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Thema: Das Dorf Gottes 2-Tag 1

  1. #41
    Noel und Lumi traten auf den Platz heraus. Es war mittlerweile dunkel, um das Schafott herum aufgestellte Fackeln waren die zuverlässigste Lichtquelle, als sich das Dorfzentrum langsam mit tuschelnden Leuten füllte. Da passierte einmal mehr das schier Unmögliche: Luise kam keuchend auf Noel zugerannt, suchte seinen Blick, wollte offenbar mit ihm reden. Noel wollte aber nicht mit ihr reden. Trotz seines Unbehagens hätte er es allerdings nie fertig gebracht, Luise abzuweisen. Nie. Also ließ er sich wohl oder übel darauf ein.
    "Lumi..."
    Er legte seine Hand auf die Schulter seiner kleinen großen "Freundin."
    "Geh schon Mal vor. Ich komm' gleich."

    Mit hochgezogener Augenbraue beäugte sie Noel, bevor Lumi kopfnickend zum Zentrum schritt. Stumm und seufzend wandte sich Noel Luise zu, suchte ihren Blick und wartete ab, wie sie ihm Hass und Verachtung entgegenschreien würde. Vorher aber schwank seine Aufmerksamkeit zu Deus, der geduldig neben den beiden saß.

    Verzieh dich.

    Was? Du willst, dass ich DAS verpasse?! Auf keine Fa-

    Ich sags nicht nochmal.

    Grummelnd schlurfte der Wolfsgott Lumi hinterher, Noel mit einem unzufriedenen Blick strafend. Jetzt hatte der rothaarige Junge Zeit für seine Elfe.

    "Noel! I-ich weiß, d-dass ich dir heute M-morgen wohl zu n-nahe getreten bin. I-ich habe dich sicher verletzt m-mit meinem unüberlegten Gerede."

    Noel kniff schwer denkend die Augen zusammen.
    Es ratterte in seinem Kopf.
    ...
    ...
    ...
    ...
    ...
    HÄ?


    "D-du musst w-wirklich wütend sein. B-bestimmt hasst d-du mich jetzt dafür..."

    Noel verstand nicht genau, wovon sie redete. Da würde ein bisschen... moment. Verdammt. Kein Gedankenlesen.
    Na ja, eigentlich war die Situation auch so klar - Seine kleine, süße, naive Elfe hatte Mal wieder Irgendetwas falsch verstanden. Einem unbestimmten Reflex folgend legte Noel ihr lächelnd eine Hand an die Wange, schob sanft ihre Strähnen beiseite.
    "Hassen? Wie könnte ich dich jemals hassen, kleine Elfe? Wie dir Abneigung entgegenbringen?"

    Luise schwieg, blickte ihm sichtlich verwirrt ins Gesicht.
    "E-es wäre dein g-gutes Recht! I-immerhin w-war ich wirklich taktlos..."

    Noel wollte gerade fragen, wovon sie sprach, als sie bereits weiterhaspelte.

    "A-aber das ist m-meine Schuld, nicht die der anderen Dofbewohner. I-ich kann d-dich schlecht um Verzeihung b-bitten, w-wo ich d-deine Gefühle so verletzt habe. A-aber selbst wenn du mir nicht vergibst - ich bitte dich dennoch darum: Teile dein Wissen über die Lumianer mit uns! Hilf dabei, die Unschuldigen zu schützen, indem du uns mit deiner Erfahrung und deinem Wissen beistehst! B-bitte. Du musst es n-nicht für mich tun. E-es ist für alle, die hier leben. A-alle die e-ein friedlliches Leben führen wollen. Alle, d-die all das Unglück der Welt vergessen wollen. I-ich werde d-dich nicht weiter belästigen, w-wenn du das nicht möchtest. A-aber denk bitte an alle, die n-nichts mit a-alldem zu tun haben!"

    Luise sah Noel direkt in seine dunklen Augen, mit den ihrigen, die so schimmerten, dass ein jeder Smaragd dagegen verblasst wäre.
    Es tut weh.
    Ihre Haare waren vom Regen durchnässt, ihre Kleidung schmutzig, Nervosität und Tränen zierten ihre Mimik.
    Es tut weh.
    Luise war schöner als je zuvor. Und wegen Irgendetwas fühlte sie sich schuldig ihm gegenüber.

    Oh nein, naives Elflein, glaubt, meine Gefühle verletzt zu haben... es tut weh.

    Da kenne ich so viele Arten des Umganges und so viele Wörter... und doch bekomme ich nicht einen einzigen Satz auf die Reihe. Kann sie nicht beruhigen. Und mich ebensowenig.
    Es tut weh.




    Ich liebe dich.





    "Kleine Elfe..."
    Noel wich Luise' Blick aus. Er ertrug ihn nicht mehr, sprach mit einer bebenden Stimme.

    "Zuersteinmal.." ,
    er zwang sich zu einem Lächeln. Ein für seine Verhältnisse erbärmliches Schauspiel. Nein, für jedermanns Verhältnisse.
    "Du hast meine Gefühle nicht verletzt. Du bist der Grund, warum ich welche habe..."
    Den zweiten Teil des Satzes murmelte er eher, als dass er sprach. Dann sah er Luise lächelns ins Gesicht.
    "Ich bin dir nicht böse, Luise. Ich war es nie... und werde es nie sein."

    Seine Hand auf ihrer Wange zitterte wahrscheinlich. Oh verdammt. Schnell zog Noel sie von ihr weg, hoffentlich noch rechtzeitig. Sie war nach wie vor stumm, Noel konnte ihren Gesichtsausdruck nicht deuten.

    "Du willst, dass ich den Dorfbewohnern gegen die Lumianer helfe?"
    Wieder folgte Noel einem Reflex. Er kniete sich vor dem Mädchen auf ein Bein, nahm ihre Hand in die Seinige.
    ""Alles, was du möchtest. Ich werde dir jeden Wunsch erfüllen. Versprochen."
    Stumm drückte er einen leichten Kuss auf ihren Handrücken. Sie zitterte ebenfalls.
    Noel erhob sich wieder und entkleidete sich seines Mantels, welchen er ihr unaufgefordert um den Körper legte.
    Er hatte ja immer noch ein schwarzes Hemd an, das würde reichen.
    "Er ist nicht der Beste, aber.."
    Wieder zwang Noel sich zum lächeln, "er sollte dich etwas wärmen, kleine Elfe."

    Dann schweifte sein Blick ab, herüber zum Schafott, während er nochmals mit Luise sprach.
    "Es gibt da etwas, dass ich dir sagen möchte, weißt du? Aber ich kann es noch nicht. Ich bin... zu feige. Ich bin ein kleiner Feigling. Es war nie anders. Aber irgendwann..." ,
    Und da erschien das erste echte Lächeln auf seinem tätowierten Gesicht, "möchte ich mich verändern. Ich möchte mutig werden. An diesem Tag sage ich es dir, ja? Also werde ich Alles in meiner Macht stehende tun, damit wir beide diesem Tag entgegengehen können. Ich werde das Dorf beschützen.
    Versprochen, Luise."


    Ein letztes Lächeln schenkte er dem Mädchen, bevor er sich, ohne eine Antwort abzuwarten, mit den Händen in den Hosentaschen zum Dorfplatz begab. Das erste Mal seit langer, langer Zeit hatte Noel das Gefühl, für den Moment mit sich und der Welt im reinen zu sein. Und würde dieses Gefühl auch nicht lange anhalten, so die Hinrichtung doch bevorstand und man Hass nicht ohne weiteres tilgen konnte, wollte er es für nun still genießen.
    Deus wartete bereits auf ihn und ging mit Noel die restlichen Schritte.

    Hast wohl gelauscht, was? Scheiß Köter.

    Nein, habe ich nicht. Kein Wort. Das tut man nicht unter Freunden.

    Pff...
    Noel lächelte stumm in sich hinein.

    Was wirst du jetzt tun?

    Na, was wohl? Ich werde dieses Dorf beschützen. Jeden einzelnen Bewohner. Für sie. Für ihr Lächeln. Nein... auch für mich.

    Wie meinst du das?

    Warum... hasse ich die Menschen, seit ich denken kann, Deus?

    ...

    Ich möchte mich verändern und die Menschen wie auch die Welt... akzeptieren können. Mögen können. Lieben können. Für Sie.

    Der Wolf grinste zähnebleckend.
    Verstehe.


    Und damit trat Noel vor das Schafott, bereit, einen Lumianer hinzurichten.
    Eine Alternative gab es nicht.
    Stumm, wenngleich mit lodernder Entschlosenheit zog er seinen Dolch, hielt ihn in Richtung des Strickes und sprach laut über den Platz, mehr zu sich selbst, als zu irgendjemandem sonst.


    "ICH, Noel De'chrones'tulem, schwöre bei meinem Dolche, dass HEUTE NACHT ein LUMIANER hängen wird!"

    Geändert von Holo (26.03.2013 um 17:41 Uhr)

  2. #42
    Eben als er die Hand auf die Bibel legte, streunte noch ein Kerl mit einer düster aussehenden Kutte heran. Eine Augenklappe bedeckte das rechte Gesicht, ein schäbiger Hut seinen Kopf. „Ich werd mal maßnehmen, Herr, so ein Strick will wohlgewählt sein. Na, was für einen Hals haben wir hier denn...“ Und während Henkers bester Freund Konrad eifrigst den neuen Kragen „anpasste“ begann das Verhör:
    „Konrad Matthias Elkarst, dir wird von einem der Dörfler vorgeworfen das blutige Schwert dort platziert zu haben. Sprich wahr – was hast du zu diesem Vorwurf zu sagen?“
    „Ich erinnere mich an die Runde für den toten Hauptmann im Wirtshaus. Ich erinnere mich an ein zweites Bier und... etwas mit einem Hund. Oder war es ein Marder? Jedenfalls erwachte ich in meinem Bett. Zwar nach der Mittagsstunde...aber so betrunken das ich herumgewandert wäre, war ich dann doch nicht.
    Aus den Augenwinkeln bemerkte Konrad wie Noel Luise vorm Gasthaus eine zeitlang an die Wange griff und ihr dann seinen Mantel umlegte. Das gehörte sich nun wirklich nicht! Aber wie sähe das aus, wenn er die zwei jetzt zurechtwies? Da alle auf die Bühne blickten, hatte es vielleicht auch niemand gesehen... und Justus hatte Recht, er musste sich erstmal um sich selber kümmern. Und so beteuerte er all seine Verfehlungen, die ihm einfielen: „Und ich habe gestern Fisch gegessen Herr. Nur ein Bissen, den Rest hat das Frettchen genatzt. Ich hab dann mit der Zugereisten gesprochen, wie ich es immer tue. Vielleicht sah mich ja jemand dabei und hat sich nichts dabei gedacht mir eine weitere Sünde anzuhängen. Aber ich beteuere euch, ich weiß nichts von dieser Lama-Sekte.

