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Thema: Das Dorf Gottes 2-Tag 3

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    Sich ruhig den sanften Wind durch die roten Haare wehen lassend, wartete Noel mit den Händen tief im Mantel vergraben darauf, dass sich die anderen Avatare zeigen würden. Es dauerte eine ganze Weile, bis die gespenstische Stille des ausgestorbenen Dorfes durch Schritte unterbrochen wurde. Wie verschlafen öffnete Noel die Augen und sah, wie Tyrell und Luise auf ihn zukamen.

    Luise.

    Schlug sein Herz auch nur einen Augenblick schneller? Nein.
    Verspürte er das gnadenlose und doch wundervolle Gefühl der Nervosität? Nein.
    Seine Wangen blieben blass und kühl, und ihre roten Haare erschienen ihm auf einmal nicht schöner als welkes Blätterwerk.
    Sie trug die Kette nicht. Wahrscheinlich hatte das Mädchen sie einfach irgendwohin geschmissen.
    Kaum wunderte Noel sich darüber, dass ihm dieser Fakt absolut egal war.
    Als er die Kette abgegeben hatte, so schien ihm, hatte er noch etwas Anderes verloren.

    Still wartete er ab, was Tyrell vorhatte. Die drei schenkten sich keine Blicke oder gar gegenseitige Worte.
    Wenig später waren auch die letzten beiden Avatare angekommen: Lumi und Peter.
    Damit waren sämmtliche Spieler versammelt und es konnte beginnen. Oder enden.

    Tyrell sah sich um und murmelte etwas, bevor er einige Meter auf und ab schritt und zu sprechen begann.
    Das Böse liegt vor meinen Augen, aber ich habe zu vorschnell gehandelt, sodass das Offensichtliche an mir vorbeiflog. Ich würde doch lieber Noel heute als unseren heutigen Kandidaten aufstellen... bei ihm habe ich so ein unsicheres Gefühl. Was, wenn er wieder nur uns eine Farce auferlegt hat?
    Er... er ist ein ziemlich übler Mensch... gestern hätte er mich fast umgebracht. Es spielt keine Rolle, ob er Lumianer ist, oder nicht. Die Gefahr ist nicht gebannt, wenn alle von ihnen tot sind und er allein noch lebt. Das Dorf ist besser ohne ihn dran und ich bin überzeugt davon, dass diese Entscheidung durchaus gerechtfertigt ist. Wie auch immer, ich traue dem Braten nicht."

    Schneidend suchte der Bengel Noels Blick. Dieser erwiederte ihn nur ungerührt, als Luise das Wort erhob.
    "Ich weiß nicht... ich w-weiß nicht, wem ich vertrauen kann und wem nicht. Und e-erst recht weiß ich nicht, wer Lumianer ist und wer nicht. Aber..."Was i-ich weiß ist, d-dass gestern j-jemand Unschuldiges e-ermordet wurde. V-von ihren eigenen G-gästen, die sie f-freundlich bewirtet hat. V-vielleicht i-ist Peter kein L-lumianer - trotzdem hat er ohne auch nur den Versuch einer Rechtfertigung Brunhild für den Galgen nominiert. U-und das kann ich nicht ertragen. I-ich möchte glauben, dass e-er zu den Lumianern gehört. D-denn sonst w-würde das wohl bedeuten, d-dass unser Dorf vekommen und von seinen eigenen guten Menschen verflucht ist..."
    Damit hatten seine beiden "Mitstreiter" gesprochen. Die Lumianer würden sich einer Nominierung anschließen.

    Jetzt war es an der Zeit, eine Entscheidung zu treffen. Was Noel tun sollte.
    Wer in diesem Spiel den Sieg davontragen sollte. Und wie sein Leben enden würde.
    Intensiv verlor sich der Junge in Überlegungen.
    Ein Lumianer und ein Nicht-Lumianer waren nun nominiert.

    Ich will nicht, dass die kleine Elfe stirbt. Das will ich nicht. Also muss ich das Dorf unterstützen, oder? Tyrell ist kein Lumianer. Der Bengel ist einer von uns. Das kann ich sagen, da er eine Nacht mit Luise verbracht hat... spätestens jetzt.

    Also sind die Lumianer...

    Bitter biss Noel sich auf die Lippe.

    Sie muss da... irgendwie hineingerutscht sein.
    Wie ich...


    Was sollte er tun? Noel wusste, dass er Luise nach wie vor schützen wollte, zumindest vor den Lumianern. Doch gleichsam konnte er Lumi nicht einfach ans Messer liefern. Außerdem hatte er mit dem Gedanken gespielt, sein Leben durch den Strick zu beenden. Das wäre nun die Gelegenheit. Es gab für ihn keinen Grund mehr, zu existieren. Er wollte einfach nicht mehr, hatte keine Kraft mehr. Aber dann würde er Luise schutzlos mit den Lumianern zurücklassen. Und diese würden sie wohl töten. Ausgeschlossen.

    Die einzige Chance, ihr Leben zu retten, ist einen Lumianer zu hängen. Also Peter...?
    Allerdings war das vielleicht sinnlos. Lumi und Peter brauchten nur beide ebenfalls Noel zu nominieren. dann wäre es aus.

    Verfluchter, närrischer Bengel, du reisst uns alle ins Verderben und zertörst vielleicht unsere letzte Chance!
    Mit zornigem Blick beäugte er Tyrell, der einen Verband um den Hals trug und ihn als Lumianer verdächtigte.

