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Ritter
Luise konnte es nicht fassen. Der gutmütige Mann, welcher das so weise und gerecht angeführt hatte war nun fort. Für immer.
Vergiftet hatte man ihn. Und sie hatte es nicht verhindert. Niemand hatte es verhindert. Oder es auch nur versucht.
"W-wie konnte e-er das nur tun?", schluchzte Luise, nachdem sie die Hände des Verstorbenen vorsichtig über der Brust gefaltet hatte. "W-warum nur?"
Weitere Schluchzer ließen ihren Körper erbeben. Sie konnte unter ihnen kaum atmen.
Es war ihre Schuld. Sie hätte nach dem Hauptmann sehen sollen. Hätte sich nach seiner Krankheit erkundigen sollen. Sicherlich hätte sie ein Gegengift gekannt. Oder zumindest einen Weg, den Körper rechtzeitig zu reinigen. Womöglich hätte sie sogar die Vergiftung verhindern können.
Aber sie war einfach in ihrer Apotheke geblieben. Hatte ihre freie Zeit mit Träumereien verbracht, anstatt ihre Hilfe anzubieten. Und nun war ein Mensch tot.
Schließlich stand Luise auf und verließ ohne ein Wort den Raum.
"He, wo willst du hin?", hörte sie Tyrell hinter sich rufen.
Aber sie achtete nicht auf ihn. Öffnete mechanisch die Tür nach draußen und trat auf die Straße. Auch das fremde Mädchen, welches in einem nahen Busch hockte, nahm sie nicht war.
Sie schlich einfach mit gesenktem Kopf die Straße entlang - zu dem Ort, den sie immer heimlich besuchte, wenn es ihr schlecht ging. Wenn sie so viele Gedanken hatte, dass sie glaubte, ihr Kopf müsse platzen.
Luise tappte am Wegrand entlang, und hoffte dass niemand sie ansprechen würde.
So gelange sie zu der kleinen Schneiderei am Dorfrand. Vorsichtig lief sie hinter diese und dann den Gartenzaun entlang, bis sie einen losen Zaunpfahl erreichte. Den schob sie beiseite und betrat den großen, dicht bewachsenen Garten.
Und dort, im hintersten Teil des Gartens, fand Luise wonach sie suchte.
Bis vor wenigen Wochen hatten hier, unter dem großen alten Kirschbaum, nur einige Schneeglöckchen ihre weißen Köpfchen dem Himmel entgegengestreckt. Nun aber sah das Mädchen einem ganzen Meer blauer Blüten entgegen.
Die Veilchen hatten zu Blühen begonnen, ihr zarter Duft erfüllte die Luft.
Luise kniete sich neben das Beet und streckte die Hand nach einer der blauen Blüten aus. Nicht um sie zu pflücken. Nur, um sanft darüber zu streichen. Sich zu vergewissern, dass sie wirklich da war.
Endlich lächelte das junge Mädchen wieder und rieb sich die verweinten Augen. Dies war ihr Ort. Der Ort, an dem sie sich geborgener fühlte als an jedem anderen.
Doch plötzlich wurde die friedliche Atmosphäre von einem Kläffen zerrissen.
Erschrocken fuhr Luise herum. Sie hatte die Rechnung ohne den Hund der jungen Schneiderin gemacht. Und ohne die junge Schneiderin selbst, wie das Mädchen bemerkte, als sie eine Gestalt aus dem Haus in den Garten treten sah.
Geändert von Zitroneneis (20.03.2013 um 21:00 Uhr)
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