The Boys (Serie) 
TL DR: Wer  Superhelden mag, sie einmal ganz anders erleben will oder  Klein-Gegen-Groß-Crimestories mag, bekommt hier mit 8 Folgen keinen zu  langen Einstieg in eine Comicverfilmung, die auf jeden Fall keinem weh  tut. 
Meine   Einstellung zu Superhelden ist in etwa die Selbe wie die zu Pornos -  Es  macht Spaß, sie sich ab und zu anzusehen, manchmal kommt was Gutes   dabei raus, aber meistens sind sie mir egal und ich verstehe die   Begeisterung darum nicht. Superhelden sind für mich die traurigen Kopien   von Manga-Helden, nur in weniger kreativ und mit albernen Kostümen.  Ich konnte westlichen Comics und dem Superheldenkosmos also noch nie  etwas abgewinnen, und das hat sich auch mit der großen Marvel-Revolution  nur unerheblich geändert. Sicher, ein Deadpool oder ein Winter Soldier  sind schon mal ganz großartige Popkorn-Unterhaltung, aber für mich gibt  es keine seelenlosere, flachere Popkorn-Unterhaltung als Marvelfilme  wie Avengers. Entsprechend versuche ich also, die Cape-tragenden  Weltenretter so gut es geht zu vermeiden. Kürzlich hat mir nun aber mein  Mitbewohner die Serie 'The Boys' wärmstens  ans Herz gelegt.  Mit der Beschreibung, es handele sich um eine Serie  von bösartigen  Superhelden die machen was sie wollen und eine Gruppe  einfacher Leute  erhebe sich gegen sie hat er mich eingefangen. Das klang  interessant:  Das Superhelden-Konzept ins Gegenteil verkehrt, quasi eine  düstere,  dystopische  Vision von Superhelden, die gar nicht so super sind, und  gegen die die  Gesellschaft etwas unternehmen muss. Spannendes Setting. 
Um es mal vorweg zu nehmen: Das hatte ich leider doch etwas falsch verstanden. 
The Boys - Handlung und Charaktere 
Wir befinden uns in einer Welt, in der es ein paar wenige Superhelden, Sups   genannt, gibt, die im Dienste der Gesellschaft stehen und wie   Superstars gefeiert und vermarktet werden. Dabei dreht sich die Serie um   die berühmtesten von ihnen, die sogenannten SEVEN, sieben  Superhelden die für den Megakonzern Vordt arbeiten und von Homelander  angeführt werden, der psychopathischen Version von Superman und dem wohl  mächtigsten Lebewesen der Welt. 
 Unser  Protagonist ist der junge und verträumte Hughie,  der als kleiner  Berater in einem Technikhandel ein unbedeutendes aber  zufriedenes Leben  fristet. Bis bereits in der ersten Folge bei einem  alltäglichen  Gespräch mit seiner Freundin Robin auf dem Bürgersteig  diese in  buchstäblich tausende kleine Fetzen zerstückelt wird, als der  Flash-Abklatsch A-Train superschnell durch sie durchrennt. Dies setzt  bei Hugie  einen Rachefeldzug in Gang, den er zusammen mit einer alten   Dingdreher-Bande von hartgekochten Veteranen im Laufe von in Staffel   eins 8 Episoden durchziehen wird, um die zutiefst korrupten und   moralisch verkommenen Seven endlich zu Fall zu bringen, allen voran den  selbsternannten Gott Homelander. 
Ein starker Anfang, der schnell abflacht
Das  Wichtigste zuerst: The Boys ist keine düstere Serie. Bei der  Beschreibung meines Mitbewohners hatte ich mit etwas wirklich Düsterem  im Sinne von Jessica  Jones gerechnet, aber leider versteht sich diese  Serie eher als  schwarze Komödie. Die Humorelemente, das habe ich  erwartet und so war es  auch, haben mich vor allem in den ersten drei  Episoden kein einziges  Mal abgeholt und sind mir immer leicht störend  aufgefallen, zum Glück  aber nicht so, dass es einen wirklich rausreißen  würde. Später wird das  besser, der Rest aber nicht. Fängt die Serie  auch vielersprechend und  mit hohem Tempo an,zieht sie nach 2-3 Folgen  sehr stark die Handbremse  an und streckt sich, TROTZ der niedrigen  Folgenanzahl, ab der Hälfte  sehr. Was mich dabei vor allem gestört hat  ist, dass das hier KEINE  Superheldenserie ist. Das ist KEINE  Rachegeschichte oder gar eine Dystopie, in der eine kleine Gruppe  frustrierter Unterdrückter versucht, gegen die Supermonster zu kämpfen.  Es ist im Grunde ein Heist-Thriller. Nach den ersten Folgen beschränken  sich die Handlungen der Protagonisten fast nur noch auf Geheimhaltung,  Spionage, Informationsbeschaffung,  Manipulation und Sabotage, dabei  nutzen sie als Basis ein kleines,  heruntergekommenes Anwesen und müssen  permanent aufpassen, ihre  Gesichter nicht öffentlich zu zeigen. Die  Serie ist da wirklich sehr  ruhig und geht sozusagen realistisch vor in  der Bemühung der titelgebenden 'Boys', Wege zu finden wie man dem  Megakonzern Vordt und seinen Seven schaden kann. Das kann man mögen, wie  viele es auch tun, aber für mich war so eine  Detective-Informationskrieg-Story einfach überhaupt nicht das, was ich  mir von einer Dark Superhero-Serie erwartet hatte, und ich war  dementsprechend ernüchtert. 