    Nun, verübeln kann ich es dem Kind nicht... es geht nicht anders. Ich muss Luise schützen. Also kann ich nur Peter nominieren.
    Und was Lumi angeht... sie wird überleben. Das muss ich ebenfalls schaffen. Ich habe viel wieder gutzumachen. Peter muss der Kopf der Lumianer sein.
    Wenn er fällt, kann ich das Mädchen vielleicht noch aus der Bluthölle befreien,
    bevor sie so wird wie ich. Vielleicht. Ich muss diese Chance nutzen.


    Eigentlich wollte Noel sterben. Er wusste nicht, was er nach dem Spiel mit sich anfangen sollte und jede Sekunde in dieser Welt brachte ihm nur noch mehr Leid und Hass. Es reichte. 19 Jahre waren eine lange Zeit. Und obgleich er der Meinung war, er brauche Luise Zuneigung nicht, zerfrass ihn genau das fehlen Dieser mehr und mehr und ihm kamen Zweifel an der Richtigkeit seines "Liedes"...

    Es ist in Ordnung. Ich werde der Held sein, der ich immer für Mama werden wollte. Und wenn es nur eine geringe Chance ist... ich rette beide. Luise und Lumi. Und auch den unerträglichen Bengel.

    Schwer atmete Noel aus, bevor er die Augen öffnete und aus seinem Gedankengang erwachte, vier Augenpaare voller Abneigung, Hass, Missgunst und Misstrauen wandten sich ihm zu, als er mehr als kraftlos und leise zu sprechen begann.
    "Ich habe kein Recht mehr, eigenständig zu nominieren... immerhin habe ich alles falsch gemacht. Aber wenn... Luise sagt, Peter(Layana) sei ein Lumianer, vertraue ich ihr. Ich nominiere Peter. Den letzten Lumianer. Wenn er stirbt, ist es vorbei... da bin ich sicher."
    Schwächlich sank Noel an einem nahegelegenen Baum in sich zusammen und wartete die Reaktionender Lumianer ab, betend, dass Lumi noch genug Menschlichkeit in sich trug, das Richtige zu tun.

    Leben oder sterben?
    Letztendlich war es Noel egal. Er wollte nur noch verenden.
    Endlich schlafen.

    Geändert von Holo (08.04.2013 um 15:07 Uhr)

  2. #2
    Peter erwachte an diesen Morgen, bzw. vielmehr war es schon Nachmittag, mit starken Kopfschmerzen. Au, das war dann gestern eindeutig zu viel von Brunis guten Braukünsten. Brunhild! Peter schreckte hoch und stieß sich den Kopf an einem Holzbalken, der über seinem Bett hing. "Verflixt nochmal!" Behäbig stand Peter auf und seufzte. Er erinnerte sich nur noch schemenhaft an den vergangen Abend. Aber eines würde er so schnell nie wieder vergessen: Sie hatten Brunhild an den Galgen gebracht. Brunhild, die Wirtin und gute Seele des Dorfes. Und er war mit Schuld gewesen an ihrem Tod. Und das nur weil er auf diesen Noel gehört hatte. Dabei war er ihm doch schon immer suspekt vorgekommen. "Dieser Bursche mit seiner verhexten Zunge. Auf den werd ich bestimmt nicht mehr hören!"

    Nachdem er sich gewaschen und angezogen hatte ging Peter in Richtung Dorfmitte. Aufgrund der durchzechten Nacht hatte er den Sonntagsgottesdienst verschlafen. Das erste Mal in seinem Leben. Peter fühlte sich miserabel. Er hoffte, den Pfarrer anzutreffen um bei ihm noch die Beichte ablegen zu können. Doch bevor er dazu kam den Pfarrer zu finden, traf er Noel, Luise und Tyrell auf dem Dorfplatz. Die Stimmung war angespannt. Anscheinend waren wieder in dieser Nacht gleich zwei Bewohner gestorben, Patricia und Rekon. "Es werden immer mehr" murmelte er. Außerdem hatten Ross und Viktoria das Dorf verlassen. Außer ihnen vieren und dem Mädchen Lumi war niemand mehr übrig geblieben. Ob das Dorf noch irgendwie zu retten ist? Peter war sich nicht sicher, und seine Zuversicht sank, als Luise und Noel ihn anklagten.

    Er wandte sich dem Mädchen zu: "Luise, bitte, überdenke deine Entscheidung. Ich bin kein Lumianer, glaube mir! Ich bereue meine Entscheidung von gestern zutiefst. Ich habe doch nur für Brunhild gestimmt, weil ich dem da (er zeigte dabei auf Noel) vertraut habe. Aber damit ist jetzt vorbei!" Er dreht sich zu Noel um. "Du! Du bist Schuld an der Scheiße, in welches dieses Dorf geraten ist!" rief er ihm entgegen. "Du kleines Miststück, hast uns alle an der Nase herum geführt! Ich hätte auf meinen Bauch hören sollen. Ich wusste gleich, dass du nichts gutes für unsere Dorf bedeuten kannst. Deshalb klage ich dich, Noel (Nonsense), an der Grund allen Übels zu sein. Und ich hoffe, dass mit deinem Abschied diese Sekte besiegt ist und in Düsterwald endlich wieder Frieden einkehren kann." Peter zitterte am ganzen Leid, während (verbal) er auf Noel losging. Seine rechte Hand war nur noch weniger Millimeter von Noels Gesicht entfernt. Doch er nahm all seine Beherrschung zusammen und fasste ihn nicht an.

