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Thema: Das Dorf Gottes 2-Tag 3

Baum-Darstellung

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  1. #9
    Sich ruhig den sanften Wind durch die roten Haare wehen lassend, wartete Noel mit den Händen tief im Mantel vergraben darauf, dass sich die anderen Avatare zeigen würden. Es dauerte eine ganze Weile, bis die gespenstische Stille des ausgestorbenen Dorfes durch Schritte unterbrochen wurde. Wie verschlafen öffnete Noel die Augen und sah, wie Tyrell und Luise auf ihn zukamen.

    Luise.

    Schlug sein Herz auch nur einen Augenblick schneller? Nein.
    Verspürte er das gnadenlose und doch wundervolle Gefühl der Nervosität? Nein.
    Seine Wangen blieben blass und kühl, und ihre roten Haare erschienen ihm auf einmal nicht schöner als welkes Blätterwerk.
    Sie trug die Kette nicht. Wahrscheinlich hatte das Mädchen sie einfach irgendwohin geschmissen.
    Kaum wunderte Noel sich darüber, dass ihm dieser Fakt absolut egal war.
    Als er die Kette abgegeben hatte, so schien ihm, hatte er noch etwas Anderes verloren.

    Still wartete er ab, was Tyrell vorhatte. Die drei schenkten sich keine Blicke oder gar gegenseitige Worte.
    Wenig später waren auch die letzten beiden Avatare angekommen: Lumi und Peter.
    Damit waren sämmtliche Spieler versammelt und es konnte beginnen. Oder enden.

    Tyrell sah sich um und murmelte etwas, bevor er einige Meter auf und ab schritt und zu sprechen begann.
    Das Böse liegt vor meinen Augen, aber ich habe zu vorschnell gehandelt, sodass das Offensichtliche an mir vorbeiflog. Ich würde doch lieber Noel heute als unseren heutigen Kandidaten aufstellen... bei ihm habe ich so ein unsicheres Gefühl. Was, wenn er wieder nur uns eine Farce auferlegt hat?
    Er... er ist ein ziemlich übler Mensch... gestern hätte er mich fast umgebracht. Es spielt keine Rolle, ob er Lumianer ist, oder nicht. Die Gefahr ist nicht gebannt, wenn alle von ihnen tot sind und er allein noch lebt. Das Dorf ist besser ohne ihn dran und ich bin überzeugt davon, dass diese Entscheidung durchaus gerechtfertigt ist. Wie auch immer, ich traue dem Braten nicht."

    Schneidend suchte der Bengel Noels Blick. Dieser erwiederte ihn nur ungerührt, als Luise das Wort erhob.
    "Ich weiß nicht... ich w-weiß nicht, wem ich vertrauen kann und wem nicht. Und e-erst recht weiß ich nicht, wer Lumianer ist und wer nicht. Aber..."Was i-ich weiß ist, d-dass gestern j-jemand Unschuldiges e-ermordet wurde. V-von ihren eigenen G-gästen, die sie f-freundlich bewirtet hat. V-vielleicht i-ist Peter kein L-lumianer - trotzdem hat er ohne auch nur den Versuch einer Rechtfertigung Brunhild für den Galgen nominiert. U-und das kann ich nicht ertragen. I-ich möchte glauben, dass e-er zu den Lumianern gehört. D-denn sonst w-würde das wohl bedeuten, d-dass unser Dorf vekommen und von seinen eigenen guten Menschen verflucht ist..."
    Damit hatten seine beiden "Mitstreiter" gesprochen. Die Lumianer würden sich einer Nominierung anschließen.

    Jetzt war es an der Zeit, eine Entscheidung zu treffen. Was Noel tun sollte.
    Wer in diesem Spiel den Sieg davontragen sollte. Und wie sein Leben enden würde.
    Intensiv verlor sich der Junge in Überlegungen.
    Ein Lumianer und ein Nicht-Lumianer waren nun nominiert.

