.“ Mit diesen Worten und einem folgenden, wilden Kampfschrei ging er auf sie los.
    Gerade rechtzeitig duckte sich die Jägerin zur Seite weg, rollte durch die Asche ab und kam wieder auf die Füße, das Schwert nun hoch hinter den Kopf erhoben, als wolle sie es wie einen Stein werfen und in der linken den Dolch vom Gürtel am Arm entlang geführt, abwehrend vor sich gehoben. „Flinkes Kätzchen“, amüsierten sich die zwei anderen Plünderer.
    „Schnauze!“, brüllte ihr Anführer und sie verstummten. Kaum hatte er das gesagt, schlug er schon wieder nach ihr. Vesa lenkte den Hieb mit dem Schwert an sich vorbei, während sie einen Schritt zu Seite setzte. Gleich darauf nahm sie die Pose von zuvor ein. Jede Faser ihres Körpers ächzte vor Anspannung, die Atmung schnitt in der Luftröhre und das Herz krampfte. Nach außen behielt sie Ruhe, doch nach innen tobte sie. Sie war auf diesen Kampf nicht vorbereitet gewesen. Nichts hatte darauf hingedeutet, dass er kommen würde. Sie war zu leichtsinnig gewesen, fühlte sich zu schnell sicher. Das durfte ihr nicht noch einmal passieren – nicht in dieser lebensfeindlichen Umgebung. Sofern sie denn lebend aus der Sache herauskam.
    Es folgte eine ganze Reihe von erstaunlich schnellen Hieben hintereinander, die jeder einzelne dennoch von außerordentlicher Kraft gekennzeichnet waren. Vesana lenkte sie ab, oder blockte direkt, wobei letzteres stärker an ihren Kräften zehrte und den Arm schmerzen ließ. Kurz andauernde Taubheits- und Lähmungserscheinungen traten dann auf und sie brauchte einen Moment, bis sie ihren Arm wieder richtig heben konnte. Unter dem letzten Schlag duckte sich die Kaiserliche abermals weg, rollte ab und hieb nach dem linken Bein des Nords mit ihrem Dolch. Die Spitze kratzte über das schützende Metall und schnitt daran vorbei nur durch das Hosenbein.
    Wieder standen sich die Kontrahenten gegenüber und schauten einander an. Der Plünderer spie vor ihr auf den Boden aus. „Flinkes Kätzchen, in der Tat“, wiederholte er die Worte seiner Kumpane. „Nützt Dir nur nichts!“ Erneut holte er nach ihr aus, klirrend prallten die Klingen aufeinander. Sie verkeilten sich an den Parierstangen. Während Vesa blind mit dem Dolch nach seiner Brust stach und hoffte, eine Lücke in der Panzerung zu treffen, holte der Nord mit dem Kopf aus und schlug ihn über die gekreuzten Schwerter hinweg gegen den ihren. Die Kämpfer taumelten auseinander. Der Jägerin tropfte augenblicklich Blut aus der linken Augenbraue auf die Wange, den PLünderer überkam ein böses Grinsen.
    Jetzt erst, schien sie ihre Kampfkraft zurückzugewinnen. Adrenalin pumpte ihr durch die Adern, gab ihr Kraft, vertrieb den Anflug von Benommenheit als Folge des Schlages gegen ihr Haupt und schärfte die Reflexe. Nur durch diesen direkten Treffer überwand sie in diesem Moment die Schockstarre und gewann ihre Kampfeskraft zurück. Aus dem Fluchtreflex wurde ein Kampfreflex. Das Rauschen in den Ohren drängte sie in den Hintergrund zurück und die Taubheit in ihrem Arm kämpfte sie nieder. Die körperliche Berührung vertrieb die Lähmung ihrer Sinne. Wach und bereit fixierten ihre Augen das Ziel. Sein schweres Atmen, der Schweiß auf seiner Stirn, das Nachgreifen der Schwerthand um den Griff der Waffe, das Zucken der Muskeln in der linken Wange und im Augenwinkel und das Mahlen seiner Kiefer – einfach alles an ihm schien Vesana nun in großer Detailtiefe wahrzunehmen. Sie konnte seine Anspannen und seinen Ärger fast schon riechen. Die neuen, intensiven Eindrücke aufsaugend, gewann sie dadurch neue Zuversicht. Diesmal ließ sie sich jedoch nicht davon in ein übermäßiges Sicherheitsgefühl wiegen, noch blieb das Ergebnis der Konfrontation offen.
