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Thema: Das Dorf Gottes 2-Tag 2

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  1. #1
    "Danke, Noel", sagte Luise und meinte damit nicht nur seine aufmunternden Worte sondern auch den warmen Mantel, den er um ihre Schultern gelegt hatte. Die nasse Kälte hier draußen war mittlerweile beinahe unerträglich und ein Zittern durchlief ihren Körper. Und wenn sie Noel in seinem dünnen Hemd so betrachtete, bekam sie direkt ein schlechtes Gewissen. "Ähm... ich weiß nicht, w-wie es mit dir aussieht, a-aber ich würde gerne ins W-warme und etwas essen. W-wenn du magst können wir ja ins Wirtshaus gehen."
    Als sie die Tür zur Schankstube öffnete, war von Brunhild trotz der Uhrzeit nichts zu sehen. Überhaupt war der Raum menschenleer, nicht einmal Rüdiger war zu sehen.
    Eigentlich nicht überraschend, immerhin hatten die meisten Menschen sich zum Dorfplatz begeben. Wahrscheinlich war man schon mit Marias Beerdigung beschäftigt.
    Aber Luise wollte daran nicht teilhaben. Sie wollte nicht sehen, wie die leblose Nonne von der kalten Erde verschluckt wurde. Irgendwann, vielleicht in wenigen Tagen, vielleicht in einem Monat oder in einem Jahr, würde sie in Ruhe Abschied von Maria nehmen. Dann würde sie auf ihrem Grab die schönsten Blumen anpflanzen und sie um Vergebung bitten. Und weinen würde sie.
    Aber dieser Zeitpunkt war nicht jetzt. Noch konnte Luise nicht völlig loslassen.
    Ihr Blick fiel auf die den Fußboden und erschrocken zuckte die Apothekertochter zusammen als ihr eine Erkenntnis kam.
    "S-sieh mal, Noel", wisperte sie und beugte sich nieder, um die Flecken zu begutachten. Es handelte sich um Blut, zweifelsohne. Aber die Frage war, um wessen Blut.
    Besorgt und nervös folgte Luise der Spur, welche zur Treppe führte. Maria lebte doch im Kloster. Hatten die Lumianer womöglich doppelt zugeschlagen?
    Brunhild? Lumi? Ging es den beiden gut?
    Noel gar nicht weiter Beachtung schenkend, folgte Luise der Blutspur und eilte die Treppe hoch. Sie war noch nie hier gewesen, also wusste sie nicht, wessen Zimmer es war, vor dessen Tür die Spur verschwand.
    Zaghaft drückte Luise die Tür auf, mit dem Schlimmsten rechnend.
    Was sie fand, war in der Tat alles andere als ein schöner Anblick. Der Raum wirkte, als hätte jemand versucht, ihn Rot zu streichen und dabei auf sehr unglückliche Weise den Farbeimer umgeworfen.
    Blut war auf dem Boden, auf dem Bett und selbst die Wände wiesen Spritzer auf.
    Die Luft war erfüllt vom unverkennbaren, übelkeiterregenden Geruch.
    Aber niemand war zu sehen. Kein regloser Körper lag irgendwo herum und die Spuren wiesen drauf hin, dass die Leiche bereits weggeschafft worden war. Hatte Maria etwa im Wirthaus die Nacht verbracht?
    Bestätigt wurde Luises Verdacht, als sie einen glänzenden Gegenstand auf dem Boden entdeckte. Einige rote Tropfen waren auf das silbrige Metall gespritzt, aber es handelte sich eindeutig um Marias Kreuz. Es war wohl während des Überfalls der Lumianer von ihrem Hals gerissen worden.
    Die Nonne hatte Luise einst erzählt, dass es ein Erinnerungsstück an ihre Mutter war, der es vor deren Tod gehört hatte. Maria hatte es immer getragen. Sie hatte lächelnd gesagt, dass es ein Symbol dafür war, dass sowohl Gott als auch ihre Mutter immer über sie wachten.
    Vorsichtig griff Luise nach dem Schmuckstück und wischte mit ihrem Ärmel das Blut ab. Dann legte sie sich das schmale Kettchen mit dem kleinen Anhänger um den Hals.
    Es würde ihr eigenes Erinnerungsstück an Maria sein. Es würde zeigen, dass ein Stück von ihr in dieser Welt geblieben war. Es würde verhindern, dass die nonnige Nonne einfach in Vergessenheit geriet.
    Und es würde auch eine Mahnung an Luise selbst sein. Damit sie stets daran dachte, so zu handeln, wie Maria es gewollt hätte.
    Das war sie ihr schuldig.
    Zitternd richtete Luise sich wieder auf. Sie hatte während ihrer Hilfsstunden in der Apotheke schon viel Blut gesehen, aber niemals so viel auf einmal. Und niemals in einem derart abstoßenden Zusammenhang. Sie wollte den Raum einfach nur verlassen.
    An Noel gewandt sprach sie: "W-wir müssen Brunhild finden. B-bestimmt hat sie das hier noch nicht gesehen u-und s-sie sollte es bald erfahren."

    Geändert von Zitroneneis (01.04.2013 um 12:40 Uhr)

  2. #2
    Vom Regen bis in alle Poren durchnässt sah Brunhild zu, wie Marias sterbliche Überreste in Gottes heiligen Acker beigesetzt wurde. Rekon hatte gerade das Grab ausgehoben, als vom Kloster her sämtliche Nonnen und Mönche herankamen, um die nonnigste unter ihnen zu verabschieden. Bruder Justus schloß als Letzter auf und hinkte merkwürdig. Ihre Blicke trafen sich und in den Augen des Mönches blitzte einen Moment Grimm und Verachtung auf, ehe er sich von der Wirtin abwandte.
    Das verwirrte sie. Weshalb hatte er ihr gegenüber auf einmal solch eine Abneigung? Ob es an den Bieren lag, die er gestern zusammen mit Konrad gehoben hatte und ihn heute verkatert aus dem Bett stiegen haben lassen? Es schien ihr die einzig logische Erklärung, auch wenn sie sich da keine Vorwürfe machen lassen würde. Sie konnte schließlich Nichts dafür, wenn ein Mönch, gerade während der Fastenzeit, auf seine Enthaltsamkeit pfeift…
    Der Regen schien nicht enden zu wollen. Es war, als ob Gott selbst auf die Erde darnieder Tränen um seine so treue Nonne schickte. Der Priester endete gerade seine Abschiedspredigt, sie bekreuzigte sich mit allen Anderen.
    Brunhild wandte sich zum Gehen. Träge schmatzten ihre Schritte durch den Schlamm. Wie sollte man weitermachen? Man konnte doch nicht einfach den alltäglichen weiter nachgehen, als wäre Nichts geschehen oder als würde einen der Tod kaum kümmern. Doch was war die Alternative? Sollte man sich hinhocken, starr vor Trauer, Angst und wachsender Verzweiflung und darauf warten, dass man selbst mit einem Dolch im Herzen auf dem Dorfplatz gelegt wird? Auf dem Dorfplatz hielt gerade Ross eine kleine Ansprache und bezichtigte Peter, bereits zur Mittagsstunde. Er schien die Abstimmung wohl nicht bis zum Abend abwarten zu können.
    Und das war wohl der einzige Weg. Auch wenn sie Schande über sich bringen würde, musste die Wirtin doch abstimmen, damit es wenigstens etwas Hoffnung gab. Hoffnung, das weitere Morden zu stoppen. Sie musste durchhalten, musste stark ssein für die Anderen. Unnütz rumsitzen würde auch nicht helfen. Dagegen zu wirken würde sie gleich anfangen. Mit geballten Fäusten stapfte sie durch den aufgeweichten Boden auf den großen Wasserkübel bei den Ställen zu, mit denen die Pferde immer getränkt wurden.
    Dort angekommen stellte Brunhild verwundert fest, dass Kobold nicht da war. Bommel wieherte ihr zu und stubste sie hungrig an. Konrad konnte unmöglich noch auf seinem Wanderritt sein. Ob ihm etwas im Wald zugestoßen war, ging es ihr fröstelnd durch den Kopf, während sie den braunen Wallach fütterte und putzte. Von den wilden Tieren könnte er angefallen worden sein und nun schwerverletzt daliegen, weil ihm Kobold durchgegangen war oder noch Schlimmeres!
    Nein, das durfte sie garnicht denken, die Situation im Dorf ließ sie gleich den Teufel an die Wand malen. Vielleicht war er nur in die nächste Stadt geritten, um Beistand und Hilfe für sie alle zu erflehen, deswegen war er auch schon in den frühen Morgenstunden aufgebrochen. So musste es sein! Sie durfte nicht verzagen, musste vorwärts blicken…
    Mit einem letzten Klaps auf Bommels Kruppe verließ sie die Stallungen, den Kübel im Schlepptau in Richtung Brunnen. Ihr Haus war immernoch befleckt vom reinen Blut der verblichenen Maria und sie könnte es nie wieder betreten, wenn es so bliebe. Allein beim Gedanken an ihr (nun ehemaliges) Schlafgemach schauderte es ihr und schnell bekreuzigte sie sich, bevor sie das Wasser aus dem tiefen Schacht schöpfte.
    Schwer beladen wankte sie in’s Wirtshaus und warf sich gleich die durchnäste Heuke vom Leib. Ein übler Geruch nach verbranntem Mehlbrei stieg ihr in die Nase. So hastete sie schnell zu der Feuerstelle und hob den Kessel mit der nun schwarzen Masse an, um ihn gleich darauf draußen vor die Tür zu stellen. Dort störte der Gestank nicht weiter und der Regen konnte schon erste Spülarbeiten verrichten.
    Noch immer war von Rüdiger keine Spur, etwas wie Sorge um ihn machte sich in ihr breit. Merkwürdig, wo sie doch eigentlich froh sein müsste, wenn er endlich aus ihrem Leben verschwunden war….
    Sich einredend, dass sie sich sicherlich nicht um den alten Flopelz sorgte, sondern nur vor Hunger Magenschmerzen bekommen hatte, holte die Wirtin ihre Schrubbbürste und ein Stück Seife hervor, von welcher sie einige Späne in das Wasser schnitt. Nach kurzem Überlegen machte sie sich auf zur Treppe, es wäre besser, wenn sie das Schlimmste gleich hinter sich brächte, auch wenn der Schankraum den abendlichen Gästen wegen auf jeden Fall wieder sauber werden musste.
    Mühsam hiefte sie den schweren Kübel nach oben, den Blick auf ihre Füße gerichtet, um nicht auf den abgetretenen Stufen auszurutschen. Oben angekommen stellte sie ihre Last zum kurzen Verschnaufen ab und wollte sie gerade erheben, um die müden Knochen zu strecken, als sie die zwei Gestalten vor ihr erblickte.
    Mit einem erstickten Schrei zuckte sie zusammen, machte einen Satz nach hinten und stieß dabei den Kübel an, der gefährlich schwapperte. Gegen die Wand gepresst fasste sie sich ans Herz und ging die beiden Eindringlinge an:
    “Heilige Maria und Joseph, was fällt Euch ein, durch fremde Häuser zu schleichen wie die Diebe?! Das Wirtshaus hat erst abends geöffnet, ganz sicher aber noch nie zur Mittagsstunde! Und selbst wenn es geöffnet wäre, habt ihr Nichts hier oben zu suchen!!! Hinausprügeln müsst ich Euch, jawoll!“
    Keuchend und den Schreck noch immer in allen Gliedern spürend klärte sich ihre Sicht soweit, dass sie die Gestalten als Noel und Luise erkennen konnte, die auf dem Dorfplatz vorhin so turtelnd voreinander gestanden hatten. Schnell legte sich die erredete Rage und sie winkte ab.
    Ach, verzeiht, es ist nur… der heutige Tag ist wie verhext. Heute in den frühen Stunden glaube ich von diesen Sektenheinis heimgesucht zu werden, und hätte beihnahe den guten Konrad erschlagen; dann werde ich von diesen Gottlosen heimgesucht, ohne es zu merken und sie nehmen Maria mit sich, obwohl sie mich wollten…, mit einer Geste wies sie in das Blutkabinett hinter den beiden, doch an Luischens Miene konnte sie ablesen, dass sie es bereits gesehen hatten,…und jetzt schleicht ihr Euch hierein und ich dachte schon, jetzt sind sie wiederhekommen, um mich zu holen, bei hellichten Tage, um nicht nochmal zu fehlen…Ich glaube, ich bin bereits zu alt für das Alles…“
    Seufzend lehnte sie sich gegen die Wand und wischte sich den Angstschweiß von der Stirn.