    Geändert von Layana (08.04.2013 um 22:01 Uhr) Grund: Sig ausgeschaltet

  3. #3
    Mit dicken Augenringen mischte sich Lumi in die Konversation ein. "Der Mörder ist unter uns..."
    Stille. Das übriggeblieben halbe Dutzend sah sich gegenseitig misstrauisch an.
    "Und wenn ich mir das alles so ansehe...", sie dachte an wenige Stunden zuvor. Eine Maske. Die der Schwester der Rothaarigen. Etwas Mysteriöses ging von ihr aus, etwas Finsteres. Sie konnte nicht anders, als sie zumindest für den Moment in der Taverne zu verstecken. Anzustarren obwohl sie sie selbst nicht sehen konnte. Sie schluckte. "... würde ich meine linke Arschbacke drauf wetten, dass jemand war, von dem wir es am wenigsten erwarten."

    Im Schnelldurchlauf ging sie die Opfer der letzten Nacht durch: Die bärenstarke Patricia hatte es hingerafft, Horst hatte seinen feigen Arsch aus dem Dorf verdünisiert, ein Typ mit dem sie nie was zu tun hatte hatte einen Pfeil in die Fresse gekriegt und da war das verschwundene Mädchen mit der Maske.
    Ja. Jemand hatte gründliche Arbeit geleistet.
    "Nur Psychopath ist imstand für sowas.", flüsterte sie. Al lder Sarkasmus war ihr irgendwie letzte Nacht abhanden gekommen, als sie in Präsenz dieser merkwürdigen Maske über Brunhilda nachdachte. Hatte sie ihr tatsächlich diese Schenke inklusive des gottverdammten Köters vermacht. Niemandem anderen, der es eher verdient hätte. Lumi und Gastronomie. Lumi und Ordnung halten. Je mehr sie drüber nachdachte, desto mehr deprimeirte sie die Situation in der sie sich befand. Doch zum Weinen reichte es nicht mehr, all das hatte sie letzte Nacht bereits erledigt. Sie war dann doch nichts weiter als ein Mädchen, das mit der Gesamtsituation überfordert war.

    Noel war immer noch zu offensichtlich der Bösewicht. Er war ein Hanswurst der einen Gottkomplex hatte, aber sonst schien er an sich in Ordnung zu sein.
    Pjotr, der sich nun ebenfalls Lumis Wortschatz bediente um seine sonst eher stoisch zurückgehaltenen Gefühle zu zeigen - Pjotr schien auch ein guter Kerl zu sein, ja.
    Tyril. Der war ihr suspekt gewesen, von Anfang an. Aber gerade das warf sie auch aus der Bahn. Denn niemand der so offensichtlich einen auf gebrechlich machte konnte jemanden wie Patricia überwältigen, oder?
    Rothaar. Der Anblick vor Lumis geistigem Auge, wie dieses zierliche Wesen auf Patricia herumklettert, sich von Gliedmaß zu gliedmaß schwang, mit epochaler Musik im Hintergrund spielend, die schwachstelle suchend mit einem - was konnte sie schon großartig als Waffe tragen? - Zahnstocher oder so. Ja, das zauberte ein Lächeln über ihr Gesicht.

    "Japp, japp, japp...", Lumi hockte nun im Schneidersitz. Es schien fast als hätte sie seit Stunden nicht mehr geblinzelt, zumidnest fühlte sich ihr gesundes Auge extrem trocken an. "Ich frage mich bei all die Sache: Warum töten wir Leute die Leute töten, nur um zu zeigen dass Leute zu töten falsch ist?" Pause. Djángo kletterte auf ihren Schoß. Er war abenso sichtlich mitgenommen, obwohl er die gefühlte halbe Vorratskammer im Alleingang gefressen hatte. "Erst wollen sie alle Märtyringe spielen als wären sie der beschissene Jesus von Naserett, spielen sich auf als ach so wichtig und plötzlich stürzen sich alle auf einen um irgendwas zu beweisen, entweder sich selbst oder demjenigen, der der bessere unsichtbare Freund ist." Sie schloss die Augen, atmete laut aus. "Ihr Leute seid alle gleich - Christen, Heidis, scheiße - alle selbe mischuggene Mischpoke." Langsam stand sie auf, wühlte in ihrem Beutel und zückte das Kartendeck. Sie mischte es, diesmal nicht kusntvoll wie sonst immer, sondern wie ein besoffener Mitspieler bei einer Skatrunde, und reichte den fertig gemischten Stapel wieder Noel. "Abheben, bitte." Er tat wie geheißen, setzte den halben Stapel auf ihrer Hand ab, tat die andere Hälfte wieder obendrauf. Sie zog.

    Oh kacke, das war nicht geplant.

    Schnell mischte sie nochmals, hektischer, wieder ließ sie vom verwirrt dreinschauenden Noel abheben, zog.

    "Bassza meg...", entfuhr es ihr. Selbe Karte. Die Karten logen nie. Fast nie. Nur wenn sie es wollte. Nur dieses Mal... "Es tut mir leid, Noel (Nonsense)..." Mit zittrigen Händen drckte sie ihm das Herz Ass in die Hand. "Ich... ich..." Lumi schluckte, schaute ihm kurz in die Augen und ergänzte "Tut mir leid wegen Karten.", bevor sie zurück zur Taverne trottete. Müde, von jeglicher Freude befreit in diesem Moment.

    Geändert von T.U.F.K.A.S. (08.04.2013 um 20:04 Uhr)

  4. #4
    Das Dorf entscchloss sich Noel (Nonsense) dem Galgen zu überantworten. Doch sollte das die richtige Entscheidung sein?

