Ergebnis 1 bis 20 von 77

Thema: Das Dorf Gottes 2-Tag 1

Hybrid-Darstellung

Vorheriger Beitrag Vorheriger Beitrag   Nächster Beitrag Nächster Beitrag
  1. #1
    Es herrschte reges Treiben auf dem Dorfplatz.
    Noel stand etwas hinter der Masse, an einen Baum gelehnt und wartete ruhig ab, wie sich der Bienenstock nun verhalten würde.

    Da sprach ihn Rekon an:
    Noel, du bist der Bibliothekar dieses Dorfes. Weißt du etwas über Lumianer, oder besitzt du ein Buch über diese?

    Alle Augen richteten sich fragend auf ihn. Ein ekelhaftes Gefühl. Er fuhr sich mit der Hand über den Nacken, bevor er zumindest letztere Frage beantwortete.
    "Solche Schundliteratur führe ich nicht in meiner Bibliothek. Es gibt nicht viel über Lumianer zu schreiben."

    Diese knappe Antwort reichte Rekon offensichtlich nicht, aber Noel machte keine Anstalten, mehr zu sagen, also wandte er sich wieder von ihm ab.

    Dann war es die junge Jägerin, die einige Zeit sprach, ihre Worte waren unerwartet sinnvoll und passend, man merkte ihr die Erfahrung in solchen Situationen an.

    Schließlich entdeckte Noel in der Menschenmasse vor ihm die verblendete nonnige Nonne von gestern in einem nonnigen Nonnenoutfit. Nonnig sprach sie zur Gruppe.
    "Auch wenn ich normalerweise voll und ganz hinter unserem Pfarrer stehe, diesmal befürworte ich seine Aussage in dieser Nachricht doch keineswegs. Sowohl diese angekündigte Todesstrafe als auch die Wahl Konrads als ersten Schuldigen empfinde ich als voreilig beschlossene Angelegenheit. Andererseits wird uns hier mit wahlloser Töterei gedroht, der wir anscheinend nur so entgegentreten können. Also, hat jemand eine Ahnung, was es mit den Lumianern genauer auf sich hat? Außer dass sie anscheinend Gottlose Riten haben, die das...", sie schluckte. "... Vernichten der Menschheit bezwecken?"

    Der Seitenhieb und anschließende Blick von zuerst der Nonne und Augenblicke später dem gesamten Dorf waren Noel nicht entgangen und brannten sich in seine Brust, bevor Maria nachsetzte.
    "Noel? Woran erkennt man einen Lumianer?"

    Die Augenbrauen des jungen Mannes zogen sich unmerklich in die Höhe. Gerade wollte er antworten, da merkte er, wie auch Luise, welche nervös hinter der Nonne kniete, ihn beäugte. Die Aufmerksamkeit des ganzes Dorfes lag auf ihm, er hatte seine Worte vorsichtig zu wählen.

    "Zuerst zu deiner lächerlichen Anschuldigung, Nonne."
    Noel schloss die Augen und lächelte herablassend.
    "Ich kann dich beruhigen. Ich habe schon lange realisiert, dass man die Menschheit nicht ausrotten kann. Ihr vermehrt euch wie die Ratten, doch das muss wohl so sein. Widerliche Dinge haben nunmal die Angewohnheit, gehäuft aufzutreten."
    Noel blieb ruhig und besonnen, achtete darauf, es nicht zu übertreiben, lag doch der Blick seiner kleinen Elfe auf ihm.
    "Und was deine zweite Frage angeht... ich bin mir nicht bewusst, wie du zur Annahme gelangst, ich wüsste etwas über sie. Hatt der "Herr" dir das geflüstert? Jedenfalls werde ich euch ni-"

    Warte.

    Hm? Was willst du denn jetzt?

    Deusexus trat plötzlich hinter dem Baum hervor, ungewöhnlich, Noel beim reden zu unterbrechen.

    Es ist nicht klug, den Bewohnern dein Wissen zu verschweigen. Du wirst Euch nun als Gruppe ansehen müssen, die ihr gemeinsam kämpft. Oder ihr werdet alle sterben. Inklusive Luise.


    Du sollst nicht ihren-

    Mach die Augen auf und sieh der Realität ins Gesicht! Teile den Dorfbewohnern mit, was du über die Lumianer weißt, es wird dein Schaden nicht sein.

    Warum sollte ich, wo ich doch nichteinmal weiß, ob dies nur ein dummer Scherz oder dergleichen war. Vielleicht haben sie es auch nur auf bestimmte Bewohner abgesehen, nicht mein Problem. Solange sie meine kl-

    In Ordnung, wenn ich dir verrate, was dich erwartet, teilst du es dem Dorf dann mit?

    Schweigend beäugte Noel den Wolf neben sich, versuchte, einzuschätzen, wie ernst er ihn nehmen konnte. Was wusste Deus?

    In Ordnung.

    Deusexus atmete lang und ungemütlich aus, bevor er zu sprechen begann.
    'Das Spiel der Deuses.'
    So nennen wir es. Es findet alle paar Jahrhunderte in einem neuen Dorf statt, zum reinen Zeitvertreib. Ich bin keiner von denen, die daran Amüsement finden, aber man beugt sich bekanntlich.


    Deuses? Gibt es mehrere von dir?

    Hm. Du würdest uns wohl als so etwas wie... "Götter" bezeichnen.

    Eigentlich hätte Noel die Erkenntnis, das ein Gott (?) sich seit Jahren in seinem Kopf herumtrieb, schockieren müssen. Erstaunlicherweise blieb er ruhig.

    Jedenfalls gibt es insgesamt Dreizehn von uns. Jeder hat sich vor einigen Jahren einen Avatar gesucht, auf den er in diesem Spiel setzt. Du warst meiner. Allerdings bin ich wohl der einzige Deus, der Kontakt mit seiner Wahl aufgenommen hat.

    ...Hm. In Ordnung. Was ist das für ein Spiel? Und was haben die Lumianer damit zu tun?

    Wir nennen es "Das Dorf Gottes". Das Prinzip ist einfach: Eine Hälfte unserer Avatare werden in eine Partei geschoben, die andere Hälfte in die Andere. In diesem Fall waren es Dorfbewohner und Lumianer, weil der lumianische Glaube in diesem Land weit verbreitet ist. Es bot sich an. Jedenfalls werden die Lumianer jede Nacht einen von euch töten, woraufhin ihr euch gegensetig hängt. Es ist ein morbides Spiel um Leben und tot. Die Deuses', dessen Avatare am Ende noch leben, gewinnen und bekommen besondere Privilegien. Das ist schon Alles.

    Lass mich das nochmal kurz zusammenfassen: Du bist ein Gott und es gibt 12 weitere von dir, aber nur du hast Kontakt mit mir aufgenommen. 13 Personen in diesem Dorf haben einen Deus, und unter diesen 13 sind alle Lumianer, die die anderen auslöschen und das Dorf übernehmen wollen. Also müssen wir die Richtigen Avatare hängen. Korrekt?

    Deus nickte.
    Exakt.

    Noel grinste den Wolf an.
    Darum sollte ich Hauptmann werden. Darum soll ich mein Wissen teilen. Du willst gewinnen.

    Wieder grinste der Wolf.
    Exakt. Auch wenn ich das Spiel nicht an und für sich mag. Aber wenn du überleben und Luise schützen willst, teile dein Wissen. Nicht über die Deuses, aber über Lumianer.

    Na fein...nenn mir die 12 Avatare







    Noel war eine Weile stumm geblieben, die Masse tuschelte schon, als er wieder das Wort erhob.
    "In meinem alten... Beruf habe ich Lumianer lange Zeit bekämpft. Was wir hier sehen, scheint mir ihr übliches Vorgehen zu sein... sie unterwandern mit ihren Mitgliedern ein Dorf, töten jede Nacht einen Bewohner und führen die Menschen in die irre, damit sie die Falschen hinrichten. Woran man sie erkennt? Achtet von heute an penibel auf jeden eurer Mitmenschen, vertraut NIEMANDEM. Es ist an jedem selbst, einen Lumianer zu enttarnen und öffentlich anzuklagen. Denn das Ziel der Lumianer ist nicht weniger als die Auslöschung des ganzen Dorfes."
    Noel lächelte kalt.
    "DAS ist die wahre Natur des Menschen."