  3. #3
    "Danke, Noel"

    Noel lächelte nur stumm, um Luise klarzumachen, dass es selbstverständlich wäre.
    Als nächstes schlug sie vor, ins Wirtshaus zu gehen - eine angebrachte Idee. Zwar war es ihm recht, vollgeregnet und durchnässt zu werden, wenn seine kleine Elfe es dafür warm hatte, aber angenehm war es Noel auch nicht. Stumm setzten die beiden sich also Richtung Wirtshaus entgegen. Was sie darinnen erwartete, war nicht das, was Noel sich erhofft hatte.
    "S-sieh mal, Noel",

    Sie hatte das Blut auch gesehen. Stumm sah der rothaarige Junge dabei zu, wie sie der Blutspur folgte, um sich schließlich daran zu machen, in den ersten Stock zu eillen.
    Noel wollte sie noch aufhalten, aber da schritt Deus ihm vor die Füße.
    Schon gut. Da oben ist nichts außer ein bisschen Blut. Luise ist nicht in Gefahr.

    Irrelevant! Wenn sie soviel Blut sieht, muss ich bei ihr sein, sonst-

    Noel, beherrsch dich. Wenn du dich zu sehr an sie klammerst, wirst du sie verlieren. Hast du das immer noch nicht verstanden? Lass sie alleine damit zurecht kommen. Blut ist etwas, dass die kleine Elfe in den kommenden Tagen noch öfter sehen wird...

    "Gh...!"
    Störrisch blieb Noel am Absatz stehen, den Blick von den verschwindenden, roten Haaren abwendend.
    Deusexus hatte ja recht. Wenn er seinen Beschützerinstinkt die Oberhand gewinnen ließ, wäre das nicht besser, als die kleine Elfe in einen Käfig zu sperren. Das durfte nicht passieren.

    Nach einer schier endlosen Ewigkeit kam Luise wieder ins Erdgeschoss, ihr Kleid war blutgbefleckt und sie trug das Amulett Marias um den Hals.
    Mit besorgtem Blick musterte Noel ihr Gesicht, wollte fragen, ob Alles in Ordnung sei; aber er schluckte es herunter.

    "W-wir müssen Brunhild finden. B-bestimmt hat sie das hier noch nicht gesehen u-und s-sie sollte es bald erfahren."

    "Hmh..."
    Halbherzig nickte er, just in diesem Moment öffnete sich die Eingangstür des Wirtshauses. Bevor Noel die Person vor sich als Brunhild erkennen konnte, brüllte diese auch schon los:
    “Heilige Maria und Joseph, was fällt Euch ein, durch fremde Häuser zu schleichen wie die Diebe?! Das Wirtshaus hat erst abends geöffnet, ganz sicher aber noch nie zur Mittagsstunde! Und selbst wenn es geöffnet wäre, habt ihr Nichts hier oben zu suchen!!! Hinausprügeln müsst ich Euch, jawoll!“

    Stumm und schwach amüsiert wartete er ab, bis das Weib sich beruhigt hatte, legte dabei lediglich seiner kleinen Elfe eine Hand auf die Schulter. Man wusste ja nie, wann solche Leute handgreiflich wurden.

    Nachdem sie geendet und die beiden einige Sekunden verdattert beäugt hatte, winkte sie seufzend ab.
    Ach, verzeiht, es ist nur… der heutige Tag ist wie verhext. Heute in den frühen Stunden glaube ich von diesen Sektenheinis heimgesucht zu werden, und hätte beihnahe den guten Konrad erschlagen; dann werde ich von diesen Gottlosen heimgesucht, ohne es zu merken und sie nehmen Maria mit sich, obwohl sie mich wollten……und jetzt schleicht ihr Euch hierein und ich dachte schon, jetzt sind sie wiederhekommen, um mich zu holen, bei hellichten Tage, um nicht nochmal zu fehlen…Ich glaube, ich bin bereits zu alt für das Alles…“

    Noel spürte durch seine Hand deutlich, wie seine kleine Elfe bei der Erwähnung Konrads' Namen zusammenzuckte und ihr Blick wieder abwesend zu Boden sank. Gereizt ging er einen Schritt auf die Wirtin zu, starrte sie unabsichtlich mit leicht zornigem Blick an.

    "Wärt Ihr wohl so freundlich..." ,
    Noel unterdrückte seine Stimme, "diesen Namen nicht mehr in Anwesenheit dieses Mädchens zu sprechen? Sie hat eine tiefe Wunde durch seinen Verlust erlitten, wie Ihr euch denken könnt."

    Noel beruhigte sich wieder einige Momente lang, bevor er gewohnt kühl mit einer Bitte an die Wirtin herantrat.
    "Uns ist kalt und wir würden uns an eurem Kamin gerne etwas aufwärmen. Ein wenig Schwarztee und Suppe wäre wundervoll. Zudem wäre ich euch persönlich tief verbunden, wenn ihr Luise aus ihren nassen Kleidern schälen und ihr ein paar Neue zur Verfügung stellen könntet. Meint Ihr, das wäre denkbar? Natürlich bezahle ich Alles im vorraus.
    Mit einer leichten Verbeugung beendete Noel seine vorgetragene Bitte.

    Geändert von Holo (01.04.2013 um 15:01 Uhr)

  4. #4
    "Endlich ist er fertig!", dachte sich Tyrell laut und freudig, als er direkt nach dem Aufwachen seinen Blitzfänger betrachtete und der Tag wie dafür gemacht war, ihn auszuprobieren. Tyrell schnappte ihn sich schnell und lief raus. Er versuchte dabei, möglichst ungesehen zu bleiben. Die Gottesgläubigen würden ihn sonst noch verpöhnen und ihn als Rebell gegen Gottes Macht aus dem Dorf lynchen. Aber umsonst gefürchtet. Da kam kein Blitz. Es hat nur geregnet. Verärgert ging er ins Wirthaus, nachdem er minutenlang etwas weiter weg von einem Baum stand und sich hatte nass spülen lassen.

    Da erblickte er auch schon die erste Teilmenge der Leute, die sich für das Schicksal des Dorfes einsetzen wollten. Na ja, lief nicht sehr gut. Insgesamt zerbrach er sich etwas den Kopf darüber. Was waren das für Leute, die Meretes Selbstnominierung zum Wohle des Dorfes derart in das Schlechte umwandelten? Ein Mensch starb, der nicht hätte sterben müssen. Nicht hätte sterben sollen. Er war wütend. Als er Luises Gesicht erblickte, wusste er nicht, was er dazu sagen sollte. Sie war sogar mit Noel unterwegs. Er dachte sich einfach, dass er nichts dazu sagen sollte.Luise war immerhin mitverantwortlich für Meretes sinnlosen Tod und Noel wollte Tyrell sterben sehen.

    "Na super... ich hätte nie gedacht, dass ich irgendwann mal so gar keine Lust mehr auf dieses Dorf hätte...", murmelte er leise vor sich hin, darauf achtend, dass ihn niemand hören würde. Er setzte sich hin und überlegte eine Weile. Heute muss ja jemand anderes sterben. Eigentlich wollte er das nicht, aber man musste Konsequenzen ziehen. Immerhin würden die Lumianer nicht zögern... oder etwa doch? Jedenfalls dachte er scharf nach, setzte seine Mütze ab und kratzte sich mehrmals in den Haaren. Luise wollte er erstmal dafür verzeihen. Sie war bisher ein liebes Mädchen und diesen einen Fehler würde er nicht mit ihrem Tod bestrafen wollen. Noel wollte er auch erstmal verschonen. Seine Verhaltensweise ist immerhin nicht sonderlich praktisch für einen Lumianer, gar zu offensichtlich und so dumm können die doch nicht sein. Oder war dies wiederum nur eine List von ihm, für Leute, die nicht einen zweiten Schritt weiterdenken können? Aber für's erste war dies zu unsicher.