    In der eintretrenden Pause hörte man deutlich Noels Worte: "ICH, Noel De'chrones'tulem, schwöre bei meinem Dolche, dass HEUTE NACHT ein LUMIANER hängen wird!" Alle Augen richteten sich auf Noel, der in die Mitte des Platzes geschritten war und die letzten Worte laut rief. Er trug keinen Mantel mehr und in dem Hemd sah er aus wie ein zu kurz geratener Schornsteinfeger ohne Hut und ohne Schrubbgerät. Der Pfarrer seufzte und rieb sich entnervt an den Schläfen. „So kommen wir nicht weiter... Wenn du nichts von dem Schwert und der Notiz weißt, vermutest du selbst einen, der schuldiger ist, als ein Sünder wie du es bist?“
    Konrads Kopf ratterte. Es musste doch eine Möglichkeit geben diese Lama-Anhänger zu erkennen. Der Zettel... Tyrell hat eine furchtbare Handschrift, die selbst ich erkenne. Luises Handschrift ist ähnlich einzigartig. Wer hätte noch Zugang zu Papier?… Nein... doch... vielleicht... Maria? Das kannn nicht sein. Wer nur, wer?
    „Nun Bursche?“
    „Ich weiß es nicht, Herr. Vielleicht mag unser Hauptmann Schriftproben nehmen lassen, um sie mit denen auf dem Papier zu vergleichen. Papier wiegt sich unsereins mit Gold auf – woauchimmer die Blätter herstammen, es mag kein armer Bauer gewesen sein, der sie erwarb. Das Pergament ist frisch und rein, wie ich es nur selten erblickte. Das ist alles. Anderes vorzuschlagen steht mir nicht zu. Und Gott behüt' das ich einen andren an den Strick schicke um meinen eigenen Hals zu retten. Heiliger Josef, wache über mich. Gütiger Herr, erlöse mich von der Versuchung... ich kann doch nicht einfach einen andren benennen. Nur weil ich ihn nicht mag. Oder weil er allen im Dorf Angst einjagt.

    "Bitte... es gibt sicher irgendwen der mich gestern Nacht gesehen hat. Vielleicht Brunhild? Hat Peter mich auf dem Heimweg begleitet? Sicherlich doch... wenn ein Zeuge sich für mich ausspricht, dann lasst ihr mich doch gehn? Ja?" Die Kälte kroch ihm unter den Mantel und sein Atem gefror an den Augenbrauen... nur die Angst die sich durch ihn fraß schickte Hitze durch seine Adern. Er wirkte halbtot, wie er da kniete, vom Fasten ausgemergelt mit eingefallenen Wangen und von der Angst weiß wie ein Laken. "Ich wars nicht, Herr, ich schwöre! Wer dann, wer dann? Ich weiß es nicht...“, rasselte es leise aus seiner rauhen Kehle, bevor er sich die Arme um den Oberkörper schlang und sich hin- und herwiegte, wobei es seinen Körper vor Angst schüttelte und er dann vorneüber auf die mit Reif überzogenen Planken fiel. "Bitte... so hilf mir doch jemand. Irgendwer. Hilfe... ich will nicht sterben..."

    Der Bursche hat einen recht dürren Hals.“, murmelte Henkers bester Freund grimmig, der an den Pfarrer herangetreten war. „Wobei, meine Mutter sagte schon – traue nie einem Mann mit schmalen Nasenlöchern und dünnen Lippen. Ich find schon einen passenden Strick. Nur zu, lasst ihm mich aufhängen, Hauptmann! Der windet sich vor Schuld, das ist doch eine klare Sache. Wo ichs recht bedenke - um sicher zu gehen könnten wir ihn auch vorher noch ein wenig gradestrecken. Dann gesteht er sicherlich... oder lasst uns ein Gottesurteil einholen. Was darf es sein? Ein Kessel mit heißem Wasser oder doch ein heißes Eisen?“ Ein keckerndes Lachen hallte über den Marktplatz und es war klar, das immerhin Henkers bester Freund heute gewiss seinen Spaß haben würde.

    Geändert von Viviane (26.03.2013 um 17:28 Uhr)

  3. #43
    Einige Zeit verstrich, in der Maria mit Luise in der Kirche stand. Das junge, hübsche Mädchen verrichtete noch ein Gebet, während Maria schweigend danebenstand und vermutlich den gleichen Wunsch hegte, wie Luise selbst.

    Nach ihrem Gebet verließ das Mädchen die Kirche. Während sie alleine in der Kirche saß, beobachtete Maria noch ein wenig das letzte Licht, das durch die Kirchenfenster schien, bevor sie sich ebenfalls auf den Dorfplatz begab.

    Der Galgen war inzwischen aufgebaut, lediglich ein paar Leute schienen noch zu fehlen, bis die Nominierung beginnen sollte.

    Maria wurde ganz Schwermütig, sie wollte doch, dass alles friedlich blieb. Es reichte, wenn nur der Hauptmann gestorben war... Mussten jetzt noch weitere Menschenleben geopfert werden?
    Ein paar Meter von der Gruppe entfernt blieb sie stehen, schloss die Augen und holte einige Züge tief Luft, um sich zu beruhigen. Dann trat sie heran, um die weiteren Ereignisse beobachten zu können.

  4. #44
    Ross hatte das Verhör beobachtet und leider, wieder, keinerlei hilfreiche Erkenntnisse gewonnen. Alles lief nun wohl auf eine Wahl ins Blaue hinaus. Ross seuzfte und als er sich umdrehte, um den Dorfplatz zu überblicken, der mittlerweile langsam von Fackelschein erfüllt wurde, da sich der Himmel bereits zum Nachthimmel wandelte. Mittlerweile schienen alle, nein wohleher fast alle, angekommen zu sein. Auf jeden Fall waren es genug, um die Wahl zu starten und für den Fall, dass nicht alle noch zur Wahl auftauchten, würde er sich eben eine Liste mit den Namen der Abwesenden geben lassen. Ohnehin befürchtete Ross bereits, dass selbst wenn sie heute einen Lumianer erwischen sollten, dort noch mehr von ihnen waren und sie mit Sicherheit in der Nacht zuschlagen würden.

    Ross machte sich also nun bereit und die Menge schien augenblicklich zu verstummen, als sie mitbekamen, dass es wohl losgehen sollte.

    "Ich Ross Fäller, ehemals Holzfäller und seit gestern Hauptmann heiße euch bei diesem unschönen Ereignis willkommen. Das Dorf wurde von einer widerlichen Sekte infiltriert, die nun versucht, die rechtschaffenen Bürger, also uns, zu töten und das Dorf für sich zu beanspruchen. Doch das dürfen wir nicht zulassen. Wir werden ihnen unser Dorf nicht kampflos überlassen. Wir werden sie finden und zur Rechenschafft ziehen, egal wie gut sie sich auch verstecken mögen."

    "Jeder Mensch und jedes Tier hinterlässt irgendwelche Spuren, Spuren die man nur finden muss. Einer allein wird allerdings nicht viel ausrichten können, deshalb bitte ich euch, die ihr mit Sicherheit alle eure Heimat behalten wollt, uns Hinweise zu geben und sei es auch nur, dass ihr in der Nacht ein Geräusch gehört habt. Denn egal, wie winzig der Hinweis auch sein möge, am Ende könnte er viele Leben retten. Jeder, der irgendetwas weiß, sich aer nicht äußert, tut nichts anderes, als dieser Sekte zuzuarbeiten."

    "Heute Abend wird jemand hingerichtet werden, vielleicht ist es Konrad, vielleicht aber auch ein anderer. Also helft mit, dass heute kein Unschuldiger sterben muss." Ross ging zu dem Zettel, auf dem bereits in der Nacht jemand bei Konrad einen Strich gemacht hatte.

    "Dieser Zettel hier soll eure Stimme sein. Wenn ihr nichts weiter zu sagen habt, möchte ich euch bitten, einen Strich bei dem Namen zu machen, bei dem ihr euch sicher seit, dass dies einer der Übeltäter ist. Derjenige, der am Ende die meisten Stimmen hat, soll heute gehenkt werden."

    "Ich selbst werde heute ebenfalls meine Stimme abgeben, aber noch nicht gleich, denn ich will vermeiden, dass sich alle auf eine Person stürzen und dadurch womöglich irgendetwas wichtiges zurückhalten, ob nun willentlich, oder nicht. Niemand soll behaupten, der Hauptmann habe sie zu einer bestimmten Entscheidung gezwungen."

    "Jeder, der noch etwas sagen möchte, soll nun sprechen. Danach möchte ich alle Anwesenden darum bitten, einer nach dem Anderen seine Stimme abzugeben. Möge die Wahl beginnen und möge sie glimpflich verlaufen." mit diesen Worten hatte es also begonnen.

  5. #45
    "... weder ich noch Brunhild noch Merete können d...d...diesen Zett..t..tel geschrieben haben, Herr Hauptmann. Wir könn'n doch nich' schreib'n könn' wer nich'. U...u...und... weder T..Tyrell n...noch... Lumi oder der P...Peter, oder ihr R...Ross habt Geld für s...s...solch ein feines Pap...p..pier..."
    Konrad schniefte leise.
    „U.. u... und es gibt jemanden der... die Menschen so sehr scheut das er lieber die Einsamkeit der Morgenstunden sucht um seinem Tagwerk nachzugehen. Vielleicht weiß er ja was in den Abendstunden geschah.“

    „Ihr sprecht von...“
    Konrad schneuzte in sein Taschentuch und beäugte misstrauisch des Henkers Kumpanen, der grade einen doppelten Strick aus einem Hanfseil drehte.
    „Es fällt mir recht schwer mit diesem... Bibliothekar umzugehen. Mich treibt vor allem Sorge um, sonst würd ich es nicht ansprechen. Auch um ihn. Keiner mag ihn wirklich, zu spitz ist seine Zunge. Ich denke er macht den meisten hier Angst. Jedenfalls würd' ich gern wissen ob er im Morgendämmern etwas sah, wo er doch die letzten Tage immer schon recht früh in der Apotheke stand. Vielleicht war er heute auch früh auf den Beinen und hat etwas gesehn oder gehört?“


    Woran Konrad dachte war für keinen, der nicht des Gedankenlesens mächtig war nun erkennbar. Aber als sein Blick auf das Kreuz fiel, das auf der Brust des Pfarrers hin und herschwankte, da verfärbte sich sein Gesicht grünlich und seine Hände ballten sich zu Fäusten. Im Kloster... im Scriptorium... stapelten sich Pergamente solcher Art zuhauf. Aber es konnte nicht sein... verlören sie ihr Vertrauen in die Kirche, so verlören sie alles.

    Geändert von Viviane (26.03.2013 um 18:50 Uhr)

  6. #46
    Der Hauptmann hatte den Beginn der Wahl verkündet und mit Einem Mal trat eine Totenstille auf dem Platz ein. Keiner bewegte sich, niemand wagte zu atmen.
    Ross schien etwas irritiert von der Situation und dass niemand sich anschickte, Verdächtigungen auszusprechen.

    "Hah..."
    Na klar, es würde wieder an ihm hängen bleiben.

    Also, sollen wir?

    Ja...
    Noel drückte lächelnd sein Amulett.
    Fangen wir an!

    Stumm begab Noel sich auf die Bühne, stellte sich ohne Worte der Erklärung vor Hauptmann Ross und sah emotionslos in die schweigsame Masse.
    Ex-Schweigsam. Sofort begann das tuscheln, Blicke unverholender Abneigung und Verdächtigungen trafen Noel.

    Was solls.

    "Bürger Düsterwalds..."
    Diesmal keine Lügen. Kein Schauspiel und keine unnötigen Feindseeligkeiten.
    "Wir stehen als Gemeinschaft vor einer sicherlich kniffligen Entscheidung. Es ist ganz natürlich, dass die Anfangsfreude da gering ist. Also möchte ich, der an diesem Abend des Blutes wohl einer der meistgesprochenen Namen ist, zuerst das Wort an euch richten. Sowohl zur Verteidigung als auch zum Angriff. Denn, so sagt man, aktive Wölfe sind berechenbare Wölfe."
    Noel ließ den Text auf die Leute wirken, versuchte einzuschätzen, ob sie ihm eine Chance gaben. Genuschel. Verhaltene Blicke. Aber keiner zerrte ihn von der Bühne. Das genügte.
    "Ich möchte, gleich einem Egoisten, mit mir beginnen. Wie bereits erwähnt, ist es nicht gänzlich unwahrscheinlich, dass mein dünner, blasser Hals in einigen Stunden von den massiven Holzbalken des Schafottes hinter mir baumelt.

