Avatar 2 the Way of Water

Kurz vor Weihnachten sah ich den Film noch recht spontan in 3D im Kino, es war vielleicht der zweite oder dritte Kinofilm 2022 für mich. Teil 1 sah ich mit 14 im Kino, es war mein erster 3D-Film, ich war noch jung und nicht von Zynismus, Erfahrung und Ermüdung zerfressen und so über alle nennenswerten Maßstäbe hinweg beeindruckt. So wie ich mir den Film über die Jahre auf Bluray geholt und nochmals gesehen hatte, sag ich dann all die Schwächen inklusive der A4-dünnen Geschichte mit offensichtlicher Klima-, und Ureinwohnerthematik. Dennoch blieb es für mich ein unterhaltsamer Film der Bilder. Eine 7/10.

An Avatar 2, dem James Cameron sich mit so vielen Jahren gewidmet hat, waren meine Erwartungen entsprechend ausgelegt:
Keine Geschichte erwarten, die über die Komplexität eines Bahnhofsbuchhandlungs-Romans hinausgeht.
Gewaltige, sprachlos-schlagende, geistreiche und kreative Bilder erwarten, die abermals zementieren, dass Avatar ein unbedingtes Kino-Franchise ist.

Leider wurde diese Erwartungshaltung in beiden Punkten untertroffen. Avatar 2 hat keine schlechte Story, es hat keine Story. Es gibt keine Handlung, nur eine lose Abfolge von Ereignissen, die allesamt von Anfang bis Ende des Films auszählbar sind, selbst ohne viel Filmerfahrung. Und das hätte mich auch gar nicht weiter gestört, wenn Avatar 2 nicht noch einen großen, schmerzhaften Rückschritt gegenüber der Handlung des ersten Teils vollzogen hätte:
Der Film ist voller Dummheit, schlechten Entscheidungen und etwas zu viel Zufall. Das betrifft vor allem die diesmal grenzenlos-inkompetenten Menschen, die seit den herben Niederlagen vor Jahren nichts dazugelernt zu haben scheinen. Also wie die echten Menschen. Passt.
Die Menschen in Teil 1 haben nicht verloren, weil sie inkompetent oder dümmlich vorgingen, sie mussten einlenken, weil sich am Ende das gesamte, verdammte Ökosystem des Planeten auf sie geschmissen hat. Die hatten keine Chance.
Im zweiten Teil verlieren sie ein ums andere Mal, weil sie sich verhalten wie Luftwaffen-Azubis aus Ohio. Und es macht einen wahnsinnig.


Auf der anderen Seite gibt es die Audiovisualität. Der Film ist wunderschön. Oppulent, gewaltig, brillant, verträumt, eine Augenweide. Jede Sekunde ist ein angemessener Desktophiuntergrund. Die Animationen, insbesondere der Mimiken aller Navi sind bedeutend besser geworden. Die Ozeanaufnahmen inklusive der Unterwasserwelten sind ein Genuss. Es ist ein Film, den man abermals im Kino sehen muss, am besten in 3D, um seine Freude daraus zu ziehen. Musikalisch bleibt man sehr nah am ersten Film.
Was ist dann das Problem? Das Avatar 2 in meinen Augen nicht außergewöhnlich genug ist. Dafür, dass man 13 Jahre auf den Film gewartet hat, sind die visuellen Ideen und Umgebungen einfach nicht bahnbrechend, neuartig, kreativ genug. Die Unterwasserwelten sind schön, aber nichts, das wir nicht schon kennen würden. Die idyllischen Riffs könnte man sich den ganzen Tag anschauen, aber auch auf Google Maps. Es ist alles wirklich großartig, aber nichts Besonderes. Und das war irgendwie schade.


Desweiteren störte es mich massiv, dass der Film den ersten Teil in vielen Aspekten kopiert.
Es gibt viele Handlungselemente, Konflikte, Dialoge, Twists und geradeheraus Szenen, die mitunter einfach fast 1:1 übernommen wurden, zumindest in der Inszenierung. (Siehe Baumsterben <-> Walsterben) Das ist für einen Film dieser größe schon latent-unverschämt und einsilbig, vor allem, wenn der gesamte Film dann im Gegensatz zum ersten Teil nur dem Aufbau für Teil 3 dient und kein wirkliches Ende anbietet. Ganze Subplots und Konflikte werden zum Schluss einfach vergessen und nicht mehr erwähnt, genau wie manche Charaktere.

Avatar 2 ist so voll von Logiklücken, Plot Armor, Suspension of Disbelief, blassen Charakteren und abgekupferten Ideen, dass er schwer zu lieben war. Kein schlechter Film. Immer noch ein gelungenes Kino-Erlebnis, das irgendwoß Spaß gemacht hat und vermutlich beim zweiten Sehen Zuhause - Wenn man sich nicht mehr so über das bescheuerte Verhalten der Antagonisten aufregt - nochmal mehr Freude bringt.

War für mich eine ernüchternde 6/10. PS: Ich hab ein einstündiges Review/Analyse dazu gemacht. Hier.