    Ross war ihm da schon einen Schritt weniger koscher, wie er als Hauptmann nämlich einen eher mieseren Job erledigte. Seine nahezu unbegründete Nominierung für Merete und vor allem jetzt noch für Peter war ihm etwas vorschnell und nicht gut überlegt. Vielleicht war es ja auch eher gut für die Lumianer, dass das Dorf so einen unfähigen Hauptmann hatte und sie wollten ihn deshalb am Leben lassen, möglicherweise ist das aber auch der Plan, dass man ihn eben für einen Bürger hielt und deswegen verschonen würde. Seine Gedanken schwebten um ihn herum, ohne dass er wirklich zu einem klaren Ergebnis kam. Aber das war auch leider Gottes nicht möglich. Ein gefährliches Katz- und Mausspiel, bei dem die Gesichter verdeckt blieben.

    Noch unsicherer war er allerdings bei diesem kleinen Mädchen mit dem seltsamen Akzent, Luminitsa (steel). Sie hatte den Anschein, als würde sie dem Dorf nichts Böses wollen, er erwischte sie aber mehrmals dabei, wie sie scheinheilig für sich selbst grinste. So sieht nur jemand aus, der etwas Böses im Sinn hatte. Die sinnlose Nominierung von ihr an ihn hätte ihn auch leicht das Leben kosten können. Nach dem Prinzip "Irgendjemanden-muss-es-ja-treffen" kann man bei sowas nicht gehen. Nur, wenn man dem Dorf etwas antun wollte, wär' diese Einstellung nicht ganz unpraktisch und genau das schien sie wohl zu Planen.

    Eine Wildfremde, die plötzlich ins Dorf kommt und sich in dessen Gelegenheiten einmischt, wo es um Leben und/oder Tod ? Wo in aller Welt gibt es bitte solche gutherzigen Menschen? Nirgends, und deswegen fürchtete Tyrell sich ein wenig vor ihr. Wenn es später zur Abstimmung kommen würde, dann würde seine Wahl wohl eindeutig auf ihr fallen.

    "Na... hoffentlich fallen mir meine Überlegungen dann auch wieder ein... es ist schwierig, so etwas überzeugend zu den Bewohnern zu übermitteln...", dachte er sich dann nur noch.

  5. #5
    "E-es tut mir Leid, d-dass ich einfach s-so hier eingedrungen bin. Ähm... i-ich habe mir Sorgen gemacht u-und
    n-nicht überlegt. I-ich b-bin sehr d-durcheinander... E-entschuldige b-bitte."
    , kam es schüchtern von Luise kurz nachdem die Wirtin zu sprechen geendet hatte.
    Mit einem milden Lächeln den Kopf schüttelnd gab sie dem Mädchen zu verstehen, dass es sich für Nichts zu entschuldigen brauchte.
    Der selbsternannte Leibwächter Luises jedoch taxierte sie mit zornigem Blick und presste, seine Wut sichtlich unterdrückend, hervor:
    "Wärt Ihr wohl so freundlich... diesen Namen nicht mehr in Anwesenheit dieses Mädchens zu sprechen? Sie hat eine tiefe Wunde durch seinen Verlust erlitten, wie Ihr euch denken könnt."

    Das junge Mädchen erwiderte darauf tonlos in langsamer Weise, wie Brunhild es noch nie von ihr gehört hatte:
    "Es... es ist nicht nötig, solche Rücksicht zu nehmen... das ist nichts, was ich verdiehnt hätte. Ich... ich kann nicht darüber sprechen... aber ich kann andere nicht daran hindern, es zu tun."
    Unverständig glotzte sie die Beiden an. Dass sie nicht weiter auf Marias Verscheiden eingehen sollte, wäre ihr durchaus verständlich. Das Kind hatte ihre Obernonne wahrhaft gemocht und ihr fast schon bedingungslos vertraut. Doch warum sagte er dann „seinen“ Verlust? Konrad konnte er kaum meinen, denn ein langer Ritt zur Stadt würde von seiner Cousine kaum als Verlust angesehen werden und wenn Konrad ebenfalls der Sekte oder den Tieren des Waldes zum Opfer gefallen wäre, wäre dies inzwischen längst Dorfgespräch und seine Beerdigung wie die Marias schon abgehalten.
    Doch ehe sie ihre Verwunderung aussprechen konnte, fuhr Noel auch schon fort:
    "Uns ist kalt und wir würden uns an eurem Kamin gerne etwas aufwärmen. Ein wenig Schwarztee und Suppe wäre wundervoll. Zudem wäre ich euch persönlich tief verbunden, wenn ihr Luise aus ihren nassen Kleidern schälen und ihr ein paar Neue zur Verfügung stellen könntet. Meint Ihr, das wäre denkbar? Natürlich bezahle ich Alles im vorraus.
    Eine leichte Verbeugung folgte seiner Ansprache.
    Einige Augenblicke betrachtete sie ihn weiter, als wäre er der erste Gesichtsbemalte, dem sie je begegnet war (-nun, an sich war er das tatsächlich, aber das tat hier im Moment nichts zur Sache-), ehe seine Worte vollends die vorigen in die hinteren Teile ihres Bewusstseins geschoben hatten.
    Energisch schüttelte sie den Kopf. Es kommt gar nicht in Frage, dass ich Geld dafür annehme, Euch beide hier aufwärmen lassen. Zu Essen und zu Trinken gibt es hier jedenfalls reichlich, da zauber ich Euch schon schnell was zusammen…
    Skeptisch betrachtete sie Luise, kurz auch Noel, ehe sie fortfuhr:
    In ihrer Größe werde ich kaum Etwas haben, aber wir kriegen sie schon wieder in trockene Tücher…
    Damit holte sie, auf Zehenspitzen dem Blute ausweichend, aus ihrem Schrank nach einigem Wühlen einige Kleidungsstücke und Decke hervor. Letztere drückte sie Noel bis auf eine in die Hand.
    Nimm die schonmal mit nach unten, vielleicht wollt Ihr euch dann noch zusätzlich wärmen… Komm, mein Kind.. Sanft, aber bestimmt drückte sie das Mädchen in Richtung des elterlichen Schlafzimmers, welche es still geschehen ließ.
    Aus den Augenwinkeln sah sie, dass der Bursche sich bereits abwendete, darum meinte sie nur: Einen Augenblick noch… ehe sie im Zimmer verschwand, um kurz darauf mit einem alten Hemd samt Hose wieder zu erscheinen. Sie warf es ihm zu.
    “Hier, die gehörten meinem alten Vater. Sind schon lange nicht mehr getragen worden, aber meine Mutter hatte sie bis zu ihrem Tod immer in Stand gehalten und gepflegt. Du musst sie nicht anziehen, aber an Deiner Stelle würde ich die nassen Sachen nicht anlassen…“ Die Tür wurde hinter ihr geschlossen.
    Rasch und mit geübter Hand entledigte die Wirtin das durchnässte Kind all seiner Kleider und begang darauf, den jungen Körper mit der verbliebenen Decke trockenzureiben. Luise blickte nachdenklich auf das Kreuz, welches sie um den Hals trug. Auf eine Nachfrage diesbezüglich meinte das Mädchen nur knapp, es stamme von Maria und sie habe es aus dem Schlafzimmer als Andenken genommen. Danach blickte sie wieder ausdruckslos ins Leere, als würde sie gedanklich weit, weit weg sein. Tiefe Sorgenfalten zogen sich durch Brunhilds Stirn. Die Persöhnlickeit und Gefühlswelt des Mädchen war so empfindlich und zerbrechlich wie Kristall, schien es ihr mehr und mehr. Schon gestern war sie wegen Konrads Nominierung so gewesen und musste von ihr aufgepäppelt werden. Und heute ob des Todes von Schwester Maria schon wieder. Wenn das so weiter ginge, würde es ihre kleine Seele und infolgedessen auch der zierliche Körper nicht mehr lange machen, dachte die Wirtin kummervoll, während sie Luise eines ihrer Kleider überwarf. Mit Bändern versuchte sie den überschüssigen Stoff einigermaßen an den schmalen Körper zu binden, sodass sie vorzeigbar würde. Nach einer Weile schien sie zufrieden mit dem Ergebnis und meinte, um die erdrückende Stille zu durchbrechen: Zum Maitanz würde ich Dich damit zwar nicht lassen, aber Du musst Dich erstmal nicht schämen, Dich so vor Anderen zu zeigen, meine Liebe…
    Eine Antwort erwartete sie garnicht, sondern ging, Luischen führend, hinunter in die Schankstube.
    Dort angekommen setzte Brunhild sie an den Tisch, an dem Noel es sich bequem gemacht hatte. Mit leicht mürrischer Miene sah sie, dass der Bursche sich wohl zu fein gewesen war, trockene Kleider, die etwas älter waren anzuziehen ,ehe sie sich umwand und zwei Kochtöpfe über die Feuerstelle hing. Während das Teewasser anfing zu brodeln, mischte sie, den Wünschen des ach so vornehmen Herren folgend, ein Süppchen mit Speck, Töften, Rüben und einigen Kräutern zusammen. Als sie sowohl den fertigen Tee als auch die Suppe dampfend in jweils zwei Becher und zwei Schalen abfüllte, fiel ihr Blick auf den Schaffellüberwurf, den sie am Morgen auf dem Tresen liegen gelassen hatte. Nach kurem Überlegen, verbarg sie sie vorsichtig hinter dem Tresen. Luise würde sie sicher als Konrads wiedererkenne und ,warum auch immer sie momentan nicht an ihn erinnert werden wollte, dies musste ja nicht unnötigerweise provoziert werden.
    Beladen ging sie zu den beiden hinüber, um ihnen Speis und Trunk vorzulegen.
    Es betrübt mich, Dir sagen zu müssen, dass das Haus keinen Schwarztee führt, da dieser sehr teuer ist. Der Herr möge sich hoffentlich mit gesüßtem Kräutertee zufrieden geben, der ist sowieso besser gegen die Kälte und Nässe…
    Das hatte sie sich nicht verkneifen können und wollen. Noel mochte ein Junge mit einer schlimmen Vergangenheit sein, auch wenn sie diese nicht kannte, und deswegen verschlossen und grimmig gegen jeden außer Luise, aber sein überheblicher Ton gerade ihr gegenüber schmeckte ihr gar nicht. Schon dieses andauernde förmliche „Euch“, mit dem er sie ansprach. Nach den Jahren waren sie wohl kaum mehr Fremde und sie redete mit anderen Dorfbewohner erheblich weniger als mit ihm und wurde von denen geduzt.
    Ihren Grimm hinunterschluckend, strich sie Luise sanft über die Wange und stapfte wieder nach oben, schließlich galt es noch ihr ehemaliges Schlafzimmer zu reinigen.
    Ihren Brechreiz beim Anblick und vor allem dem Geruch des Blutes herunterwürgend ging sie in die Knie und begann zu schrubben.

