Da Luise nicht allzu begeistert war von der Vorstellung, so früh morgens den Menschen auf der Straße zu begegnen, überquerte sie auf dem Weg zur Bibliothek nicht den Dorfplatz, sondern ging über die Wiese an Viktorias Garten vorbei und warf noch einen verträumten Blick auf das Veilchenfeld. Vielleicht sollte sie die junge Schneiderin um ein paar Blumen bitten, welche man dem guten Dahingeschiedenen, welcher mittlerweile sicher in der Kirche aufgebahrt war, auf die Brust legen konnte.
So in ihre Gedanken versunken, war sie beinahe überrascht, als sie plötzlcih vor der Bibliothek stand. Zwar hatte sie sich ein Gesprächsthema überlegt, aber unsicher war sie trotzdem, wie sie es beginnen sollte. Nervös öffnete Luise die Tür zu Bibliothek und fand tatsächlich Noel dort vor. Er wirkte etwas blasser als sonst. Vielleicht immer noch die Kopfschmerzen. Oder Schlafmangel. Womöglich aufgrund der Kopfschmerzen.
Als der Bibliothekar aufsah, blickte Luise erst schüchtern zu Boden und stammelte: "G-guten Morgen, N-noel. I-ich... ähm... also ich dachte mir... d-du bist ja b-bestimmt weit gereist... und du kennst vi-viele Bücher..." Nein, das war nicht gut. Wenn man ein gutes Gespräch führen wollte, sollte man das Gegenüber anschauen. Und deutlicher und lauter reden. Also blickte sie ihm mit aller Überwindung an und fuhr fort: "Ähm... ich habe da etwas g-gefunden, das mich interessiert. Eh... und z-zwar war ich als Kind mal i-n einer großen Stadt, u-und da gab e-es Schiffe. Und ich wollte i-immer schon mal w-wissen wie die gebaut werden. A-also wollte ich d-dich fragen: Hast du vielleicht B-bücher zu diesem Thema?" Das war doch schon besser. Luise fügte zu ihrer Frage noch ein kleines Lächeln hinzu, hoffend, dass es nicht zu unsicher wirkte.