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Thema: Das Dorf Gottes 2-Tag 1

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    Nachdem Rekons Jägerkollegin unschuldig dem Galgen überlassen wurde war er schon ein bisschen traurig. Er entschloss sich, eine Nachtjagd zu machen, um an etwas Nahrung zu kommen und um Merete zu zeigen, dass sie beruhigt ruhen kann. Rekon ist noch eifriger als sonst und erlegt mehrere schlafende Tiere. Natürlich munterte ihn das nicht direkt auf, aber wenigstens waren es kleine Erfolgserlebnisse. Nach einiger Zeit kam ein Händler vorbei, der Alkohol anbot. Rekon kaufte sich recht viel um sich seinen Frust wegzutrinken. Als er mit ganz schön viel Fleisch und einem Haufen Alkohol (verstaut in einem großen Beutel) sein Zuhause erreichte, war Mina schon am schlafen. Er füllte das Lager und fing an zu trinken, bis er eingeschlafen ist.

    Na Rekon? Wie fühlt es sich an, jemanden zu verlieren?
    Ich bin Verluste eigentlich schon gewöhnt, aber irgendwie ist die Trauer immer da...
    Was ist los? Diesmal schreist du mich ja gar nicht an?
    Asmotheyx, ich habe getan was ich konnte. Ich konnte weder dich, noch Merete retten...
    Du hast also doch versucht, mich zu retten?
    Natürlich. Du warst die einzige Frau für mich.
    Du schmeichelst mir... Lass uns fortan zusammenarbeiten. Zusammen können wir die Bedrohung stoppen...

    Nach diesem Gespräch in Rekons Traum, schmiedeten Asmotheyx und er Pläne, die Lumianer loszuwerden...

    Geändert von Zirconia (28.03.2013 um 09:38 Uhr)

  2. #2
    Nachts durch ein verlassenes Dorf wandern war nicht wirklich eine Lieblingsbeschäftigung der Zigeunerin. Aber jeglicher Kontakt mit Menschen war ihr im Moment zuwider. Sie stellte sich vor dem Galgen auf, dessen Schlaufe traurig in der kühlen Brise baumelte. Sie kannte Merete nicht, allerdings wirkte sie von Anfang an alles andere als kaltblütig. Eher dumm und loyal. Wie ein Hund. Ein dummer, lieber Hund, der sich viel zu sehr darum kümmerte, es seinem Herrchen recht zu machen. Und das war alles andere als negativ gemeint, wo Djángo im Prinzip nicht mehr für Lumi war als das, was Merete wohl für's Dorf war - loyal. Einfältig, aber ehrenhaft. Ehrenhafter als Lumi, zumindest.

    Sie griff in den Sack mit dem Wunderpulver, schnappte sich eine Handvoll des nach Lavendel und Schwarzpulver riechenden Gemischs und hielt sich die zur Faust geballten und mit Pulver gefüllte Hand vors Gesicht. Lumi schloss die Augen. Und flüsterte ein kleines Stoßgebet zu Ehren der vormalst Loyalsten hier.

    "Mere.... Met-Mereteta-Meta-Bassza meg... Diese Frau war ein guter Mensch - glaub ich. Sie war... sie war eine von euch. Eine Frau, die die Natur liebte...und das Jagen. Und als Jägerin hat sie - schätze ich - sämtlichen Wälder von Dusterwald bis Finsterwald erforscht, sogar rauf bis nach die nördliche Grenze... ach, wie hieß dieses verkackte... äh... vergessen, egal. Sie starb... sie starb so wie viel junge Menschen in diese Generation vor ihre Zeit."

    Sie merkte, wie sich das auf merkwürdige Art und Weise angenehme Aroma des Wunderpulvers in ihrem Körper breitmachte. Ihr fiel es schwer, noch gerade zu stehen ohne zu schwanken. Und schämte sich ein bisschen als sie merkte, wie ihr Stoßgebet langsam aber sicher vollkommen entgleiste.