  6. #6
    "Maria... warum ausgerechnet Maria?" Peter stand an dem gerade frisch zugeschütteten Grab und ballte die Hände zu Fäusten. Er spürte wieder diese Wut in sich aufkommen, eine Wut die er doch so lange verborgen hatte, seiner Frau, den Kindern und nicht zuletzt ganz Düsterwald zuliebe. Das schlimmste daran war: er wusste noch nicht einmal so recht, auf wen er eigentlich wütend war. Auf die Lumianer, diese Sekte, natürlich! Aber wer gehörte zu diesen Ketzern? Während er darüber nachdachte, wurde ihm auch bewusst, warum es ausgerechnet Schwester Maria, die gläubigste und gottesfürchtigste Person, die Peter kannte, die nonnigste aller Nonnen, getroffen hatte: sie war offensichtlich eine Gefahr gewesen. Die Lumianer fürchteten von ihr entdeckt zu werden. Und Maria hatte eine sehr respektable Stellung im Dorf gehabt, viele vertrauten auf ihr Urteil. Wen hatte sie gestern verdächtigt? überlegte Peter und kratze sich am Bart, bis ihm einfiel, dass die Nonne Merete angeklagt hatte, welche sich als unschuldig erwiesen hatte. "Mist, so komme ich auch nicht weiter!" fluchte er leise, besann sich jedoch kurz darauf wo er war, senkte den Kopf und murmelte "Verzeih mir Herr für diesen Ausdruck".

    Den Hut tief in die Stirn gezogen verließ er den Friedhof und machte sich auf den Weg zurück ins Dorf. Vielleicht hatte Brunhild den Gasthof schon aufgemacht? Er wollte sich mit einigen anderen Dörflern austauschen, bevor er eine vorschnelle Wahl traf.

    Geändert von Layana (03.04.2013 um 14:38 Uhr)

  7. #7
    Die noch etwas perplexe Brunhild besah die beiden noch eine Weile mit ziemlich dämlichem Gesichtsausdruck. Nun, wenn Noel so darüber nachdachte, war das bei ihr Dauerzustand. Sich wie ein kleiner, unreifer Junge das Grinsen verkneifend, wartete er ihre nächsten Worte ab.

    Es kommt gar nicht in Frage, dass ich Geld dafür annehme, Euch beide hier aufwärmen lassen. Zu Essen und zu Trinken gibt es hier jedenfalls reichlich, da zauber ich Euch schon schnell was zusammen…
    Da schoss das beleibte Weib schon von dannen. Zeche prellen? Nein, das war etwas, dass Noel überhaupt nicht mit seiner Einstellung und Würde vereinbaren konnte, dreimal nicht, wenn seine kleine Elfe dabei war. Also ließ er, bevor Brunhild außer Griffweite war, ein kleines Säckchen Silbermünzen in ihre Rocktasche gleiten. Wahrscheinlich einiges zu viel, aber der Abend war ja noch lang. Nach wenigen Uhrenschlägen kam sie wieder heran, drückte Noel einige widerlich verfilzte Decken in die Hand.
    Nimm die schonmal mit nach unten, vielleicht wollt Ihr euch dann noch zusätzlich wärmen… Komm, mein Kind..
    Behutsam legte sie Luise eine Hand auf die Schulter und machte sich auf in ein Gästezimmer.

    Hey, hey, Noel, lass uns hinterherschleichen, vielleicht bekommen wir einen Blick auf... du weißt schon... Hast doch sicher Lust, alter Steche-


    Hast du es so eilig, zu sterben?
    Ich hatte nie ernsthaft das Bedürfnis, dich zu töten, aber jetzt gerade im Moment bin ich wirklich kurz davor, es zu wollen.


    Einige Sekunden lang sah Deus enttäuscht der kleinen Luise hinterher, bevor er grummelig die Ohren sinken ließ und Noel wie als wäre er sein Herrchen, ins Erdgeschoss hinterhertapste.

    Einen Augenblick noch…


    Mondgesegneter Saix, was denn jetzt noch?!
    Genervt verdrehte Noel die Augen, bevor er sich ein weiteres Mal zur redseligen Wirtin umdrehte.

    “Hier, die gehörten meinem alten Vater. Sind schon lange nicht mehr getragen worden, aber meine Mutter hatte sie bis zu ihrem Tod immer in Stand gehalten und gepflegt. Du musst sie nicht anziehen, aber an Deiner Stelle würde ich die nassen Sachen nicht anlassen…“
    Lächelnd warf sie ihm ein Bündel Kleider zu und Verschwand in einem der Zimmer. Einen Moment hielt Noel die Sachen zwischen zwei Fingerspitzen und beäugte sie wie einen Haufen Krokodilscheiße - nun, zumindest rochen sie in etwa so. Kopfschüttelnd öffnete er die Tür, die ihm am nächsten war - das Abort - und warf ohne hinzusehen die Kleider hinein. Ein kurzes Platsch mögen einem Zuschauer eine Ahnung gegeben haben, wo sie gelandet waren. Ein passender Ort, wie Noel zufrieden befand.

    Eine ganze halbe Stunde verging, Noel hatte es sich an einem der Tische gemütlich gemacht, während Deus sein Fell am Kamin wärmte. Dann, als der rothaarige Junge sich schon anfing zu fragen, ob Brunhild seine kleine Elfe entführt hatte, kamen die beiden die Treppe hinunter, Luise war gekleidet in ein bezauberndes Herbstkleid. Es sah an ihr einfach wundervoll aus und betonte mit seinen braunorangenen Tönen perfekt ihre Haarfarbe, nun war sie wirklich eine Kleine Elfe. Schwach lächelnd und mit gesenktem Kopf setzte sie sich ihm an den Tisch, als Noel ihr grinsend etwas ins Ohr flüsterte.
    Das steht dir ungemein, kleine Elfe.
    Du bist märchenhaft schön.


    Luise, die unter seinem Kommentar mit brennendem Gesicht zusammenzuckte war kein Vergleich zu Deus, welcher am Kamin lag und mit seiner linken Pfote auf seinen offenen Mund deutete als würde er sich erbrechen müssen, woraufhin Noel ihm einen ganz bestimmten Finger zeigte.

    Schließlich kam die Wirtin an den Tisch, sie zu... nun... bewirten.
    Es betrübt mich, Dir sagen zu müssen, dass das Haus keinen Schwarztee führt, da dieser sehr teuer ist. Der Herr möge sich hoffentlich mit gesüßtem Kräutertee zufrieden geben, der ist sowieso besser gegen die Kälte und Nässe…

    Noel war der gehässige Unterton nicht entgangen, kalt lächelnd nahm er Brunhild die Sachen ab.
    "Oh, kein Problem, ich liebe süße Sachen.
    Und nun... habt ihr nicht noch etwas zu tun? Da wartet eine Pfütze vergorrenen Blutes auf euch."

    Sein Lächeln war so falsch und seine Stimme so süffisant fröhlich, dass Noel sich dafür selbst applaudieren wollte.
    Mit hochrotem Kopf sauste die Wirtin von dannen, und so konnte Noel, nachdem er einen Schluck des Tees genommen und dessen Geschmack affektiv mit "Kamelpisse" verglichen hatte, mit Luise über das vor ihnen Liegende sprechen.
    "Kleine Elfe..." ,
    Lächelnd legte Noel seine blasse Hand auf die Ihrige, "wir sollten jetzt über die Nominierungen dieses Abends sprechen. Ich möchte dir erklären, wen und warum ich nominiere..."

    Das Kleid, in welches man Luise gesteckt hatte war in der Tat viel zu groß. Allerdings war es wundervoll warm und Brunhild hatte gute Arbeit geleistet, es mit einigen Bändern zurecht zu zurren.
    Außerdem hatte es einen angenehmen, tröstlichen Geruch.
    Und das war ihr mehr als genug. Dafür nahm sie sogar in Kauf, dass der Farbton ihr wirres, rotes Haar so sehr betonte.
    Es war Luise im Augenblick egal, wie man sie sah. Ihre Gedanken wanderten.
    So sehr sie auch an etwas Angenehmeres denken wollte, immer wieder kam sie zurück zu der Frage, wer für all die schrecklichen Geschehnisse im Dorf verantwortlich war.
    Wer waren diese Lumianer, die Maria auf so schändliche, feige und unwürdige Weise ein Ende bereitet hatten? Waren sie auch für das Gerede über Konrad verantwortlich? Und wie viele gab es überhaupt von ihnen?
    Stumm nahm Luise das Kreuz zwischen ihre Finger und betrachtete es. Es war dabei gewesen, als Marias Mörder zugeschlagen hatten. Wenn es nur eine menschliche Stimme hätte, dann könnte es ihr Antworten geben.
    Aber Kreuze sprachen nicht. Sie waren lediglich leblose Gegenstände, welche den Glauben an Gott symbolisierten. Und der Vater, dem ihre Träger dienten, sprach selten in direkten Worten zu seinen Kindern.
    Luise würde ihre Antworten selbst finden und womöglich erkämpfen müssen. So sehr es ihrer Natur auch widersprach.