    Stille. Noel setzte nach.
    Eines möchte ich noch sagen. Die Lumianer befinden sich unter den folgenden Personen..."
    Mechanisch zählte Noel 12 Namen der Dorfgemeinschaft auf. Luise' Namen sparte er aus. Bevor jemand fragen konnte, woher er sein Wissen nahm, nutzte er eine vorgefertigte Ausrede.
    "Unter den Lumianern habe ich einen Freund, der sich nicht öffentlich bekannt geben kann. seine Informationen sind zuverlässig. Es ist an uns, die richtigen Personen aus diesen Zwölf herauszupicken und hinzurichten!"

    Und mit diesen Worten lehnte sich Noel wieder an den Baum und schloss ermüdet die Augen.
    Spiel der Deuses? Mir recht. Aber meine kleine Elfe... die bekommt ihr nicht.

    Ob Lumianerin oder nicht.

    Geändert von Holo (24.03.2013 um 21:51 Uhr)

  2. #2
    "Solche Schundliteratur führe ich nicht in meiner Bibliothek. Es gibt nicht viel über Lumianer zu schreiben." war Noels Antwort auf Rekons Frage. Noels Verhalten wird sehr mysteriös. Er hörte auf einmal mitten im Satz für mehrere Minuten auf zu sprechen. Doch dann meint Noel, doch etwas über die Lumianer zu wissen und macht einen LuminanerFREUND für dieses Wissen verantwortlich? Das fand Rekon mehr als nur seltsam. Irgendwie bekommt Rekon Kopfschmerzen. Doch das hält ihn nicht davon ab, folgendes zu sagen: Noel, wenn du deine Informationen von einem der Lumianern beziehst, wirst du uns doch sicherlich sagen können, wer dieser Lumianer ist. Wir alle sind für das Wohlergehen unserer Mitmenschen verantwortlich. Je schneller wir diese Bedrohung loswerden umso besser!" Jetzt fiel Rekon ein, dass Mina schon sehr lange unbeaufsichtigt war, doch war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt zum Rückzug in Richtung zuhause. Was sind das für Kopfschmerzen... As....mo.... Irgendwie schien sich Rekons Zustand zu verschlimmern... "Jede... Information über Lumianer... sind wichtig..." Man merkt Rekon seine Schmerzen bereits an. "Deshalb Noel... Sag uns... wer ist deine Quelle?" Was stimmte nur nicht mit Rekon? As...mo... Auf einmal brach Rekon zusammen. Schon irgendwie seltsam, wie plötzlich auftretende Kopfschmerzen einen erfahrenen Kämpfer und Jäger in die Knie zwangen...

    Mina ist derweil aus ihrem Schlaf erwacht. Sie läuft durch das Haus und sucht nach Rekon. Der Regen hält sie davon ab, das Haus zu verlassen...

  3. #3
    Gespannt lauschte Merete den Äußerungen des tättowierten Jungen. Noel. Ob der angespannten Situation, die sicher nicht weit davon entfernt war, zu eskalieren, weckte die Fischerstochter in sich selbst das Interesse an Namen. Zu wissen, mit wem und über wen man sprach, würde in naher Zukunft womöglich unverzichtbar sein.

    Noel also. Die Art und Weise, in der er sprach war ungewöhnlich, ihr unbekannt. Doch was wusste sie? Die Personen, mit denen sie mehr als das alltägliche Wort wechselte, konnte sie an einer Hand abzählen. Dennoch - irgendetwas unterschied ihn von den anderen. Und er stachelte sie auf, forcierte erneut, zu was bislang nur der Pfarrer aufforderte. Merete konnte nur hoffen, dass der Rest nicht zu früh beginnen würde, seinen Worten - oder denen des Geistlichen - Beachtung zu schenken. Der Weg der Gewalt sollte der letzte Weg sein, auf den man sich verlässt. Das hatte sie früh gelernt.

    Viel besorgter als die Bogenschützin schien jedoch ihr Jagdgenosse. "Noel, wenn du deine Informationen von einem der Lumianer beziehst, wirst du uns doch sicherlich sagen können, wer dieser Lumianer ist", stellte er mehr fest. Recht hatte er. Würde Noel die Wahrheit erzählen, so müsse er wissen, um wen es sich handle. Doch vielleicht trieb er nur ein Spiel mit ihnen oder suchte gar die Aufmerksamkeit der Masse, ohne überhaupt etwas zu wissen.

    Rekon wirkte jeden Moment schwächer, doch sprach er weiter. "Deshalb Noel... Sag uns... wer ist deine Quelle?" Das Gesicht des Jägers verzog sich ein letztes Mal, bevor er mit offenen Augen fiel und auf dem erdigen Untergrund zusammensackte. Sein Zusammenbruch und der erste Regentropfen, der ihre Wange traf, weckten Merete aus sämtlichen Überlegungen und ließen sie handeln. Bevor die Sorge der Dörfler um den bewusstlosen Rekon überhandnahm, trat sie bereits an die Seite seines ohnmächtigen Körpers, hatte das Schwert notdürftig im Ledergurt verstaut. Der Mann war groß und trug zudem seine schwere, rote Rüstung, doch war dies nicht das erste Mal, dass sie einen - in diesem Fall glücklicherweise vorrübergehend - leblosen Körper trug. Sie hievte den Oberkörper hoch und hob ihn schließlich halb auf den Rücken, legte ihre Arme nach hinten unter die seinen. Für einen Moment drohte sie unter der Last zusammenzubrechen, doch wie erwartet hielten ihre Beine stand. Atem sammelnd wendete sie ihren Kopf zur Menschentraube. "Ich bringe ihn in seine Hütte und besuche anschließend den Schmied."

    Nur wenig später schlug sie mit dem rechten Bein die Tür eben jener Hütte auf, darauf bedacht, das linke für den Stand fest im langsam aufweichenden Erdgrund zu verankern. Ein kurzer Schreck durchfuhr die Jägerin, als ihr ein aufgeregtes Japsen entgegenkam. Ein Mädchen - vielleicht 8 Sommer alt - stand vor ihr, mit besorgter Miene auf den regungslosen Körper Rekons blickend. "Was...?", begann sie, doch Merete unterbrach in einem Tonfall, den sie selbst als möglichst beruhigend empfand, noch weiter gedämpft durch die Last auf ihren Schultern. "Er verlor am Dorfplatz das Bewusstsein. Keine Sorge, er braucht Ruhe!", sprach sie, ohne zu wissen, was es war, das dem erfahrenen Jäger so übel mitspielte. Doch sein Atem war selbst durch die Rüstung zu spüren. Ein zuverlässiges und beruhigendes Zeichen dafür, dass er noch lebte.

    "Sein Bett?" Das Mädchen hüpfte nervös von der Stelle und wies mit einem gerade ausgestreckten Arm den Weg, den die Isländerin zügig antrat. Vorsicht walten lassend drehte sie sich vor seiner Liegestatt um und ließ ihn ebenso achtsam darauf sinken, schob schließlich seine Beine hinauf. Die Rüstung sei sicherlich nicht die bequemste Schlaftracht, doch sah Merete Rekon sowieso stets in ihr, wie kurios auch die Situation. Und ohnehin würde sie den Teufel tun, ihm seiner Rüstung zu entledigen. "Behüte ihn gut, bis er aufwacht!", wies sie schließlich das Mädchen an, die ein hastiges Nicken folgen ließ, während die Fischerstochter bereits umdrehte und die Hütte verließ, um den Dorfschmied aufzusuchen.

    Geändert von MeTa (25.03.2013 um 09:49 Uhr)

  4. #4
    Nichtsahnend von dem ganzen Chaos in der Stadt, wachte Viktoria an diesem Morgen auf.
    Sie hatte ein mulmiges Gefühl im Bauch als, sie aus ihrer Kammer trat und ihre Mutter zusammen mit ihrem Bruder am Frühstückstisch sitzen sah.
    Hatte sie dieses Gefühl, weil ihre Mutter gesten Abend womöglich etwas gemerkt hatte?
    "Guten Morgen", sagte Viktoria prüfend.
    Ihre Mutter antwortete nicht. Es war alles wie jeden Morgen, aber etwas bereitete ihr leichte Bauchschmerzen.
    Sie nahm sich, wie immer, ihre Scheibe Brot vom Tisch und warf Friedrich ein Stück Fleisch vor den Mund.
    Als sie beide aufgegessen hatten, machten sie sich auf den Weg in die Schneiderei.