    Ich will nicht, dass die kleine Elfe stirbt. Das will ich nicht. Also muss ich das Dorf unterstützen, oder? Tyrell ist kein Lumianer. Der Bengel ist einer von uns. Das kann ich sagen, da er eine Nacht mit Luise verbracht hat... spätestens jetzt.

    Also sind die Lumianer...

    Bitter biss Noel sich auf die Lippe.

    Sie muss da... irgendwie hineingerutscht sein.
    Wie ich...


    Was sollte er tun? Noel wusste, dass er Luise nach wie vor schützen wollte, zumindest vor den Lumianern. Doch gleichsam konnte er Lumi nicht einfach ans Messer liefern. Außerdem hatte er mit dem Gedanken gespielt, sein Leben durch den Strick zu beenden. Das wäre nun die Gelegenheit. Es gab für ihn keinen Grund mehr, zu existieren. Er wollte einfach nicht mehr, hatte keine Kraft mehr. Aber dann würde er Luise schutzlos mit den Lumianern zurücklassen. Und diese würden sie wohl töten. Ausgeschlossen.

    Die einzige Chance, ihr Leben zu retten, ist einen Lumianer zu hängen. Also Peter...?
    Allerdings war das vielleicht sinnlos. Lumi und Peter brauchten nur beide ebenfalls Noel zu nominieren. dann wäre es aus.

    Verfluchter, närrischer Bengel, du reisst uns alle ins Verderben und zertörst vielleicht unsere letzte Chance!
    Mit zornigem Blick beäugte er Tyrell, der einen Verband um den Hals trug und ihn als Lumianer verdächtigte.

    Nun, verübeln kann ich es dem Kind nicht... es geht nicht anders. Ich muss Luise schützen. Also kann ich nur Peter nominieren.
    Und was Lumi angeht... sie wird überleben. Das muss ich ebenfalls schaffen. Ich habe viel wieder gutzumachen. Peter muss der Kopf der Lumianer sein.
    Wenn er fällt, kann ich das Mädchen vielleicht noch aus der Bluthölle befreien,
    bevor sie so wird wie ich. Vielleicht. Ich muss diese Chance nutzen.


    Eigentlich wollte Noel sterben. Er wusste nicht, was er nach dem Spiel mit sich anfangen sollte und jede Sekunde in dieser Welt brachte ihm nur noch mehr Leid und Hass. Es reichte. 19 Jahre waren eine lange Zeit. Und obgleich er der Meinung war, er brauche Luise Zuneigung nicht, zerfrass ihn genau das fehlen Dieser mehr und mehr und ihm kamen Zweifel an der Richtigkeit seines "Liedes"...

    Es ist in Ordnung. Ich werde der Held sein, der ich immer für Mama werden wollte. Und wenn es nur eine geringe Chance ist... ich rette beide. Luise und Lumi. Und auch den unerträglichen Bengel.

    Schwer atmete Noel aus, bevor er die Augen öffnete und aus seinem Gedankengang erwachte, vier Augenpaare voller Abneigung, Hass, Missgunst und Misstrauen wandten sich ihm zu, als er mehr als kraftlos und leise zu sprechen begann.
    "Ich habe kein Recht mehr, eigenständig zu nominieren... immerhin habe ich alles falsch gemacht. Aber wenn... Luise sagt, Peter(Layana) sei ein Lumianer, vertraue ich ihr. Ich nominiere Peter. Den letzten Lumianer. Wenn er stirbt, ist es vorbei... da bin ich sicher."
    Schwächlich sank Noel an einem nahegelegenen Baum in sich zusammen und wartete die Reaktionender Lumianer ab, betend, dass Lumi noch genug Menschlichkeit in sich trug, das Richtige zu tun.

    Leben oder sterben?
    Letztendlich war es Noel egal. Er wollte nur noch verenden.
    Endlich schlafen.

    Geändert von Holo (08.04.2013 um 14:07 Uhr)

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