    Schweigend war sie der Wirtin nun in den Schankraum gefolgt. Nachdem Brunhild sie an einen der Tische geführt hatte, wurde das Mädchen jäh aus seinen Gedanken gerissen, als es Noels leise Komplimente in ihrem Ohr vernahm.
    Erschrocken und mit rotem Gesicht zuckte Luise zusammen. Schnell versteckte sie ihre plötzlich zitternden Hände in den Falten des Kleids. Sie wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. Noels Grinsen beunruhigte sie und die vertrauliche, nahe Art, mit der er seine Worte sagte wollte ihr gar nicht gefallen. Die ganze Situation war ihr auf einmal unangenehm.
    Starr saß Luise auf dem Stuhl, den Kopf gesenkt. Angespannt bemühte sie sich, ihre Nervosität für sich zu behalten.
    Es schien ganz gut zu funktionieren, Noel kommentierte ihr Verhalten nicht. Stattdessen konnte Luise aus dem Augenwinkel sehen, wie er immer wieder zum Kamin schaute. Einmal meinte sie sogar, dass er eine Handgeste in diese Richtung machte. Genau erkennen konnte sie es jedoch nicht. Abgesehen davon, dass niemand sonst im Raum war.
    Schließlich kehrte Brunhild mit dampfenden Suppenschüsseln und außerdem heißen Tee zurück.
    Mit leisen Worten bedankte Luise sich. Sie schienen aber in dem kleinen, alles andere als freundlich klingenden Dialog zwischen der Wirtin und dem Bibliothekar unterzugehen.
    Noch immer nervös nahm Luise einen Schluck des angenehm duftenden Tees und entspannte sich ein wenig, als sie spürte, wie die Wärme sich in ihrem Mund ausbreitete.
    Als sie sich dann an die köstliche Suppe heranmachte, brach Noel auch schon das unangenehme Thema an, dass Luise schon eben verfolgt hatte.
    Sie wusste, wie wichtig es war, darüber zu sprechen. Dennoch wurde ihr Blick etwas starrer, als Noel von seiner Nominierung berichten wollte.
    Mit leiser, gedrückter Stimme erwiderte sie: "Es... es bleibt wohl keine andere Wahl, nicht wahr?" Es schmerzte sie, eingestehen zu müssen, dass mindestens einer unter all den freundlichen Dorfbewohnern zu dieser schrecklichen Sekte gehörte. Aber nach dem heutigen Tag musste Luise mit dem Schlimmsten rechnen.

    Wieder keimte das vertraute Gefühl des Mitleides in Noel auf, wieder sanken seine entschlossenen Augenbrauen in sich zusammen. Mit ruhigem, verständnisvollem Tonfall flüsterte er auf Luise ein.
    "Luise..." ,
    er lächelte schmerzlich, "Menschen tragen Masken. Ich bin das beste Beispiel dafür. Ich habe mein Leben lang eine Maske getragen und auch dich getäuscht."
    Etwas Bedauerndes lag in Noels Stimme, aber er gab Luise keine Zeit, darüber nachzudenken.

    "Du magst es mir glauben oder nicht: Ich schätze dieses Dorf als Heimat unsagbar. Es wird mir schwer fallen, es einst mit dir zu verlassen, da wir aufbrechen, Konrad zu finden. Und so kann ich dir versichern, dein Schmerz, wenn du mit dem Gedanken schwanger gehst, einen Dorfbewohner zu nominieren, ist mein Schmerz.
    Ich tue es nicht gerne... aber ich will die Lumianer richten.
    Um dich zu beschützen, verstehst du?
    Dafür ist mir jedes Mittel recht.
    Jedes."
    Ruhig ließ er seine Worte auf die kleine Elfe wirken, er hatte penibel darauf geachtet, sie nicht zu bedrängen oder zu offensiv zu reden.
    Er stand Luise jetzt näher, aber das bedeutete gar nichts. Er war ihr Schutz, nichts weiter. Das musste Noel sich vor Augen halten.

    Nach einigem Zögern sah sie ihm in die Augen, atmete tief aus und begann mit ihrer melodischen Stimme, zu flüstern.
    "Also gut... was glaubst du?" Aufmerksam betrachtete sie Noel und wartete seine Antwort ab.

    Noel lehnte sich in seinem Stuhl zurück, schloss die Augen und erschuf wie immer, wenn er nachdachte, ein Schachbrett in seinem Kopf. Zug um Zug bewegten sich die Figuren, Schwarz gegen Weiß, A gegen B, Dorf gegen Lumianer. Bis er am jetzigen Zeitpunkt angekommen war und sein Gegner offensichtlich schien.
    Ruhig begann er, zu sprechen.
    "Luise. In meinen Jahren als... als Soldat konnte ich viel über die Menschen lernen. Menschenkenntnis ist sehr wichtig in einem solchen Spiel. Doch glaube meinen Worten, wenn ich dir sage, dass man kein Experte sein muss, um zu sehen, dass Tyrell den Lumianern angehört.
    Es ist eher, gelinde gesagt, unbeschreiblich offensichtlich."


    Luise wollte schon aufgeregt etwas erwidern, als Noel ihr, sich selbst in Gedanken dafür ohrfeigend, eine Hand vorhielt und ihr das Wort abschnitt.
    "Warte. Bevor wir weiter darüber reden, beantworte mir eine Frage. Ich möchte, dass du nur mit Ja oder nein antwortest. Versprichst du mir das?
    Stumm wartete er, bis sie nickte.

    "Sag mir, Luise... vertraust du mir?"
    Und mit diesen Worten ließ Noel sich ruhig in seinen Stuhl zurückfallen.

    Luise war bei seiner Anschuldigung Tyrells ein wenig zurückgewichen - aber seine Frage kam unerwartet.
    Ob sie Noel vertraute?
    Er schien um sie besorgt zu sein, das stimmte. Luise glaubte ihm sogar, dass er sie retten wollte.
    Aber warum?
    Alle hatten Luise schon vor ihm gewarnt. Adalbert, Tyrell, Lumi - sogar Konrad war nie besonders begeistert gewesen, ihn in ihrer Nähe zu sehen. Und gerade hatte Noel selbst noch erklärt, dass er etwas anderes war, als er vorgab, und auch sie getäuscht hatte.
    Und dann war da noch immer dieses seltsame Gefühl, welches er seit seiner ersten Begegnung mit ihr in Luise auslöste. Dieses beunruhigende Gefühl, was in manchen Momenten vollkommen verschwand, nur um in anderen wieder aufzutreten. Das Gefühl, was sie davon abhielt, ihm voll und ganz zu vertrauen.
    Diese Art, wie er anderen Menschen als Luise gegenübertrat war sicher eine Sache - aber Luise konnte sich trotz Noels Beteuerungen, wie wichtig sie ihm sei, nicht dem Eindruck erwehren, dass er etwas verbarg. Und manchmal, wenn er mit so freundlicher Stimme und süßen Worten zu ihr sprach, hatte sie den Eindruck, dass er im Grunde eigennützige Gedanken hatte.
    Aber nichts davon wollte Luise ihm nun erzählen. Nicht nur, weil es wirklich unhöflich wäre, sondern auch, weil sie ihm vertrauen wollte - weil sie nicht glaubte, dass er ein Lumianer war. Und auch, weil sie ihm glaubte, dass er sie beschützen wollte. Wenngleich sie sich nicht über seine Motivationen im Klaren war.
    Nach einigen Augenblicken der Stille atmete das Mädchen tief ein und betrachtete Noel. Versuchte, in seinem Gesicht seine Gedanken zu lesen. Natürlich war das unmöglich, also beantwortete sie leise seine Frage: "Das ist eine... große Anforderung. Ich weiß nicht, ob ich sie erfüllen kann." Sie trank nachdenklich einen Schluck Tee und fuhr dann fort: "Ich vertraue dir... insofern, dass ich dir glaube, wenn du sagst, dass du nicht zu der Sekte gehörst. Und auch, dass du mich beschützen möchtest." Sie versuchte, ihre angespannte Mimik durch ein Lächeln aufzulockern. Soch selbst Luise bemerkte, dass es nicht im Einklang, mit ihrem stumpfen Blick stand. "Aber... ich vertraue dir nicht so sehr, dass ich mein ganzes Urteil in deine Hand legen würde. Ich habe diesen Fehler schon begangen... gestern, indem ich M-marias Stimme g-gefolgt bin..." Ihre Stimme begann zu zittern. Sie wollte nicht an den gewaltigen Fehltritt von gestern denken. "Ich... ich mag b-bei weitem nicht s-so weltgewandt sein, wei d-du. A-ber ich g-glaube, d-dass auch du dich vertun k-kannst..." Sie brach ab. Scheu blickte sie in die Tasse in ihren Händen. "Ich vertraue dir. Aber ich werde nicht vorbehaltslos einem anderen Menschen die Stimme geben, welche ihn zum Tode verurteilen kann."

    http://www.youtube.com/watch?v=u_0dGdYh6ec

    Das kam unerwartet. Regungslos blieb Noel angelehnt sitzen, versuchte, das Gesagte zu verarbeiten.
    Oh scheiße.

    Deus machte einen Gesichtsausdruck, als hätte er gerade dabei zugesehen, wie ein Kämpfer bei einem Straßenkampf eine Faust ins Gesicht bekommen hätte.
    Na ja, der Schmerzlevel war wohl in etwa der Selbe. Mindestens.

    Okay, nein, ist in Ordnung. Sie hat nicht gesagt, sie vertraut dir nicht, deine kleine Elfe ist intelligent und hat nur Sinnvolles von sich gegeben. Du darfst nicht erwarten, dass sie so naiv ist, dir von jetzt auf gleich zu vertrauen. Ganz langsam. Du hast Zeit, alle Zeit der Welt. Überzeuge sie vom Märchen. Immerhin hast du es geschrieben. Jetzt liegt es an ihr, es zu erfüllen.

    Aber Schritt für Schritt.


    Tyrell... der Junge ist ein Lumianer. Das war todsicher. Noel besaß Menschenkenntnis und er besaß einen Verstand, nicht so stumpf wie ein Stück Holz. Der Junge war ein Lumianer, das war so sicher wie Luises rotes Haar, darauf gab Noel seinen Dolch.
    Das Problem war, diese Tatsache Luise, gerade Luise, dieser wundervollen, unschuldigen Elfe klarzumachen, welche eine Freundschaft zu dem Knaben hegte, und da war sie im Dorf nicht die Einzige.
    Genau das war das Lästige an Optimisten. Widerlich.
    Der Bengel wäre ein sicherer Erfolg, ein schachmatt per Excellance, aber dafür bedarf es noch vieler, schwieriger Züge.

    "Hah..."
    Etwas entkräftet atmete Noel aus, bevor er sich wieder zum sprechen aufraffte.
    "Luise, hör mir zu.
    Ich möchte nicht, dass du mir blind vertraust. Du sollst aus eigener Überzeugung handeln.
    Denn das macht dich zu einem Menschen.

    Desweiteren... ist es nicht wahr, dass du weniger redegewandt bist als ich. Du sprichst auf deine Art, ich auf die Meinige. Bitte denke nicht von mir, ich erachte meine Ansicht als in irgendeiner Weise gewichtiger als die Deine. Das stimmt nicht.