    Wo sollte ich anfangen?
    Ich will ehrlich zu euch sein.
    Ja... einmal in meinem Leben will ich ehrlich zu anderen Menschen sein.
    Ich habe nichts übrig für andere Menschen. Ich verachte viele Leute, verachte ganze Völker. Mein Leben vor diesem Dorf war leer und sinnlos. Doch hier fand ich ein Zuhause. Ich fand Menschen, die sich von der verdorbenen Masse der Zivilisation unterschieden. Und dennoch mied ich euch. Ich brachte euch Missgunst und Lügen gegenüber. Etwa bei meiner Nominierung zum Hauptmann. Es war eine unreine Nominierung, mit derer ich euch spotten wollte. Verzeiht."

    Noel verbeugte sich kurz und schwieg einige Sekunden. Das Gesicht von Deusexus neben ihm wurde immer ungläubiger.

    Er konnte es verstehen. Noel drehte hier gerade seinen Geist um, sein Leben. Aber er musste stark sein.
    Mit diesem Gedanken im Hinterkopf, und die ganze Zeit sein Amulett umklammernd, sprach er weiter.
    "Ich bin deswegen verdächtig. Auch wegen dem unheimlichen Hautbild, dass ich zur Schau trage. Ich ließ es stechen, als ich jung und dumm war. Entsetzlich dumm."
    Noel schwieg einen Moment verbittert. Eine solche Bitterheit konnte man nicht spielen. Sie war echt.
    "Wie ich sagte. Ich halte nicht viel von anderen Menschen. Ich schätze dieses Dorf als friedliche Heimat, und sympathisiere mit seinen Bewohnern. Aber es wäre kalt gelogen, dass ich mich aufgrund dieser Verhalte dafür einsetzen würde, eine Lumianer-Sekte auszuschalten. Wahrschenlich wäre es mir egal, und ich würde euch sterben lassen."

    Empörung ging durch die Masse, das Getuschel wurde für einen Moment unerträglich laut. Als Noel ungerührt blieb, ebbte die Lautstärke erneut etwas ab.

    "Das ist eine Tatsache. Eine Andere ist, dass es in diesem Dorf..." , Noel lächelte warm, er hätte nie gedacht, dass mal ein anderer Mensch als sie dieses Lächeln zu sehen bekäme, "... einen Menschen gibt, den ich über Alles liebe. Einen Menschen, ohne dessen Lächeln ich nicht existieren könnte. Eine geradezu lächerliche Ironie, nicht?

    Ihr sollt mir nicht glauben, dass ich ein guter Mensch bin, der sich selbstlos für euch einsetzt. Das bin icht nicht, und werde es, so Fortuna will, nie sein. Aber für diesen einen Menschen... würde ich Alles tun. Und für diesen Menschen werde ich Alles tun, und sei es bis über den Tod hinaus, um jeden Einzelnen von euch vor den Lumianern zu beschützen. Das müsst ihr mir glauben."


    Die Art, wie er das Wort "Alles" betont hatte, löste sichtlich irritierte und unsichere Reaktionen aus. Genau wie gewollt.

    "Ich bin ein furchtbarer Mensch. Ich bin ein kleiner Feigling, ein Einzelgänger, der mit niemandem klarkommt und sich etwas auf seinen Intellekt einbildet. Aber ich bin, das schwöre ich bei meiner Liebe zu dieser einen Person und bei meinem heiligen Dolch, kein Lumianer und niemand, der jemandem von euch etwas antun wird."
    Tief erschöpft hauchte Noel aus.
    Seine Seele war von kleinauf durch Hass geprägt. Auch jetzt fühlte er sich unwohl, wollte weg von diesen ganzen Menschen, deren Anblick er kaum ertragen konnte.
    Irrelevant. Ich habe es zu ertragen und mich zu verändern.

    "Das war genug von mir. Ich werde euer Diener sein im Kampf gegen die Lumianer. Und wir werden die Richtigen finden. Und, so sehr es euch auch schmerzt, dafür müssen wir uns bekannte Personen richten. Darum werde ich nun die Hohnheit besitzen, meine Gedanken mit euch zu teilen, um einen ersten Anstoss des Verdachtes in diese Runde zu bringen. 12 Namen habe ich euch genannt.
    Vertraut ihr meiner Menschenkenntnis, so seid euch sicher:

    Weder Brunhild, Konrad, Maria noch das Mädchen Lumi gehören zu den Lumianern."


    "Ach ja, wie kannst du dir da so sicher sein, du Spinner?"

    "Genau! Wahrscheinlich seid ihr vier alle Luminaner und deckt euch!"

    "Lutsch meinen riesigen, harten, haarigen *************, du Träne!"

    Verschiedene Gesellen aus der Masse schrienen Noel ihre Einwände und... ähnliche Kommentare entgegen.

    "Selbstredend sollt ihr einer Person wie mir nicht blind vertrauen. So gestattet, meine Theorie auszuführen:

    Brunhild ist die allseitsbekannte Wirtin. Obgleich ich sie nicht schätze, ist sie keine Person, die die Lumianer in die ihrigen Reihen aufnehmen würden. Wie ich erwähnte, ich kenne diese Sekte. Zudem ist Brunhild, man verzeihe mir abermals meine Arroganz, viel zu... nun... beschränkt, eine solche Intrige dauerhaft bestehen lassen zu können. Oder einfach gesagt: Sollte sie lügen würdet ihr es ihr ansehen."

    Konrad ist von einem naiven Narren der Mittäterschaft bezichtigt wurden, weswegen er in einen Strudel der Anschuldigungen geriet.

    Mit Konrads's gestriger Aufrichtigkeit in Gedanken fuhr Noel fort.
    "Doch dies, so ist meine Sicht des Verhaltes, ist purer Unsinn. Konrad, ein redlicher Geselle, seit ich in dieser Umgebung wandele, ist fürsorglicher Cousin Luises' und kümmert sich zudem um ihren bedauernswerten Vater. Denkt ihr einen Moment über diese Tatsache nach, so wird euch sicher auffallen, dass er keinerlei Gründe hätte, sich dem Lumianerpack anzuschließen. Denn das würde bedeuten, er müsste seine Cousine, Luise, töten. Glaubt ihr, er ist dazu im Stande? Denkt ihr ernsthaft, er würde seine kleine Cousine abschlachten?"
    Mit vorwurfsvollem Blick und Tonfall ließ Noel eine Pause zu, ließ die Leute nachdenken. Wie es schien, wirkten seine Worte.

    "Maria ist eine Frau Gottes und, man gestatte mir die Bemerkung, selbst für diese unerträgliche Zunft nochmal ein ganz eigenes Kaliber. Der Herr selbst würde nach einer Sitzung mit ihr vom Glauben abfallen."
    Einige Leute lachten verhallten.Noel war indes nicht klar, dass er einen Scherz gemacht hatte.

    "Schon allein von einfachster Logik her ist es ausgeschlossen, eine christliche Nonne den Lumianern zuzuschreiben. Nonnen werden von klein auf erzogen und vorbereitet auf ihr späteres Schicksal. Und ihren Glauben als Erwachsene noch einmal zu revidieren und dem Morden zugänglich zu machen ist, um die Dinge beim Namen zu nennen, unmöglich."

    Und schließlich zu Goldlö-ähem, Lumi, dem Mädchen, welches erst gestern zu uns stieß. Dazu mag ich fast keine Worte verlieren, so offensichtlich ist es. Es mag auch für ein Kind möglich sein, dem Wahnsinn anheim zu fallen, doch in Osteuropa gibt es Lumianer nicht, Lumi hätte zudem nicht den geringsten Grund, in dieses Dorf zu kommen und sich einer deutschen Ketzersekte anzuschließen. Außerdem ist das Mädchen viel zu einfach gestrickt für solch eine Sache. Eher würde sie sich mit einem Messer selbst die Pulsadern aufschlitzen bei dem Versuch, es aus einer Scheide zu ziehen."


    Wieder machte Noel eine Pause. Ihm ging die Kraft aus, immerhin hasste er es, zu sprechen.

    "Diese Personen solltet ihr auf dem Stimmzettel meiden, so bitte ich euch. Wenn man jemanden in Schutz nimmt, hat man selbstredend Verdächtige. Ich werde nicht zögern und auch hier ehrlich zu euch sein. Denn irgendjemand muss die schwersten Worte, die da wie Blei auf unserer Zunge liegen, zuerst aussprechen. Vertraue ich meinem scharfen Verstand, der mich bisher selten im Stich ließ, sind folgende Personen die wahrscheinlichsten Ketzerbasdarde:.....oh verflucht."

    Noel kannte die Hälfte der Namen nicht.

    Deus! Rettung! Schnell!

    Wie heißt das Magiewort?

    WOLFSBRATEN, du dreckiger, flohverseuchter Kaminvorleger!

    *Seufz...*
    Gehorsam nannte ihm Deus die Namen, und so konnte er seine Rede fortsetzen.
    "Tyrell, Peter Eichmann, Patricia Andars, Viktoria."

    Ein erschrockenes Aufstöhnen ging durch die Masse. Noel sprach ruhig und doch entschlossen. Ohne weitere Reaktionen abzuwarten, fuhr er fort.

    "Es ist kein Geheimnis, dass ich den Burschen Tyrell nicht ausstehen kann. Dies jedoch hat hiermit nichts zu tun. Ich weiß, dass er sehr bekannt und aktiv im Dorf ist, jeden Tag zeigt er sich. Doch heute... er ist wie vom Erdboden verschluckt. Nirgendwo sah man ihn. Wo ist der Junge, frage ich mich? Und war er gestern bei der Wahl des Hauptmannes nicht sehr stark enthusiastisch in suspekter Hinsicht? Es liegt mir fern, ein Kind zu verdächtigen. Ich halte ihn nicht für unser größtes Problem, doch behaltet es im Hinterkopf.

    Peter Eichmann. Ein nach außen hin aufrichtiges Mitglied dieser Gemeinschaft, mit dem ich persönlich nie viel zu schaffen hatte. Doch auch bei ihm stellt sich die Frage: Wo mag er sein? Und warum ist er trotz dieser Situation anscheinend so vehement unbeteiligt? Könnte es sein, dass die Lumianer ihm etwas geboten haben für seine Unterstützung? Schutz? Reichtum? Ich weiß es nicht, meine Weisheit kennt Grenzen.

    Patricia Andars. Ich habe vor vielen Jahren in der Zeitung über sie gelesen. Eine mächtige Ex-Leibwächterin einer der einflußreichsten Fürstinnen aus Fernost. Doch, so die Gerüchte stimmen, wurde sie unehrenhaft aus ihrem Dienst entlassen. Denkt über dieses Gerücht nach, und verbindet es geistig mit der Tatsache, dass sie eine formidable Kämpferin ist. Sie versteht das Morden, sie versteht den Krieg. Und sie zeigt sich kaum bis nie im Dorf, keiner hier kann behaupten, sie näher zu kennen, ist es nicht so!?"


    Niemand Antwortete. Der Antwort genug.

