To build a home
Silbrig schimmernder Pelz. Mondlicht auf vibrierenden Flanken. Ein Silberdolch. Blut auf dem Schnee. Ein Mantel, wie für Herzöge gewoben.
Ein weißer Hirsch.
Silberglöckchenlachen.
„
Wach auf, Konrad. Wach auf.“
Er folgte dem Ruf und blickte verwundert auf das Meer aus roten Locken, die seine Nasenspitze kitzelten. Als er sich sacht von der Wand wegbewegte, fiel ihm gleich eine ganze Luise in den Schoß. „
Muss mein Glückstag sein.“, murmelte er müde. Sie reckte sich unruhig, wachte aber nicht auf. Nun, immerhin war sie nicht über ihn gestolpert. Aber was machte sie hier draussen? Hatte sie etwa auf
ihn aufpassen wollen? Ein Blick zum Dachfenster zeigte ihm, das es immer noch tiefe Nacht war. „
Ach Luise... liebe Luise.“, flüsterte er liebevoll. Er trug sie sorgsam zurück in ihr Zimmer und legte sie ins Bett.
Sie war noch so klein... als könne sie seine Gedanken hören murrte sie leise im Schlaf, was Kürbis mit einem leisen Japsen erwiderte. Konrad schüttelte sacht den Kopf. Klein, aber in ihr steckte mehr als man auf den ersten Blick sehen konnte...
Er deckte sie sorgfältig zu, strich ihr eine störrische Haarsträhne aus der Stirn und summte dabei ein Schlaflied, das sie beide immer gern gehabt hatten. Beim
'Morgen früh, wenn Gott will wirst du wieder geweckt' angekommen, fiepte etwas zwischen seinen Beinen. Er hob den jungen Fuchs hoch und setzte ihn auf ein Schafsfell am Fußende von Luises Bett.
„Pass auf sie auf Kürbis, ja?“ Ein Gähnen und ein Zungenblecken blieben die einzige Antwort, ehe sich der Knirps zu einer Kugel zusammenrollte.
Er würde ihr Lavendel und Hopfen im Zimmer aufhängen, wenn er zurück war. Das half manchmal gegen die Alpträume, die auch ihn regelmäßig plagten. Bis dahin hoffte er, würden die Nachtmahren sie vor allzu schrecklichen Alpträumen verschonen. Vor denen konnte er sie zu seinem Bedauern nicht immer beschützen.
Mit einem, „
Träume süß, Prinzessin.“ , zog er die Tür sacht hinter sich zu.
Die beiden Kutschenpferde die in den Wirtsställen untergebracht waren, blickten gutmütig zu ihm hinüber, als er den Stall betrat. Und doch spürten sie ebenfalls das etwas völlig anders war. Vor allem der schwarze Kobold war unruhig. Konrad redete beruhigend auf sie ein, sparte nicht an Liebkosungen und Entschuldigungen für den schlechten Dienst der letzten Tage. Als der Stall sauber und ordentlich vor ihm lag sattelte er Kobold für einen kleinen Morgenausritt. „
Die Bewegung wird uns beiden gut tun. Na was meinst du?“ Das alte Kurierpferd knabberte zur Antwort nur an seinem Nacken und hinterließ einen breiten Schmutzstreifen in seinem Gesicht, als er sich an ihn anschmiegte. Sein Atem rasselte leise, ansonsten waren nur ein paar Fliegen zu hören und die wenigen Vögel, die bereits erwacht waren. Er führte den Rappen hinaus und band Kobold draussen an einem Birnenbäumchen an, um sich noch ein wenig Proviant aus der Stube mitzunehmen.
Man muss auf alles vorbereitet sein, hatte sie immer gesagt. Bei einem Morgenausritt konnte zwar nicht viel passieren, aber wenn er im Wald eine Kleinigkeit aß würde ihn wenigstens niemand an den Pfarrer verpfeifen.
„Ich würde ja wirklich gern wissen, wer das war...“ Der Duft von getrockneten Kräutern stieg Konrad in die Nase, als er die Tür zum Wohnhaus öffnete. Auf dem alten Holzbalken über der Tür standen die Töpfchen, in die er einige Küchenkräuter gesäht hatte. Er begutachtete glücklich wie die kleinen Pflänzchen aufgegangen waren, nahm einige von ihnen herunter und trug sie in die Wirtsstube.
Er stellte eben die kleinen Pflänzchen an das große Ostfenster des Raumes, da drückte sich ein warmer Körper an sein Bein. „
Nein Rüdiger, ich hab nichts für dich.“ Ungläubiges Japsen war die Antwort. „
Na schön, wenn ich ausreite werd ich dich mitnehmen. Aber nur damit Bruni dich für eine Weile loshat, du treuseliger alter Flohteppich. Na komm. Aber sei leise.“ Er ging in die Hocke und kraulte dem Schäferhund die Ohren als er die Treppe bedrohlich laut knarzen hörte.
Da stand doch jemand im Dunkeln! Waren die Lumpa-Bastarde etwa doch hier einquartiert? War Brunhild in Gefahr? Er griff sich einen Schürhaken vom Kamin und hielt sie wie eine Waffe vor sich.