    Mit einem wölfischen, spitzen Lächeln auf den schmalen Lippen hob die Kaiserliche ihr Schwert und hielt den Dolch locker vor sich. Die Blutung über dem linken Auge kümmerte sie nicht, es würde schnell verheilen. Als der Nord auf sie zukam, setzte sie mit einer schnellen Sprungrolle direkt neben ihm auf, rollte sich ab und drehte sich noch im Aufstehen um die eigene Achse. Ihren Hieb zog sie ihm von hinten durch beide Kniekehlen, woraufhin der Räuber schreiend und kreischend in einer großen Aschewolke zu Boden stürzte. Seine Waffe entglitt ihm. Ihre eigene nun schräg nach unten hinter sich haltend, beobachtete die Kaiserliche wie sich der Nord am Boden wälzte und in Asche hüllte. Die Wunden in den Knien bluteten stark, färbten die grauen Flocken tief schwarz und ließen sie an den Wundrändern zu dicken Wülsten verklumpen. Der Plünderer versuchte wegzukriechen, konnte sich aber nur ziehen, weil ihr Schlag Sehnen durchtrennt hatte und tief in die Gelenke eingedrungen war. Die Arme fanden auf dem lockeren Untergrund keinen Halt. Zufrieden konnte nun Vesa grinsen.
    Mit diesem Gesichtsausdruck wandte sie sich den geschockten Kameraden des am Boden liegenden Nords zu. „Der Nächste?“, fragte sie und entblößte die hellen, sauberen Zähne. Die Zunge bleckte kurz über die Eckzähne. Die zwei Männer schauten einander an, sprangen anschließend auf und rannten so schnell sie ihre Füße trugen vor der Kaiserlichen davon. Kurz überlegte Vesana, ob sie jedem von ihnen einen Bolzen in den Rücken jagen sollte, doch entschied sie sich schließlich dagegen. Diese Irren würden nicht noch einmal wiederkommen.
    Das Schwert, von dessen Spitze inzwischen die letzten Blutstropfen abgeperlt waren, schob sie zurück in die Scheide auf dem Rücken, den Dolch verstaute sie am Gürtel. Vom Gepäck nahm sie trotz ihrer Entscheidung zuvor die Armbrust und legte einen Bolzen auf, ohne die Waffe jedoch zu spannen. Sie folgte dem einige Schritte weit gekrochenen Anführer der Gruppe. Eine dunkle Spur zog sich hinter ihm her. Das Schreien und Stöhnen war zu einem Wimmern verstummt. Neben ihm angekommen, trat ihm Vesa gegen die Schulter und drehte ihn so auf den Rücken. Haare, Bart und Gesicht hüllten sich in Grau, seine Rüstung ebenso. Völlig verstaubt hustete er. Nach Abklingen des Anfalls richteten sich seine angsterfüllten, panischen und doch hassenden Augen auf sie. Sie glommen rot von der Überreizung durch die Asche. Ihre Armbrust zeigte auf ihn.
    „Ich werde es Euch nicht gönnen, schnell zu sterben“, begann sie langsam zu sprechen. Sie spannte die Armbrust. „Doch habe ich nicht den ganzen Tag Zeit darauf zu warten, dass Ihr verblutet.“ Mit einem Klicken löste sie den Mechanismus aus. Für den Bruchteil der Dauer eines Lidschlags surrte das Geschoss durch die Luft, dann durchschlug es schräg an der Wirbelsäule vorbei oberhalb des Brustbeines Luft- und Speiseröhre. Sofort quoll dem Mann dunkles Blut aus Mund und Nase. Die linke Hand des Nords, die gerade nach dem Dolch an seinem Gürtel greifen wollte, und die rechte langten nach dem Holzschaft in seinem Hals. Die Augen lösen sich von der Jägerin und wanderten zum Himmel. Zuckungen durchfuhren den massigen Leib, während er gurgelnd unaufhörlich Blut spuckte.
