Geistesabwesend war Viktoria mit Brunhild mitgelaufen.
Sie fand es nett, dass sie ihr eine warme Tasse gab und dachte an die Abende, an denen sie bei ihr im Wirtshaus aufgetreten war.
Manchmal fragte sie sich, ob die Menschen wussten, wer hinter der roten Viola steckte.
Nachdenklich sah sie zu Luise, die noch immer ganz blass aussah.
"Was ist nur passiert?", flüsterte sie in den Raum und war sich nicht sicher, ob es jemand gehört hatte. Es schien nicht so.

Nachdem Luise erstaunlicherweise ziemlich ruhig geblieben war, als sie sich bei Brunhild und Viktoria ihr Herz ausgeschüttet hatte, fragte sie Viktoria:"Ähm... i-ich würde später g-gerne einen Blumenstrauß für d-den verstorbenen Hauptmann machen. D-du kennst dich ja mit Blumen aus. Vielleicht machen wir das zusammen? A-aber nur, wenn du willst, n-natürlich."
Viktoria nickte.
Als Luise die Tür hinter sich zu zog, musste Viktoria an ihre Mutter denken.
Sie musste sofort verschwinden.
"Brunhild, ich danke dir wirklich herzlich.",sagte sie in die Richtung der Wirtin. "Bis heute Abend...öhm ich meine...Wir sehen uns bestimmt bald...öhm ja", sie öffnete die Tür und lächelte der verwunderten Brunhild noch einmal zu, dann lief sie zurück zur Schneiderei.
Etwas später als ihre Mutter in die Schneiderei trat und Viktoria vertieft in ihre Arbeit war, berichtete diese: "Auf dem Dorfplatz herrscht wieder ein merkwürdiges Unterfangen. Die Leute nominieren Menschen aus unserem Dorf die sterben sollen. Ich hoffe meine wohlerzogene Tochter hält sich daraus!!"
Ihre Mutter legte ein Gewand auf Viktorias Tresen.
Dann verschwand sie ohne weitere Worte.
Verwundert erhob sich Viktoria.
Jemand sollte sterben?
Sie sah auf das Gewand.
Ein kleines Loch hatte es, an seinem Ärmel.
Wenn es bis heute Abend nicht fertig war, würde ihre Mutter das merken. Sie raste ohne weiter darrüber nachzudenken durch die Tür und dann hinaus in die Kälte.
Als sie ankam hatte sich das Dorf bereits für Merete entschieden.
Besorgt sah sie zu ihr.
Sie ahnte, dass das Dorf eine falsche Entscheidung getroffen hatte.

Geschockt nähte sie an dem Loch des Ärmels herum.
Sie hatte Merete nicht gekannt. Dennoch, es brach ihr das Herz zu wissen, dass sie tot war.
Eine Unschuldige. Jeden hätte es treffen können.
Es war etwas in ihrem Bauch. Ein mulmiges Gefühl und sie hatte das Gefühl, dass das Böse unter ihnen wohnte.
Sie ahnte auch wer es sein könnte jedoch...
AUTSCH! ein ziehender Schmerz zog sich durch ihren Finger.
Sie hatte sich die Nadel in den Zeigefinger gestochen. Blut tropfte auf den Fußboden und sie hörte sich selber schluchzen.
Es war nicht richtig das Merete tot war. Es war eindeutig und wahrhaftig nicht richtig.

Als sie an diesem Abend im Wirtshaus auftrat, sang sie für niemand anderen als für Merete.
Sie sang, dass Elefanten Lied. Jedoch änderte sie den Refrain in:

"Ich schreibe ein Lied für sie,
und ich hoff' das sie nie vergessen wird.
Ich schreibe ein Lied für sie,
denn sie hat nichts Böses getan"

Der nächste Morgen begann für Viktoria wie jeder andere, jedoch schwebte noch immer ein großes Unwohlsein in ihrer Brust...
Als sie mit diesem Gefühl vor der Arbeit zum Dorfplatz schlich, ohne das ihre strenge Mutter es ein weiteres Mal merkte, wusste sie woher das Gefühl kam.
Die Nonne. Eine weitere Unschuldige, dachte Viktoria sofort.