  5. #5
    "Warum tötest du so viele Menschen, Kind?"

    "Weil ich es will. Nein. Weil Gott es will."

    "Du bist so jung... und doch ist dein Blick der eines gnadenlosen Jagdhundes, und dein Fell ist bespritzt und durchtränkt von dem Blut deiner zahllosen Lämmer. Warum nur tust du dir und den Menschen das an?"

    "Hihi... du bist lustig, Onkel. Was für eine dumme Frage. Ich existiere nur, um zu töten. Wir alle existieren nur aus diesem einen Grund. Ich habe soviele Menschen getötet... fünfhundert? Tausend? Aber Gott will es so. Also sei nicht traurig, dass ich deine Frau und deine Töchter ermordet habe... du wirst sie bald wiedersehen und die Welt dreht sich weiter. Ist das nicht wundervoll, hm?"

    "Irgendwann, mein Junge... wirst auch du von der Finsternis verschluckt werden und sterben. Und dann wirst du erkennen, dass der Tod nichts wundervolles an sich hat, noch irgendeinen Sinn. Er ist nur leer und endgültig. Dass du das auf diesem Wege feststellen wirst...
    Du tust mir so unendlich leid."





    Stumm beschritt Noel den engen Pfad zwischen den Dorfbewohnern, welcher zum Schafott führte, die Hände durch einen Strick vor sich zusammengebunden.
    Zwei Dinge waren seltsam:
    Es war bereits Abend, der Nachthimmel war schwärzer, als ihn der junge Mann je zuvor erlebt hatte. Es regnete finstere Tropfen auf den stillen Dorfplatz herab.
    Und sämtliche Dorfbewohner waren in Minuten wieder aufgetaucht und hatten sich, als wäre nie etwas gewesen, auf dem Platz versammelt.

    Beides, so schätzte Noel, war nur eine weitere Laune der Deuses.

    Er wurde gewählt. Erst durch Tyrell. Dann durch Peter. Und schließlich... durch Lumi.
    Es war nun Zeit für ihn, zu gehen. Noel war zufrieden. Endlich konnte er schlafen. Alles, was ihm blieb, war zu beten, Luise würde überleben.

    Da Noel nur noch sein dünnes Hemd trug, war er bereits bis auf die Haut durchnässt. Doch die Kälte spürte er gar nicht. Er war nicht einmal nervös.
    Nein, anders gesagt... konnte man wohl meinen, Noel war das Erste Mal seit 19 Jahren mit sich und der Welt im reinen. Schlurfend kam er an Lumi vorbei. Ruckartig blieb er stehen, woraufhin sich die Wache, die ihn zog, mit argwöhnischer Miene umwandte. Tonlos flüsterte er dieser etwas zu.
    "Nur einen Moment, bitte."

    Dann wandte sich der junge Mann mit seinem Blick dem blondgelockten Mädchen zu, dass er in kürzester Zeit so mögen gelernt hatte.
    Warm lächelnd beugte er sich etwas auf ihre Augenhöhe herab.
    "Lumi... der Abend mit dir neulich hat mich wahrhaft aufgemuntert. Du bist ein sehr interessanter Mensch. Bewahre dir das."
    Sein Blick wurde wieder etwas ernster.
    "Du bist hier in eine unschöne Sache hineingerutscht, Mädchen. Egal, was du bist... dieses Spiel endet Morgen. Bitte versuche, zu überleben. Ich wollte ja auf dich aufpassen wie ein großer Bruder oder so Etwas... dafür war ich ziemlich erbärmlich, was?"
    Mühsam zwang er sich zu einem schwachen Lächeln, bevor er wieder aufstand und dem zitternden Mädchen ein letztes Mal in die Augen sah.
    "Danke, Blondlocke."
    Ohne eine Reaktion zu erwarten bekundete Noel der Wache stumm, dass es weitergehen könne, und so setzte er seinen letzten Weg fort. Sein Blick traf Tyrell und Peter. Vielleicht Lumianer. Vielleicht nicht. Letztendlich war keiner von ihnen Schuld. Nur die Deuses trugen eine Schuld daran.
    Nach einer gefühlten Ewigkeit kam Noel bei den hölzernen Stufen der Tribüne an und bestieg emotionslos das Schafott, starrte der Masse einen Moment lang ins Angesicht, bevor sein Blick melancholisch zum dunklen Wolkenhimmel wanderte.
    Noel de'chrones'tulem... was habe ich in meinem Leben erreicht? Warum habe ich existiert? Ich bin ein Nichts.
    Still kicherte Noel in sich hinein.

    Es tut mir leid, Noel. Das alles.
    Deus saß direkt hinter des Henkers Freund auf der Bühne und beobachtete mit düsterem Blick, wie dieser Noels Hals bearbeitete.

    Tz... sei nicht albern, Köter. Was soll dir schon leid tun?

    Zu viel, um es in der dir verbleibenden Lebensspanne aufzuzählen, mein Freund. Letztendlich haben wir beide versagt. Ich habe Valan versprochen, dich bei diesem Spiel zu beschützen. Ich bin ein Gott, und habe es doch nicht einmal fertiggebracht, einen einzigen Menschen zu beschützen. Es tut mir leid.

    Noel suchte den Blick seines Freundes nicht, aber er lächelte.
    Was ist los, Köter? Auf einmal so ernst?
    Du hast dich für nichts zu entschuldigen. Ich wollte es so.
    Für mein Schicksal bin ich selbst verantwortlich. Also halt die Schnauze und sieh zu. Bist doch nur grummlig, weil deine Privilegien flöten gehen, ist es nicht so?"