    "Und schließlich Viktoria, ein junges, unaufälliges Mädchen. Ich traf sie nur einige Male des Nachts durch Zufall. Meine Menschenkenntnis mag mich täuschen, doch diese Frau ist nicht das, was sie vorgibt, zu sein. Tief in ihr brodeln Gefühle, die so intensiv sind, dass der Himmel allein weiß, zu was sie führen können. Sie ist insichgekehrt und pflegt kaum öffentliche Kontakte. Das perfekte Muster eines Lumianers."

    Damit herrschte Stille. Noel hatte im Großen und Ganzen gesagt, was er zu berichten hatte. Sein Hals war gänzlich ausgetrocknet, sein Hemd durchschwitzt und er relativ am Ende. Er wollte nur noch runter von der Bühne.

    "Das ist Alles, für nun.
    Bitte lasst mich ein Letztes Mal sagen:
    Ich bin ein Diener dieses Dorfes. Und jeder Beweis meiner Unschuld, den ich euch erbringen darf, werde ich erbringen. Jeden, ohne Ausnahme. Denkt über meine Worte nach; denn ganz gleich, wer heute nacht stirbt, es ist ein Mitglied des Dorfes. Eine solche Wahl sollte wohlüberlegt sein, nicht?"

    Ein letztes Mal verbeugte Noel sich tief, bevor er nach seiner langen Rede schweigend die Bühne mit dem verdutzten Hauptmann und der überforderten Masse zurückließ.
    Noel entdeckte eine Bank am Rande des Platzes, gerade nah genug, um die Worte an der Bühne wahrzunehmen. Erschöpft ließ er sich darauf fallen und beobachtete mit halbgeöffneten Augen das Treiben.

    Nicht schlecht, Noel. Ich dachte, ich würde dich kennen. Offensichtlich habe ich mich geirrt. Denn keines deiner Worte war gelogen.
    Deusexus legte sich neben Noel auf die Bank, bettete seine Schnauze auf Noels' Knien.
    Ich sagte es doch bereits. Ich werde mich für die Göttin, die ich liebe, verändern. Diese Veränderung begann soeben. Ich werde meinen Hass ablegen. Das schwöre ich.

    Nun lag sein Leben in den wankelmütigen Händen des Schicksals.
    Oder waren es Pfoten?

    Geändert von Holo (26.03.2013 um 20:16 Uhr)

  7. #47
    Es wird schlimm enden..., dachte Lumi bei sich. Sie dachte nach. Es ergab keinen Sinn. Warum sollte eine Sekte ein Pissdorf mit einem Dutzend Einwohnern wie dieses hier infiltrieren? Irgendwas musste entweder Analbert der Hauptmann oder Horst der verdammte Holzfäller ohne Seele, oder irgendwer anders ausgefressen haben. Vielleicht war die Anzahl der Rothaarigen der Grund für ihr Auftauchen hier? So viele Leute ohne Seele, die einfach zu haben und noch einfacher zu töten sind, weil sie ohne Seele keinen Sinn für Gefahr hatten. Lumi schnupperte Gefahr an jeder Ecke - zwar konnte sie Noel nun besser leiden als noch gestern, aber er wirkte alles andere als allgemein vertrauenswürdig. Vielleicht machte gerade das ihn eher zum perfekten Opfer als zum perfekten Täter. Grübelnd tippte sie mit dem Zeigefinger gegen ihr Kinn, dachte nach, versuchte zu erinnern was sie...
    „Es fällt mir auch schwer mit diesem... Bibliothekar umzugehen. Mich treibt vor allem Sorge um, sonst würd ich es nicht ansprechen. Auch um ihn. Keiner mag ihn wirklich, zu spitz ist seine Zunge. Ich denke er macht den meisten hier Angst. Jedenfalls würd' ich gern wissen ob er im Morgendämmern etwas sah, wo er doch die letzten Tage immer schon recht früh in der Apotheke stand. Vielleicht war er heute auch früh auf den Beinen und hat etwas gesehn oder gehört?“, heulte Konrad wie ein Waschweib und unterbrach Lumis Gedankengang gerade rechtzeitig. Sie war noch lange nicht bereit, dieses Trauma noch einmal zu durchleben. Sie hoffte nur, dass sie als Außenstehende nicht involviert werden würde in dieses barbarische Treiben.

    Sie fixierte einen Moment lang Konrad mit einem ausdruckslosen Blick, drückte Djángo, den sie die ganze Zeit in im Arm gehalten hatte, fest an ihre Brust und streichelte ihm über das Fell. Es beruhigte sie ungemein in einer derart stressigen Situation. "Nem tehetem ezt, Djángo..", flüsterte sie ihrem flauschigen Freund ins Ohr. Es gab nicht genug Dünnbier in dieser Welt, um all die schlechten Gedanken wegzusaufen.

  8. #48
    "... weder ich noch Brunhild noch Merete können d...d...diesen Zett..t..tel geschrieben haben, Herr Hauptmann. Wir könn'n doch nich' schreib'n könn' wer nich'. U...u...und... weder T..Tyrell n...noch... Lumi oder der P...Peter, oder ihr R...Ross habt Geld für s...s...solch ein feines Pap...p..pier..." , hörte sie Konrad gerade sagen, als sie die paar Meter vom Wirtshaus zur Menschentraube überbrückt hatte. Hastig schob sie sich zwischen den Anderen hindurch nach vorne, vor ihm stehenbleibend und zu ihm aufsah. Er sah absolut schrecklich aus und seine Ansprache ließ offenkundig werden, dass es ihm wohl auch genauso ging.
    Beim Näherkommen hatte sie des Hauptmannes Worte deutlich vernehmen können, dass jeder, der irgendetwas wusste, sich äußern sollte. Nach einigen betretenen Momenten des Schweigens trat Noel auf die Bühne und begann eine Rede zu halten, die in keinem Vergleich zu der Lachnummer vom Vortag stand. Er entlastete Personen, darunter auch sie selbst, aber vor allem Konrad. Im Gegenzug sprach er vier Mitgliedern der Dorfgemeinschaft eine mögliche Mittäterschaft zu, an die sie absolut nicht gedacht hätte. Gerade Peter und Viktoria schienen ihr so absolut nicht in das Schema von schlechten Menschen zu passen... Doch seine Ausführungen wollte sie im Hinterkopf behalten, denn etwas an seinem Tonfall und seiner Mimik sagten der Wirtin, dass er mit lauterer Zunge sprach.
    Wieder kamen ihr Ross' Worte in den Sinn, dass jeder Hinweis, jede Aussage helfen kann. Und gerade sie sollte doch etwas zu des Schreinergesellens Unschuld sagen können... wenn ihr nur etwas Sinnvolles einfiele...
    Der letzte Abend und die dazugehörige Nacht schien endlos lange her zu sein… Fieberhaft überlegte die Wirtin, was im Wirtshaus geschehen war… Sie verköstigte Patricia, unwichtig… ein unvergleichlicher Handkuss von Konrad- nicht gerade zweckdienlich im Moment… Bierausschank und eiliges Hin- und Herlaufen ohne Ende- denk nach, altes Mädchen, denk nach!
    Endlich gab ihr ihre Erinnerung die wirklich wichtige Information preis, als sie sich auch schon den restlichen Dörflern zuwandte und die Stimme erhob:
    “Ich möchte mich für Konrad aussprechen. Er war gestern Abend einer meiner Gäste. Alle, die ebenfalls dort waren, können das bezeugen, er hatte für alle die Getränke nach der ersten Runde bezahlt. Konrad blieb bis in die späten Abendstunden, ehe er mit Peter mein Wirtshaus wieder verließ. Er lag vor dem Kamin und war so trunken, dass Ihm aufgeholfen werden musste und er ohne Peters Stütze nichtmal hätte gehen können. Ich glaube kaum, dass es ihm in seinem Zutand möglich gewesen wäre, noch irgendeinem sündhaften Treiben nachzugehen… auch wenn ich mich für das von da an Geschehene nichtmehr verbürgen kann…“

    Geändert von Mephista (26.03.2013 um 20:19 Uhr)

  9. #49
    „Es gibt also auch niemanden, der euch aufgefallen ist in letzten Tagen?“ Die Frage des Pfarrers war zwar an Konrad, aber auch an alle andren Anwesenden gerichtet – da weder Brunhild, noch Ross und auch nicht Noel eine greifbare Anklage vorgebracht hatten. Konrads Mund klappte nur auf-zu-auf wie bei einem Karpfen, der im Trockenen gelandet war. Da verpasste ihm des Henkers Kamerad eine mit der behandschuhten Rechten."Sprich, Bursche, wenn der Pfarrer dich was fragt und halt keine Maulaffen feil!" Er sah kurz tanzende Lamas, dann besann er sich, in welcher Lage er sich befand. "Nein mir fiel niemand auf..." murmelte er nur.
    Ausser dem Kerl, der mit sich selber spricht und dem ich zutrauen würde nachts durchs Fenster einzusteigen um an den Haaren meiner Cousine zu schnüffeln? Jemand, dessen „Tagwerk“, darin besteht unschuldigen Mädchen aufzulauern, in ihren Haaren herumzuwühlen oder nach ihren Beinen zu greifen wie ein fleischgewordner Nachtmahr? Nicht wirklich Herr Pfarrer...
    zu den erhitzten Gedanken mischte sich auch noch gallige Wut in Konrad Herz.

    Nicht nur das er hier vorm Pfarrer kniete und sich rechtfertigen musste, während doch eigentlich niemand hier im Dorf die Fastenregeln in der letzten Woche strikt einhielt, nein während ihm selber ein blutiges Schwert und ein Galgenstrick und alles mögliche an den Hals geriet, redete dieser Rotschopf als könne ihn kein Wässerchen trüben! Ratten können Krokodile fressen, so hieß es. Ja, Noel mochte das kleinere der Übel sein, die ihr Dorf bedrohten - womöglich sogar ein Verbündeter, der Luise beschützen könnte - aber jeder konnte nur eine gewisse Anzahl von Seitenhieben ertragen und was genug war, war genug. Und vor allem: Noel war das greifbare der beiden Übel.

    Was in diesem Moment für Konrad einzig und allein zählte war, das Noel offenkundig gemacht hatte das er alles und jeden hier im Dorf opfern würde um an Luise zu kommen. Er war ein Monster. Sahen das die andren denn nicht? „DU! Du hälst dich vielleicht für etwas Besseres doch das ist nicht wahr. Dein Herz ist schwarz vor Neid und deine Worte sind pures Gift. Wer dir im Weg steht wird angeklagt, nicht wahr? Heute Tyrell, morgen dann ich und dann ihr Onkel, bis du hast was du begehrst?" Er spuckte in Noels Richtung aus. „Ich geb dir einen heiligen Dolch, Bursche! Brunhild ist also beschränkt, ja? Maria und die Geistlichen sind eine unerträgliche Zunft? Du sprichst eine wegen ihrer Herkunft frei und zeigst gleich als nächstes aus dem selben Grund auf jemand anderen. Luise bekommst du Ungeheuer nicht!
    Ich klage dich, Noel der Umtriebe der letzten Nacht an! Und wenn es das letzte ist, was ich tue.“

    Geändert von Viviane (27.03.2013 um 19:48 Uhr)

  10. #50
    Rekon, welcher seit seinem Sturz das Bett hütete, versuchte sich noch einmal aufzuraffen. Mit der Hoffnung, nicht noch einmal von Asmotheyx zum Zusammenbruch gezwungen zu werden.
    Er hörte schon vom Weitem die erste Nominierung des Tages: Konrad, der sonst friedliche Zeitgenosse, hat Noel angeklagt. Rekon schritt langsam voran und erreicht nach einiger Zeit den Dorfplatz, wo großer Trubel herrscht. "Ich habe gehört, wie Konrad den verdächtigen Noel angeklagt hat..." sprach er, was aber niemand hörte, weil sie alle in großer Aufruhr waren. Mina ist Rekon anscheinend gefolgt um ihm zu helfen, falls er wieder einen Zusammenbruch hat. "Was ist in euch gefahren? Ihr fangt jetzt schon mit der Nominierung an? Obwohl das Dorf nicht vollständig versammelt ist?" sagte Rekon dieses Mal für einige verständlich. "Kann mich mal jemand aufklären, was in meiner Abwesenheit geschah?" Ein Wanderer, der anscheinend von niemanden beachtet wurde, erzählte Rekon, was hier geschah. Entsetzen machte sich in ihm breit. Er hätte nicht gedacht, dass es so schnell gehen würde. Vor allem wollte Rekon das Dorf nicht hängen lassen. Er sah sich zusammen mit Mina das Geschehen weiter an, um dann am Ende eine Entscheidung treffen zu können... Asmotheyx... Bitte lass mich in Ruhe...