„
Ha!“, ertönte es in dem Moment von der Treppe her und etwas Großes und Schweres pfiff knapp an seinem Ohr vorbei. Erschrocken erstarrte Konrad - einen Moment später zog ihm auch schon jemand ein Stück Holz über den Schädel. Im folgenden sehr kurzen Gerangel glitt er auch noch auf den ausgetretenen Holzdielen aus, ließ vor Schreck seine Waffe fallen und zog den Angreifer erschrocken mit sich zu Boden. Trotz der Beule, die sich auf seinem Hinterkopf ausbreitete, gewann er rasch die Oberhand und seine rauhen Hände hielten nun ein paar schmale Handgelenke samt Besenstiel fest umklammert. In diesem Moment erkannte er sie im Schein der Kaminglut.
„
Brunhild!" Er lachte auf und die Angst fiel von ihm ab. Es war kein Kuttenträger, es war nur Brunhild in ihrem berüschten Nachthemd – mit einem Besen bewaffnet. „
Konrad! Meine Güte, ich dachte schon, jetzt kommen sie um mich zu hol'n.“ "
Verzeih, ich wusste nicht das du es bist. Was hast du da nach mir geworfen?“ „
Die Teigrolle.“ „
Da hab ich ja Glück gehabt, das du mir nur mit dem Besen eins übergezogen hast. Wart' ich helf dir auf.“ Sein Händedruck war fest und kühl als er sie mit sich zog. Die störrischen rotblonden Haare umrahmten indes im Gegenlicht der Fenster seinen Kopf wie einen Heiligenschein.
Brunhild zündete rasch einen der Kerzenleuchter an, damit sie im Dunkeln nicht erneut hinfielen. „
Verzeih, ich wollte nur niemanden aufwecken. Hast du dich verletzt?“ Der Moment hatte durchaus etwas komisches, wenngleich Konrad aber vor allem besorgt aussah. Sie war ein gutes Stück kleiner als er, also beugte er sich ein Stück herab, nur um sie nach einem Kopfschütteln ihrerseits fest zu umarmen. Der sachte Duft nach Muskat, Kiefer und Pferden umfing die och immer etwas schlaftrunkene Brunhild.
„Ich bin froh das dir nichts passiert ist.“ Auch seine Augen konnten Lächeln, wie sie nun im Schein der Kerzen bemerkte.
„
Was tust du denn hier um diese Zeit?“ „
Na, ich wollte mir nur ein wenig Proviant holen und dann ausreiten. Wirklich Schlaf gefunden hab ich keinen und Luise... sie macht sich mehr Sorgen um mich als ich um sie, so scheint es.“ Brunhild nickte wissend und gähnte dann sacht. Dann tappste sie zielstrebig in die Voratskammer hinüber. Mit halbgeöffneten Augen suchte sie offensichtlich nach etwas und zwischen einer Ansammlung von Kisten und Mehlsäcken zog sie dann ein Blech hervor, das sie offensichtlich dort versteckt hatte. Vor ihm? „
Konrad, schau mal was ich gestern Nacht noch gebacken hab. Apfelstrudel. Den hast du doch so gerne.“ „
Brunhild...“, er tadelte sie inzwischen nur spielerisch, weil ihm das Necken viel zu viel Spaß machte. Aber dann nahm er das Bündel mit einem Lächeln entgegen und versenkte es im Beutel. Verlegen, weil er sich bewusst wurde das weder Brunhilds glänzende Augen noch ihre Abendgarderobe ihm dabei halfen die richtigen Worte zu finden, fuhr er sich über den Hinterkopf und betastete die Beule. Nicht wirklich schlimm... zum Glück. „
Wenn ich wiederkomme bringe ich dir einen schönen Wildblumenstrauss mit.“, flüsterte er ihr zu,"
Hoffentlich reicht das um dich für den Schreck zu entschädigen." Sie standen einige Momente schweigend da. Der Regen draussen ebbte ein wenig ab, die Vögel hoben ein wenig lauter ihre Morgenlieder zu trällern.
Konrad ging die zwei Schritte zum Kamin und zog einen großen Überwurf aus zimtfarbener Schafswolle vom Ledersessel, der dort stand und in dem er nach einem langen Tag immer am liebsten saß, und hüllte die Wirtin darin ein. Vorsichtig nahm er ihre Hand und legte sie an seine Wange. „
Du bist ja schon ganz kalt. Auf, geh wieder zu Bett und sieh zu das du noch ein wenig Schlaf bekommst. Und verriegel die Tür hinter mir. Ich möchte doch nicht das meiner liebsten Wirtin etwas zustößt. Wobei ich mir wohl eher um die Kerle Sorgen machen muss, die versuchen wollen Dir in die Quere zu kommen. Es tut gut zu wissen, das du in Sicherheit bist.“ Eine wohltuende Gelassenheit und Zuversicht ging in diesem Moment von ihm aus. Und noch etwas anderes, unaussprechliches lag in der Luft.
Goblins ungeduldiges Wiehern ließ ihn sich dann in Bewegung setzen. Er zögerte einen Augenblick an der Türschwelle und zwinkerte ihr zu. „
Träum was schönes.“ Dann war er fort.
Zurück blieben eine Reihe Töpfe mit Küchenkräutern auf dem Fenstersims und der beruhigende Duft nach Muskat, Kiefer und Pferden, der noch im Überwurf hing.