    Ein solch offensichtlich neckender Tonfall war sonst nicht Noels Art, doch jetzt erschien er ihm passend. Deus schüttelte ein letztes Mal grinsend den Kopf, bevor er schwieg.

    Noel hatte bis jetzt gekniet, doch nun war es Zeit, sich zu erheben. Langsam wurde der Strick um seinen Hals fester gezurrt. Die letzten Augenblicke.
    Friedlich lächelnd schloss Noel die Augen... und summte leise, ganz entspannt eine Melodie.
    "Hm-hm.....hmmmmm.....hm-hm-hmmm...."
    Entgeistert öffnete er die Augen, ihm kam donnerartig wieder in den Sinn, was nie vergessen werden durfte. Panisch suchte er mit den Augen das Puplikum ab - Da fand er sie. Nah an der Bühne stand seine kleine Elfe.

    Ich hatte in meinem Leben nur einen Traum. Ein Traum, der mich hat diese Hölle überstehen lassen. Ein Traum, an dem ich mit jedem Atemzug meines Daseins festgehalten habe.
    Der Held und die Elfe... das ist mein Traum. Und er wird in Erfüllung gehen! Ich kann nicht gehen, ohne mir diesen einen Wunsch erfüllt zu haben!


    Verstört schoss Noels Blick zu Deusexus. Dieser nickte nur, das altbekannte, zähnebleckende Lächeln auf den Lippen.
    Verstehe. Du willst also, dass ich die Regeln breche? Du weißt, dass mich das meinen Status als Gott kosten wird?

    Ich bitte dich darum, Deus. Ich weiß... ich habe mich bei dir viel zu selten bedankt. Aber das ist mein letzter Wunsch an dich. Bitte.

    Ja ja, schon gut, heul nicht rum!
    Kläffend winkte Deusexus mit der Pfote ab.
    Ich mochte es eh nie, ein Gott zu sein!

    Es geschah alles in einer Sekunde. Des Henkers Whore wollte gerade den Strick hochziehen, als Noels Dolch in seinen gefesselten Händen erschien. Sofort reagierte der trainierte Junge und schnitt sich die Fesseln wie auch den Strick um seinen Hals los. Ein erschrockenes Raunen ging durch die Menge, sofort kamen zwei Wachen die Tribüne heraufgestürmt.
    Noel schwang seinen Dolch übermütig, offensichtlich die rechte Seite der Wache anpeilend, so dass diese ihre Verteidigung auf diese konzentrierte - Genau wie geplant. der rothaarige Junge verpasste ihm einen kräftrigen Knietritt genau in die linke Seite, jammernd stürzte der Mann von der Bühne.
    Die zweite Wache war schneller - Gnadenlos bohrte er seine Lanze durch Noels linke Schulter, der Bibliothekar kniff die Zähne zusammen. Schmerz war er gewohnt, aber das brutale Eindringen eines metallischen Fremdkörpers war dennoch ein göttergefälliger Pein. Mit einem eleganten Schnitt ins Bein brachte er den Mann zu Fall. Anschließend zog er sich die metallene Spitze der Speerwaffe aus dem Körper, es waren bestialische Schmerzen, aber er ertrug sie. Wie am Vorabend sprang er von der Bühne, mitten in die Masse an Leuten herein. Panisch fuhren die Dorfbewohner sogleich auseinander, doch eine Gestalt blieb wie angewurzelt stehen - Luise.

    Weitere wachen von überall näherten sich bereits.
    DEUS!

    Ja ja, schon dabei...

    Gerade, als die Männer Noel und Luise erreicht hätten, hielten sie inne. Um die beiden war sicherlich ein Fleck von etwa fünf Metern, und niemand konnte ihn betreten.

    Gut gemacht, Deus.
    Keuchend und am Ende seiner Kräfte stand Noel, sich die blutende Schulter haltend, vor der zitternden Luise, welche ihn mit einem seltsamen Blick ansah.
    Nun war es soweit.
    Einige Minutenlang beruhigte sich Noel. Schnell kehrte, ob Deus' Werk oder nicht, auf dem Platz wieder eine Totenstille ein und das Mädchen wie auch der blasse Mann sahen sich einfach nur in die Augen. Als er sich beruhigt hatte, begann Noel, gefasst zu sprechen.
    "Kleine Elfe..."
    Er lächelte sie an. Das ehrlichste Lächeln, dass er im Stande war, mit der schmerzenden Schulter hervorzubringen.
    "Erfüll mir einen... einzigen Wunsch, ja?"
    Stumm riss Noel sich das Hemd vom Leib, offenbarrte seinen dünnen, blassen und mit Narben übersäten Oberkörper. Anschließend ließ er sich, gleich einer Marionette, vor dem rothaarigen Mädchen auf die Knie fallen.
    Ihren Augen nicht eine Sekunde lang ausweichend fuhr die Hand mit seinem Dolch langsam zu ihr. Wieder ging ein Ruck durch die Umstehenden, verzweifelt versuchten die Wachen, zu ihm zu kommen, doch Irgendetwas hinderte sie daran.
    Was Noel dann aber tat, hatte wohl niemand erwartet:
    Ruhig umschloss er Luise' rechte Hand mit den seinigen, drückte ihr den Dolch in die Hand, bevor er monoton zu sprechen begann.
    "Töte mich."