    Als sie am Mittag eine Pause machte und hinausschritt, wunderte sie sich, über die lauten Geräusche, die sie vom Dorfplatz hören konnte.
    Gedanken schossen in ihrem Kopf umher. In ihr brannte der Wunsch, das Versprechen, das sie ihrer Mutter gegeben hatte, zu brechen und sich zu den anderen Dorfbewohnern zu gesellen.
    Vielleicht würde sie es nicht einmal raus finden, wenn sie nur in der Zeit ihrer kleinen Pause auf den Platz gehen würde.
    Unsicher bewegte sie sich in die Richtung. Sollte sie? Oder sollte sie nicht?
    Ein Fuß setzte sich vor den anderen und sie wurde plötzlich immer schneller, als wenn sie vor etwas weglaufen würde.
    Als wenn sie vor ihrer eigenen Mutter und ihren Pflichten flüchten würde.
    Schließlich ertappte sie sich dabei, dass sie die letzten Meter zum Dorfplatz gelaufen war.
    Sie erblickte Luise.
    Vollkommen kraftlos sah sie aus.
    Besorgt lief Viktoria zu ihr.

  5. #5
    [Der Jäger Rekon erbarmte sich gnädigerweise, die Botschaft des Priesters vorzutragen, doch mit jedem Wort schien Brunhild das Blut in den Adern mehr und mehr zu gefrieren. Eine mordende Sekte, Lumbo-…Lumenao-…irgendwas mit Lum jedenfalls. War etwa der Medicus, der den alten armen Hauptmann vergiftete, einer von diesen Scheusalen gewesen?
    Doch viel mehr schockierte sie die Antwort des Priesters auf diese Bedrohung:
    Die Dorfbewohner sollten jeden Tag Jemanden wählen, von dem die meisten glaubten, er wäre ein Sektenanhänger und diesen erhängen. Und damit vielleicht sogar Unschuldige morden. Womit sie nicht besser wären als die, vor denen sie sich schützen wollen. Doch der Gipfel war, dass er sich von irgendwem bereden ließ, Konrad gleich zu bezichtigen. Allein das zeugte doch davon, dass der Priester nicht mehr bei Sinnen sein konnte. Gerade Konrad war mit Abstand derjenige, von dem sie am wenigsten glauben konnte, dass er einer menschenmordenden Sekte angehörte. Das konnte nicht sein. Das durfte einfach nicht sein!
    Die Luft schien schlagartig um weitere zehn Grad kälter geworden zu sein, der Wirtin fuhren unangenehme Schauer bei ihren Gedanken über den Rücken und so raffte sie ihre Heuke so eng es nur ging um den Leib, als könnte sie sie vor allem Übel bewahren.
    So bekam sie zunächst nur halb mit, wie der alte Jäger nach mehr Informationen verlangte und Merete das Schwert aufhob mit dem sehr sinnvollen Anliegen, es dem Schmied zur Untersuchung zu zeigen. Als die Nonne Maria das Wort ergriff und ihr aus der Seele zu sprechen schien, fiel ihr Blick auf Luise, die neben der Geistlichen kniete und seltsam teilnahmslos wirkte.
    Dem Mädchen ging es ganz und garnicht gut zu gehen. Angesichts der Flut an Informationen und obendrein der Anschuldigung ihres Cousins konnte Brunhild das nur zu gut nachfühlen. Ein sehr zart besaitetes Wesen war die Apothekerstochter nunmal, und das schien alles einfach zuviel für sie gewesen zu sein.
    Inzwischen hatte Noel begonnen darüber zu palavern, dass Menschen wie Ratten wären. Die Frau griff gerade leicht genervt nach der gefüllten und bereits beschlagenen Wasserkanne, als der gesichtsbemalte Rotschopf plötzlich verstummte und eine Weile völlig regungslos blieb. Mit hochgezogenen Augenbrauen betrachtete sie den jungen Mann von oben bis unten. Irgendetwas an ihm, neben seiner schlechten Stimmung gegenüber allem, was nicht Luise war, war äußerst seltsam.
    Als er dann wieder zu sprechen begann, lauschte sie ihm sehr aufmerksam. Sein Wissen über die Lumke-… die Sekte war recht umfassend, doch seine Aufzählung von Dorfbewohnern, unter denen sich die Sektenanhänger befinden sollte, war so faszinierend wie suspekt. Viele der Anwesenden wurden benannt, auch Brunhild selbst. Dass er einen Freund bei dieser Sekte habe, schien ihr die ganze Sache noch suspekter zu machen, da es nicht gerade für ihn selbst sprach. Auf der anderen Seite hatte er sich selbst unter die Verdächtigen gezählt…
    Etwas in ihr drückte ihr auf einmal die Kehle zu und sie hatte das Gefühl daran zu ersticken, wenn sie es nicht aussprechen würde. Sie holte tief Luft, griff fester um den Henkel ihrer Kanne und sprach:
    Ich möchte Euch auch noch Etwas sagen. Und zwar dass ihr Euch alle schämen solltet! Auch nur darüber nachzudenken, andere an den Galgen zu bringen, und dabei womöglich einen Unschuldigen zu treffen, ist schändlich! Habt ihr auch nur eine Sekunde darüber nachgedacht, womit ihr Euer Gewissen belasten würdet, wenn das geschieht? Wir wären keinen Deut besser als diese Lum-…pazeriosten oder wie auch immer! Und derjenige, der Konrad also so einen beschuldigt hat, sollte sich schämen, auch wenn es keiner von Euch war! Er hat nie Jemandem etwas getan, sondern vielen geholfen und war immer nett und freundlich zu jedem. … Schwer keuchte sie, ehe ihr der eine Satz Noels wieder in den Sinn kam und sie in einem ungewohnt abfälligen Ton hinzufügte: „Und wenn wir Niemandem vertrauen dürfen, dann sollten wir uns wohl am besten gleich alle selbst erdolchen, dann kann uns keiner von diesen Lum-Typen umbringen. Aber ihr habt anscheinend einen Rat schon verinnerlicht, dass ihr Alle schon nicht mehr erkennt, wenn eine aus unserer Mitte Hilfe braucht…“
    Wuttränen glitzerten in ihren Augen, als sie noch einmal kurz in die Runde sah und dann mit ein paar Schritten zu der immernoch apathischen Luise ging und sich vor ihr niederkniete.
    Sanft strich sie über ihre Wangen und bemerkte dabei, dass ihre Ohren als Eiszapfen dienen könnten. Geschwind löste sie ihr Kopftuch, sodass sie ihre hochgesteckten Haare über die Schultern ergossen, und band es der Kleinen als Kopfring um, als Viktoria zu ihnen kam und sich ebenfalls besorgt zeigte.
    Aus den Augenwinkeln bekam die Wirtin mit, wie Rekon ohnmächtig zusammensackte, und kurze Zeit später von der jüngeren Jägerin nach Hause getragen wurde. Zumindest spielten nicht alle auf einmal verrückt, beruhigend zu wissen…
    Beherzt griff die ältere Frau der Apothekerstochter unter den Arm und half ihr hoch. Bedächtig führte sie sie, das Schneiderinnenkind nebenherlaufend, zu ihr ins Wirtshaus. Dort angekommen zog sie die Tür zu, um die Kälte nach draußen zu verbannen und stellte die Kanne ab.
    “Entschuldige Lumi, dass es länger dauerte, aber wir stecken da offenbar gerade ganz schön in etwas drin und die arme Luise hier muss erstmal wieder aufgepäppelt werden…“, meinte sie an ihren Gast, während sie das arme Kind zum dem Kamin am nächsten liegenden Tisch bugsierte und hinsetzte.
    Danach wand sie sich um, legte der stehenden Viktoria die Hand auf die Schulter und meinte milde: “Mach es Dir ruhig bequem…
    Schnell holte sie Milch, welche sie in den Topf über dem Feuer gab, entledigte dann Luise ihres Mantels und hängte diesen zusammen mit ihrer Heuke an den Haken neben der Tür. Dann stürmte sie hinauf und kam mit ein paar warmen Wolldecken beladen zurück, wovon sie eine um Luises Körper und eine um ihre Beine schlang. Die anderen legte sie auf den Tisch, damit sich die beiden anderen Damen bei Bedarf bedienen konnten.
    Daraufhin ergriff sie die Wasserkanne und nickte Lumi, als sie in Richtung Gästekammer damit schritt zu: Ich stelle sie vor Deinem Zimmer ab, Du kannst Dich daran bedienen und waschen…, tat wie geheißen und kehrte zurück.
    Brunhild trat an den Topf heran, in dem die Milch inzwischen fast am überkochen war, und schöpfte die erhitzte Flüssigkeit in drei Krüge ab. Allen fügte sie einen großzügigen Löffel Honig bei, nur einem jedoch noch eine Kleinigkeit getrockneten Baldrian, den sie für stressige Tage immer vorrätig hatte. Den Sondertrunk stellte sie vor der immernoch regungslosen Luise ab, die anderen beiden bekamen Vitkoria und Lumi.
    Kurz hielt sie inne und blickte zu einem undefinierbaren Punkt. Sie wollte die anderen Dorbewohner da draußen nicht so einfach unbeaufsichtigt lassen. Irgendwie machte ihr der Gedanke, sie würde es doch tun, extreme Magenschmerzen. So kramte Brunhild aus einer Ecke einen geschlossenen Metallzylinder mit Füßen und Henkeln und einer Klappe versehen vor, stapelte einige glühende Kohlen vom Kamin dort hinein, legte einige neue Holzscheite dazu und trug das ganze hinaus auf die Außenterrasse des Gasthauses, welche einen guten Blick auf den Dorfplatz bot. Unter großen Anstrengungen und Ächzen trug sie dann die Eingemummelte hinaus zu einem Stuhl neben dem Metallzylinder, holte ihren Mantel und war ihr ihn über, ehe sie bibbernd ihre Heuke überzog. Viktoria griff sich eine Decke und setzte sich zu der Apothekerstochter, während die Wirtin die Milchkrüge der Mädchen mitnahm und auf dem kleinen Holztischchen vor ihnen plazierte.
    Dann atmete sie einmal tief durch, fuhr sich durch das offene Haar und ließ sich danach neben Luise nieder. Einen Arm legte sie dem Mädchen um die Schulter, drückte es an sich, küsste sie sanft auf die Schläfe und wiegte sie dann sacht in den Armen.