    "In deine wie auch immer geartete göttliche Weisheit hast du sie zu dich genommen, so wie die anderen jungen Frauen in der Blüte ihres Lebens. Auf Schlachtfeldern rund um diese Land, in Wäldern als sie gegen riesige Bären kämpften, in... weiß nicht, überall halt wo plötzlich Leute sterben können. Diese junge Frauen gaben ihr Leben...so auch du, Mere-Metere-Metere-scheise. ME-RE-TE-TE, die das Jagen liebte. Und jetzt... Mer-Tem-duweißtschondassdugemeintbist... genau so wie es dein letzte Wunsch gewesen ist - jedenfalls vermute ich das - werde ich dafür Sorgen tragen dass dein Seele - das du hoffentlich hattest weil du hattest kein rote Haare wie fast alle hier in diese Kuhkaff - auf sicheren Weg hochgeht in was auch immer deine Himmel ist. Von diesem Dorf aus, welches du immer so geliebt hast. Gute Nacht, süße Krieger-Prinzessin."

    In dem Moment, als sie die Hand öffnete und das Pulver in Richtung des Galgens pusten wollte, kam ihr ein starker Gegenwind entgegen, der ihr die ganze Ladung im wahrsten Sinne des Wortes um die Ohren fegte. Es knallte ein paar Male, sie kiekste vor Schrecken und hielt sich die Hände vors Gesicht, plötzlich schien sie für ein paar Momente wie in einem glitzern scheinenden Nebel gefangen, der sich nach ein paar Sekunden wieder verzog. Still hockte sie nun am Boden, breit grinsend.

    "Und tschüss, Jägerfrau...", sagte sie, stand langsam wieder auf und antwortete auf Djángos nervöses Gefiepse mit einem lapidaren "Jetzt bin ich wieder gute Laune! Ha-ha!", während sie unbeholfen und nicht mehr ganz Herrin ihrer Sinne zurück zur Taverne wankte.

    Geändert von T.U.F.K.A.S. (28.03.2013 um 10:01 Uhr)

  3. #3
    Die Kälte durchdrang mühelos alle Stoffschichten und fuhr bis in die kleinste Faser ihres Körpers.
    Es war die Art gewesen, wie die stille Jägerin ihren letzten Gang angetreten war, die unumstößlich verdeutlichte, dass sie bar jeder Schuld gerichtet wurde. Diese Erkenntnis, die die Wirtin den Blick abwenden ließ.
    Es war das Geräusch des unsäglichen Todeskampfes gewesen, das noch immer in ihren Ohren nachhallte. Ihr die Tränen in die Augen schießen ließ.
    Es war der nun leere, entseelte Ausdruck in den Augen der zu Unrecht Gehängten, dass sie wie in Trance nähertreten und niederknien ließ.
    Die Hand ausstreckend trachtete sie danach, die schlaffen Glieder zu umfassen. Die vielleicht noch nicht ausgefahrene Seele um Verzeihung zu bitten, dies Schicksal nicht abgewendet zu haben. Den Zeitpunkt des Kennenlernens immer wieder verschoben zu haben, im trügerischen Glauben, es gäbe in der Zukunft noch genug Zeit dafür. Doch sie fühlte sich nicht würdig genug.
    Die Hand zog sich zurück und legte sich an ihr Gegenstück zum Gebet. Inständig bat Brunhild den Herren um sicheres Geleit für die Seele Meretes, flehte ihn an, sie möge, wo auch immer sie hinwanderte, den Frieden finden, der ihr hier nicht mehr vergönnt war. Um Beistand ersuchte sie ihn demütig, obgleich sie bei Weitem nicht die frommste Frau unter seinen Kindern auf Erden war. Beistand für sie und alle anderen Bürger, die kommende Zeit zu überstehen und den Blick zu klären für die, die ihre Gemeinschaft zerstören wollten und Vertrauen ausnutzten.

    Bedächtig bekreuzigte und erhob sie sich, die sichtverschleiernden Tränen aus den Augen wischend. Noch länger vermochte sie es nicht zu ertragen, hier zu verweilen. Gerade wand sie sich um, um zurück zu ihrem Heim zu gehen, als die nonnige Nonne auf sie zukam.
    "Brunhild", sprach Schwester Maria sie an "Brunhild... Ich weiß, dass dieser Fehler unverzeihlich war. Doch fürchte ich nun, dass ich heute Nacht nicht mehr in Gottes Wänden verbringen können werde. Zu tief sitzt mir die Schuld in allen Gliedern ob des unschuldigen Fräuleins Leben. Ob ich... ob ich vielleicht ... zumindest diese Nacht.. bei euch im Gasthaus verbringen dürfte?"
    Und nach einem kurzen Zögern fügte sie eilig hinzu:
    "Ich... ich bin auch bereit, mich dafür von euch einschließen zu lassen, sodass ich nicht aus dem Zimmer heraus kann, wenn ihr mir nicht traut. Ich werde heute Abend nur noch beten, und dann schlafen gehen, sofern ich denn heute noch einmal Frieden fände..."