    Und letztendlich... kann ich mich irren. Ich habe mich bereits viele male geirrt, den ich bin ein Mensch."

    Noel hatte die Augen krampfhaft geschlossen, dachte intensiv nach. In seinem Kopf rückten die Figuren ein Feld ums andere vor, drängten den König in die Ecke.

    "Aber...!"
    Bald ist es soweit. Schach.

    Noel sah Luise tief in die Augen und umfasste ihre Hände mit den seinigen, als er, so überzeugend er konnte, mit ihr sprach.
    "Du MUSST mir in dieser Sache vertrauen, ich BITTE dich darum. Ich weiß, welches Band zu zu Tyrell hegst und ob der Schwere, die die diese Entscheidung kostet... aber bitte, zu unser aller Wohl, wenn du begehrst, irgendwann Konrad wiederzusehen... dann bitte ich dich, nominiere den Burschen Tyrell.
    Ich möchte dir nahebringen, warum dieser Junge ein Lumianer ist.
    Er war ein häufiger Besucher in eurer Apotheke, nicht? Selbst ich, der ich nicht oft im Dorf war, weiß, dass er jeden Tag gern gesehen im Zentrum war. Ein aktiver, gesprächiger Junge.
    Doch seit dieser Lumianersache... ist er wie vom Erdboden verschluckt, hat sich verändert, ist viel kälter und einzelgängerischer in seinem Verhalten geworden.
    Ich verlange nicht, dass du es vollkommen verstehst oder gerne tust... aber bitte, Luise: Tyrell ist einer jener Männer, die Meretes und Marias Tod auf dem Gewissen haben. Und Konrads Verschwinden, natürlich. Wenn du Gerechtigkeit möchtest... muss dieser Junge gerichtet werden. Glaub mir."


    Erschöpft sank Noel zusammen. Er hatte viel geredet, aber er hatte seine ganze Seele, Alles an Überzeugungskunst hineingelegt. Deus sah dem Treiben nur interessiert zu.
    Wenn das nicht reicht... ist es aus. Dann habe ich versagt. Dann... kann ich mein Leben auch beenden.
    Noels Augen weiteten sich und ihm kam eine Idee. Nein, keine Idee. Er traf eine Entscheidung. Einige Zeit war vergangen, das Wirtshaus war mittlerweil gut gefüllt, sicherlich schon die Hälfte des Dorfes war hier, dem Regen seis geschuldet. Vermutlich würde die Wahl heute hier stattfinden.

    Stumm stand Noel auf, hustete geräuchvoll, so dass eine Sekunde später nicht nur der Blick der kleinen Elfe, sondern der der meisten Dorfleute auf ihm lag.
    Um den gegnerischen König zu bekommen... muss man mitunter den eigenen riskieren... nicht wahr? So funktioniert Schach doch...Valan?

    "Ich, Noel de'chrones'tulem, nominiere hiermit den Jungen Tyrelals Lumianer, da er mit geradezu lächerlicher Offensichtlichkeit dieser Sekte angehört. Ich war mir nie in meinem Leben bei einer Sache so sicher. Und um das zu beweisen..." ,
    Noel zog seinen Dolch, ein erschrockenes Raunen ging um die Menge, bevor er ihn sich an den eigenen Hals hielt, "verspreche ich hiermit auf meinen Namen, dass ich mich sofort selbst richten werde, sollte Tyrell unschuldig gehängt werden!"

    Erstauntes Flüstern, ungläubige Blicke, nervöse Gesichter... Noel sah Luise ein letztes Mal eindringlich und beinahe flehendlich in die Augen, bevor er auf seinem Stuhl zusammensank und die Eigenen schloss.




    Schachmatt.
    Die Frage ist... wessen König ist gefallen?

    Geändert von Holo (03.04.2013 um 15:51 Uhr)

  8. #8
    Nachdem Rekon die tote Leiche begraben hat und mit allen Anwesenden für die nonnige Nonne gebetet hat, ging er nach Hause, um zu trauern. Er wusste nicht, was er tun sollte. Er wusste nicht, wen er zum Tode nominieren sollte. Asmotheyx und Rekon haben stundenlang überlegt, wen sie nominieren. Doch sie fanden einfach keine Lösung. Noel war unschuldig, dachte sich Rekon und Asmotheyx schützte Peter. Das war alles viel zu kompliziert, als das ein Mensch alleine das verstehen kann. Nach der Diskussion war klar. Rekon würde eher sich selbst (Ocin) nominieren, als blind einen nominieren, der stirbt und unschuldig war. Das konnte er einfach nicht...

  9. #9
    Bereits nach kurzer Zeit verfärbte sich das Putzwasser so rot wie die Beschmutzung des Zimmers. So kam es Brunhild vor, als ob sie blut mit Blut wegwaschen würde. Dumpf drangen von unten Luises und Noels stimmen herauf, Letzterer schien den jungen Tyrell für einen Sektenheini zu halten.
    Zumindest aus den Holzdielen am Boden ließen sich die Lachen restlos entfernen, bei den Wänden blieben blasse Flecken zurück. Sie würde es wohl später übermalen lassen müssen. Die blutgetränkte Bettwäsche war nicht mehr zu retten und musste definitiv weggeworfen oder verbrannt werden.
    Nach einer gefühlten Ewigkeit war sie soweit es ging fertig geworden, knülllte das blutgetränkte Bettzeug zusammen und warf es die Treppe hinunter auf den Gang. So musste sie dann nicht noch einmal hoch steigen. Mühsam schleppte sie den Kübel und die Bürste nach unten. Die Tür zum Abort wurde geöffnet, damit sie das dreckige Wasser dort weggießen konnte. Doch irgendetwas schien die Öffnung zu verstopfen. Da sie mit den Händen nicht heranreichen konnte, nahm sie sich ihren Besen zu Hilfe. Nach einigen Versuchen förderte sie zwei stoffartige, vom Unrat durchtränkte Klumpen zutage. Vorsichtig zog sie sie mit dem Besenstiel auseinander, um zu sehen, worum es sich handelte.
    Laut klappernd fiel der Besen zu Boden.
    Dieser gottverdammte- Herr, vergib die Worte- Hundesohn! Spielt sich vor ihr auf wie der Kaiser von China und als ob ihm ihre Schenke gehören würde. Einen Beutel mit Münzen hatte er ihr zugesteckt, als ob sie sein Geld wie Almosen benötigen würde. Wer wusste, was dieser missratene Bastard getan hatte, um es einst zu bekommen! Zornig schmiss sie den Beutel in das Dreckwasser und schüttete beides in das nun freie Abort.
    Seine vermaledaite herablassende Art mochte sie ertragen können. Allzuoft kam er ja, Gott sei’s redlich gedankt, nicht in ihre Taverne und keine zehn Bommels vermochten es, sie auch nur einen Fuß in seine Ansammlung von Büchern, die mit noch größeren Ansammlungen von Wörtern gefüllt waren, zu setzen. Die hatte er sicherlich nur, damit er sich noch viel mehr als etwas Besseres als alle Anderen fühlen konnte.
    Doch die ihm angebotenen Kleider nicht einfach nur nicht anzuziehen, sondern in die gottverdammte Scheiße zu schmeißen, das würde ein Nachspiel haben. Sie hatte ihm noch gesagt, dass sie einst ihrem Vater gehört hatten. Seine besten Kleider waren es gewesen! Zur Hochzeit mit ihrer Mutter hatte er sie extra anfertigen lassen! Nur zu den Sonntagsmessen und ihren Geburtstagen hatte er sie getragen! Auch an ihrem fünften, bei dem er den nächsten Morgen nicht mehr erleben durfte, weil ihn das beschissene 500L Fass überrollt hatte!
    Heiße Zornestränen rannen ihr über die Wangen. Ihre einzige Erinnerung an ihren Vater war er in diesen Kleidern gewesen und dieser …rotbehaarte Gesichtsbemalte!!! Hatte sie wie einen faulen Apfel behandelt.
    Oh, sie würde ihm nur zu gerne auf der anderen Seite seines ach so tollen Gesichtes eine weitere dauerhafte Bemalung verschaffen, die farblich perfekt zu seinen Haaren passen würde. Nämlich den Abdruck ihrer linken Hand! Und sie würde schon dafür sorgen, dass es ihm für immer blieb, daaaa würde es keine Probleme geben.
    Ihre Fäuste schlugen gegen die Wände, und beim letzten Schlag konnte sie einen befreienden Schrei nicht mehr zurückhalten. Mühsam versuchte sie wieder zu Atem zu kommen. So gerne sie ihm auch zu einer neuen, zweifellos hübscheren Bemalung als die jetzige verhelfen wollte, so sehr war ihr auch klar, dass es ihr keine Genugtuung, sondern nur endlose Nächte des Selbsthasses einbringen würde. Ein dunkles Wesen war in ihrem Inneren erwacht, doch wenn sie ihm nachgeben würde, würde sie am Ende vielleicht noch selbst so werden wie dieses Scheusal.
    Nein, sie würde ihren jetzigen Hass und ihre Verachtung gegen Noel in Form des sich einfressenden dunklen Wesens nutzen, um positive Energie und Kraft zu schöpfen, bis zum bitteren, aber hoffentlich nich ganz so bitteren Ende durchzuhalten. Und damit würde sie endlich mal wieder zur Beichte gehen, denn all die ungeheuerlichen Dinge, die sie gerade gedacht hatte, würde ihr der Herrgott sicherlich nicht so einfach nachsehen.
    Doch eine Sache würde sie jetzt noch tun, die ihr ganz sicher reinen Gewissens Genugtuung verschaffen würde. Ohne Ekel packte sie das verschandelte Andenken an ihren Vater und den leeren Kübel und betrat die inzwischen gut gefüllte Schankstube. Einige wichen ob des Gestankes angewidert von ihr zurück, doch das interessierte sie recht wenig. Ihr Ziel hatte, theatralisch wie immer, sich gerade ein Messer an den Hals gehalten und seinen eigenen Tod bei einer weiteren Fehlentscheidung was Tyrell angeht geschworen. Bei seiner bisherigen Erfüllung von Schwüren würde das Dorf ihn bei Einbruch der Nacht los sein.
    Langsam bewegte sich Burnhild auf ihn zu, während sich Noel offenbar erschöpft in den Stuhl fallen ließ und die Augen schloss. Perfekt! Vor ihm angekommen stellte sie den Kübel ab und beugte sich sacht zu ihm hinunter und flüsterte ihm zu:
    “Egal, wie qualvoll und schrecklich Deine Vergangenheit auch gewesen sein mag: Es gibt Dir nicht das Recht, die Vergangenheit Anderer mit Füßen zu treten…“
    Sie richtete sich wieder auf und in ihrem Gesicht erschien ein vollkommen ehrliches, strahlendes Lächeln, dass sie sonst nur den Personen, die ihr am wichtigsten waren- also für gewöhnlich Konrad- schenkte.
    Dann wrang sie die vor Unrat triefenden Kleider ihres Vaters über Noels Oberkörper und Schoß aus. Und sie war sehr gründlich dabei. Als Nichts mehr herauszupressen war, meinte sie noch freundlich: “Nach der Abstimmung würde ich mich freuen, wenn Du mein Wirtshaus umgehend verlassen und nie wieder betreten wirst.“, ehe sie den Kübel hochhob und aus der Schankstube hinaus in den Regen lief.
    Oh ja, das war definitiv notwendig gewesen. Behutsam legte sie die immernoch dreckigen Kleider in den Kessel mit dem angebrannten Brei, ehe sie zum Dorfbrunnen schritt, um neues Wasser zu holen. Bei der Gelegenheit konnte sie auch gleich den Mist von ihren Händen waschen. Zurück im Wirtshaus waren alle Blicke auf sie gerichtet, doch es war ihr sowas von gleich. Schnell schnitt sie Seife ins Wasser, ehe sie Ross inmitten der Anderen sah.
    Dies war nun der perfekte Zeitpunkt, sie war immernoch geladen und würde ihre Meinung gut vortragen können.
    “Meine lieben Dorfbewohner! Verzeiht, dass ihr das mitbekommen musstet, aber das hatte schon alles seine Richtigkeit, glaubt mir. Doch darüber will ich jetzt nicht sprechen.
    Ihr wisst, dass ich nicht viel vom Hanggericht halte. Es hat bereits eine Unschuldige getroffen und deshalb ist Schuld über uns alle gekommen. Doch der grausame Mord an Schwester Maria hat mir verdeutlicht, dass ich zu kurzsichtig war, mich vollkommen dagegen zu verschließen. Noch immer finde ich dieses Vorgehen schändlich, doch es scheint der einzige Weg für uns zu sein, mit der Gefahr dieser Sekte fertig zu werden.
    Wir alle haben unser Vertrauen in unseren Holzfäller Ross Fäller gesetzt, als unser neuer Hauptmann durch alle schweren Zeiten zu führen. Schon lange hat er hier gelebt und sich immer als gutmütig und gerecht erwiesen.
    Doch gestern hat Etwas mein Vertrauen in ihn erschüttert und mir seither keine Ruhe mehr gelassen. Er nominierte Merete. Auch Andere haben dies getan, ja, sonst wäre sie noch unter uns, und das allein will ich ihm nicht zum Vorwurf machen. Was mich umtreibt, ist der Satz, den er nach seiner Begründung, die keine war, sprach und auf die seine Stimme für die verblichene Jägerin folgte.
    Mir wäre es lieber, wenn wir einen Lumianer enttarnt hätten, doch leider kann haben wir heute dabei wohl kein Glück gehabt…
    Glaubt mir, ich habe lange versucht mich davon zu überzeugen, er wollte damit nur seine Unwissenheit verdeutlichen, die er vorher angesprochen hatte. Doch würde es dann keinen Sinn machen, gerade Jemanden zu wählen, der sich zuerst ganz dem Wohle des Dorfes verschrieben hatte und dann bereit dazu war, eher sich selbst zu opfern, als eine falsche Entscheidung zu treffen. Zumal er diesen Bürgern, zu denen sich ja auch Tyrell zählte, seinen Respekt für dieses Verhalten ausgeprochen hatte.
    Ich habe seine Worte von allen Seiten betrachtet, aber am Ende bleibt für mich nur eine Möglichkeit übrig: Er hatte diese Erklärung abgegeben, weil er bei Merete eindeutig von ihrer Unschuld wusste, und dies, weil er zu dieser gehört. Deswegen kam ihm ihre Selbstnominierung sehr gelegen.
    Ich bin sehr gespannt, was Du dazu zu sagen hast, meine Stimme geht an Dich, Hauptmann Ross [R.F.]