    Das junge Mädchen rang sichtlich darum, die Fassung nicht zu verlieren. Ihre Gesichtszüge waren eine eisige Maske, die Noel reglos anstarrte.
    Aber unter all dem Eis, tief in Luises grauen Augen konnte man Zweifel erblicken. Und Angst. Angst vor dem jungen Mann, Angst vor der nahenden Zukunft... und vielleicht auch Angst vor dem, was sie selbst zu werden drohte. Doch selbst jene, welche die Furcht nicht in den Augen der jungen Apothekerin erkennen konnte - jeder konnte sie in ihrer Stimme hören. Eine dünne, zerbrechliche, bebende Stimme. Verzweifelt um Fassung ringend. Die Stimme eines kleinen Mädchens, das versuchte, erwachsen zu sein.
    "W-was soll das!? H-hast du n-nicht schon genug a-angerichtet?" Die Hände, welche den Dolch hielten zitterten leicht. "Musst du mich am Ende mit in den Dreck ziehen!?"

    Ein entschuldigender Blick huschte über Noels Gesicht, als er leicht den Kopf senkte und etwas traurig lächelte.
    "Natürlich, wie egostisch von mir, dir jetzt noch so etwas aufzubürden, kleine Elfe..."

    Er fuhr sich mit der anderen Hand entschuldigend durchs Haar wie jemand, dem etwas äußerst unangenehm war.
    Dann erschlafften seine Gesichtszüge wieder und er suchte Luise' Augen.
    "Luise. Ich bin vor zwei Jahren in dieses Dorf gekommen.
    Ich hatte bis dahin mein Leben nur in Finsternis verbracht... als ein Mörder der Sekte "Gottes Augen" habe ich hunderten Menschenleben ein Ende bereitet... aber ich wollte das nicht mehr. Ich wollte endlich frei sein und in Frieden leben. Also kam ich nach Düsterwald. Und ich traf dich."

    Ein warmes Lächeln umspielte Noels Lippen, als seine Erinnerung zurückfuhr zu jenem Tag im Sommer.
    "Du... warst regelrecht erschrocken wegen meinem Tatoo und meiner unheimlichen Erscheinung... aber recht schnell hast du mich, gemäß deinem sanften Wesen, wie einen Freund behandelt. Und ich, der ich an diesem Ort eigentlich nur bis zu meinem Lebensabend vor mich hinvegetieren wollte, erfuhr tiefste Glückseeligkeit durch ein Gefühl, dass ich bis dahin nicht kannte.
    Du hast mich... an diesem Tag an ein Lied erinnert, dass ich in meiner Kindheit geschrieben habe, weißt du? Ein Lied, welches in der Hölle, in der ich gefangen war, mein einziger Traum war..."

    Wieder zogen sich Noels Mundwinkel ein Stück höher, als er die Augen schloss und leise, beinahe flüsternd begann, ein Lied zu singen.

    Der Wolfsjunge mit rotem Haar
    Geboren aus der Dunkelheit
    Wo Trauer ward, nur Qual und Leid
    Tritt hinaus ans Dämmerlicht
    Wo Morgensonn‘ zwischen Ästen bricht
    Und Gesang drang an sein Ohr
    Lockt zaghaft sacht sein Herz hervor

    Geschwind lief er vom fremden Klang
    Betört des Waldesweg entlang
    Wie von selbst sein Lauf ihn führt
    Zu dem, was hat sein Herz berührt

    Zwischen Gräserhalmen, Sträucherstauden
    Konnte er seinem Blick kaum glauben
    In den blauen Wassermassen
    War des Liedes Quell zu sehn:
    Eine Elfe, so märchenhaft schön

    Mit grauem Aug lächelt ihn sie an,
    ihr Lachen ward sein Liebesbann
    „Mann der Nacht, komm her zu mir,
    lass den Tage in dein Herz,
    ich will heilen deine Wunden,
    lass vergessen dich den Schmerz!“

    Und er lief zum Ufer, hin zu ihrer Arm‘
    Ließ sich von der Liebe fang‘
    Er wollt' an ihrer Seite gehn
    Um zum ersten Mal das Licht zu sehn

    Auch nachdem Noel geendet hatte, öffnete er seine Augen noch nicht wieder. Erst nach einigen Minuten der seltsamen Stille sah er Luise wieder lächelnd wie ein kleines Kind ins Gesicht.
    "Du bist die Elfe, Luise.
    Ich liebe dich."

    Einige Sekunden herrschte Ruhe, doch Noel entschied, sie zu brechen.
    "Ich konnte es dir nie zeigen... ich bin einfach kein Mensch, der mit solchen Gefühlen groß etwas anzufangen vermochte, weißt du?
    Aber das war in Ordnung. Ich wollte dich nur beschützen. Dann wäre ich schon zufrieden gewesen.

    Aber wie uns die jüngsten Ereignisse zeigten, war ich auch dazu nicht in der Lage. Mehr noch, ich habe mir deine wertvolle Zuneigung verspielt, in dem ich wie ein Narr ein ums andere Mal irrte und deine Mitmenschen mordete."

    Ein schiefes Lächeln zog sich über Noels Gesicht.
    "Du hasst mich, kleine Elfe. Und das ist in Ordnung. So sollte es wohl schon immer sein. Nimm diesen Hass und beende mein Leben. Ich bitte dich darum, erfülle mir nur diesen einen Wunsch. Denn ich werde so oder so sterben, doch wenn, dann soll es durch deine Hand geschehen, auf dass sich mein einziger Traum doch noch erfüllen kann, bevor ich schlafe. Kleine Elfe, bekunde mir, der ich mich Held schimpfe, deine Zuneigung, indem du mich aus dieser Welt, die ich so hasse, befreist.
    Bitte, Luise."
    Sanft schloss Noel seine Hände etwas fester um Luise', drückte den Dolch etwas weiter an seinen Hals und nickte ihr lächelnd zu.