    Einige Momente betrachtete Brunhild die Geistliche verdutzt und unsicher, während ihre Gedanken im Kopf rasten.
    Sie war die Erste gewesen, die nach Meretes mutiger Selbstanklage die Stimme gegen die nun Tote erhob. Ihre Vorwürfe mochten teils seltsam angemutet haben, zumal sich Merete dagegen glaubhaft verteidigt hatte. Worauf die Nonne stumm geblieben war… Doch auf der Anderen Seite sprach Marias Gesicht nun offen von ihren Schuldgefühlen, dem ehrlichen Gram ob ihrer Fehleinschätzung und der Trauer um das verlorene Dorfmitglied… Und sie war immernoch ein hoch angesehenes Mitglied der Kirche, vor der die Wirtin Respekt hatte.
    Tief atmete sie ein, ehe sie den Mund zu einem leichten Lächeln animierte. Er wollte ihr nicht recht gehorchen: “Schwester Maria, ich bin überzeugt, dass Deine Wahl lauteren Begründungen folgte, so hörten sie sich für mich zumindest an. Ich kann mir allerdings nicht herausnehmen, Dir deswegen mein Vertrauen in Dich zu versagen oder nur deshalb Böses von Dir zu denken. Morgen wird es reichlich Gelegenheit geben, Deine Wahl vor allen zu erklären, auch wenn Du Dich nicht so nötig erklären musst wie ein Anderer, der Merete dem Galgen überantwortete…“
    Sie seufzte bei dem Gedanken und gerade den Konsequenzen der letzten Worte auf. Die Nacht würde sie definitiv darüber schlafen müssen, um sich sicher zu werden…
    Jedenfalls, , fuhr die Wirtin fort, werde ich Dich natürlich heute Nacht bei mir schlafen lassen. Lumi bezieht zwar gerade die Gästekammer, aber mein eigenes Gemach soll Dir heute Nacht zu Verfügung stehen, ich werde das alte Zimmer meiner Eltern nehmen... Ich werde für Dich gleich alles herrichten, Du kannst dann jederzeit Dich zur Ruhe begeben… Natürlich hoffe ich, dass Dich dann der Lärm aus dem Schankraum nicht stören wird, auch wenn ich Dich natürlich gerne auf einen Trunk einladen würde, wenn Du magst… Kurz dachte sie über die Vorstellung einer Bier trinkenden Maria nach, ehe sie nachsetzte: Oder einen heißen Tee…
    Sacht strich sie der Nonne über die Schultern, ehe sie sich schon auf den Weg zu ihrem Gasthaus machte.

