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Ritter
Mit einem höflichen Nicken nahm sie die Aufgabe an, die der Hauptmann Merete zuteil werden ließ, ohne sich sicher zu sein, ob dieser jene Geste noch erkannte, wies er doch bereits weitere Dörfler an, sich um den Galgen zu kümmern. Der Gedanke an das verordnete Töten gefiel ihr nicht, beängstigte sie gar. Würde erst Blut auf dem Grund dieser Gemeinde vergossen, wären die Flammen der Angst tief in den Herzen der Überlebenden verankert, würden sie zu hasserfüllten Bestien machen, die sich selbst in ihrer Mordlust auf eine Stufe stellten mit dem, was sie jagten.
Unzählige Menschen hatte sie getötet. Doch kam dies stets nur dann in Frage, wenn ihr Leben - oder das eines Freundes - unmittelbar bedroht war.
Nicht zuletzt, um in der Suche nach den Lumianern ihr Übriges zu leisten und die Gedanken an das Töten Unschuldiger abzuwimmeln, machte die Jägerin sich auf, die Viehwirte dieses Dorfes zu befragen. Ihr Weg führte sie zum Haupthaus, an dessen Südseite sie einen der Läufer entdeckte, gar jenen, der ihr am Vortag von der Versammlung berichtete, bei der der junge Mechaniker sie und die anderen über den Tod des Hauptmannes aufklärte. Der junge Bursche schien vertieft in ein Gespräch mit einem jungen Mädchen, das ihr blondes Haar zu zwei Zöpfen geflochten hatte und sich neben dem - das Gemäuer leicht überragenden - Dach des Verwaltungsgebäudes nur durch den dünnen, doch edlen weißen Stoff des Tuchs, welches ihr Haupt bedeckte, vor dem Regen schützte.
Das laute Fauchen des Niederschlags verwehrte Merete, selbst Fetzen der Konversation aufgreifen zu können, doch als sie näher trat und ihr Fuß lautstark Wasser aus einer größeren Pfütze verdrängte, erschraken beide. Das Mädchen lief ohne jegliche Verabschiedung davon und hinterließ einen Botenjungen, der die Bogenschützin nun ertappt dreinblickend ansah. Ihre Verwirrung verbergend erhob sie das Wort, sprach lauter, um die Oberhand über das Prasseln des Regens zu gewinnen.
"Ich habe Anweisung des Hauptmannes, die Bauern dieses Dorfes zu ihrem Vieh zu befragen. Wenn es eine Liste gäbe, die sämtliche Zuchten samt der ihnen zugehörigen Wirte enthielt, so bäte ich darum, sie zu sehen." Zuerst noch untersuchend an die leere Stelle zwischen den zwei Hütten blickend, hinter denen das Mädchen verschwunden war, fasste sich der Dorfläufer schließlich und schenkte Merete ein befreiendes Nicken. Für wenige Momente verschwand er im Inneren des Haupthauses und kehrte mit einem Schriftstück zurück.
Sie bat den Jungen, ihr einen Auszug der Liste vorzulesen und wies ihn an, im Auftrag des Hauptmannes andere Helfer zu finden, die die verbleibenden Viehwirte nach dem Zustand ihrer Tiere befragen sollten. Er nickte hörig und ließ sie einen der Namen wissen.
Peter Eichmann!, rekapitulierte Merete anschließend in ihren Gedanken und machte sich auf den Weg, ihn zu finden. Ihr Interesse an den Menschen war erst frisch, doch verband sie das Bild eines stämmigen, braunhaarigen Mannes mit dem Namen. So suchte sie - durch die kalte Nässe schreitend - das Dorf ab, wurde abermals am Platz beim Brunnen fündig, so glaubte sie.
"Peter Eichmann!", wiederholte sie, erneut lautstark gegen die akustische Gewalt des Unwetters ankämpfend, trat dabei auf den Mann zu, den sie für den entsprechenden Bauern hielt. "Der Hauptmann schickt mich!"
Geändert von MeTa (26.03.2013 um 00:19 Uhr)
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