    Geändert von Zirconia (26.03.2013 um 22:17 Uhr)

  11. #51
    "Peter Eichmann!"hörte er einen lauten Ruf über den Platz und er schrak aus seiinen Gedanken hoch. Hatte ihn da jemand gerufen? Peter sah auf und erblickte die junge Jägerin Merete, die auf ihn zukam. "Der Hauptmann schickt mich!"
    "Grüß Gott, Merete. Was ist denn der Anlass?" begrüßte Peter sie freundlich. "Der Hauptmann möchte eine Liste über das Vieh aller Bauern des Dorfes. Er fragt sich, woher das Blut an diesem Schwert stammen könnte. Vermisst du vielleicht eines deiner Tiere?" Peter sah sie ein wenig fragend an. Er war doch kein Viehbauer? Allerdings hielt sich die junge Frau bisher immer sehr zurück was die Verbindung zu anderen Dörflern angeht. Da wusste sie vermutlich nicht viel über ihn. "Es tut mir leid, Merete" begann er daher, "aber ich besitze auf meinen alten Gaul keinerlei Tiere. Und mein Brauner war heute morgen noch wohlauf, sofern er es in seinem Alter denn noch sein kann. Aber ich kann dir gerne helfen die anderen Bauern im Dorf zu befragen. Da sind noch der alte Müller, welcher ein paar Kühe besitzt sowie der Bauer Huber mit seinen Hühnern." - "Vielen Dank, Peter. Das wäre mir eine große Hilfe."

    Peter wollte sich gerade auf den Weg machen um einen seiner Kollegen zu besuchen, als die Anklage gegen Konrad eröffnet wurde. Es war ihm immer noch ein großes Rätsel, wer den Jungen angeklagt hatte, und wieso in Herrgottsnamen der Pfarrer auf ihn gehört hatte. Peter überlegte, wie er ihm helfen konnte. Immerhin hatte Konrad sich auch für ihn ausgesprochen - dass es nicht gerade ein Kompliment war wenn er sagte, dass er zu arm sei um sich Papier leisten zu können, bemerkte er dabei gar nicht. Da trat Brunhilde vor und gab an, dass er am Abend zuvor mit Konrad das Wirtshaus verlassen hatte. Peter erinnerte sich "Ja, das stimmt." stimmte er ihr leise zu. Vermutlich hatte ihn niemand gehört, deshalb räusperte er sich und fügte noch etwas lauter hinzu: "Ich habe gestern Abend, zu bereits sehr später Stunde, zusammen mit Konrad das Wirtshaus verlassen. Ich muss zugeben, dass wir beide nicht mehr ganz nüchtern waren, doch scheine ich noch etwas mehr zu vertragen, so dass ich noch in der Lage war zu gehen. Der arme Konrad hingegen, er konnte sich kaum noch halten. Wenn der, nachdem ich ihn beim Apotheker abgeliefert hatte, sich noch nachts herumgetrieben hat, dann fress ich 'nen Besen!" Peter hoffte, dass dies dem jungen Schreiner helfen würde. Dass er durch seine Aussage evtl. die Aufmerksamkeit auf sich selbst ziehen könnte bedachte er dabei nicht.

    Daraufhin ergriff Noel, der Bibliothekar, das Wort. Peter hatte in seinem bisherigen Leben noch nicht besonders viel mit ihm zu schaffen gehabt. Er kam nicht groß zum lesen - was er eh nicht besonders gut konnte - dazu hielt er ihn für sehr merkwürdig. Er ging nicht in den Gottesdienst. Was für ein wichtiges Mitglied der Gesellschaft konnte er dann schon sein? Noel sprach sich für Brunhild, Konrad, Schwester Maria und ein Mädchen Namens Lumi aus. Von letzterer hatte Peter noch nicht gehört. Er sah sich um. Konnte er sie irgendwo erblicken? Er brach dann jedoch abrupt seine Suche ab, als er erneut seinen Namen hörte. Noel sprach immer noch. Und wenn Peter richtig hörte, nannte er ihn gerade als einen der Verdächtigen.
    "Peter Eichmann. Ein nach außen hin aufrichtiges Mitglied dieser Gemeinschaft, mit dem ich persönlich nie viel zu schaffen hatte. Doch auch bei ihm stellt sich die Frage: Wo mag er sein? Und warum ist er trotz dieser Situation anscheinend so vehement unbeteiligt? Könnte es sein, dass die Lumianer ihm etwas geboten haben für seine Unterstützung? Schutz? Reichtum? Ich weiß es nicht, meine Weisheit kennt Grenzen."
    Wo mag er sein? Peter konnte nicht glauben, was er da hörte. Er war doch hier, nur wenige Meter von ihm entfernt. Er wartete, bis Noel mit seiner Rede fertig war und ergriff dann erneut das Wort und wandte sich dabei direkt an Noel: "Grüß Gott, Herr Bibliothekar! Darf ich mich vorstellen? Peter Eichmann, Landwirt, ich bewirte einige der Felder dort drüben am Dorfrand" und zeigte dabei in Richtung Osten. "Nur damit du es weißt: Ich bin hier, und zwar schon seit einer ganzen Weile. Ich bin vielleicht kein Mann vieler Wort, aber mir liegt dieses Dorf und seine Bewohner am Herzen. Ich bin hier aufgewachsen, meine Familie lebt hier, ich kenne nichts anderes! Also wage es dich nicht noch einmal mich als abwesend oder unbeteiligt zu bezeichnen!" Bei seinem letzten Satz funkelte er Noel böse an.

    Geändert von Layana (27.03.2013 um 09:32 Uhr)