    Im Kamin glommen die Holzkohlen herunter und der alte Hund träumte davor von dicken Würsten und einer jüngeren Brunhild, die ihn immer gerne geknuddelt hatte.
    Eine friedliche Stille lag in dem Raum, die ihr gerade nach dem Geschehenen entsetzlich falsch vorkam. Obgleich sie sich gerade Nichts sehnlicher wünschte als Ruhe, entfachte sie die Lampen am Eingang genauso wie das sterbende Feuer im Kamin. Rasch stieg sie nach oben in ihr Zimmer, ersetzte ihr eigenes Bettzeug durch neues und kehrte sorgfältig den Raum aus. Dann schaffte sie ihr benutztes Bettzeug in den einzigen ungenutzten Raum des Wirtshauses. Seit dem Tod ihrer Mutter vor sechs Jahren hatte sie ihn nichtmehr betreten. Eilig bekreuzigte sie sich, ein nicht einfaches Unterfangen mit Bettlaken und –decke auf dem Arm. Das gigantische Stofftuch über dem großen, gut gearbeiteten Bett wurde heruntergezogen, das Bettzeug achtlos darauf geworfen.
    Als Brunhild wieder unten war, hatten sich bereits erste neuen Gäste eingefunden, die nach einer schnellen Entschuldigung eilig bedient wurden.
    Die Stimmung war gedrückt, es war geradezu totenstill für das Wirtshaus, nur gediegenes Gemurmel und verhaltene Gespräche. Kein Lachen, keine schief dahingeschmetterten Lieder erklangen. Auch die Inhaberin strahlte keine Freude und Geborgenheit wie sonst üblich aus, obschon sie sich redlich darum bemühte. Ihr Lächeln war nicht mehr als schief hoch gezogene Mundwinkel, ihre Bedienung erfolgte einsilbiger. Es wollte ihr nicht einleuchten, warum sie der Tod der Jägerin so unglaublich mitnahm, wo sie doch eigentlich kaum etwas mit ihr zu tun gehabt hatte.
    Vielleicht, weil mit ihr das gestorben war, was bis vor Kurzem noch so klar schien. Dass wir hier ein friedliches und freundliches Dörfchen mitten im Nirgendwo sind. Dass wir hier unbekümmert und ohne Angst leben können, weil wir von Personen umgeben sind, denen wir vertrauen können…

    Konrad legte Brunhild einen großen Beutel mit Kräutern auf den Tresen. Sie hatte sein Kommen garnicht bemerkt. „Ich hab eben noch nach den Pferden geschaut. Die Arbeit die liegen geblieben ist hol ich nach, versprochen. Mach bitte hieraus einen großen Pott für alle, meine Beste. Is' gegen die Kälte und eine anbahnende Erkältung. Wir waren heute alle recht lang draussen.
    Noch zu verdutzt für eine Antwort nahm sie einfach bemüht freundlich nickend den Kräuterbeutel an sich. Der große Kessel wurde über das Feuer gehangen und Wasser darin zum Kochen gebracht. Eilig waren die Krüge gefüllt und mit Honig bekömmlich gesüßt, als sie sie auch schon auf den Tresen stellte, auf dass sich jeder nehmen konnte. Lumi drückte sie einen Pott bedächtig in die Hände, die eben leicht dümmlich grinsend und torkelnd hereingekommen war. Dieses Verhalten sah die Schankfrau sonst nur bei Gästen, die ihre Schankstube verließen, deswegen war es ihr bei der Blondgelockten nicht ganz geheuer.
    Sich selbst hatte sie auch einen Kräutertee zurückgehalten, an dem sie sich nun bei jeder Bedienpause wie eine Ertinkende am Rettungsseil festklammerte. Ihr Blick schweifte dabei über die Menschen im Raum und blieb immer wieder an dem Hinterkopf Konrads haften, der sich gerade mit dem guten Mönch Justus unterhielt.
    Inmitten der sie noch immer durchdingenden Kälte entfachte sich ein kleines Feuer. Es vermochte vielleicht nicht ihre Trauer und den Schmerz zu verbrennen, wohl aber zu lindern.
    Sie ertappte sich dabei Erleichterung zu verspüren, dass es nicht sein Hals war, um den sich die Schlinge tödlich gelegt hatte. Und selbst dafür verfluchte, sein Leben über das von Merete zu stellen.
    "--- Aber ein glücklicher Narr. Peter? Brunhild? Danke... für eure Worte. Es wär vielleicht anders ausgegangen heut', hätt ich keine solchen Freunde wie ihr es seid. Schlaft ruhig heut Nacht und erholt euch von dem Schrecken. Gott schütze euch. "
    “Es war nur die-„
    "Luise? Wir gehn heim. Komm."
    “Wahrheit….“ Ein Seufzen entrann ihrer Kehle. Gute Nacht ihr Beiden, möget Ihr von Gott behütet ruhen!“, rief sie ihm und Luise nach, die gerade in die klirrende Nacht hinausliefen.

