Noel wühlte nun seit gefühlten Stunden im Regal, noch immer war der Laden menschenleer. Vermutlich war die kleine Elfe mit ihrem bedauernswerten Vater beschäftigt - Ein Zeitgenosse der, wie er wusste, schon früh die Grausamkeit der Menschen kennenlernen musste.
So in seinen Gedanken versunken bemerkte Noel nicht, dass ein Junge ihn von hinten ansprach. schließlich packte der fromme Geselle ihn an der Schulter, so dass Noel ihn endlich bemerkte.
Reflexartig wandte der rothaarige, junge Mann sich um, seine rechte Hand schoss sofort zum Dolch an seinem Gürtel, einen Augenblick später stand er einem seltsam gekleideten Jungen gegenüber, hatte sein Handgelenk fest gepackt. Der Junge verzog vor Schmerzen leicht das Gesicht, versuchte sich aus Noels Griff zu befreien.
Ganz ruhig. Es ist alles okay, beruhige dich. Beruhige dich.
Wortlos ließ Noel die Hand los, beäugte seinen Gegenüber und versuchte sich zu entsinnen, ob er ihn kannte. Dann dämmerte es ihm.
Oh gütige Herzkönigin, köpfe mich oder lass es beiben.
Er kannte den jungen, es war ein aufgeweckter, unbekümmerter Burche, in Düsterwald bekannt wie der weiße Hase im Wonderland. Grässlich, Noel war bereits einmal mit Tyrell auf offener Straße zusammengestoßen. Er war jene Art Mensch, die Noel nur mit Freuden um die Ecke bringen würde, von denen er sich wünschte, den roten, warmen Saft, der durch ihre Kehle pulsierte, auf seiner Wange zu spüren.
Optimisten. Widerlich.
Gereizt blaffte er den Knirps an.
"Was willst du, Bengel?!"
Da trat ein weiterer Mann aus dem Schatten des Thresens, ein Mann, den Noel ebenfalls gut kannte.
Ein Mann, den er hasste wie die schwarze Pest.
Einen gottgesegneten guten Morgen wünsche ich euch, Herr..." verflixt, der Name dieses Mannes war so kompliziert wie die ganze Erscheinung war, "... Bibliothekar. Wie ich euch bereits gestern sagte, selbst wenn ihr vor dem Morgenläuten hier eintrefft so heißt das nicht das die Apotheke dann auch schon geöffnet hat. Würde es euch etwas ausmachen, in Zukunft diese Zeiten einzu...?"
Noel rümpfte geräuschvoll die Nase. Seine Hand zitterte am Gürtel, Affekte schossen durch seinen Körper, frassen sich wie Parasiten in sein Bewusstsein.
Dieser Mann war es, der Luise, abgesehen von ihrem Vater, am nahesten Stand. Dieser hässliche, grobe Wicht war es, der der kleinen Elfe so nahe stand, wie es Noel nie möglich war.
Hass.
Noel zwang sich zur Ruhe. Er sollte mittlerweil gelernt haben, sich in diesen Momenten zu beherrschen, verdammte Axt.
"Ich sage Euch was, Konrad. Kümmert Euch verantwortungsbewusst um das Verschliessen eurer Ladentür und öffnet diese erst, so ihr euren müßigen Hintern zum Arbeiten verwenden wollt, und ich werde, so habt ihr mein Wort darauf, nicht mehr unangekündigt eindringen, Niederer."