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Thema: Das Dorf Gottes 2-Tag 1

Baum-Darstellung

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  1. #11
    Eben als er die Hand auf die Bibel legte, streunte noch ein Kerl mit einer düster aussehenden Kutte heran. Eine Augenklappe bedeckte das rechte Gesicht, ein schäbiger Hut seinen Kopf. „Ich werd mal maßnehmen, Herr, so ein Strick will wohlgewählt sein. Na, was für einen Hals haben wir hier denn...“ Und während Henkers bester Freund Konrad eifrigst den neuen Kragen „anpasste“ begann das Verhör:
    „Konrad Matthias Elkarst, dir wird von einem der Dörfler vorgeworfen das blutige Schwert dort platziert zu haben. Sprich wahr – was hast du zu diesem Vorwurf zu sagen?“
    „Ich erinnere mich an die Runde für den toten Hauptmann im Wirtshaus. Ich erinnere mich an ein zweites Bier und... etwas mit einem Hund. Oder war es ein Marder? Jedenfalls erwachte ich in meinem Bett. Zwar nach der Mittagsstunde...aber so betrunken das ich herumgewandert wäre, war ich dann doch nicht.
    Aus den Augenwinkeln bemerkte Konrad wie Noel Luise vorm Gasthaus eine zeitlang an die Wange griff und ihr dann seinen Mantel umlegte. Das gehörte sich nun wirklich nicht! Aber wie sähe das aus, wenn er die zwei jetzt zurechtwies? Da alle auf die Bühne blickten, hatte es vielleicht auch niemand gesehen... und Justus hatte Recht, er musste sich erstmal um sich selber kümmern. Und so beteuerte er all seine Verfehlungen, die ihm einfielen: „Und ich habe gestern Fisch gegessen Herr. Nur ein Bissen, den Rest hat das Frettchen genatzt. Ich hab dann mit der Zugereisten gesprochen, wie ich es immer tue. Vielleicht sah mich ja jemand dabei und hat sich nichts dabei gedacht mir eine weitere Sünde anzuhängen. Aber ich beteuere euch, ich weiß nichts von dieser Lama-Sekte.

    In der eintretrenden Pause hörte man deutlich Noels Worte: "ICH, Noel De'chrones'tulem, schwöre bei meinem Dolche, dass HEUTE NACHT ein LUMIANER hängen wird!" Alle Augen richteten sich auf Noel, der in die Mitte des Platzes geschritten war und die letzten Worte laut rief. Er trug keinen Mantel mehr und in dem Hemd sah er aus wie ein zu kurz geratener Schornsteinfeger ohne Hut und ohne Schrubbgerät. Der Pfarrer seufzte und rieb sich entnervt an den Schläfen. „So kommen wir nicht weiter... Wenn du nichts von dem Schwert und der Notiz weißt, vermutest du selbst einen, der schuldiger ist, als ein Sünder wie du es bist?“
    Konrads Kopf ratterte. Es musste doch eine Möglichkeit geben diese Lama-Anhänger zu erkennen. Der Zettel... Tyrell hat eine furchtbare Handschrift, die selbst ich erkenne. Luises Handschrift ist ähnlich einzigartig. Wer hätte noch Zugang zu Papier?… Nein... doch... vielleicht... Maria? Das kannn nicht sein. Wer nur, wer?
    „Nun Bursche?“
    „Ich weiß es nicht, Herr. Vielleicht mag unser Hauptmann Schriftproben nehmen lassen, um sie mit denen auf dem Papier zu vergleichen. Papier wiegt sich unsereins mit Gold auf – woauchimmer die Blätter herstammen, es mag kein armer Bauer gewesen sein, der sie erwarb. Das Pergament ist frisch und rein, wie ich es nur selten erblickte. Das ist alles. Anderes vorzuschlagen steht mir nicht zu. Und Gott behüt' das ich einen andren an den Strick schicke um meinen eigenen Hals zu retten. Heiliger Josef, wache über mich. Gütiger Herr, erlöse mich von der Versuchung... ich kann doch nicht einfach einen andren benennen. Nur weil ich ihn nicht mag. Oder weil er allen im Dorf Angst einjagt.

    "Bitte... es gibt sicher irgendwen der mich gestern Nacht gesehen hat. Vielleicht Brunhild? Hat Peter mich auf dem Heimweg begleitet? Sicherlich doch... wenn ein Zeuge sich für mich ausspricht, dann lasst ihr mich doch gehn? Ja?" Die Kälte kroch ihm unter den Mantel und sein Atem gefror an den Augenbrauen... nur die Angst die sich durch ihn fraß schickte Hitze durch seine Adern. Er wirkte halbtot, wie er da kniete, vom Fasten ausgemergelt mit eingefallenen Wangen und von der Angst weiß wie ein Laken. "Ich wars nicht, Herr, ich schwöre! Wer dann, wer dann? Ich weiß es nicht...“, rasselte es leise aus seiner rauhen Kehle, bevor er sich die Arme um den Oberkörper schlang und sich hin- und herwiegte, wobei es seinen Körper vor Angst schüttelte und er dann vorneüber auf die mit Reif überzogenen Planken fiel. "Bitte... so hilf mir doch jemand. Irgendwer. Hilfe... ich will nicht sterben..."

    Der Bursche hat einen recht dürren Hals.“, murmelte Henkers bester Freund grimmig, der an den Pfarrer herangetreten war. „Wobei, meine Mutter sagte schon – traue nie einem Mann mit schmalen Nasenlöchern und dünnen Lippen. Ich find schon einen passenden Strick. Nur zu, lasst ihm mich aufhängen, Hauptmann! Der windet sich vor Schuld, das ist doch eine klare Sache. Wo ichs recht bedenke - um sicher zu gehen könnten wir ihn auch vorher noch ein wenig gradestrecken. Dann gesteht er sicherlich... oder lasst uns ein Gottesurteil einholen. Was darf es sein? Ein Kessel mit heißem Wasser oder doch ein heißes Eisen?“ Ein keckerndes Lachen hallte über den Marktplatz und es war klar, das immerhin Henkers bester Freund heute gewiss seinen Spaß haben würde.

    Geändert von Viviane (26.03.2013 um 16:28 Uhr)

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