    Eine ganze Weile später war schließlich auch der letzte nicht mehr ganz nüchterne Nacht gegangen. Alle Stühle wurden hochgestellt und das Feuer gelöscht. Rüdiger blickte ihr auf dem Treppenansatz nach, und irgendetwas in seinem Blick lie sie noch einmal hinuntersteigen und ihn in den Arm nehmen. Freudig schlabberte ihr durchs Gesicht. Es schien ihr endlos lange hergewesen zu sein, seit sie das letzte Mal Jemanden in die Arme schloss, nur des Umarmen und der daraus resultierenden Nähe willens. Nach einer gefühlten Ewigkeit schließlich löste sie sich wieder von ihm und ging ohne todwünschenden Nachtgruß die Treppe hinauf in ihr heutiges Schlafgemach.

    Geändert von Mephista (28.03.2013 um 14:16 Uhr)

  4. #4
    Zwischen lauter... Menschen auf kaltem Pflaster knien. Ich bin erbärmlich.


    Keiner der Bewohner nahm Notiz von Noel, beachtete oder half ihm gar.
    Lediglich Konrad trat stumm von hinten an ihn heran.
    "Hier. Den Mantel musst du bei deinem Auftritt vorhin verloren haben.“

    Stumm sah Noel dem Mann in die Augen. Er stand auf und nahm den Mantel entgegen, legte ihn sich ohne Worte des Dankes um und vergrub sowohl die Hände in den Taschen als auch das Gesicht im Kragen. Noel fühlte sich mit dieser Situation extrem unangenehm. Er erwartete, dass Konrad ihm gleich wieder Zorn und Hass entgegenwerfen würde, aber wie um Noels Erwartung zu strafen, war das Gegenteil der Fall.

    "Lern erstmal dich selber zu beschützen, bevor du versuchst für andre ein Schild zu sein. Und solange diese Verrückten hier herumspazieren bin ich nicht sicher, was ich mit jemandem mache der ihr zu Nahe kommt. Legs nicht drauf an, dann kommen wir schon irgendwie miteinander aus. Und trink nen Schluck Tee - du standest den ganzen Abend über nur in deinem Hemd herum. Kannst froh sein wenn du keine Frostbeulen hast. Hier."

    Konrad hielt ihm eine Tasse warmen Tee entgegen. Unerwartet.
    Etwas zögerlich nahm Noel seinem Gegenüber die Tasse aus den Händen, nahm einen Schluck. Das warme Getränk wärmte seinen Magen, als auch tiefer Liegendes. Trotzdem wich er Konrads' Blick aus und dachte über das Gesagte nach. Er sollte sich von Luise fenhalten.
    ...
    Das war gut. Er hatte sich diese Auflage selbst gegeben, aber wenn er es musste, wäre es umso wahrscheinlicher, dass er es tat.
    Konrad... war ein guter Mensch. Er liebte seine Cousine ebenso sehr, wie Noel, wenn auch (hoffentlich) auf andere Art und Weise. Er konnte sie beschützen. Warum also sich ihr noch nähern?
    Ich halte mich von ihr fern.

    "...te...ich....fern..."

    "Hm? Was hast du gesagt?"

    Noel hatte etwas gemurmelt dass, ob seines Flüstertones,konrad entgangen war.
    Nach kurzem Schweigen sah Noel Konrad in die Augen und wiederholte sich.
    "Ich werde mich von ihr fernhalten, darauf habt Ihr mein Wort. Ich werde euch in der Apotheke nicht mehr belästigen."
    Noel drückte dem rotgelocktem Mann mit einem leisen "Danke" die Tasse in die Hand und ging, ohne eine Reaktion abzuwarten, Richtung Taverne davon.






    In sich versunken trat Noel in die nun deutlich stillere Taverne ein.
    Die Stimmung war, wie könnte es anders sein, gedrückt, dezent gesagt.
    Nirgendwo Trunkgesänge, keine spielenden Spießgesellen, keine lachenden Frauen, keine ausgelassene Stimmung.

    Noel schlurfte zum Thresen, legte die Hand tief in seine schmerzende Stirn. Da trat Brunhild ihm gegenüber.

    "Du siehst so aus, wie die meisten sich hier wohl fühlen... Ein normales Bier oder verlangt es den Herren nach etwas Stärkerem?"
    Die Wirtin, die Noel noch vor Minuten gleich zum zweiten Mal an einem Tage beleidigt hatte, sah ihn mit unwirschem, aber doch undeutsamen Blick an.

    "... mir gleich. Hauptsache es lässt die Sinne verblassen..."