    Hass war in Luises Augen aufgeflackert. Egal, was für eine Antwort er ihr gegeben hätte, sie hatte ihm seine Worte zurückschleudern wollen. Mit all dem Hass, all der Verachtung, all dem hinuntergeschluckten Zorn, den ihr junges Herz angesammelt hatte.
    Aber dazu war es nicht gekommen.
    Noels Antwort hatte ihr den Wind aus den Segeln genommen.
    Sie hatte ihm immer misstraut. Sie hatte ihm ihre Verachtung gezeigt. Seinen größten Schatz hatte sie in den Dreck geworfen.
    Aber... warum...
    Warum sagte er trotzdem solche Dinge zu ihr?
    Warum offenbarte er ihr solche Gefühle wenn er gleichzeitig von ihr verlangte, sein Leben zu beenden?
    Hätte irgendjemand ihr den Dolch am vergangenen Abend gegeben - Luise hätte ihn auf der Stelle in Noels Herz getrieben.
    Aber nun wollte sie das nicht mehr. Ihr glühender Zorn war abgekühlt - was blieb waren Gefühle von Bitterkeit und Zweifel.
    "I-ich kann d-das nicht...", flüsterte Luise, ihre Stimme kaum mehr als die eines jungen Mädchens erkenntlich. "W-wenn du mich liebst... m-mich b-beschützen willst... w-warum gehst d-du dann auch? W-wie all die a-anderen ...? U-und w-warum lässt d-du mich die K-klinge f-führen, anstatt e-es selbst zu tun!? Ihr Tonfall hatte scharf, bitter und hassvol klingen sollen. Doch Ihre Worte klangen erbärmlich wie eh und je.
    Sie hasste Noel. Er hatte ihr Vertrauen verlangt, sich zu ihrem Ritter erklärt - und hatte letztendlich nichts getan, um beides zu rechtfertigen.
    Warum also zitterte der Dolch in ihren Händen so sehr? Warum drängte eine innere Stimme, zu fliehen?
    Warum tötete sie ihn nicht?


    Abermals zwang sich Noel zu einem bitteren Lächeln, fühlte die kleine, zitternde Hand Luises'.
    "Besser ich als du. Vielleicht sterbe ich. Aber du überlebst. Mehr wollte ich nicht. Und zu mehr bin ich nicht nutze.
    Außerdem..." ,

    Noel senke mit geschlossenen Augen und einem verträumten Lächeln, gleich einem schlafenden Wolf, den Kopf und sprach im Flüsterton.
    "Selbst wenn dieser Körper zu Asche zerfallen würde, würde ich dich niemals verlassen.

    Wieder Stille. Traurig lächelnd blickte Noel dem Mädchen in die Augen, in denen langsam Tränen begannen, zu glänzen.
    Ob Tränen der Wut, Nervosität oder gar Trauer, wer wusste das schon?

    G-gehört es z-zu deinem T-traum, m-mich selbst ebenfalls i-ins Unglück zu stürzen!?"

    Noels Lächeln erstarb und seine Mimik nahm wieder die eines tieftraurigen, kleinen Kindes an.
    "Luise..." , noch fester umschloss er ihre Hand, ""ich könnte dir nie schaden wollen. Das könnte ich nicht!
    Alles, was ich getan habe, habe ich einzig mit dem Willen getan, dich zu beschützen!
    Du bedeutest mir ALLES, kleine Elfe!
    Warum verstehst du das denn nicht?!"

    Verbittert brach Noel ab. Er hatte die Fassung verloren und Luise angeschrien. Das erste Mal seit langem glänzten Tränen in seinen Augen, unterstrichen von leisem Schluchzen.
    Das sollte jetzt nicht passieren.
    "Es... es tut mir leid. Ich liebe dich, Luise. Und ich will, dass du das hier überlebst und zu einer großartigen Apothekerin wirst.
    Du hast mir so oft mit meiner Migräne geholfen, dass ich aufgehört habe, meine Besuche zu zählen... jetzt hilf mir. Ein allerletztes Mal. Hilf mir, einzuschlafen, kleine Elfe."

    Mit einer schweren Endgültigkeit schwieg Noel und drückte Luise' Hand mit dem Dolch lächelnd ein letztes mal an seine Kehle, dunkle Tränen bedeckten sein kalten Wangen.
    Es vergingen einige Minuten, doch Unsicherheit tobte in ihren Augen.

    Sieht aus, als wäre der Moment des Abschiedes gekommen, Knirps.

    Mit dankbarem Lächeln wandte Noel seinen Blick unmerklich dem Wolfsgott neben sich zu.
    Ja. Danke für Alles, Deus. Und verzeih mir, dass ich dir so viel Ärgernisse aufgebührdet habe, und du wegen meinem Egoismus letztendlich sogar deinen Götterposten verlierst.


    Pff! Wie gesagt, ich war des Deus sein ohnehin lange überdrüssig. Mach dir da mal keine Sorgen.

    Du warst immer wie ein Vater für mich, weißt du? Ich wüsste nicht, was ich ohne dich gemacht hätte.


    Gute Güte, nun hör aber auf, so geschwollen daherzureden, da kommt mir ja Bambi wieder hoch.
    Vielleicht ist das kein Lebewohl. Aber wenn du Glück hast, Bursche... wird dein Traum noch wahrhaft in Erfüllung gehen.