    Geändert von Mephista (25.03.2013 um 00:12 Uhr)

  6. #6
    Die Reaktionen der Leute waren verhangen. Soweit logisch und im Rahmen seiner Erwartungen. Schließlich war es schon wieder Rekon, ein für Noels' Geschmack viel zu redseeliger Mann, der das in Bauerndialekt getränkte Wort an ihn richtete:
    Noel, wenn du deine Informationen von einem der Lumianern beziehst, wirst du uns doch sicherlich sagen können, wer dieser Lumianer ist. Wir alle sind für das Wohlergehen unserer Mitmenschen verantwortlich. Je schneller wir diese Bedrohung loswerden umso besser!"

    Ein böses, kleines Lächeln hob Noels' Mundwinkel seicht in die Höhe. Seine Lüge mag nicht die Effektivste gewesen sein, aber für diese Dummköpfe reichte
    sie alle Mal aus.
    "Du denkst nicht sehr weit, hm? Dieser Freund versorgt mich mit Informationen über die Lumianer, es wäre äußerst töricht und unüberlegt, ihn ans Messer zu liefern. Bedenke das nächste Mal eine solch triviale Schlussfolgerung, bevor du sprichst."

    Als Reaktion begann der Geselle, zu torkeln und taumeln. Er schien Noel erschöpft, soweit konnte er es mit seinen theoretischen Medizinkenntnissen sagen. Schließlich stürzte der gerüstete Mann ohnmächtig zu Boden. Noel beachtete ihn nicht weiter, irgendjemand würde ihn schon versorgen.
    Noel sollte recht behalten, die junge Jägerin brachte ihn in seine Hütte.

    Plötzlich schrie eine raue Stimme aus der Menge in seine Richtung, dessen Inhalt offenbar ihm galt.
    Ich möchte Euch auch noch Etwas sagen. Und zwar dass ihr Euch alle schämen solltet! Auch nur darüber nachzudenken, andere an den Galgen zu bringen, und dabei womöglich einen Unschuldigen zu treffen, ist schändlich! Habt ihr auch nur eine Sekunde darüber nachgedacht, womit ihr Euer Gewissen belasten würdet, wenn das geschieht? Wir wären keinen Deut besser als diese Lum-…pazeriosten oder wie auch immer! Und derjenige, der Konrad also so einen beschuldigt hat, sollte sich schämen, auch wenn es keiner von Euch war! Er hat nie Jemandem etwas getan, sondern vielen geholfen und war immer nett und freundlich zu jedem. … „Und wenn wir Niemandem vertrauen dürfen, dann sollten wir uns wohl am besten gleich alle selbst erdolchen, dann kann uns keiner von diesen Lum-Typen umbringen. Aber ihr habt anscheinend einen Rat schon verinnerlicht, dass ihr Alle schon nicht mehr erkennt, wenn eine aus unserer Mitte Hilfe braucht…“

    Die Wirtin sah vorwurfsvoll in Noels Richtung, wieder konnte er nur lächelnd den Kopf schütteln.
    Warum bin ich es, der immer solche Leute anzieht?

    "Weib... vielleicht sind deine Ideale rein und deine Absichten richtig... aber, wie soll ich es ausdrücken, du bist dumm. Deine Erfahrungen in solchen Situationen sind gleich Nichts und, verzeih mir die Bemerkung, du besitzt offensichtlich nichteinmal die Gabe des Lesens. Schämen sollen wir uns, weil wir jemanden hängen möchten? Du bist naiv, Mädchen! Die Lumianer werden uns gnadenlos niedermetzeln, dich, mich oder Konrad! Jeden von uns! Vielleicht schon heute Nacht. Schäme dich, bade dich in deiner güldenen Menschlichkeit, während wir deine unheiligen Überreste finden, von fetten Maden zerfressen und mit klaffenden Löchern übersät."

    Die Wirtin erwiederte nichts, Tränen der Aufgebrachtheit glänzten in ihren Augen. Sie begab sich zu Luise und half ihr vom Boden auf. Damit entschied Noel, dass es genug war. Stumm beobachtete er, wie die Wirtin die kleine Elfe zum nahegelegenen Wirtshaus brachte.

    Nun müssten sie abwarten, bis sich alle Avatare auf dem Dorfplatz versammelt hätten und jemanden hängen. Noel war es im Grunde gleich, wer es war; Doch man musste Schadensbegrenzung betreiben. Stumm saß Deusexus neben ihm, genau wie Noel in nervöser Erwartung die folgenden Ereignisse abwartend.

    Geändert von Holo (25.03.2013 um 00:19 Uhr)

  7. #7
    Rekon... Du hast dieses Leid über uns gebracht...
    Asmotheyx, was soll das? Warum tust du so was? Und vor allem: Wer bist du?
    Du hast mich vergessen, Rekon? Mich, Asmotheyx? Vielleicht sagt dir der Name Nirai Ascella was...
    Erinnere mich nicht an sie... Sie weilt schon lange nicht mehr unter uns...
    Du hast dieses Leid über mich gebracht, Rekon. Verstehst du denn nicht? Ich bin der Geist Nirais in deinen Träumen!
    Das kann nicht sein! Meine geliebte Nirai würde mir niemals soetwas antun! Sie würde niemals in meinen Träumen ein solches Chaos anrichten!
    Das denkst du vielleicht... Merke dir eins: Das war nicht unsere letzte Unterhaltung!

    Rekon wachte aus seiner Ohnmacht auf, mit einem Schrei, den man im ganzen Dorf vernehmen konnte...
    "Seit wann bin ich denn wieder zuhause?" war die erste Frage, die Rekon sich gestellt hat. Mina kam zu ihm, erschrocken von dem lauten Schrei. "Ein Mädchen mit braunen Haaren und einem großen Messer an dem Gürtel, hat dich nach Hause getragen, weil du umgefallen bist... Ich hab mir solche Sorgen gemacht!" Dabei kannten sich Mina und Rekon noch nicht sehr lange, was aber recht zweirangig war. Obwohl diese Beschreibung nicht ganz so genau war, wusste Rekon genau, wer ihn nach Hause getragen hatte. Es war Merete, die andere Jägerin im Dorf. Auf jeden Fall müsste sich Rekon bei ihr bedanken und sich zudem entschuldigen, dass sie die Last seines Körpers plus Rüstung tragen musste. Aber erstmal wäre es besser, wenn er im Bett liegen bleibt.