    Still verschwand die junge Frau in ein Hinterzimmer, um wenig später mit einer faszinierend golden schimmernden Flasche wieder aufzutauchen. Brunhild platzierte ein großes Glas auf dem Thresen und goss Noel großzügig ein.
    "Das ist bester Apfelkorn vom alten Helmut. Wird sehr sicher für die gewünschte Wirkung sorgen... Warum wünscht Jemand wie Du sich die Sinne zu vernebeln?"

    Angeekelt von dem Gedanken, Alkohol zu trinken, griff Noel zum Krug und leerte ihn mit einem beherzten Schluck, bevor er ihr mit dem Blick im Thresen versunken antwortete.
    "Ich habe eine große Rede gehalten, ich würde euch beschützen... in der ich dich zu unrecht gekränkt hab. Tud' mir leid.

    Es gibt' für mich gerade kein Grund, meine Sinne beisammen zu lassen.

    ...mehr."

    Noel hielt der Wirtin den Krug entgegen und mit unsicherem Blick füllte sie den Krug erneut. Noel leerte ihn in Sekunden.

    Zaghaft lächelnd winkte Brunhild ab.
    "Ach, mir wurden schon schlimmere Sachen an den Kopf geworfen, glaub mir. Eine pompöse Rede war es durchaus... ich denke, Niemand hatte gedacht, dass es so enden würde... doch deswegen in Selbstmitleid zu verfallen, scheint mir nicht der richtige Weg zu sein."

    ..."Dass s'... keen Selbstmitleed... ich hab versagt. Isch wollt die Jägrin' beschützn... aber niemand hat mir zu...zu'ehört... wie soll ich sie nur beschützn, wie nur..."
    Jammernd versank der junge Bursche auf dem Thresen in seinen Armen, war längst nicht mehr der stolze Bibliothekar vom Vortag.

    Durch seine Arme konnte Brunhild ein gedämpftes "Mehr" vernehmen, womit er wohl den leeren Krug meinte.

    Irritiert ob seines für ihn so merkwürdigen Verhalten zögerte sie einige Momente, ehe sie ihm doch noch einmal nachschenkte. Dann lehnte sie sich langsam zu ihm vor.
    "Wenn Dir wirklich keiner Gehör schenken wollte, ist es mindestens genauso deren Versagen. ...Und Du könntest sie sicherlich beschützen, wenn Dein Verstand klar und Du nüchtern bist...
    Nach kurzem Überlegen, und obwohl ihr ihre Innere Stimme riet, es auf keinen Fall zu tun, tätschelte sie leicht den Rotschopf.

    Noel tauchte aus seinen Armen auf. Klebrige Tränen verschmierten sein blasses Gesicht, als er den nächsten Krug von Hochprozentigem leerte und wieder auf dem Thresen versank wie ein erbärmlicher Säufer.
    "Sin' mir doch scheez... schiss.... kagegal, aber ch' wollt misch doch für sie vrändrn... wenn meiner kleen Elfe was passor... passia...ach scheeße!!!"
    Noel schug mit der Faust sichtlich angetrunken auf den Thresen, bevor er ein weiteres Mal mit dem Kopf auf seine Arme sank.
    "Will nisch alleen sein... Pesd un' Verschramnis... nich hassn, kleine herlfe..."
    Gefüllt wie ein prächtiges Fass in der Weinzeit wimmerte der junge Noel vor sich hin, als er sinnesvernebelt und im Flüsterton eine leise Melodie zu summen begann.

    "...kleene Erlfe, einschd traf 'ch disch im Wald...
    ...kleine Elfe, de' Sone schien, und dennoch wars so kalt...

    ...kleine Elfä, kommst su mir, lächeltesd auch so fein...
    Kleine Elfe, sagtest mir, lass un' freundä sein...

    Kleine Elfe, lachst sou hell, springst im Fluß um'er...
    Klein' 'lfe, rettesd mich, vergess' dat Gefühl niemähr..."

    Im Halbschlaf umklammerte der Junge das Amulett, dass er um den Hals trug und presste es an seine tätowierte Wange, ließ Rotz und Wasser seine silberne Oberfläche beschmutzen, als er schließlich auf seinen Armen betrunken einschlief und schnarchend noch einige Worte murmelte.
    "Nich hassn... tud mir leid... nich hassn...Luise."