    Einige Augenblicke lang betrachtete sie den Hauptmann eindringlich, ehe sie auf die Knie ging und sich daran machte, auch die Blutflecken von den Dielen der Schankstube zu schrubben.

    Geändert von Mephista (03.04.2013 um 11:59 Uhr)

  10. #10
    Ross hatte Brunhilds Anschuldigung angehört und es kam ihm so vor, als wären sämtliche Augen nun auf ihn gerichtet. "Es scheint mir eher, dass ihr mir die Worte im Munde verdrehen wollt. Ich kann mich auf jeden Fall sehr gut erinnern das gesagt zu haben; allerdings ist das nur der Anfang des Satzes, denn ich habe ebenfalls noch gesagt, dass ich hoffe mit der Wahl den richtigen zu erwischen, da es uns nicht möglich war einen Lumianer zu DIESEM ZEITPUNKT durch die HINWEISE zu ENDTARNEN. Ja, ich habe jemanden gewählt, der sich selbst nominiert hatte, denn ich hatte gehofft, dass sich vielleicht eines dieser Sektenmitglieder seiner gerechten Strafe für seine Gottlosigkeit stellen will. Das wäre mutig gewesen und hätte Respekt verdient. Sich selbst aber zu beschuldigen, obwohl man unschuldig ist, ist einfach nur dumm und wenn derjenige gehenkt wird, ist er selbster schuld. Niemand wird gezwungen, sich selbst zu opfern, allerdings darf auch niemand einen anderen beschuldigen ob seiner Wahl, schon gar nicht, wenn man dann noch versucht, ihm zu unterstellen, er habe gewusst, dass Merete kein Lumianer sei. Entweder war das ein gewaltiges Missverständnis eurerseits, oder IHR Brunhild habt etwas zu verbergen. Vielleicht wollt ihr uns ja was wichtiges sagen, was eure Person betrifft und das mit den Lumianern zu tun hat?"

    Geändert von R.F. (03.04.2013 um 13:41 Uhr)

  11. #11
    Peter betrat das Wirtshaus und schüttelte sich die regennassen Haare. "Was für ein Sauwetter da draußen! Grüß Gott, Brunhild!" rief er in den Schankraum hinein, da er zunächst gar nicht bemerkte, dass dieselbe gar nicht anwesend war. Sich ein wenig über die Abwesenheit der Wirtin wundernd, aber nicht weiter fragend setze er sich an die Theke, legte seinen Umhang ab und sah sich im Wirtshaus um. Viele Gäste waren noch nicht anwesend. In einer Ecke saßen der Bibliothekar und die Apothekerstochter Luise. Was sie wohl mit ihm zu schaffen hatte? Die beiden schienen sich angeregt zu unterhalten, man könnte fast behaupten, dass das Mädchen an seinen Lippen hing. Peter ahnte bereits das schlimmste. Lieber Gott, bitte lass nicht zu, dass das kleine unschuldige Ding in die Fangen dieser Ketzer gerät. Ich hoffe, es ist noch nicht zu spät. Für Peter war Noel immer noch der Ursprung allen Übels. Er ging nicht in die Kirche, war somit ein Ketzer und musste folglich zu dieser Sekte gehören. Er fragte sich, warum der Rest des Dorfes das nicht auch sah. Zumal der Pfarrer heute auch diese Entscheidung getroffen hatte. Dennoch wollte Peter sich anhören, was er und die übrige Dorfgemeinschaft zu sagen hatten. Zumal der Rotschopf vermutlich nicht alleine handelte. Vielleicht könnte man mit gemeinsamen Kräften einen seiner Mitstreiter entlarven, welcher ihnen weitere Hinweise auf die übrigen Täter lieferte.

    Während er so auf den Tresen starrte und auf Brunhild wartete, vernahm er Noels Stimme lauter als zuvor. Er schien allen Anwesenden etwas sagen zu wollen. Peter sah auf, und tatsächlich, der Bibliothekar stand im Raum und klagte Tyrell, den jungen Bastler, an zu den Lumianer zu gehören. Hm... Tyrell? Besonders viel zu tun hatte er bislang nicht mit ihm gehabt, aber sollte er deswegen gleich ein Lumianer sein? Er wusste es nicht. "Noel, was veranlasst dich dazu den jungen Tyrell als Mitglied dieser Sektengruppe zu beschuldigen? Willst du uns nicht an deinen Gedanken teilhaben lassen?" und dieser wiederholte, was er zuvor zu Luise gesagt hatte: "Er war ein häufiger Besucher in der Apotheke. Selbst ich, der ich nicht oft im Dorf war, weiß, dass er jeden Tag gern gesehen im Zentrum war. Ein aktiver, gesprächiger Junge. Doch seit dieser Lumianersache... ist er wie vom Erdboden verschluckt, hat sich verändert, ist viel kälter und einzelgängerischer in seinem Verhalten geworden." - "Tja, da muss ich dir ausnahmsweise mal zustimmen, zumindest was seine Abwesenheit angeht. Aber vielleicht ist er ja auch krank geworden und muss das Bett hüten. Luise, weißt du da vielleicht etwas? Vielleicht solltest du ihn später einmal aufsuchen?"

    Bevor Luise dazu kam ihm zu antworten, erschien Brunhild in der Schankstube, ging schnurstracks auf Noel zu und wrang ein undefinierbares, aber zweifelsohne extrem stinkendes nasses Bündel über dem jungen Mann aus. Peter wusste nicht recht, wie er reagieren sollte. Er war entsetzt und schadenfroh zugleich. Er fragte sich, was die sonst so gutherzige Brunhild zu solch einer Tat getrieben haben konnte. Andererseits konnte er Noel nie besonders leiden und hatte sich schon des öfteren gewünscht, dass ihn mal jemand von seinem hohen Ross herunter holte. Peter erwischte sich dabei, wie ihm ein Grinsen über die Mundwinkel huschte.

