Da Xseed ja kürzlich das PSP Remake von Brandish lokalisiert und veröffentlicht hat habe ich mir das als Anlass genommen endlich mal das Original zu spielen. Entschieden habe ich mich dabei für die PC-9801 Version in der leicht überarbeiteten Renewal Fassung von 1995, da diese nicht nur die technisch ausgereifteste ist sondern auch weil sie - abgesehen von der FM Towns Fassung und dem Remake - die einzige ist die von Falcom selbst stammt. Die Portierungen fur SNES und PC Engine wurden ja von KOEI bzw. Hudson angefertigt. Die PC Engine Version ist aber auch gerade in der Post unterwegs, die werde ich selbstverständlich ebenfalls noch mal unter die Lupe nehmen. Die SNES Fassung ist zwar als einzige ins Englische übersetzt worden, scheint mir aber nach dem was ich bisher davon gespielt habe klar die schwächste Inkarnation des Spiels zu sein.
Das erste was einem bei dem Spiel auffällt ist natürlich die eigenwillige Darstellung. Die Spielerfigur ist stets nach Norden ausgerichtet und die Spielwelt rotiert in 90° Schritten wenn man sich nach links oder rechts dreht. Das ist zu Beginn natürlich wahnsinnig desorientierend, noch schlimmer wird es wenn man sich bewegte bilder dazu ansieht und die jeweiligen Bewegungseingaben versucht nachzuvollziehen:
Eine weiterer Aspekt der etwas Einarbeitungszeit benötigt ist die Steuerung. Während man bei den Konsolen-Fassungen eine recht simple Gamepad Steuerung hat bietet die PC98 Version einen Hybrid aus Maus- und Tastatursteuerung der einem verschiedene Optionen bietet. Man kann komplett mit Tastatur spielen, was eigentlich auch ganz gut funktioniert bis auf die Tatsache das man keine WASD-Belegung zum bewegen hat und die Shortcuts fur die Items, Waffen und Zauber auf dem Ziffernblock liegen. Artet also schnell in Finger-Gymnastik aus. Alternativ kann man auch einhändig ausschlieslich mit der Maus spielen, wobei man dann nochmals die Wahl hat ob man die auf die Bewegungstasten auf der Benutzeroberfläche oder direkt in der Spielwelt klickt. Letzteres ist aber auch nicht so simpel wie es sich vielleicht anhören mag, da es sich hierbei nicht um eine direkte Point & click Steuerung handelt wie zB bei Diablo, sondern es gibt verschiedene klickbare Bereiche um die Spielerfigur herum die unterschiedliche Aktionen (Vorwärts, Ruckwärts, seitlich bewegen, drehen, springen, angreifen, etc) auslösen. Man kann sich diese auch als Raster einblenden, allerdings sieht das nicht besonders hübsch aus:
Ich habe mich letztlich fur eine Mischform entschieden, die Navigation durch den Dungeon geht wunderbar mit der Maus sofern man nicht unter Druck gerat und keine schnellen Reflexe und Päzision gefragt sind. Bei den meisten Bosskampfen habe ich aber zur reinen Tastatursteuerung gewechselt, da man hier teilweise sehr genau auf Ausweichen und Positionierung zum Gegner achten muss, und wenn man sich da mal verklickt und man statt einem seitlichen Ausweichschritt eine Drehung macht kassiert man nicht nur ordentlich Schaden sondern ist durch den Perspektivwechsel fur einen Augenblick verwirrt und sieht dann meist auch recht schnell den Game Over Screen.
Wenn man sich dann aber mal an die Eigenheiten des Spiels gewöhnt hat entpuppt sich Brandish aber als ein fantastisch designter Dungeoncrawler mit enormen Suchtpotential. Zwar steckt hier in weiten Teilen noch die DNA von Urgesteinen wie Wizardry oder Might and Magic, jedoch hat Falcom viel sperrigen Balast über Bord geworfen. So gibt es nur drei Statuswerte und diese werden aufgelevelt durch Gebrauch, vergleichbar mit den Elder Scrolls Titeln. Waffen haben eine begrenzte Anzahl an Verwendungen und konnen nicht repariert werden, allerdings kommt man gegen viele Gegner auch wunderbar mit den blanken Fäusten an, was den Stärkewert auch wesentlich schneller auflevelt. Der eigentliche Fokus liegt bei Brandish also nicht auf komplexen Character-Builds, haufenweise Loot oder umfangreicher Auswahl an Zaubersprüchen. Vielmehr wird das Erkunden des Dungeons und die Konfrontation mit den Gegnern in den Mittelpunkt gerückt. Und hier hat Falcom wirklich ganze Arbeit geleistet. Die einzelnen Stockwerke sind meisterhaft gestaltet, trotz der geringen optischen Abwechslung gibt es ständig etwas neues zu entdecken, man wird stets mit neuen gemeinen Fallen, fiesen Hinterhalten, geheimen Durchgängen, unsichtbaren Teleport-Feldern oder cleveren Puzzlen überrascht. Ich musste wirklich oft schmunzeln wenn die Entwickler mich mal wieder ins offene Messer haben laufen lassen. Das Spiel hat mich auch mehr als einmal an Dark Souls erinnert, sowohl beim Dungeondesign als auch bei dem Kampfsystem. Zwar gibt es keinen Ausdauer-Balken, aber auch hier gilt es bei den meisten Gegnern zu blocken und den richtigen Moment für einen Konter abzupassen. Auch die geschickte Positionierung spielt eine wichtige Rolle, sowohl bei Gegnergruppen als auch bei den Bosskämpfen. Letztere sind für mich auch der einzige wirkliche Schwachpunkt des Spiels, da sie durch die eigenwillige Steuerung schnell in Hektik ausarten. Beim letzten Endgegner musste ich die Spielgeschwindigkeit letztlich auf die unterste Stufe stellen um überhaupt Land zu sehen.
Audiovisuell gibt es leider zu wenig Abwechslung, es gibt eindeutig zu wenige Musikstucke und Tile-Sets fur die Umgebung, das wenige was geboten wird kann aber durchaus überzeugen.
Fazit:
Unterm Strich ist Brandish ein toll gemachter Dungeon Crawler mit exquisitem Level-Design und jeder menge Atmosphäre. Ich kann das Spiel nur wärmstens empfehlen, wenn man das Original aus technischer Sicht zu altbacken findet dann sollte man zumindest einen Blick auf das Remake werfen. Ich hab jetzt auf jeden Fall Lust auf die drei Nachfolger bekommen, Brandish 2 - The Planet Buster ist bereits gekauft.