    Damit glitt Noel, das Amulett an sich gedrückt, in einen unruhigen Schlaf ab.




    Brunhild stöhnte auf. Sie hätte dem Burschen nicht nochmal auffüllen dürfen, jetzt hatte sie die Lauge... Eingeschlafene Gäste konnte sie höchstens bei sich den Rausch auschlafen lassen, wenn es sich um vertrauenswürdige Stammkunden handelte. Doch da sie Noel nicht zu diesen zählte, und sie wider der Sektengeschichte sowieso schon mehr als genug Personen bei sich beherbergte, musste er weg. Und zwar möglichst, solange noch eine kräftige Männerhand zum Anpacken da war.
    Ein lautes Pfeifen durchschnitt die Stube, alle Köpfe drehten sich zur Wirtin um, die mit einem Kopfnicken zum Schlafenden ihr Problem deutlich machte. Wenige Momente später standen der Schweinehirt und sein Neffe schelmisch grinsend vor ihr.
    Ich gebe jedem von Euch eine Runde Starkbier und eine halbe Wurst aus, wenn ihr ihn unbeschadet und ohne ihn zu beklauen nach Hause schafft. Das Wirtshaus konnte sie geöffnet nicht allein lassen, und die beiden Männer waren viel zu einfach gestrickt, als dass sie versucht hätten, das Freibier trotz eines Unauffälligen Diebstahls einzufordern.
    Gackernd und witzelnd ob der scheinbar nicht vorhandenen Trinkfestigkeit des Gesichtsbemalten schulterten der Schweinehirt samt Anhang den Gesichtsbemalten und verließen die Wirtsstube. Nach einigen Anläufen ward die Eingangstür Noels endlich geöffnet- also eingetreten- und der trunkene Junge mehr oder weniger sanft aufs Bett geworfen. Die leicht demolierte Tür wurde beim Rausgehen achtlos zugeworfen, schließlich warteten eine halbe Wurst und Bier auf sie...

    Geändert von Holo (28.03.2013 um 17:44 Uhr)

  5. #5
    Luise hatte einen Fehler gemacht.
    Es wurde ihr schmerzlich bewusst, als sie sah, wie Merete ihren Gang zum Galgen antrat. Ohne ein einziges Wort, einen anklagenden Blick. Sie hatte sich nicht gewehrt, hatte es einfach geschehen lassen.
    Und Luise war nicht eingeschritten, hatte trotz ihrer Zweifel stumm zugesehen.
    Geschworen hatte sie sich, zu ihrer Entscheidung zu stehen und bis zum Ende dazubleiben. Doch als sie sah, wie die junge Jägerin hilflos am Strick hing, hörte wie sie verzweifelt und vergeblich nach Luft schnappte, wich Luise zurück und wandte ihren Blick ab, verschloss die Ohren vor den Geräuschen.
    Doch es half nichts, die Bilder hatten sich in ihren Kopf eingebrannt und die bald einsetzende Stille hinterließ ein anklagendes Echo. Merete war tot. Und Luise trug Mitschuld daran.
    Mit gesenktem Kopf, machte sie sich heimlich davon.

    Eine Weile hatte Luise nun alleine im hinteren Teil von Viktorias Garten verbracht. Diesmal hatte sie darauf acht gegeben, nicht gesehen zu werden. Der Kirschbaum verdeckte die Sicht auf das junge Mädchen. Lediglich Noel hätte sie von seinem Haus aus sehen können, hätte er dort aus dem Fenster geschaut. Doch Luise konnte das bleiche, tätowierte Gesicht nirgends ausmachen und war auch irgendwie froh darüber. Sie wollte einfach allein sein.
    Normalerweise beruhigten das Rascheln der Blätter, das Ächzen der alten Zweige und das Meer aus blauen Blüten Luises Seele. Doch jetzt saß sie einfach reglos da und war innerlich so aufgewühlt, dass sie nicht wusste, was sie tun sollte.
    Seltsamerweise kamen aber keine Tränen. Möglicherweise hatte sie zu viel geweint und damit all ihre Tränen vergossen. Vielleicht war es ihr aber auch nicht vergönnt, ihre Verzweiflung mit Tränen fortzuwaschen. Vielleicht musste sie erst büßen, bevor sie ihrer Trauer freien Lauf lassen und sich damit ihres festen Griffs entledigen konnte.
    Eine Weile blieb Luise einfach sitzen, doch als sie schließlich merkte, dass ihre Gedanken sich im Kreis drehten. Seufzend stand sie auf und ging zum Wirtshaus, wo sie hoffte, Konrad anzutreffen.
    Er machte sich bestimmt Sorgen um sie, und bei den derzeitigen Umständen, war das nur allzu verständlich.