    Geändert von Zirconia (25.03.2013 um 09:36 Uhr)

  8. #8
    Luise hatte gar nicht bemerkt, wie kalt ihr gewesen war, bis Brunhild sie vom Geschehen weggezerrt, in eine warme Decke gehüllt und sie in den Arm genommen hatte.
    Unter all dieser Wärme saß sie nun, langsam auftauend da und beobachtete die Dorfversammlung, ohne dem Inhalt voll und ganz greifen zu können. Ihre Gedanken waren wirr und unsortiert und Fragen über Fragen häuften sich in ihrem Kopf:
    Wer kam auf die Idee, Konrad könnte ein Mitglied dieser Sekte sein? War Konrad noch immer am Schlafen? Würde nun wirklich eine Jagt auf die Ketzer eröffnet werden? Wer war diese Sekte? Woher wusste Noel von ihr? Wer kam auf die Idee, Konrad könnte ein Mitglied dieser Sekte sein? Warum gab Noel plötzlich so menschenverachtende Singe von sich? Und was war das andere, wovon er geredet hatte? Wer kam auf die Idee, Konrad könnte ein Mitglied dieser Sekte sein? Hatte Luise etwas falsches gesagt? Hatte Noel nun so miserable Laune, weil sie ihn an das Schiffsunglück erinnert hatte? Wer aus dem Dorf könnte in der Lage sein, solche schrecklichen, ketzerischen Dinge zu tun? Wer kam auf die Idee, Konrad könnte ein Mitglied dieser Sekte sein ...? Konnte Konrad heimlich ein Ketzer sein?
    Dieser Gedanke ließ Luise erbeben und sofort überkam sie Schuldgefühl. Konrad war immer da, wenn man ihn brauchte. Seid ihrer frühen Kindheit hatte er sich nahezu immer mit ihr abgegeben und sie wie eine kleine Schwester behandelt.
    Außerdem war er der gottesfürchtigste Mensch, den Luise kannte. Abgesehen von Maria, welche ja die nonnigste aller Nonnen war. Auch nur in Erwägung zu ziehen, Luises älterer Vetter könnte ein boshaftes Sektenmitglied sein, kam dem Verbrechen nahe, selbst eines zu sein.
    Mit zitternden Händen griff Luise nach der dampfenden Tasse, welche Brunhild ihr fürsorglich vor die Nase gestellt hatte, und führte sie an den Mund. Ein süßer Geschmack von Milch und Honig breitete sich auf ihrer Zunge aus - und ein Hauch Baldrian. Dankbar schmiegte Luise sich enger an die Wirtin. Ihr rückte wieder in den Sinn, dass Konrad gestern im Wirtshaus solch eine Freude gehabt hatte. Und bei einer solchen Frau war das wenig verwunderlich. Luise würde sicher nichts dagegen haben, sollte Konrad sich dazu entschließen, Brunhild eines Tages als seine Braut heimzuführen.
    Als die Tasse halb geleert war, spürte Luise, dass sie wieder etwas beruhigter war. Ihre Hände hörten langsam auf zu zittern, sie nahm die Umgebung wieder etwas bewusster wahr und in ihrem Kopf herrschte kein allzu großes Chaos mehr. Die Fragen brannten ihr nun stattdessen auf der Zunge. Eigentlich wollte Luise niemanden mit ihren Gedanken belästigen, aber irgendwie mussten sie ausgesprochen werden. Und hier, bei der ruhigen Viktoria und der mütterlichen Brunhild, die beide stets ein offenes Ohr für ihre Sorgen hatten, war die junge Apothekertochter auch bei weitem nicht so schüchtern wie in Anwesenheit manch anderer.
    "Danke Brunhild. Und Viktoria. Dass ihr euch immer so um mich kümmert", sagte Luise leise, aber vollkommen ehrlich. Dann schwieg sie einen Moment, gedankenverloren auf das Geschehen am Dorfplatz starrend. "Wisst ihr", fuhr sie dann nachdenklich fort, ohne den Dorfplatz aus den Augen zu lassen, "bis heute hätte ich nicht im Traum daran gedacht, dass unser Dorf einmal in eine solche Lage kommen würde." Ihre Stimme klang erstaunlich ruhig,als sie das sagte. Wahrscheinlich die Wirkung des Baldrians. "Dass irgendjemand Böses über Konrad gesprochen hat ist schlimm genung... aber dass der Pfarrer ihn - oder überhaupt jemanden - am Galgen sehen will... das ist unerträglich." Eine Locke roten Haars hatte sich aus dem Zopf gelöst und fiel Luise nun ins Auge. Geistesabwesend strich das Mädchen sie beiseite. "A-aber wenn der Pfarrer sagt, dass es hier eine solche Sekte gibt... und mit diesem blutigen Schwert und der Nachricht... muss es diese Lumianer w-wirklich hier geben, nicht wahr?" Sie trank einen weiteren Schluck aus der Tasse und fuhr dann fort, ohne auf eine Antwort zu warten: "U-und dann Noel... niemand scheint ihn zu mögen und dennoch teilt er sein Wissen - während er trotzdem fortwährend alle Menschen beleidigt und selbst ein Ungläubiger ist." Luise schüttelte verwirrt den Kopf. Zuvor hatte sie, abgesehen von ihrem Bauchgefühl, nie verstanden, weshalb jeder dem jungen Bibliothekar so wenig Vertrauen entgegen brachte. Nun konnte sie es nachvollziehen. Seine Handlungen begriff sie trotzdem nicht. "E-es ist, als ob es ihm vollkommen egal wäre, was andere über ihn denken. U-und als ob ihm sein Leben nicht wichtig wäre, wenn er so gefährlich daherredet." Luise bemerkte, dass sich eine weitere Strähne aus ihrem Zopf gelöst hatte. Sie war heute Morgen wohl unachtsam gewesen. Vielleicht waren ihre Hände auch einfach zu zittrig für eine solche Aufgabe gewesen. "Die schlimmsten Menschen sind jene mit Honig auf der Zunge und Arglist im Herzen. D-das sagt mein Vater immer. A-aber wenn Noel alles so offen nach außen trägt... sich so offen z-zur Zielscheibe macht... ist es dann nicht eher unwahrscheinlich, d-dass er ein Lumianer ist?" Sie schwieg wieder einen Moment. Was genau veranlasste Noel, so zu handeln? "E-er hat sich so gut um Kürbis´ Wunde gesorgt. U-und er war immer nett zu mir. Und... und ich glaube, er h-hat seine ganze Familie bei einem Schiffsunglück verloren. U-und er möchte nicht darüber reden. A-aber... aber..." Sie schluckte schwer. "Warum hasst er die Menschen nur so sehr?"
    Sie ließ die Frage im Raum stehen, nahm einen weiteren großen Schluck aus ihrer Tasse und kuschelte sich an Brunhild.

    Geändert von Zitroneneis (25.03.2013 um 11:22 Uhr)

  9. #9
    Ross hatte lange darüber nachgedacht, was er nun tun sollte. Er hätte niemals damit gerechnet, dass genau an seinem ersten Tag als Hauptmann soetwas geschehen würde (und wer hätte sowas auch schon erwartet). Leider war er im Denken nicht so gut, deshalb hatte er auch nicht bemerkt, dass sich der Platz langsam mit schaulustigen zu füllen schien.

    Es dauerte eine Weile, bis er zu allen Anwesenden sprach: "Also gut, dann soll es so sein. Wir treffen uns heute Abend alle wieder hier auf diesem Platz und dann entscheiden wir, wer von uns als Lumianer enttarnt werden soll. Ich will jeden dann jeden sehen, der gestern bei der Wahl dabei war. Außerdem soll Konrad erklären, was es mit dieser Stimme auf sich hat. Sprecht das im Dorf herum." dann machte er eine kurze Pause, bevor er noch etwas hinzufügt "Falls irgendwer etwas weiß, falls irgendwer etwas gehört hat, will ich dass er es mir mitteilt. Das letzte, was ich will, ist einen Unschuldigen zu opfern." mit diesen Worten wollte er den Platz verlassen, blieb jedoch noch einmal kurz stehen "Ich werde Anweisungen geben lassen, den Marktplatz nach Hinweisen abzusuchen. Wenn das erledigt ist, wird hier der Galgen aufgebaut werden. Ich bitte, nein als Hauptmann befehle ich ausdrücklich, dass alle heute Abend hier zu erscheinen haben, um abzustimmen, wer sich nicht daran hält, macht sich verdächtig"

  10. #10
    Maria vernahm Ross' Worte, und starrte ihn entgeistert an. Er meinte es ernst. Heute Abend musste jemand sterben.