  12. #52
    Mit gleichermaßen verwirrter wie beunruhigter Miene sah Luise zu, wie Noel nach vorne marschierte und vor der versammelten Dorfgemeinde seinen Schwur leistete.
    Und spätestens in diesem Moment wurde Luise klar, dass es kein Zurück mehr gab. Man würde nun beginnen, seine Verdächtigungen abzugeben und am Ende des Tages würde jemand hängen. Wahrscheinlich jemand, der unbeliebt war oder sich viel zurückhielt. Aber mit Sicherheit hatten die Wenigsten tatsächlich eine Ahnung wer Teil der Lumianersekte sein könnte.
    Und Luise bildete keine Ausnahme. Hatte sie zwar Menschen, denen sie tief vertraute, so gab es doch genauso Menschen, die sie einfach kaum kannte. Und das schlimmste war, dass auch jemand in ihrem engen Vertrautenkreis, so klein er auch sein mochte, sie verraten konnte. Doch diesen Gedanken verbannte sie am liebsten. Adalbert kam aufgrund seiner Erkrankung nicht einmal in den Kreis der Verdächtigen. Und Luise würde lieber selbst hängen, als Konrad oder Schwester Maria zu verdächtigen. Die beiden kamen nicht in Frage. Es waren die Menschen, denen Luise am meisten Vertrauen entgegenbrachte und sie konnte sich nicht durchringen, einen der beiden auch nur in Erwägung zu ziehen.
    Da hörte Luise Noels Ansprache. Seltsam kam es ihr schon vor, wie der junge Bibliothekar sich in der Öffentlichkeit derart als menschenverachtender Egoist darstellte, nur um dann zu begründen, dass er der Liebe wegen dem Dorf helfen wollte.
    Luise wusste nicht allzu viel über die Liebe. Natürlich war da die Liebe, welche ihre Eltern ihr entgegenbrachten oder, im Fall ihrer Mutter, ihr entgegengebracht hatte. Und die Liebe Konrads, welcher mehr einem Bruder als einem Vetter glich. Vielleicht auch die Art von freundschaftlich-fürsorglicher Liebe, die sie manchmal von erwachsenen Frauen wie Brunhild, Maria oder Viktoria erfuhr.
    Aber selbst in ihren jungen Jahren, noch nicht heiratsfähig und innerlich noch ein Kind, wusste Luise, dass dies nicht die Art von Liebe war, die Noel meinte.
    Ein wenig mulmig wurde ihr zumute, als sie daran dachte, wie der junge Bibliothekar die Hand an ihre Wange gelegt hatte. Noch nie hatte jemand sie so berührt und, obwohl es sicher eine Geste der Versöhnung und des Trosts gewesen war, wusste Luise nicht so recht, ob sie diese Berührung mochte.
    Schnell verdrängte Luise diese Gedankengänge. Es war nicht, als hätten sie etwas miteinander zu tun. Und relevant waren sie für die heutige Wahl auch nicht.
    Also lauschte sie weiter Noels Rede, welche ihr von Sekunde zu Sekunde unangenehmer wurde.
    Brunhild sollte beschränkt sein? Luise wusste, dass die Wirtin nicht lesen konnte und vermutlich allgemein weniger gebildet war als sie selbst. Doch Brunhild besaß eine wichtigere Weißheit - sie wusste nämlich mit Menschen richtig umzugehen. Etwas, von dem Luise nur träumen konnte, so oft wie sie die Dinge missverstand oder einfach kein Wort herausbekam.
    Bei der Bemerkung, dass Maria einer unerträglichen Zunft angehören sollte, klappte Luises Kinlade herunter und sie schlug erschrocken die Hand vor den Mund. Sie hatte Noel nie in der Kirche gesehen, aber dass er eine derart negative Sicht auf die Kirche hatte, konnte Luise nicht begreifen. Auch seine Worte, welche den Glauben der nonnigsten Nonne unterstützten, klangen eher abwertend.
    Und als Luise seine Verdächtigungen hörte, wusste sie nicht mehr, ob es eine so gute Idee gewesen war, Noel um Hilfe zu bitten. Sicher - er nahm einige Dorfbewohner in Schutz. Aber dafür beschuldigte er einige, die ebenfalls extrem unwahrscheinlich waren.
    Tyrell? Ja, Luise hatte ihn heute ebenfalls kaum zu Gesicht bekommen. Aber er hatte doch bereits gestern Abend solch fürchterliche Kopfschmerzen gehabt. Schuldbewusst dachte Luise daran, wie sie ihn gestern so auf Trab gehalten hatte. Vielleicht war er über Nacht wirklich krank geworden. Sie sollte später wohl nach ihm schauen.
    Und Viktoria? Peter? Beide mochten recht altmodische Menschen sein und keiner der beiden verlor besonders oft viele Worte. Aber Luise wusste einfach, dass beide ein gutes Herz hatten und dies auch oft genug zeigten.
    Patricia... konnte gut möglich sein. Luise kannte diese Frau nicht besonders gut. Die Frau in der scheppernden Rüstung war ihr immer etwas suspekt gewesen. Was für einen Beruf hatte sie eigentlich?
    Allerdings sah Luise auch die einzelgängerische Merete nicht oft. Wobei diese als Jägerin auch einen sehr einsamen Beruf hatte. Und ihre Verbindung zum verstorbenen Hauptmann war anscheinend gut gewesen.
    Nachdem Noel seine Rede beendet hatte, waren die Reaktionen der Gemeinde, verständlicherweise nicht besonders positiv.
    Dennoch überraschte Luise, dass ausgerechnet Konrad mir der ersten Nominierung begann. Übelnehmen konnte sie es ihm aber nicht. Noel hätte wissen müssen, dass seine bestenfalls zweifelhaften, schlimmstenfalls ketzerischen Aussagen nicht gut bei den Gottesfürchtigen ankamen. Und Konrad befand sich noch immer in Gewahrsam des Pfarrers und des besten Freund des Henkers. Da verlor auch ein großmütiger Mensch wie er seine Geduld.
    Doch, so sehr er sich auch verdächtig machte, irgendwie konnte Luise nicht glauben, dass Noel ein Lumianer war.
    Die Art wie er sich auf einem Silbertablett präsentierte... es war beinahe, als wolle er, dass man ihn nominierte.
    Ratlos hörte Luise zu, wie Rekon Konrads frühzeitige Entscheidung anzweifelte und Peter sich rechtfertigte. Dann herrschte einen Augenblick lang Stille.
    Schließlich beschloss Luise, in Aktion zu treten. All ihren Mut nahm sie zusammen und trat nach vorne. So laut sie konnte, sprach sie: "I-ich möchte auch e-etwas sagen. Mir ist b-bewusst, dass ich nur ein Kind bin und meine Meinung d-deshalb vielleicht nicht so b-begründet ist, wie die eines E-erwachsenen." Vor dem nächsten Satz musste sie erst tief einatmen. Erwachsene mochten es garnicht, von einem Kind belehrt zu werden. "A-aber ich m-möchte sie trotzdem a-aussprechen, d-denn vielleicht k-kann dennoch jemand e-etwas damit anfangen." Luise zitterte unter all den auf sie gerichteten Blicken. Blut schoss ihr ins Gesicht und ihre Beine fühlten sich an, als würden sie jeden Moment nachgeben. Aber sie blieb standhaft und senkte ihren Blick nicht. "I-ich stimme Noel zu, dass es eine Torheit war, unseren ehrwürdigen Pfarrer von Konrads Schuld zu überzeugen. Und ich glaube, dass auch viele andere dies so sehen." Luise blickte ihrem Vetter ins Gesicht und schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln, was aufgrund ihrer Nervosität aber wahrscheinlich erbärmlich aussah. Aber so lange, wie Konrad sie schon kannte, verstand er die Geste wahrscheinlich. Und das allein zählte.
    Die Apothekertochter fuhr fort: "W-womit ich nicht einverstanden bin, sind s-seine D-darstellungen e-einiger ehrenwerter D-dorfbewohner. M-maria i-ist ihrem B-beruf und damit auch dem Herrgott mit Leib und Seele verschrieben. A-aber trotzdem h-hat sie immer ein o-offenes Ohr f-für uns einfache, sündige Menschen u-und kümmert sich s-so gut sie kann um die Gemeinde. I-ich k-kenne keine edlere G-gesinnung."
    Dann fiel ihr Blick auf die Wirtin der "Runden Hirschkuh". "Und Brunhild ist a-alles andere als b-beschränkt. S-sie mag n-nicht lesen können. A-aber sie weiß i-immer, w-wie man anderen Menschen in Not h-hilft. S-sie kümmert s-sich unermüdlich u-um andere u-und lässt s-sich nicht davon abbringen, j-jemanden aufzuheitern o-oder zu trösten. O-ob es n-nun mit aufmunternden Worten o-oder mit warmer M-milch ist."
    Luise wurde ein wenig schwindelig von dem vielen lauten Reden und der Menschenmasse, welche sie umgab. Aber sie ließ nicht locker. Sie würde ihre Stimme nicht eher senken, als dass sie gesagt hatte, was sie aussprechen wollte. "W-was Tyrell betrifft... e-es mag sein, d-dass er heute k-kaum gesichtet w-wurde. A-aber ich hatte Gründe d-dafür, ihm gestern m-meine Stimme z-zur Hauptmannswahl zu geben - u-und ich vertraue ihm n-noch immer. E-er litt schon gestern a-an Krankheitssymptomen, v-vielleicht ist er m-mittlerweile bettlägrig u-und wurde deshalb heute k-kaum gesehen."
    Dann schaute sie schüchtern erst den Bauern Peter, dann Viktoria an und fuhr fort: "H-herr Eichmann u-und unsere junge Schneiderin s-sind beide nicht b-besonders gesprächig. A-aber beide sind großherzige u-und a-anständige L-leute. H-herr Eichmann war gestern Abend noch mit den anderen i-im Wirtshaus. I-ich habe ihn dort gesehen, wie e-er m-mit den anderen zusammen war u-und auf den alten Hauptmann angestoßen h-hat." Luise warf Konrad einen schuldbewusst Blick zu. "I-ich weiß, dass ein junges M-mädchen wie ich d-dort abends nichts z-zu suchen hat. E-es tut mir leid."
    Mit verbleibender Kraft warf sie schließlich ihren letzten Gedankengang in den Raum: "D-dort habe ich d-dann auch jemanden gesehen, d-den ich nicht kannte. U-und zwar d-die "Rote Viola" m-mit der schönen Stimme. I-ich k-kenne sie nicht u-und anscheinend weiß a-auch sonst niemand, w-wer s-sich hinter d-dieser Maske v-verbirgt. W-was ich weiß, ist d-dass sie j-jemand a-aus dem D-dorf sein muss, d-denn eine s-so zarte F-frau könnte u-unmöglich nachts d-den Wald unbeschadet d-durchqueren. I-ich führe da eine Kräutermischung i-in der Apotheke, die herkömmlich als M-medizin angewendet w-wird, a-aber auch einen g-grünen, w-wasserlöslichen F-farbstoff aufweist. V-vielleicht w-wurde d-diese f-für die Haare v-verwendet." Einen Moment schwieg sie und fügte dann eilig hinzu: "I-ich will nicht sagen, d-dass sie eine Schuldige ist. A-ber vielleicht h-hat sie g-gestern Abend e-etwas gesehen."
    Dann sprach sie: "U-und i-ich möchte n-noch sagen, dass ich nicht g-glaube, dass Noel e-ein Lumianer i-ist. Ich kann m-mir nicht vorstellen, d-dass e-er dann so v-viel ü-über sie preisgeben u-und sich selbst a-als Zielscheibe d-darbieten w-würde."
    Mit diesen Worten trat sie ein paar Schritte zurück, froh, dass ihre Beine nicht nachgaben, und überließ erneut den Erwachsenen das Wort.

  13. #53
    "Vielen Dank, Peter. Das wäre mir eine große Hilfe", ließ sie den freundlichen, hilfsbereiten Bauern noch wissen, bevor sich Merete der Bühne zuwandt. Der gesichtstätowierte Bibliothekar sprach, offenbarte sich ein weiteres Mal der Menge und verkündigte seine Verdächtigungen. Vage, durchsichtige Verdächtigungen, wie sie fand. Einige sogar an den Haaren herbeigezogen, wie Peter nur wenig später selbst bemerkte. Auch Konrad, der junge Schreinergeselle meldete sich zu Wort, es nun selbst ergreifend, nachdem er zuvor befragt worden war. In seinem Blick lag unverhohlener Hass Noel gegenüber. Gar spuckte er in seine Richtung und sprach sich aus dafür, den Rotschopf hinrichten zu lassen. Meretes Befürchtungen - die des Hauptmannes - waren eingetreten.

    Die Jägerin machte sich auf, in Richtung der Bühne zu treten, die nach dem mutigen Auftritt Luises frei geworden war. Das zischende Tuscheln hielt die Dörfler auf Trab, beschäftigte sie und gab ihr so den Moment, den sie brauchte, ihre Gedanken zu ordnen.

    Jetzt oder nie. Der Pfarrer, augenscheinlicher Vertreter der Barmherzigkeit Gottes in diesem Dorf, hatte die Saat des Hasses in den Köpfen der Menschen gepflanzt - die Saat, die sie dazu bringen sollte, sich gegenseitig zu hängen. Wie bezeichnend. Nur die junge Apothekerstochter erhob das Wort und schützte ihre Nächsten. Merete müsste die Saat entfernen, bevor sie keimte. Und auch, wenn sie die Ahnung plagte, dass es bereits zu spät dafür sei, erhob sie das Wort.

    "Dieser Bogen..." - kurzerhand hatte sie ihr Jagdwerkzeug von der Schulter genommen und hielt ihn nun vor sich - "... tötete unzählige Männer. Doch nie sollte sein Ziel der Unschuldige sein, nie seine Aufgabe Mord. Nur wer das Leben bedrohte - das meine oder das meiner Freunde - erfuhr den raschen Tod durch diese Waffe."

    Ihr Arm senkte sich, das Jagdwerkzeug mitreißend und schließlich auf den Boden des Podestes fallen lassend. "Des Hauptmanns letzter Akt war, uns zu warnen. Ich sage, er meinte dies. Nicht die Bedrohung durch die Sekte der Lumianer, die unser Volk unterwandern, sondern die Angst in uns allen, die uns verführt, zu morden, das Leben Unschuldiger zu riskieren, um uns selbst zu schützen, sich voneinander zu entfernen, in einer Zeit, in der wir alle enger zusammenrücken sollten. So lasset uns nicht den Weg dieser Angst gehen, kein reines Herz in den Tod schicken."

    Sie selbst war zu aufgebracht, um die Reaktion der Menge vor sich ausmachen zu können, ließ ihrerseits nur ein Seufzen folgen und schloss ab:

    "Seit ich denken kann, sehne ich mich nur nach dem Duft des Windes. Das größte Glück ist es, durch ihn zu erfahren, dass das eigene Herz noch schlägt. Wer sind wir, darüber zu richten, wem dies' Glück verwehrt bleiben soll? Wer bin ich, dies' Glück jemandem zu nehmen? Eher schlage ich mich selbst (MeTaLeVel) dem Galgen vor, als über das Schicksal eines anderen Unschuldigen zu entscheiden."

    Kaum mehr als den eigenen Atem wahrnehmend verließ sie die Bühne wieder, hoffte inständig, dass ihre Worte Anklang fanden und sie niemanden auf eine falsche Idee brachte. Doch wenn sie es schon geschehen lassen musste, so würde sie es zumindest nicht unterstützen.

  14. #54
    Rekon hörte Luises Rede und Meretes Selbstnominierung. Merete. Danke, dass du mich nach Hause getragen hast, nachdem ich von As... nachdem ich umgefallen bin. Luise, deine Argumentation ist schlüssig, doch kann es auch sein, dass Noel gerade weil er Lumianer ist, so viel erzählt, damit wir genau das denken, was du gerade sagtest. Ich halte Noel zwar für verdächtig, aber noch nicht für verdächtig genug, um ihn zu hängen. Der Bastler ist für mich auch unverdächtig. Mit Patricia habe ich eigentlich nicht viel zu tun, um sie beurteilen zu können. Peter kenne ich als freundliche Person und Nachbar. Maria ist die Frau, die Gott am nächsten ist. Im Moment habe ich nur einen Verdächtigen, den ich aber jetzt noch nicht anklagen will, da das Risiko zu groß ist." sprach Rekon und atmete noch einmal tief durch. "Ich möchte meinen Speer nicht in einen Unschuldigen rammen." waren die letzten Worte, bevor Rekon die Bühne verlässt. Die Bewohner scheinen ihn gehört zu haben...