    Später, als Konrad sich trotz jedes Widerspruchs vor ihrer Zimmertür postierte, bereute sie ein wenig, wie große Sorgen er sich machte. Sie konnte ihn nicht dazu bewegen, einfach in sein bequemes Bett zu steigen und dort zu schlafen. Warum musste er nur immer so sehr den Beschützer spielen? Warum konnte er nicht einfach an sich selbst denken? Nein, Konrad ließ sich nicht von seinem Vorhaben abbringen und seine kleine Cousine wusste, dass der Versuch, ihn umzustimmen, zwecklos war.
    Doch nachdem Luise lange mit offenen Augen im Bett gelegen hatte und schließlich noch einmal in eine Decke gewickelt vor die Tür trat, fand sie ihn fest schlafend vor. Kürbis jedoch war von dem Geräusch erwacht und sprang Luise, trotz verbundener Pfote, freudig entgegen. Geistesabwesend nahm Sie ihn in den Arm und blickte ihren Vetter an.
    "Du bist wirklich ein Dummkopf", murmelte das Mädchen und setzte sich neben ihn. Einen Moment lang betrachtete sie sein friedlich schlafendes Gesicht und fuhr dann leise fort: "Du solltest wirklich... mehr an dich selbst denken. Hier so unbequem... zu sitzen... bestimmt gibt das morgen... Rückenschmerzen..." Schläfrig rieb Luise sich die Augen. Warum war sie auf einmal so müde? Den Welpen an sich drückend sagte sie noch: "Dabei... bin ich... doch schon... gar nicht mehr so... klein..."
    Und dann sank sie selbst, neben ihm an die Wand gelehnt, in einen tiefen Schlaf.

    Geändert von Zitroneneis (28.03.2013 um 17:51 Uhr)

  6. #6
    Maria lächelte. "Das ist so lieb von dir, Brunhild. Ich weiß nicht, wie ich dir je danken könnte."

    Sie folgte der Wirtin ins Gasthaus und wärmte sich, wie eingeladen, an einem Tee, doch wohl war ihr in der Menge der Gäste nicht zumute. Deshalb beeilte sie sich ein wenig mit dem austrinken und stand auf, ehe jemand auf sie zukommen konnte. Morgen würde sie Rede und Antwort stehen, wenn es sein musste, aber für heute hatte Maria genug erlebt. Sie wandte sich an Brunhild.
    "Vielen Dank für das gute Getränk. Ich würde nun nach oben gehen, und Gott um Vergebung bitten. Wenn der Herr mir nicht verzeiht, dann kann mir dies ebenso wenig."
    Geknickt schaute Maria zu Boden. Wenn sie wenigstens so Tapfer gewesen wäre, und sich ebenso selbst nominiert hätte - So im Nachhinein betrachtet wäre das wohl die sinnvollste Entscheidung gewesen. Die wenigsten im Dorf waren mit der Entscheidung, jemanden zu hängen, zufrieden gewesen. Wenn alle mitgemacht hätten, und sich selbst nominierten, dann wäre wohl keiner gehängt worden. So war es dann aber nun geschehen, dass Maria sich entsetzlich dumm - und vor allem sündig fühlte.

    Sie blickte sich um, hier und da trübselige Gesichter. Keiner war wirklich froh um die unschuldige Gehängte. Dies verstärkte Marias Schuldgefühl umso mehr.

    Dann verließ sie den Bereich des Gasthauses und trat die Treppe nach oben, in ihr vorbereitetes Zimmer, setzte sich und betete im einfallenden Mondlicht. Bis ihr die Augen zufielen und sie schlief...

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