    Oh, Herrgott, unser Allmächtiger, dachte Maria.bitte lass die Entscheidung den richtigen Treffen.

    Und weil ihr dieses kurze Gebet nicht ausreichte, sagte sie laut zu den Anwesenden: "Wenn jemand mit mir darüber sprechen möchte, so möge er mich in der Kirche aufsuchen. Ich werde dort heute für unser Dorf beten. Das könnt ihr auch den anderen sagen, wenn ihr sie seht."
    Sie nickte den versammelten Leuten zu, und ging, wie sie es gesagt hatte, in die Kirche zum Kreuz hinter dem Altar.

    Dort sammelte sie sich, dachte nach und betete, am Abend selbst die richtige Entscheidung zu fällen und dass auch die anderen keine falsche Wahl fällen würden.

    Geändert von Wencke (25.03.2013 um 13:54 Uhr)

  11. #11
    ~*~ In der Apotheke ~*~

    Er träumte...
    Der Dorffriedhof empfing ihn wie ein Ort der Beschwichtigung. Vom Wald her rief ein Käuzchen...
    „Du kamst hierher, das war es Frühling, nicht?“

    Vor zwei Jahren, ja. Es war Anfang Mai und der Flieder blühte. Von den Kirschbäumen regnete es duftende Blüten. Um den Maibaum tanzten die Mädchen mit Kränzen im Haar. Ich liebe dieses Dorf von Herzen, Bruder. Habe es schon als Knabe geliebt, wenn ich die Sommer hier verbringen durfte. Mit all seinen Wäldern und Feldern, den Tieren und den Menschen darin. Gott muss diesen Fleck lieben, meint ihr nicht auch?
    ...er blickte auf das Grab seiner Tante – nur ihr Haarband und ein Fetzen ihres Kleides lag darin. Der Wald... wüsste Adalbert von ihrem Verbleib, er würde gesunden... der Wald.

    ...ein Schwall Wasser brachte ihn in die wirkliche Welt zurück.

    Der Mönch Justus kniete leibhaftig neben seinem Bett. „Du bist schwerer zu wecken, als ein Bär im Winterschlaf!“ „Justus! Was... ich war am Grab meiner Tante...“ „Du liegst in deinem Bett im Haus deines Onkels, Junge. Und das Mittagsläuten hast du verpasst. Zieh dich an und folge mir.“ Der kleine und stämmige Mönch wirkte toternst, sodass Konrad ihm wortlos in die Küche hinab folgte. Die Tür zur kleinen Werkstatt war offen. Anscheinend hatte er es versäumt sie am Abend zu verschließen. Das schlechte Gewissen begann bereits an ihm zu nagen...

    Der Mönch schob ihm eine Tasse hin. „Trink das, das wird deinen Kopf ein wenig aufklaren. Nun, ich bin nicht hier um über dich zu richten, Junge. Sondern um dir einen Rat zu geben.Alle großen Veränderungen im Leben sind schwer zu ertragen. Manchmal erscheinen sie schier unerträglich, wir glauben das wir uns damit nie abfinden können. Aber alle Dinge wirken zusammen zu unsrem Besten und Gott denkt immer an unser Glück.“ Konrad biss sich auf die Lippe und nickte, obwohl er kein Wort verstand.
    Unser hochgeehrter Pfarrer, erhaben über jeden Zweifel, hat angeordnet das eine Sekte die sich in diesem Dorf herumtreibt durch den Strick dezimiert werden soll. Die Lumianer haben sich mit einem Schreiben zu erkennen gegeben, das heute Morgen am Markt gefunden wurde. Dem Pfarrer hat indes ein Dörfler gebeichtet, das er glaubt du seist Teil einer Sekte. Und unser Bibliothekar nannte die Namen derer, die in Betracht kommen. Du und Luise seid auch darunter...

    Er hörte es. Lärm vom Marktplatz her. Sein Schädel dröhnte dumpf, während er lauschte... „du besitzt offensichtlich nichteinmal die Gabe des Lesens. Schäme dich, bade dich in deiner güldenen Menschlichkeit..."

    Dann erst sickerten die Worte des Mönchs ein. Luise! „Wo ist Luise?Sie dürfte solche Worte nicht hören. Dürfte nicht den Blicken ausgesetzt sein. Himmel hilf, wenn es eine Hetzjagd gab würde sie sich am Ende noch vor die Verdächtigen werfen in ihrer schlichten und unbekümmerten Art!
    „Konrad. Der Pfarrer hat deinen Namen als ersten genannt.“
    Konrad packte den Mönch wütend an dessen Kutte, als er ihm die Antwort verwehrte. „Ich frage euch noch einmal -wo ist Luise?" Justus seufzte nur laut. „Die Wirtsfrau hat sich ihrer angenommen. Derzeit hat unser neuer Hauptmann noch alles unter Kontrolle. Konrad, hörst du mir überhaupt zu? Der Pfarrer hat die Jagd eröffnet. Und Ross hat sich dem zu fügen. Wenn der Platz untersucht wurde, wird der Galgen errichtet werden. Dein Name wurde genannt.“ Die letzten Worte sprach er mit Nachdruck.
    Da fiel in Konrads pochendem Kopf der Groschen.Mein Name?
    „Du weißt, das Beichtgeheimnis ist heilig. Werauchimmer es war, muss seine Gründe nicht nennen. Jedoch – du solltest die Gründe kennen. Der Pfarrer höchstselbst wird dir daher die Beichte abnehmen. Erzähl ihm alles, Konrad, verschweige nichts. Erkunde jetzt dein Gewissen. Und bete.“
    Konrad saß vor ihm, nur hastig bekleidet und schwieg. Durch den Tee ebbte das Pochen in seinem Kopf zwar ab, aber es war schwer einen klaren Gedanken zu fassen. „Ich brauche ein wenig Zeit. Zuerst muss ich nach Lui...“ „Luise wird nichts geschehen. Nicht heute, Konrad. Der Pfarrer wird dich bald einer eingehenden Befragung unterziehen. Er hat die Mittel und Wege dazu... und er ist bereits auf dem Weg hierher. Du hast keine Zeit.“ „Was?“ „Nimm den Mantel. Rasch jetzt.

    ~*~ Auf dem Marktplatz ~*~

    Seine Beine waren schwer wie blei, als er auf Ross zuschritt. Er straffte mühsam die Schultern. Der Pfarrer nahte bereits heran, jedoch wollte er noch etwas sagen... Vor Trauer und Hilflosigkeit glänzten seine Augen. Sein Kopf war leer. Er ging im Geiste die Stelle der Philipper durch, die er als Kind so gern gehört hatte... Alles kann ich durch Christus, der mir Kraft und Stärke gibt. … Gott wird euch für eure Liebe und Fürsorge belohnen.
    Konrad atmete durch und erhob das Wort. „Ich werde mich dem Urteil der Dörfler natürlich stellen. Und unsren Hauptmann in allem unterstützen, was er vorhat. Und sei es der Bau... des Galgens." Er schluckte. Die Situation war makaber. „Wenn die Wahl zu meinen Ungunsten ausfällt, hoffe ich das ihr euch um Luise und meinen Onkel kümmert. Sie ist ein gutes Mädchen, die Engel wachen über sie. Lasst nicht zu, das sie die Kälte der Einsamkeit spürt. Denn diese Krankheit ist so schlimm wie der Tod. Und sie hat unsren Onkel befallen, so schlimm... Steht zusammen, ich bitte euch. Ich kam hierher, nicht um Geld zu verdienen. Sondern wegen dem, was ich hier als Junge fand. Das kann euch kein Irrgläubiger nehmen. Wenn ihr nur... glaubt." Er bat nicht um Gebete. Oder Gedenken. Oder Gnade.
    Vielleicht ist es besser so. Besser ich, als sie.
    Das dachte er, als sein Blick über das Dorf streifte. Das Dorf, das er immer noch liebte. So sehr, das es weh getan hatte als keiner ihn zum Hauptmann haben wollte. So sehr, das es weh getan hatte, als er von seiner Nominierung hörte. So sehr... liebte.