  15. #55
    Noel und Deusexus saßen zusammen auf einer Bank, dösten vor sich hin, Deus' haarige Schnauze auf Noels Knien und dessen Hand in seinem warmen, weichen Fell.
    Da hörte Noel eine lautere Stimme vom Platze her, die sich Gehör verschaffte.

    schon den restlichen Dörflern zuwandte und die Stimme erhob:
    “Ich möchte mich für Konrad aussprechen. Er war gestern Abend einer meiner Gäste. Alle, die ebenfalls dort waren, können das bezeugen, er hatte für alle die Getränke nach der ersten Runde bezahlt. Konrad blieb bis in die späten Abendstunden, ehe er mit Peter mein Wirtshaus wieder verließ. Er lag vor dem Kamin und war so trunken, dass Ihm aufgeholfen werden musste und er ohne Peters Stütze nichtmal hätte gehen können. Ich glaube kaum, dass es ihm in seinem Zutand möglich gewesen wäre, noch irgendeinem sündhaften Treiben nachzugehen… auch wenn ich mich für das von da an Geschehene nichtmehr verbürgen kann…“


    Ohne die Augen zu öffnen erkannte Noel, dass es sich bei der Besitzerin um Brunhild handeln musste. Sie entlastete oder schwächte zumindest den Verdacht gegen Konrad.

    ...was denkst du, Deus?


    Hm, bin nicht sicher. Wenn der Kerl wirklich helle ist, könnte er sich so ein Alibi verschafft haben. Allerdings werdet ihr Menschen zu nutzlososen Reissäcken, wenn ihr mal richtig betrunken seid. In so einem Zustand konnte Konrad zumindest nicht mehr viel anrichten...

    Hm. Ich hoffe, er gehört den Lumianern nicht an. Ich möchte es glauben.

    Und bevor viel Zeit ins Land zog, öffnete Noel reflexartig die Augen, denn jemand kam auf ihn zugetrampelt.

    „DU! Du hälst dich vielleicht für etwas Besseres doch das ist nicht wahr. Dein Herz ist schwarz vor Neid und deine Worte sind pures Gift. Wer dir im Weg steht wird angeklagt, nicht wahr? Heute Tyrell, morgen dann ich und dann ihr Onkel, bis du hast was du begehrst?" Er spuckte in Noels Richtung aus. „Ich geb dir einen heiligen Dolch, Bursche! Brunhild ist also beschränkt, ja? Maria und die Geistlichen sind eine unerträgliche Zunft? Du sprichst eine wegen ihrer Herkunft frei und zeigst gleich als nächstes aus dem selben Grund auf jemand anderen. Luise bekommst du Ungeheuer nicht!
    Ich klage dich, Noel (Nonsense) der Umtriebe der letzten Nacht an! Und wenn es das letzte ist, was ich tue.“


    Konrad hatte aufgebracht in Noels Richtung gebrüllt, die Masse hinter ihm starrte in stiller Erwartung auf die beiden. Noels' Ausdruck war mehr als verdrießlich, beinahe schmerzhaft.

    Warum... feindet Konrad sich so mit mir an...?

    Hmpf. Kann ich frei sprechen, ohne dass du in die Luft gehst?

    Noel warf Deusexus eine Mischung aus vorwurfsvollem und wehleidigen Blick zu, was dieser als "Ja" interpretierte.
    Darüber solltest du dich nicht wundern. Was erwartest du bitte, wenn du vor versammeltem Pöbel erklärst, dass du selbigen zur Hölle schicken würdest, nur um Luise zu schützen? Das darfst du dir denken, aber verdammtnochmal Noel, behalt soetwas für dich. Ehrlichkeit schön und gut, aber solche Aussagen stärken niemandes Vertrauen in dich. Du wolltest dich verändern, stimmts? Dann fang jetzt damit an!

    Noel schwieg. Deuexus hatte ihn, seit die beiden sich kannten, selten so agressiv zurechtgewiesen.

    ...

    Aber er hatte recht.

    Stumm stieg Noel von der Bank auf, trat dem aufgebrachten Konrad gegenüber. Er verbeugte sich tief.
    "Du sprichst wahr, und das in jedem Punkt, Konrad. Ich verstehe dein Misstrauen vollkommen. Verzeih dennoch meine Anmaßung, so du kannst. Ich hoffe, ich werde mein Schandmaul zukünftig beherrschen können."
    Dann richtete der Junge sich wieder auf und wandte sich ans Dorf.
    Bleib ruhig. Du hasst diese Menschen nicht. Niemand von ihnen hat dir etwas getan. Sei ehrlich. Sei es für sie.

    "Konrad spricht wahr. Und jeder von Euch, der seinem Gedankengang folgen kann und diesem zustimmt, soll nicht zögern, mich ebenfalls zu nominieren. Ich werde bereit sein, zu gehen, wenn es denn euer Wille ist."

    Nun war es Peter, der mit unwischem Gesichtsausdruck aus der Masse hervortrat.
    "Grüß Gott, Herr Bibliothekar! Darf ich mich vorstellen? Peter Eichmann, Landwirt, ich bewirte einige der Felder dort drüben am Dorfrand" und zeigte dabei in Richtung Osten. "Nur damit du es weißt: Ich bin hier, und zwar schon seit einer ganzen Weile. Ich bin vielleicht kein Mann vieler Wort, aber mir liegt dieses Dorf und seine Bewohner am Herzen. Ich bin hier aufgewachsen, meine Familie lebt hier, ich kenne nichts anderes! Also wage es dich nicht noch einmal mich als abwesend oder unbeteiligt zu bezeichnen!"

    Noel blickte beschämt zu Boden. Er hatte sogar einen seiner Beschuldigten übersehen. Ein Schlag nach dem Anderen fuhr schmerzhaft in seine Magengrube.

    Vergiss nicht, Noel...,
    Deus trat an Noels Seite.
    Daran bist letztendlich du selbst Schuld. Hass erzeugt Gegenhass. Immer.

    Es stimmt. Die Abweisungen der Bewohner geschahen ihm nur recht.

    Plötzlich trat überraschend Luise zwischen die drei Männer. Ihre Blicke trafen sich einen Moment, bevor Noel dem ihrigen auswich. Zweifellos, es lag Abneigung, unwohlsein und Verbitterung in Luise' Augen. Er war selbst Schuld. Und trotzdem...

    "I-ich möchte auch e-etwas sagen. Mir ist b-bewusst, dass ich nur ein Kind bin und meine Meinung d-deshalb vielleicht nicht so b-begründet ist, wie die eines E-erwachsenen."

    Der Seitenhieb auf Noel schmerzte unbeschreiblich. Aber er blieb weiterhin stumm stehen.
    Renn einmal nicht weg. Nur einmal.

    Was folgte, war ein längerer Dialog Luises' über seine Anschuldigungen, die Meisten davon zweifelte das Mädchen an.
    Noel verstand es. Wie konnte sie die Menschen, die sie kannte und die ihr nahestanden, als Mörder bezichtigen? Er würde sie nicht so verzweifelt lieben, wenn Luise nicht so wäre.

    "U-und i-ich möchte n-noch sagen, dass ich nicht g-glaube, dass Noel e-ein Lumianer i-ist. Ich kann m-mir nicht vorstellen, d-dass e-er dann so v-viel ü-über sie preisgeben u-und sich selbst a-als Zielscheibe d-darbieten w-würde."


    Ein kleiner, warmer Hauch von Dankbarkeit strich durch Noels Brust. Aber es blieb bei einem Hauch. Weitaus größer war das spöttsche Grinsen, dass neben seinem Ohr vor sich hin kicherte:
    "Das hast du nicht verdient, du Wahnsinniger!"

    Damit trat Luise wieder zurück. Noel wollte ihre Augen nichtsuchen, denn er war sicher, sie wären voll Anklage. Würde sie ihn nach diesem Abend jemals nocheinmal wie vorher ansehen?

    Es folgten kleinere Gespräche der Jägerin, welche sich nominierte und Rekons' , welcher seine Gedanken teilte. Dann wurde es zunächst ruhig. Noch schien keine Entscheidung in Sicht, also setzte sich Noel erneut auf die Bank und überlegte, wen er wohl nominieren würde. Er wusste es nicht. Er musste abwarten.

    Stört es dich nicht, dass luise dich... nun ja...

    ...hasst?

    ...

    Jeder ist seines Schicksales schmied. Ich war mir immer bewusst, dass sie so reagieren würde, wenn sie mein wahres Wesen kennenlernt.
    Aber weißt du was, Deus?

    Noels Blick verlor sich lächelnd im weiten Sternenhimmel, als er weitersprach.
    Ich möchte mich verändern. Und das betrifft auch Luise. Ich denke, unsere Bekanntschaft ist zuende. Aber... das ist in Ordnung. Ich sollte mich von ihr loslösen und zu einem Menschen werden, den sie nicht fürchtet... oder hasst. Wenn ich das eines Tages geschafft habe, wird sie mir vielleicht wieder ein Lächeln schenken...

    Du bist dir im klaren, dass die Chance, dass du ihr Vertrauen zurückgewinnen kannst, mit jedem Tag sinkt, denn du dich von ihr distanzierst?

    Immer noch lächelte Noel.
    das war... unerwartet.

    Es ist in Ordnung. Wenn sie einen Menschen findet, den sie liebt, mit ihm ihr Leben verbringt. Wenn sie mich hasst, verachtet und kein Wort mehr mit mir wechselt. Wenn wir Zeit unseres Lebens Fremde bleiben.

    Wenn ich sie nur für den Rest meines Dasins beschützen kann... dann bin ich schon zufrieden. Die Hauptsache ist, dass Luise glücklich wird. Egal, mit welchem... Menschen an ihrer Seite.
    verstehst du?"


    Deus legte sich auf den Boden vor der Bank und schnaufte.
    Menschen sind seltsam... ich verstehe euch einfach nicht.

    Noel kicherte und strich dem Gott in Wolfsgestalt grinsend über das Fell.

    Geändert von Holo (27.03.2013 um 15:27 Uhr)

  16. #56
    Noel antwortete ihm nicht, sondern blickte nur zu Boden. Was war das? Tat es ihm leid? War es ein Schuldeingeständnis? Peter konnte es nicht deuten. Auch auf die Anklage Konrads verteidigte sich Noel nicht, er stimmte ihm vielmehr zu. Peter wurde es an dieser Stelle zu bunt.

    "Was ist los, Noel (Nonsense), hat es dir die Sprache verschlagen? Haben wir dich durchschaut? Ich hatte es ja geahnt. Warst ja in meinen Augen schon immer ein merkwürdiger Bursche. Und dass du dich nun, wo du so in die Enge getrieben wirst, nicht einmal verteidigst, da kannst du dich ja auch gleich selbst dem Henker übergeben. Ein unschuldiger Mann wüsste sich zu verteidigen, wie unser Konrad hier. Meine Entscheidung ist damit gefallen und ich bitte den Herrn um Verzeihung, aber einen solchen gottlosen Ketzer wie dich möchte ich nicht mehr in unserem schönen Dorf haben!"