    Vesana überlies den sterbenden Räuber sich selbst, brachte die Armbrust zurück zum Tornister und begann damit, sich die Asche vom Leib zu klopfen, so gut es ging. Das geronnene Blut in ihrer linken Gesichtshälfte kratzte sie weg, neues quoll nicht mehr aus der kleinen Wunde hervor. Schließlich schulterte sie ihr Gepäck und ging noch einmal auf den Sterbenden zu.
    Das Gurgeln und Glucksen ließ sich kaum noch wahrnehmen, die Zuckungen des Körpers klangen ab. Der Brustkorb hob und senkte sich nur noch minimal. Es würde nicht mehr lange dauern und der Nord hätte sein Leben vollends ausgehaucht. Zu kraftlos, sich noch in irgendeiner Weise zu wehren, sah sich Vesana nun auch in der Lage, ihn kurz zu durchsuchen. Mehr als ein kaum gefülltes Münzsäckel und den Dolch am Gürtel trug er nicht am Leib. Die Waffe ließ sie, wo sie war, steckte sich das Gold ein, holte von einem leisen Schmatzen begleitet ihren Bolzen zurück, nahm ihm nur noch die Halterung für sein Schwert ab und überlies den Mann sich selbst. Zuletzt fischte sie noch sein höchst interessantes Schwert aus der Asche und begab sich im Anschluss in der hereinbrechenden Nacht zur Hütte.
    Das Dach lag halb eingefallen im hinteren Teil auf dem Boden, aber wenigstens konnte sie sich im vorderen Teil an einem Tisch und einigen Bettenlagern aus Stroh niederlassen. Die Tür ließ sich von innen mit einem Balken verriegeln, was die Jägerin dann auch direkt tat. Den Tornister lehnte sie gegen einen der Stühle und setzte sich mit einem erleichtert-erschöpften Seufzen auf einen anderen. Die Überraschung des ersten Tages forderte nun ihren Tribut, aber immerhin war sie ohne Schäden davongekommen. Glück gehabt. Kurz legte sie den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und atmete tief durch. Dann widmete sie sich den Schlusshandlungen des ersten Tages.
    Vesa reinigte die geschwungene, mit Gravuren verzierte Klinge des Nords und drehte sie in den Händen. Die Schneide setzte schmal am leicht gekrümmten, lederummantelten Heft an, verlief am Rücken relativ gerade und ging auf der Seite der Schneide mit einem Widerhaken in die breite, zum Waffenrücken hin gekrümmte Spitze über. Der relativ schwere Vorderteil verlieh der Waffe in gewisser Weise Eigenschaften einer Axt, nahm der Klinge aber keinesfalls ihre Dynamik als Schwert.
    Die Kaiserliche stand auf und vollführte einige Schläge ins Leere. Surrend schnitt die Klinge durch die Luft. Ja, diese Waffe gefiel ihr. Es würde zwar noch etwas Übung brauchen, bis sie mit ihr richtig umgehen konnte, doch sie zeigte sich zuversichtlich, dass es nicht allzu lange dauern würde. Zum Schluss drehte sie das Schwert noch so, dass es andersherum an ihrem Arm entlangführte und sich beinahe um sie herum bog. Dann mit einer schnellen Drehung schnappte sie die eher offen gehaltene Scheide vom Tisch und drehte die Klinge wieder so, dass sie von Vesana weg wies. Ein kurzer Handgriff und sie steckte in ihrer Halterung.
    Zufrieden ließ sich die Jägerin zur Ruhe sinken, putzte und stärkte sich noch, und legte sich alsbald auf eine der Nachtstätten, ohne sich noch groß einiger Kleidung zu entledigen. Die nächsten Tage würden nicht weniger anstrengend werden, als der nun allmählich vergehende. Sie brauchte Ruhe und Kraft, um ihren straffen Zeitplan einhalten zu können. Die schlanken Finger der linken Hand schlossen sich um das filigrane Hirschkopfamulet aus Silber um ihren Hals, das sie unter ihrer Jacke versteckt trug. Auf der Seite liegend und zusammengerollt wie ein Kind im Mutterleib zog sie sich noch die Decke bis über die Schulter und schlief bald darauf ein.



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    Geändert von Bahaar (03.05.2013 um 18:01 Uhr)

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