    Der Pfarrer war da. Ein ernst und strenggekleideter Mann, dessen schwarze Robe nicht viel von dem Mann dahinter preisgab. Das Kreuz um seinen Hals jedoch erfüllte Konrad mit Ehrfurcht und Hoffnung. „Konrad Elkarst. Durch die Beichte eines Mitbürgers bist du bist als Sünder vor dem Herrn benannt worden! Und als solcher in diesen schweren Zeiten nicht mehr würdig den Tempel des Herrn zu betreten. Betrittst du auch nur den geweihten Boden des Allmächtigen - sei es auch nur unser Gottesacker -, wirst du den Zorn der Kirche zu spüren bekommen. Daher bin ich hergekommen. Um der Beschuldigung mit aller nötigen Ernsthaftigkeit nachzugehen, werde ich dich einer Befragung unterziehen, zu der du auf die heilige Schrift schwören musst.“ Wer solch einen Schwur brach, dem half nicht Ablass noch Gebet um dem Höllenfeuer zu entkommen.Wie ihr wünscht.“ Konrad verneigte sich vor dem Pfarrer, dabei fiel sein Blick jedoch zuerst auf die Bibel – und dann auf das Papier in der Hand ihres Hauptmannes.

    Da traf ihn eine Eingebung wie ein Blitz. Alles mögliche stapelte sich in der Apotheke – so auch Gewürze, Wein und Papier. Das Papier! Die Hälfte der Dörfler vermochte nicht zu schreiben, nur eine Handvoll konnten sich solch feines Papier überhaupt leisten! Kaum ein fahrender Händler verkaufte Papier und wenn dann nur Lumpenpapier aus Stoff, denn die Apotheke hatte seit langem die Rechte am Verkauf. -Als Helfer und Wegbereiter der Mörder bist du genauso schuldig wie die, für die du arbeitest.- Werauchimmer das geschrieben hatte, war Teil dieser Sekte.
    Das Papier...“, flüsterte er während er eindringlich auf die Notiz in Ross Hand blickte. „Das Papier, Ross, das Papier!“ Zwei Hände griffen ihn grob an den Schultern und zerrten ihn fort zur Tribüne des Hauptmannhauses, wo er vom Pfarrer befragt werden sollte. Sein Blick blieb auf den Zetteln haften. Und er hoffte, das der Hauptmann verstand.

    Geändert von Viviane (25.03.2013 um 16:40 Uhr)

  12. #12
    Dünnbier also.
    Auf ein gepflegtes Frühstück um diese Uhrzeit ein schäumendes Getränk, das definitiv aussah wie das Zeug mit dem sich Konrad gestern Abend weggeschmort hatte.
    "Ich weiß ja nicht...", murmelte Lumi, während sie den bis zum Rand gefüllten Krug anstarrte und grübelte.

    Erfinder, Nonnen, im Gesicht tätowierte Möchtegern-Banditen - wo verdammt nochmal bin ich heir gelandet?

    Das Bier roch gut. Allerdings nicht gut genug, um sie spontan dazu zu bringen, mehr als einen Schluck zu probieren.
    Mh.
    Malzig.
    Aber nicht schlecht. Noch ein Schluck. Ein kleiner noch hinterher.
    Eienr ging noch.
    Ein großer noch, wäre ja unhöflich wenn sie etwas übrig lassen würde.
    "Ich stelle sie vor deinem Zimmer ab, Du kannst Dich daran bedienen und waschen…", hörte sie Brunhild sagen, als diese gerade wieder hereingekommen war mit einem rothaarigen Mädchen im Schlepptau, das sie als Luise vorstellte, und einer Kanne voller Wasser. Wie lange saß sie jetzt eigentlich hier? Zehn Minuten? Dreißig? Und warum wirkte alles so... so...
    "Gut!", sprach sie und kletterte mühselig vom Stuhl herunter. "Gut, gut, gut, gut!" Breit grinsend, nicht ganz betrunken, aber sichtbar angesäuselt schlenderte sie zu ihrem Zimmer und betrachtete die Kanne mit stechendem Blick. "Ich gehe dann mal jetzt...", sie deutete auf die verschlossene Tür. Sie war nicht betrunken. "... da rein." Pause, immer noch auf die Tür deutend, immer noch auf die Kanne glotzend. "Da rein." wiederholte sie. Und merkte, wie ihr das Dünnbier in den Kopf schoss wie Feuerwerksraketen.
    "Da rein."

    Schwankend, die Kanne in einer Hand neben sich tragend ging sie ins Zimmer und verschloss die Tür hinter sich. Musste ja nicht jeder sehen, wie sich eine Handvoll Wasser erst ins Gesicht, dann auf den entblößten Oberleib klatschte und sich all den Dreck der letzten Tage wegrieb als wären es ihre schlimmsten Gedanken. Heute würde sie versuchen zu verschwinden. Und anhand der lauten Stimmen die von draußen in die Taverne gekommen waren, musste ja etwas draußen los sein. Es interessierte sie zwar nicht wirklich, da sie vorhatte, sich von Hor-Ross Geld zu leihen (oder Konrad) und dann auf schnellstmöglichem Wege auf die Händlerroute südlich von hier zu kommen, aber man wusse ja nie. Vielleicht gab es noch eine andere Möglichkeit. Erfrischt und von oben bis unten immer noch nass (was sie im Dünnbier-Wahn nicht wirklich interessierte) wankte sie - deutlich frischer als noch vor ein paar Minuten - aus dem Zimmer und schaute kurz hinüber zu Brunhilda, die ein rothaariges Mädchen versuchte zu trösten, während ein brünettes Mädchen daneben saß.
    "Brunhilda?", fragte sie, doch die Wirtin schien gerade etwas geistesabwesend zu sein, "Zwei Dings...", sie hielt zwei Finger hoch, um allen im Raum anwesenden zu zeigen, dass sie rechnen konnte, "Erstens: Wer ist rothaariges Mädchen? Zweiter: Was geht da draußen vor?" Sie pausierte kurz, immer noch keine Antwort. "Jobb [Na gut], ich geh' gucken selbst. Und ich schwör...", sie deutete auf das rothaarige Mädchen. Ihr dämmerte gerade, wer sie war: Die Rothaarige die den Jungen mit der beschissenen Handschrift begleitet hatte, die Tochter von Analbert der nicht Analbert war sondern irgendwer anders der krank war, "Du hast zwar kein Seele, ne? Aber wenn Typ mit Dings im Gesicht dich wehgetan hat, ne? Ich schwör: Fogom ütni őt a rohadt csókoló [Ich box' ihm in seine scheiß Fresse]! Ich schwör, ich nicht stark, aber Schlag von Frau tut Mann in Ego und golyók [Eiern] weh!" Bei der Drohung schlug sie sich selbst mit der Faust in die flache Hand, was sie als sie zornig hinausging mit einem schmerzverzerrtem Gesicht quittierte. Doch bevor sie ging, wies sie Djángo mit eienr handgeste an, die Rothaarige zu beschützen. "Djángo ist WM. Wachmarder. Schwör. Bis gleich."

    Eine Menschentraube hatte sich gebildet auf dem Dorfplatz. Wie Moses das Meer teilte teilte Lumi die Menschentraube vor sich (u.a. Konrad der gerade Horst anpöbelte) und studierte, was auf dem Dorfplatz herumlag: Ein blutbesudeltes Schwert mit einer Nachricht, eine weitere Nachricht am Ankündigungsbaum - Mann, wusste derjenige der das angestellt hatte nicht, wieviel Papier kostete? Konrads Name stand darauf, dahinter ein Strich. Und NOCH EIN ZETTEL hing am Pfosten in der Mitte des Platzes, bei allen guten Geistern wieso soviel Papierverbrauch? Das machte Lumi jetzt noch rasender als sie schon so war. Sie hatte keine Verbindung zum rothaarigen Mädchen, aber hatte genügend ungesunde Beziehungen zwischen ihrer Mutter und allem möglichen Gesocks aktiv mitbekommen um zu wissen, wie schädlich so etwas sein konnte. Fußfetisch-Junge stand geistesabwesend da, während Konrad, ein Pfarrer-Typ (mit noch eine Zettel - bassza meg...), der Holzfäller-Typ und noch ein paar andere Typen kurz davor waren, sich entweder gegenseitig den Schädel einzuhauen, die Bibel abzuknutschen die der Pfarrer-Typ mit sich trug oder sich gegenseitig mit der Bibel die Schädel einzuküssen. Moment, was? Egal. Sie studierte das, was auf dem Zettel geschrieben stand. Kleinlaut murmelnd las sie sich selbst die Nachricht vor. Deutsch sprechen konnte sie um einiges schlechter als es lesen, aber selbst lesen fiel ihr schwer bei einem derartigen Krickelkrackel. "Warum musse alle in diese Dorf so eine scheiße Handschrift haben? Ich versteh' nicht!", murmelte sie nun etwas lauter, während sie weiterlas.