    Geändert von Layana (27.03.2013 um 15:57 Uhr)

  17. #57
    Ich mag eine Nonne sein, aber ich bin nicht so verbohrt und verschlossen wie manch anderer hier zu vermuten scheint.
    Maria hütete sich, diesen Gedanken laut auszusprechen. Indes nahm sie die Unschuldssprechung Noels lieber hin, anstatt sich mit ihm über seinen angegebenen Grund zu streiten. Lieber so, als wegen eines sinnlosen Streits dann doch noch seine Stimme zu bekommen - und dann womöglich die des ganzen Dorfes... Das würde der Herrgott nicht gutheißen. Stattdessen warf sie während seiner Rede kurzzeitig einen bösen Blick zu, doch wirklich böse wollte sie ihm tatsächlich nicht sein. Nein, er tat ihr irgendwie leid. Zuvor hatte sie in der Kirche noch darüber nachgedacht, warum Noel sich so verhielt, wie er es tat - und er schien sich zumindest ab und zu zu bemühen. Vielleicht würde er es ja in nächster Zeit irgendwie schaffen, sich positiver und Menschengerechter zu verhalten - der Herr würde ihm schon dabei Helfen. Ob Noel sich der ewigen Anwesenheit des Herrn bewusst war oder nicht.

    Schließlich trat sie selbst vor. "Ich denke, ich habe ... genug nachgedacht."
    Einen Augenblick hielt sie inne und war etwas irritiert ob des Klangs, den dieser Satz innehielt.
    Aber als sie merkte, dass die Menge ihr zuhören würde, sprach sie weiter:
    "In der Tat mag Noel sich, durch sein sündhaft unchristliches Verhalten, für viele Leute verdächtig machen. Auch, dass er bereits so viel über die Lumianer wusste, ist ein erschwerender Faktor, der viele an seiner Unschuld zweifeln lässt. Dennoch glaube ich, dass... heute Abend..." - Maria wurde plötzlich irgendwie unsicher, schließlich war eine Nominierung gewiss nichts positives für diesen Abend, und ihr fielen die nächsten Worte entsetzlich schwer. Sie musste schlucken, bevor sie weitersprach, denn allein der Gedanke an das weitere, was sie nun sagen würde, schnürte ihr die Kehle zu und ließen sie zunächst nach anderen Worten suchen, die sie zuerst loswerden könnte.
    "... Nunja, Noel ist meiner Meinung nach Unschuldig."
    Ungläubig blickte die Menge sie an.
    "Er ist ein verirrtes Schaf, dass gottverloren in der Welt zu treiben scheint. Erst vor zwei oder drei Jahren kam er hier an und wie es aussieht, fällt es ihm schwer, Fuß zu fassen. Ich glaube, er wird sich in den nächsten Tagen aufgrund der hiesigen Beschuldigungen umso mehr bemühen müssen. Und, Noel, würdest du dich zu Gott bekehren lassen, dann hättest du es gewiß leichter in deinem Leben. Die qualvollsten Höllenfeuer werden dich erwarten, solltest du in Wahrheit ein Lumianer sein..."

    Sie warf einen Blick zu Noel hinüber und wirkte für einen Moment vielleicht sogar bedrohlich. Zumindest so bedrohlich, wie eine Nonne wie sie wirken konnte. Dann veränderte sich ihr Gesichtsausdruck wieder genauso schnell wie vorhin und sie sah erneut alle an.

    "Doch das ist gar nicht das, was ich eigentlich sagen wollte. Gottweiß, wer noch alles vor einem gewissen Zeitraum in dieses Dorf fand - Noel ist nicht der einzige Ungläubige in diesem Dorf, der lediglich zugezogen ist und, wohl Aufgrund seiner Unchristenheit, Schwierigkeiten damit hat, hier Fuß zu fassen. Ebenfalls hätte ich einen Grund, die Unschuld einer anderen Person anzuzweifeln, die sich ebenfalls selber nominiert hat."
    Maria hatte jetzt fast schon offen genug gesagt, wen sie nun nominieren wollte - also versuchte sie, nicht weiter darüber nachzudenken, sondern einfach weiterzureden.
    "Der Grund liegt in der nahen Vergangenheit. Wie mir zu Ohren gekommen ist, wurde das Schwert, welches hier auf dem Dorfplatz in der Früh gefunden wurde, untersucht. Doch von wem? Wer hat es mitgenommen? Hast nicht du selbst diese Untersuchungen in die Hand genommen, Merete (MeTaLeVeL)? Es gab keine Ergebnisse dazu, was? Natürlich nicht, du konntest das schließlich genügend manipulieren...
    Es mag ein Argument sein, welches für Meretes Unschuld spricht, dass sie sich selbst nominierte, doch könnte dies doch ebenfalls ein Täuschungstrick sein? Sie sprach über sich selbst, dass sie gemordet hat, auch wenn sie es so nicht nennen würde - jemanden so weit zu bringen, dass Gott sich seiner für den Himmel annimmt, ist aus meiner Ansicht heraus Mord. Und so wird sie sich damit doch genügend selbst auskennen, sie tötet doch jeden Tag, wenn auch meist nur Tiere. Skrupellos genug sollte sie also sein, und um ihre Schuld zu vertuschen, nahm sie sich letztlich zwar des Schwertes an, doch auch ihre Selbstnomination wirkt auf mich nicht harmlos.
    Ich weiß, solche Anschuldigen ziehmen sich nicht für eine Nonne, dennoch finde ich diese Verhaltensweise äußerst Suspekt. Und sicherlich, ich hatte bisher nie mit ihr zu tun. Doch warum auch? Sie sucht keinen Kontakt zur Kirche, und somit auch nicht zu mir. Als wäre sie solch großen Sünden unterlegen, dass sie sich nichteinmal in die Nähe einer Kirche traut..."

    Die Menge tuschelte. Ob die Nonne jetzt selbst irgendwie verrückt geworden war?
    Jedenfalls blieben ihr jetzt die Worte fern - ihr fiel einfach nicht mehr ein, was sie noch dazu sagen sollte. Vielleicht hatte aber noch jemand anders ein Wort, dass er zu erheben wusste. Daher warf Maria nur noch einen traurigen Blick in Richtung Himmel, bekreuzigte sich und verschwand wieder vom Podest.

    Geändert von Wencke (27.03.2013 um 17:14 Uhr)

  18. #58
    Ohne jemandem etwas Böses zu wollen, starb ihr Vater durch die Hand der Kirche. Weil er sich nicht beugte, sie nicht unterstützte, schlicht nicht bereit war, zu glauben. Niemanden hatte dies verletzt und doch nahmen sie ihn ihr. Und jetzt dies. Sollte ihr durch das Verweigern dessen, was die Kirche Glauben nannte, das selbe Schicksal ereilen, wie ihm? Oh Nonne, würdest du glauben, wärst du meine Wege gegangen?, fragte sie still, doch teilte ihr Denken nur mit sich.

    Dennoch sprach sie, um sich den Vorwürfen zu entledigen, mit denen die überaus nonnige Nonne sie belegte.

    "Ja, es ist wahr. Ich nahm das Schwert und brachte es dem Schmied, ließ seinen erfahrenen Geist entscheiden, was der Klinge Vergangenheit sei. Doch sei sie gewöhnlich, erklärte er." Bitter war Meretes Blick, schwerfällig zugleich. Sie sprach zu allen, doch musterte nur Maria. "Doch waren Sie es, Nonne, die mich antrieb. Sagten Sie mir nicht, dass es eine gute Idee sei, den Schmied aufzusuchen? Welch Spiel treiben Sie, mich ob der Idee zu verdächtigen, die Sie selbst unterstützten?"

    Sie verließ das Podest. So viele Worte blieben ungesagt, doch schnürte die Angst ihr die Kehle zu.

    Geändert von MeTa (27.03.2013 um 17:53 Uhr)

  19. #59
    Tyrell stand mitten in der Menge. Verwirrt und perplex stand er da, wusste nicht, was er machen sollte.

    (Entsetzlich... wie sie plötzlich alle aufeinander losgehen... was ist bloß passiert? Eine simple Nachricht auf dem Dorfplatz bringt uns alle so sehr durcheinander. Das kann ich nicht fassen...!)


    Er wusste nicht genau, was jetzt zu tun war. Sich an den Kopf fassend überlegte er eine Weile, bekam aber nicht wirklich etwas zustande. Alles nette Menschen um ihn herum, doch die todesflehende Gesichter verschlugen ihm die Sprache. Ohne einen Laut stand er da. Er hörte zu. Die Menschen fingen an, sich gegenseitig zu nominieren. Merete, die sich selbst als Opfer überließ und Maria, die sie plötzlich tatsächlich auch anklagte. Dann gingen die Leute auch noch auf Noel zu. Mit Tyrell hatte er es sich verscherzt, keine Frage, aber das war kein Grund, ihn umzubringen... oder doch? Tyrell wusste nicht, was zu tun...

    "Geehrte Dorfbewohner von Düsterwald! Seid ihr alle jetzt völlig von Sinnen? Dies erscheint mehr eher als Ausnutzung der Situation, gar furchtbar finde ich es, dass wir Noel plötzlich als gottlosen Ketzer aus dem Dorf verbannen wollen. Das ist doch nicht der Sinn... wir sollten doch die Lumianer ausfindig machen und nicht die Karten unserer Antipathie ausspielen! Ich hätte nicht gedacht, dass es darauf hinausläuft... aber bis wir keinen einzigen Anhaltspunkt haben, werde ich doch lieber mich selber,
    Tyrell (Ligiiihh), dem Galgen überlassen, als dass das der pure Mensch in mir Oberhand übernimmt... ich bin wirklich schockiert...

    Aber Merete! Danke! Ohne Euch wäre ich nie auf die Idee kommen, mich selber zu wählen. Das ist eine viel bessere Variante. Ich verfehle möglicherweise den Hintergrundgedanken des Wunsches unseres Hauptmannes, aber zurzeit finde ich da keinen anderen Ausweg. Auf dass wir heute auf neue Erkenntnisse stoßen, die wir morgen zunutze machen können..."

  20. #60
    Es herrschte eine äußerst gespannte Stimmung auf dem Platz. Mittlerweile sah es so aus:

    Noel hatte bisher zwei Stimmen.
    Die Jägerin ebenso.
    Konrad nach wie vor eine.
    Tyrell nun auch eine.

    Noels Gedanken rasten.
    Denk nach. Denk nach. Setz die Puzzleteile zusammen.
    Du willst einen Neuanfang machen. Tötest du den Falschen, verstösst du das Vertrauen der Dorfbewohner und hast einmal mehr Blut an deinen Händen.

    Beobachte das Verhalten der Spieler... und dreh das Schachbrett um!

    ...
    Ja... wenn man das Schachbrett umdreht... und sich in den Gegner hineinversetzt... dann ist einer der Anwesenden mit Abstand am Wahrscheinlichsten.
    Aber reicht das, um einem Menschen das Leben zu nehmen?

    Ach... halt den Mund. Du erwischst den Richtigen. Du schaffst es.


    Noel begann beherrscht ruhig, zu sprechen.
    "Bewohner Düsterwaldes... die folgenden Worte fallen mir nicht leicht. Wirklich.
    Aber wenn ich die Stränge verbinde, das Schachbrett herumdrehe und das Verhalten der Lumianer analysiere... so ist Tyrells (Ligiiihh) Fassade die Bröckligste. Es schmerzt mich, ein Kind beschuldigen zu müssen... doch so der Wahnsinn der Lumianer ihn vergiftet hat, ist es vielleicht besser so.
    Möge Fortuna geben, dass ich den Schuldigen nominiere.

    ...

    Es tut mir leid, Tyrell."


    Stumm wartete Noel ab, wie das Ergebnis der Wahl aussehen würde und bereitete sich darauf vor, diese Welt zu verlassen.

    Geändert von Holo (27.03.2013 um 18:42 Uhr)

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