    Du scheiß Köter stehst immer noch auf Geheimnistuerei, was?

    Feixend sahen sich die beiden in die Augen, bevor Deus schließlich ohne weitere Worte davonschritt.

    Wie, um sich wachzurütteln, schüttelte Noel den Kopf, löschte seinen Tränen vom Gesicht und atmete tief aus.
    Nungut...

    "Luise."

    "Huh?"
    Das Mädchen schreckte wie in Gedanken auf, überrascht von Noels ruhigem Tonfall.

    "Eines solltest du noch wissen. Ich habe deine Mutter vergewaltigt. Dutzende Male, in einem kleinen Wäldchen unweit von hier."
    Nun sollte seine Fähigkeit, zu lügen und zu schauspielern, also doch noch nützlich sein. Lasziv leckte Noel sich die Lippen unsd grinste die Elfe an.
    "Du kannst dir nicht vorstellen, wie gut sie sich angefühlt hat. Und wie das Miststück dabei gestöhnt hat. Ehrlich, das war unbeschreiblich.
    Danach habe ich sie getötet und ihre Leiche verbrannt. Nur so fand ich in dieses Dorf.
    Dank dieser ••••••••."

    Und mit diesen Worten schloss Noel die Augen, atmete ein letztes Mal tief ein, und machte sich bereit, zu schlafen.

    Einen Moment lang sagte Luise gar nichts. Stumm blickte sie nur den jungen Mann vor ihr an.
    Als sie schließlich sprach, klang ihre Stimme wieder ruhig. Und ihr Lächeln war traurig. "Du... du bist ein Lügner, Noel. Meine Mutter verschwand erst vor einem Jahr. Und sie ist tot, das weiß ich. Aber nicht du bist dafür verantwortlich..." Sie fügte mit einem leisen, nur für sie beide hörbaren, Wispern hinzu: "... sondern ICH. Du hasst vergessen, dass Elfen Kreaturen der Nacht sind."
    Doch diese Geschichte würde sie nicht jetzt erzählen.

    Noel öffnete seine Augen nicht wieder, noch verlor er die Fassung. Doch das Gesagte wiegte schwer.
    Also hattest sogar du... also hatte selbst meine kleine Elfe eine schwere Last zu tragen. Und ich habe es nicht bemerkt.
    Narr.


    Noels Worte hatten nicht den gewünschten Effekt gehabt. Es Luise nicht in eine rasende Furie verwandelt, welche nur noch Mordlust kannte.
    Aber sie war an etwas erinnert worden.
    Daran, dass niemand mehr da war.
    Daran, dass nichts ihre eigene Schuld reinwaschen konnte.
    Und daran, dass ein weiterer Tod auch nichts mehr ausmachen würde.
    Luise fühlte kein Mitleid mehr. Nur noch die gähnende Leere in ihrem Herzen.
    Noel würde sterben. Durch ihre Hände. Aber sie wollte ihm nicht zu viel Genugtuung gewähren.
    "Du bist dumm...
    Du wirst sterben und danach nichts mehr sehen, hören und fühlen.
    Also kann es dir auch egal sein, was mit mir geschieht... und du kannst einfach betonen, wie sehr du mich liebst und für mein Bestes hoffst.
    Aber... es gibt keinen Platz für mich. Alle, die mir jemals wichtig waren sind fort. Ich... ich habe keine Hoffnung, sie wiederzusehen. Mit meinen blutbefleckten Händen werde ich nicht ins Himmelreich eintreten können. Seine Pforten werden mir verschlossen bleiben.
    Und was bleibt mir im Leben übrig? Bald... vielleicht noch heute Nacht werden die Lumianer zuschlagen. Und sie werden das ganze verbleibende Dorf niedermetzeln. Vielleicht werde ich auch die letzte sein, die hingerichtet wird. Und vorher noch alles mitansehen.
    Aber am Ende werde auch ich eine verrottende Leiche sein.
    So viel also zu deinem Heldentum."

    Mit einer plötzlichen Handbewegung stieß sie den Dolch in Noels Körper.
    Und während er ihr röchelnd in die Augen sah, fügte Luise mit kalten Augen und bitterer Stimme hinzu: "Träum etwas Schönes!"

    Warmer Lebenssaft floss aus Noels Kehle, als er fühlte, wie die Kälte des Todes seinen Körper in ihren eisigen Griff nahm.
    Seine kleine Elfe war zutiefst unglücklich. Doch er würde sie nicht verlassen. Niemals.
    Ich komme zurück, Luise. Und dann erschaffe ich dir ein Zuhause.

    Doch für nun, war es Zeit, zu schlafen. leblos stürzte Noels dürrer Körper zu Boden, langsam sanken seine Augenlider, ein leichtherziges Lächeln war auf seinem Gesichte eingraviert, so als würde er friedlich einschlafen.
    Mama. Valan. Luise.

    Die lächelnden Gesichter dreier Menschen vor den Augen driftete Noel de'chrones'tulem ruhig ab und versank schlummernd in den tiefen eines schwarzen, stillen Meeres, nach so langer Qual endlich von seinem Leid befreit.





    The World of Midnight

    Someday I want to run away
    To the world of midnight
    Where the darkness fill the air
    Where it's icy cold

    Where nobody has a name
    Where living is not a game
    There, I hide my broken heart
    Dying to survive

    There, no one can see me cry
    The tears of my lonely soul
    I'll find peace of mind
    In the dark and cold world of midnight







    Der Schwätzer, ein guter Bürger war gestorben.

    Geändert von Holo (09.04.2013 um 17:01 Uhr)

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