    Es ratterte im Kopf.
    Ratterte.
    Arbeitete.
    Deus lo vult.
    Das hatte sie schon einmal irgendwo gesehen. Oder gehört?
    Nee.
    Sie las den Zettel der am Schwert hing.
    Lumianer.
    Ihre Augen rissen so weit auf, dass die Augäpfel am liebsten aus dem Kopf herauskullern wollten.
    Ein leises "Kacke..." entglitt ihr. Noch nie hatte eine ihrer Prophezeiungen gestimmt. Noch niemals. Dieses Mal musste es ein schlechter Scherz sein der mit ihr gespielt wurde. Sie hockte da, schaute abwechselnd auf den Dolch, die eine Nachricht, die andere Nachricht, die beschissene Handschrift, es passte nichts zueinander und doch fügte sich alles zu einem homogenen Ganzen zusammen.
    "Szent rohadt szar.", flüsterte sie, den Tränen nahe. So unauffällig wie möglich stand sie auf und ging langsam zurück zur Taverne, auf dem Weg für einen Augenblick den Rothaarigen Tattooträger einen Blick zuwerfend, öffente leise die Tür und setzte sich stumm zu Brunhild und Luisa. In der Hoffnung, dass man ihr das Lächeln abkaufte, das sie so schnell es ging aufgesetzt hatte. Sie musste hier weg. Heute noch.

    "Ist ja gar nix los da draußen, hä?", sagte sie mit einem Anflug von Sarkasmus in der Stimme und strich all die Gedanken, die ihr gerade im Kopf herumspukten, zur Seite.

    Geändert von T.U.F.K.A.S. (25.03.2013 um 17:18 Uhr)

  13. #13
    „Konrad wird nicht gehängt werden. Weder heute noch an irgendeinem anderen Tag, das schwör ich Dir.“
    Brunhild wirkte als würde sie es genau so sehr zu sich selbst sagen wie zu Luise. Anscheinend war ihr der Gedanke, Konrad hängen zu sehen, nicht minder unangenehm als Luise.
    Schließelich wechselte die Wirtin nach einem Moment der Stille das Thema. Langsam sagte sie: „Ein Schiffsunglück …? Wenn Du tief verletzt wurdest, kann eine bittere Saat in Dir aufkeimen, wachsen und Dich mit der Zeit von innen her verzehren. Meine alte Mutter hatte mir das vor vielen Jahren einmal gesagt, naja, wie auch immer… Bei Noel ist genau das passiert, glaube ich. Aber seine aufgegangene Saat hat ihn noch nicht komplett verzehrt. Du magst vielleicht die Einzige sein, der gegenüber er das zeigt, aber es beweist, dass es noch… Hoffnung für ihn gibt.“
    Ein tiefes Einatmen war von ihr zu hören, als Konrad auf die Empore des Hauptmannhauses geschafft wurde.
    „Ja, es gibt noch Hoffnung…“
    Luise war sich dabei nicht so sicher. Allerdings wusste sie auch beim besten Willen nicht, was sie tun konnte, um Konrad zu helfen.
    Doch bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, wurde Brunhild von dem fremden Mädchen angesprochen, welches gestern ins Dorf gekommen war. Das von Konrad ins Wirthaus gebracht worden war und ebenfalls den Abend in der Kneipe verbracht hatte. Sie hatte sich wohl mittlerweile gewaschen, wirkte sie doch etwas gepflegter als am vorigen Tag. Mit großen Augen hörte Luise zu, wie das Mädchen mit einem fremdartigen Akzent fragte, was da draußen los war und sich dann entschloss, selbst nachzusehen. Vorher wandte das Mädchen sich noch an Luise:
    "Du hast zwar kein Seele, ne? Aber wenn Typ mit Dings im Gesicht dich wehgetan hat, ne? Ich schwör: Fogom ütni őt a rohadt csókoló [Ich box' ihm in seine scheiß Fresse]! Ich schwör, ich nicht stark, aber Schlag von Frau tut Mann in Ego und golyók [Eiern] weh!"
    Luise war einen Moment lang sprachlos. Sie war es nicht gewohnt, dass Fremde ihr solche Aufmerksamkeit schenkten und dann auch noch so direkt waren. Daher brachte sie auch nur ein leises "D-danke..." hervor als das Mädchen ihr das Frettchen vor die Nase setzte. "Djángo ist WM. Wachmarder. Schwör. Bis gleich." Dann ging das Mädchen.
    Während Luise also
    über das weiche Fell des Frettchens strich, fragte sie Brunhild danach, was diese über die junge Dame wusste. Viel erfuhr sie nicht, aber anscheinend war der Name des Mädchens Lumi. Und, laut Brunhild war sie trotz ihres häufigen Gebrauchs von Flüchen eine durchaus nette Person.
    Sicherlich also kein Mitglied dieser Sekte. Allerdings konnte Luise sich bei niemandem im Dorf tatsächlich vorstellen, Anhänger einer ketzerischen Organisation zu sein, welche das Leben zahlreicher Menschen forderte. Doch laut dem Pfarrer musste es irgendjemand sein. Aber wer?
    Lumi war fremd und ihr Name verdächtig. Aber genau das wäre doch viel zu auffällig, oder?
    Ähnliches galt für Noel mit seiner permanenten Gesichtsbemalung, dem Wissen über die Sekte und seiner Unbeliebtheit bei den anderen Dorfbewohnern.
    Konrad... Er kam nicht in Frage. Egal, was der Pfarrer dachte, egal was die anderen Menschen dachten... Konrad war und blieb ein gottesfürchtiger, guter Christ, der den Menschen in der Not beistand.
    Aber wenn der Pfarrer so dachte... vielleicht dachten dann auch andere so. Der strenge Mann hatte großen Einfluss auf die Gemeinde. Und Luise, als scheues, mit dem Makel des feuerroten Haars gestraftes Mädchen, würde ihn wohl kaum umstimmen können.
    Aber... vielleicht gab es jemanden, der dies vermochte. Oder der zumindest die Leute besänftigen konnte. Und Luise hatte auch schon eine Idee, wer das sein konnte.
    Als Lumi zurückkehrte und sich setzte, drückte Luise ihr Djángo auf den Arm. Mit einem scheuen Lächeln sagte sie: "D-danke. E-er ist ein guter Wachmarder." Dann warf sie einen Blick in die Runde. "Ähm... vielen Dank, dass ihr mir so geholfen habt. I-ich würde nun gerne mit Maria sprechen. I-ich glaube, dass sie diese... S-situation... vielleicht etwas beruhigen kann."
    Bevor sie sich zur Kirche aufmachte, sagte sie noch zu Viktoria, die bisher stumm daneben gesessen hatte: "Ähm... i-ich würde später g-gerne einen Blumenstrauß für d-den verstorbenen Hauptmann machen. D-du kennst dich ja mit Blumen aus. Vielleicht machen wir das zusammen? A-aber nur, wenn du willst, n-natürlich", fügte sie eilig hinzu.
    Dann begab Luise sich zur Kirche, wo sie Maria alleine betend vorfand. Die Apothekertocher nahm all ihren Mut zusammen und sprach dann:
    "Ich bitte Euch, Schwester Maria. I-ich bitte Euch im Namen des Herrn und bei all seinen Engeln und Heiligen. Bitte, rettet Konrad!"
    Die Nonne blickte überrascht auf. Selten hörte man solch fordernde Worte aus dem Mund des jungen Mädchens.
    "Bitte!", wiederholte Luise mit purer Verzweiflung in der Stimme. "Ich werde alles tun, was Ihr wollt. Ich würde mich sogar selbst an seine Stelle setzen, wenn Ihr das für notwendig erachtet. Ich vertraue Euch. Ihr werdet im Namen des Herrn urteilen, das weiß ich." Tränen traten dem jungen Mädchen in die Augen, doch es blinzelte nicht, senkte nicht den Kopf. "Ich weiß, es ist eine große Bitte. Aber helft mir, weise zu handeln und Konrad zu retten!"

    Geändert von Zitroneneis (25.03.2013 um 20:32 Uhr)

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •