Ich liebe Mamoru Hosoda! Wirklich, ich liebe diesen Mann. Das ist ein Fakt.
Seit ca. 9 Jahren beschert der gute Herr mir in einem drei Jahresabstand einen geilen Anime nach dem anderen.
Angefangen mit Summer Wars (2013), Der Junge und das Biest (2016), Mirai aus der Zukunft (2019) und dazwischen habe ich Das Mädchen, das durch die Zeit sprang und Ame & Yuki – Die Wolfskinder geschoben.
Jeder dieser Filme gehört für mich zur Anime-Oberliga dazu und so habe ich sehnsüchtig auf den Film Belle gewartet.
Natürlich bin ich vorhin dafür ins Kino gegangen, Vorhang auf und ein weiteres Meisterwerk erstrahlt, oder vielleicht doch nicht?
Denn Belle empfinde ich ein wenig anders als alle anderen Filme von Mamoru Hosada.
An sich fast schon eine Mischung aus Der Junge und das Biest & Summer Wars.
Wieder dreht es sich um eine digitale Welt und wieder spielt ein Roman/Märchen eine Rolle.
Doch spulen wir 122 Minuten zurück, denn der Anfang hat mich ordentlich weggefegt.
Das auf einer fetten Leinwand + Dolby Surround 7.1.
Ein bildgewaltiges Intro mit schwindelerregenden Kamerafahrten und einen so geilen Song (sogar auf Deutsch hat der gezündet), dachte hier kommt etwas riiiichtig großes auf mich zu.
Danach wird interessanterweise das Tempo gewaltig rausgenommen und befindet man sich wieder in der realen Welt, wo ein starker und vor allem etwas blasserer Stil prägt.
Man lernt die schüchterne Suzu und ihr Umfeld kennen, was mich direkt ein wenig erstaunte, da nicht viel zu sehen war von dieser Leichtigkeit, diese bekannten aufgedrehten Charaktere, die meist recht optimistisch sind und in so ziemlich jeden Hosada-Anime vorkommen.
Später wird das dennoch ein recht bunter Mix aus der digitalen Welt U und der Realität, was man sehr mit der Geschichte von Die Schöne und das Biest vermischt.
Hier auch meine Kritik, denn eine (knapp zwei) Szenen waren mir etwas zu kitschig und zwar genau dann, wenn man sich am meisten an das besagte Märchen bedient. Die Rede ist von der Tanz-Szene, wo die plötzlich mit Kleid und Anzug da stehen, da die sehr schnell zusammenfinden ohne so wirklichen Grund (angeblich).
Auch habe ich mir mehrmals die Frage gestellt, ob man sich in manch schwierigen Situationen nicht einfach aus der digitalen Welt U ausloggen kann?
Vielleicht hat man das sogar erklärt und ich habe bloß nicht aufgepasst.
Hier hört dann mein bisschen Kritik auch schon auf, denn was danach kommt war ein klares . Suzu wirkte nämlich auf mich immer depressiver und dann kommt dieser Strudel von Likes, Followern, Hatern samt Shitstorm hinzu, der ein die hässliche Fratze von sozialen Medien vor Augen führt.
Jeder hat eine Meinung und die wird ein mit den Holzhammer eingeprügelt, ob man will oder nicht.
Menschen die bereits ein hartes Los gezogen haben werden von diesem Wahn gänzlich überrollt, wie von einer Dampflokomotive.
Suzu kann schließlich nur als Belle singen und wird in der realen Welt als graue Maus abgestempelt, die selbst ihren Vater - der es gut mit ihr meint - nicht an sich heran lässt.
Klar, hierfür ist ihr Kindheitstrauma verantwortlich und da komme ich zurück auf das Biest.
Denn wer das Biest ist, kann man sich denken, sobald er im RL in Erscheinung tritt.
So war es dann auch, nur stellt man das Gegenteil von Suzu dar.
Kei versinkt nämlich nicht in Trauer, sondern frisst all seinen Schmerz und seine Wut in sich rein, die er anschließend in U rauslässt und wie ein Biest dargestellt wird.
Dieser Umstand erklärt für mich ganz gut die Szenen davor, warum die beiden sich gegenseitig so anziehen, woran Toma/Angel nicht ganz unschuldig ist und somit meine Kritik im letzten Drittel stark abfedert.
Überhaupt hat mir das letzte Drittel mit Kei und Toma wahnsinnig gut gefallen, obwohl ich das wie Neuland von Hosada empfunden habe.
Denn wenn der Livestream läuft und man sieht, wie der Vater seine Kinder misshandelt und alle wegklicken außer Suzu, ist das eine ganz bittere Pille.
Toma hat dazu ein dissoziatives Verhalten und wird von seinem älteren Bruder beschützt, während der Vater direkt seine Hasstriaden rauslässt.
Keis Antwort nach der Misshandlung darf man gerne als Spiegel einer Gesellschaft verstehen, denen augenscheinlich alles egal ist, selbst wenn es natürlich nicht so simpel ist.
Mit dem darauffolgenden letzten Song bin ich nur davon ausgegangen der Film würde keine 2 Minuten mehr gehen, von wegen Kei zeigt sich, man ruft die Polizei an und fertig ist der Film, doch stattdessen geht Belle ein gutes Stück weiter.
Nicht nur das Suzu sogar direkt handelt, es kommt noch zur Aussprache mit ihrem Vater und zur Konfrontation mit Kai und Tomas Vater.
Wieder eine sehr, sehr unangenehme aber wichtige Szene, denn mir fällt gerade nur Erased ein, wo das Thema Kindesmisshandlung realistisch behandelt wird.
Zudem wächst Suzu dann (wie sollte es auch anders sein) über sich hinaus und kann loslassen.
Fazit: Belle sticht durchaus hervor, wenn man das erwartet, was Hosada die Jahre davor kreiert hat.
Bildgewaltig, coole Songs (der Anfang erinnert mich voll an die Parade aus Paprika), erstaunlich ernst mit einigen ganz wichtigen Themen.
Vielleicht 1-2 zu kitschige Szenen und trotzdem ein starker Anime der sich voll gelohnt hat.