    Nach dieser Aktion hatte die Wirtin das Haus verlassen, kam jedoch bald darauf wieder hinein und teilte allen ihre Sicht der Dinge mit. Sie verdächtigte Ross Fäller, ihren neuen Hauptmann. Peter schüttelte den Kopf. Ross kannte er nun schon viele Jahre. Der würde sich garantiert nicht so einer Sekte anschließen. Der Holzfäller ergriff auch gleich darauf selbst das Wort. Offensichtlich hatte Brunhild ihn am Tage zuvor missverstanden. Peter atmete tief ein. Die ganze hier wurde ihm unheimlich. Sie waren einst ein so ruhiges friedliches Dorf gewesen. Besonders die langjährigen Bewohner, wie Ross, Brunhild und er welche waren, sie kannten sich schon ewig und hatten immer ein gutes Verhältnis zueinander. Nun waren es ein paar Verrückte, die Misstrauen und Zwietracht im Dorf sähten. Peter senkte den Kopf. Was sollte er nur tun?

    Geändert von Layana (03.04.2013 um 14:38 Uhr)

  12. #12
    "Oi...", sprach Lumi, die grinsend in der Ecke herumsaß und mit Djángo die Szenerie betrachtete. "Noel ist vielleicht benimmmäßig manchmal Arsch, aber ist trotzdem kein Grund ihn voll mit Scheiße zu machen. Schwör, Brunhilda." Sie stand vom Tresen auf, Djángo auf dem Arm tragend und mit der freien Hand streichelnd, ging ein paar Schritte durch die Schänke, bemerkte den zornig erscheinenden Blick des Jungen mit der beschissenen Handschrift - ob er sie verdächtigte? Was'n Arsch. Als hätte sie nichts besseres zu tun, als nachts irgendwelchen Leuten Dolche ins Herz zu rammen und den Dorfplatz mit halbseidenen Ankündigungen zu tapezieren.

    "Ich habe mir angeguckt und mit Hirn ermittelt.", fing sie an, merkte die überraschten Blicke der anderen. "Und ich bin zu Schluss gekommen, dass der Typ - oder die Typ - der - oder die - hier rumrennt und irgendwelche Leute kaputtmacht folgende Verhaltensdings haben muss...", sie hielt die freie Hand nun hoch, den Zeigefinger ausgestreckt, und zählte ihre Beobachtungen auf. "Einstens: Die Person ist kurva őrült - ziemlich beknackt in Birne - und ist wahrscheinlich nach draußen normalste Person überhaupt." Nun zeigte sie zwei Finger. "Zweiter: Er oder sie hat entweder extrem feste oder gar keine Glauben an, dings, Gott - mit all die Symbolik und den Tatdings, dass Nonne tot und Konrad "verflucht" ist vagy valami ilyesmi [oder sowas in der Art]. Ist wichtig, weil Priester...", sie pausierte kurz, dachte nach wie sie am besten das was sie dachte aussprechen konnte ohne direkt gelyncht zu werden, "... Priester sind halt, nä, manchmal... die sind halt manchmal echt voll furchtbar. Aber Nonnen immer nett und so, leben in Kloster, sind voll in Ordnung und alles. also warüm sollte jemand Nonne abstechen außer weil sie ist ihm zu glaubig oder nicht glaubig genug?" Dritter Finger. "Und letztens: Es muss selbe Typ odeer Typin sein wo Anal-andere Hauptmann gekillt hat. Muss Leute in Dorf kennen. Muss wissen wer wie wo warüm drauf ist und so...", sie senkte die Hand wieder, um Djángo zu kraulen, der nervös auf ihrem Arm herumwuselte.

    Sie stolzierte mit kontrolliertem Schritt durch die Taverne und sah vor allem Tyril dabei eindringlich an. "Ich weiß, dass Entscheidung treffen ist scheiße. Keiner will machen. Noel hier...", sie zeigte auf den mit Kacke besudelten Rotschopf, "... will sich selbst umbringen wenn Tyril hier nicht schuldig ist. Jetzt ist er voller Kacke.", sie lachte kurz auf, zerstörte ihre ernste Grundhaltung für ein paar Augenblicke. "Ich meine - ha ha - er ist voller Kacke weil Brunhilda findet ihn kacke und hat jetzt ihn vollgemacht mit Kacke...". Sie bremste ihren Lachanfall. "Hach ja... Kacke." Pause. Ernstes Gesicht. "Tut mir leid wegen Kacke.", fügte sie furztrocken (ha!) hinzu, räusperte sich und rieb sich mit der freien Hand im halbblinden Auge herum. Es juckte stark. Wahrscheinlich eine Nebenwirkung des Wunderpulvers.

    Sie trat an einen der Tische, schob mit einem Wisch alle dort stehenden Krüge zur Seite (einer davon fiel zu Boden und zerbrach unter lautem Klirren) und packte ihr Kartendeck aus. Selbe Prodzedur wie beim letzten Mal. "Tschuldigung, Brunhilda. Schwör, werd alles bezahlen.", sagte sie halblaut, während sie auf dem Tisch kunstvoll die Karten mischte. Sie platzierte den Stapel vor Noel, der sie perplex ansah. "Abheben, bitte." Er tat wie geheißen, hob eine Hälfte des Stapels hoch und platzierte diese neben die andere Hälfte. Noch einmal mischen. Dann war es wieder soweit.

    Sie zog eine beliebige Karte aus dem Deck, betrachtete sie. Ja, genau wie sie es sich erhofft hatte.
    "Herz König. Hors-ich meine Ross (R.F.), die Karten lügen normalerweise nicht. Du bist neue Hauptmann, bist beliebt, bist stark genug um andere zu überwältigen und du bist rothaarig, was heißt du hast kein Seele, was heißt du würdest alles tun um Seele zu kriegen - selbst wenn's heißt dass du diejenigen kaputtmachen musst, die an deine Authoritäh zweifeln. Und wenn Karten lügen und du unschuldig bist, dann entleibt sich Noel hier gleich doppelt, stellvertretend für mich." Pause. "Ich mach' so szemét [Quatsch] nicht."
    Sie trottete zu Horst, drückte ihm die Karte in die Hand, ließ den Rest des Decks in ihrem Beutel verschwinden und setzte sich wieder zurück auf ihren Platz, ihr Frettchen kraulend, siegessicher grinsend.

    Geändert von T.U.F.K.A.S. (03.04.2013 um 14:50 Uhr)

  13. #13
    Brunhild hielt in ihrer Putztätigkeit inne, als Ross tatsächlich begann, ihr zu unterstellen, sie würde etwas mit der Sekte zu tun haben, deren Namen sie nicht einmal aussprechen konnte. Ungläubig starrte sie ihren Hauptmann an, dessen Worte ihren Verdacht nur vertieften.
    “Es ist also dumm für sich selbst zu stimmen, um andere vor einer Fehlentscheidung zu schützen, weil man sich nicht sicher ist. Hauptmann, sie hätte sich still enthalten könne, so wie ich es feige getan habe, ob der Reaktionen, die es bei Merete hervorgerufen hatte. Enthaltungen bekunden wohl eindeutig, dass man sich bei etwas nicht sicher ist. Und wie wir alle wissen, gelten in unserem Dorfe Enthaltungen als Stimmen gegen ein selbst! Also verurteilst Du solch tugendhaftes Vorgehen, offen einzugestehen, dass man etwas nicht weiß, als dumm? Weil Du selbst gestern nicht den Mut aufgebracht hattest, Dein „Unwissen“, welches ich immernoch anzweifle, als Stoppzeichen dafür zu verwenden, Jemanden womöglich unschuldig zu verdammen, sondern einfach auf gut Glück irgendjemanden zu wählen.
    Wie kannst Du nur sagen, dass so etwas dumm wäre und derjenige dann auch noch selbst Schuld wäre, wenn er gehängt wird? Deine Worte klingen, als ob Dir vollkommen egal wäre, ob Unschuldige sterben oder nicht. Niemand sollte schuldlos sterben, niemand. Merete hatte dieses traurige Schicksal ereilt, und unsere gute Schwester Maria ebenso.
    Und jetzt“
    , die Wirtin erhob sich, “ beginnst Du auch noch, mich als eine Lumpozinerin zu bezichtigen, weil Dir meine Worte nicht gefallen haben? Denke eine Sekunde darüber nach. Und vor allem, mit der Bürste in der Hand deutete sie auf die Blutspure, die quer durch die Schankstube verlief, “schau Dich hier genau um. Wenn ich wirklich etwas mit den Sektenheinis zu tun hätte, wäre ich extrem blöd, in meinem eigenen Heim- und Arbeitsplatz solch eine Verschmutzung anzurichten. Die nonnigste aller Nonnen hatte die Nacht bei mir im Zimmer genächtigt, weil sie vor Schuldgefühlen ob Meretes Tod nicht mehr in’s Kloster wollte. In meinem Zimmer wurde sie brutal ermordet und dann durch diese Stube auf den Dorfplatz getragen, das sieht man offenkundig. Die Sache ist nur die, dass außer Maria und mir Niemand wusste, dass sie mein Zimmer für die Nacht bezogen hatte. Was heißt…, ihre Stimme begann zu beben, ihre Augen wurden feucht. „w-was heißt, dass nicht sie das eigentliche Ziel der Sekte gewesen sein konnte, sondern ich, außer, wie Du wohl denkst, dass ich wirklich so unsagbar dumm bin, und ein Blutbad in meinem eigenen Haus anrichte. Weißt Du eigentlich, wie sehr es mich belastet, dass Maria wohl nur sterben musste, weil sie in dem Bett gelegen hat, in dem ich hätte liegen sollen, um gerichtet zu werden???
    Sei nicht so schnell mit Gegenbeschuldigungen bei der Hand, die Du kaum begründen kannst, nur weil man anfängt, Dich in Zweifel zu ziehen… unser alter Hauptmann hätte das nie getan.“

    Immernoch am ganzen Körper zitternd beobachtete sie Lumi bei ihrem Treiben und wünschte sich Konrad oder zumindest ihren nichtsnutzigen Köter an ihrer Seite. Als ihre Untermieterin erwähnte, dass ihr Stallbursche "verflucht" sei, begann in ihrem Kopf einer endlos langsamer, unangenehmer Prozess des Verstehens, was der Gesichtsbemalte vorhin mit Verlust gemeint haben mag.

    Geändert von Mephista (03.04.2013 um 15:08 Uhr)

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