Der   Humor wird später besser bzw. weniger schlecht, ist alles in allem   gefühlt aber einfach überflüssig in der Serie. Sie hätte so viel besser   sein können, wenn sie wirklich nur ernst und düster gewesen wäre, statt   aller Nase lang einen 'Darf man darüber überhaupt lachen?'-Gag  zu  bringen. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau. Störender im   Gesamtkonzept fiel mir da schon auf, AUCH WENN DAS ABSICHT SEIN KANN,   dass die Seven, um die sich die ganze Serie dreht, eigentlich nur aus  Witzfiguren bestehen. Wirkt das Avengers-Ensamble am Anfang noch wie  eine Art unantastbarer Superkrieger, werden sie von Folge zu Folge mehr  dekonstruiert und man merkt, dass der eigentlich wirklich  ernstzunehmende Antagonist Homelander ist. Wie gesagt, das wird schon  Absicht sein, aber die Serie schwenkt sehr schnell dahin, dass es nicht  mehr heißt "Wir müssen die Seven zu Fall bringen", sondern "Homelander muss weg."  Der tatsächlich so gut wie unsterbliche Laseraugen-Overlord wird  geradezu überzeichnet als Ultrabösewicht inszeniert und verdient sich  diese Rolle auch gut als der moralbefreite  Bastard, der er in jeder  Folge ist, verborgen unter der schmierigen  Fassade des weltoffenen  Patrioten des Volkes. Das ist schon okay, nur  wäre eine  Antagonistenriege  aus eben wirklich wenigstens 3-4 intelligenten,  bedrohlichen und  ernstzunehmenden Superwesen spannender gewesen, als es  wieder nur mit  einem Imperator zu tun zu haben, der ALLE ANDEREN  kontrolliert und  bedroht. 
Es  hilf nicht, dass der Personenkreis der Boys nicht viel interessanter  ist. Das betrifft allen voran Protagonist Hughey,  der nach zwei  starken, ersten Folgen zur Kartoffel verkommt und für den  gesamten Rest  der Serie so gut wie nichts Relevantes oder Bedeutendes  mehr beiträgt,  stattdessen steht er immer in der Ecke rum, äußert moralische Bedenken  und guckt, als hätte er einen salzigen Fisch im Mund. Billy Butcher,   der 'Anführer' der Gang, ist der 'MACHER' in der Serie und die   treibende Kraft hinter den Geschehnissen. Das wäre auch nicht weiter   schlimm, wenn dieser lethargische Hughey nicht in den letzten zwei  Folgen auch noch zunehmend anstrengender und nerviger  werden würde.  Plötzlich ist ihm das alles doch zu viel, plötzlich will  er aussteigen,  bekommt Angst und moralische Bedenken, und warum? Weil  wir eine  Spannungskurve brauchen und der Typ sonst eh keine Relevanz in dieser  Serie hat. 
Als letzter großer Kritikpunkt meinerseits ist das hundertprozentig auf Cliffhanger und #BetterGoWatchSeason2Now   getrimmte Ende zu nennen. Vielleicht war ich zu naiv, aber ich hatte   erwartet, dass die Staffel in sich abgeschlossen ist und die Serie rund   beendet, auch weil ich kaum noch Potential für eine Staffel 2 sehe.  Dass  wir zum Abschluss also diesen recht billigen und auch ein wenig   vorhersehbaren Twist serviert bekommen, stieß mir doch einigermaßen  sauer auf. 
The Boys ist nicht schlecht
 
Das  Alles klingt jetzt unglaublich negativ, aber Fakt ist, dass ich The  Boys in acht oder neun Tagen gebingewatched  habe. Das mag auch daran  liegen, dass meine Ansprüche an Serien nicht  besonders hoch sind, aber  es gibt auch allerhand Stärken zu nennen,  welche die Serie in sich  vereint. Am wichtigsten ist dabei ohne jeden  Zweifel die  schauspielerische Leistung des Castes - Homelanders 
Antony  Starr stiehlt allen anderen buchstäblich die Show, die Süffisanz,  Gelecktheit und größenwahnsinnige Arroganz mit der er Homelander spielt,  macht seinen Charakter zu einer perfekten, hassenswerten  Figur, die  intelligent, heuchlerisch, zutiefst sadistisch und  hochgefährlich ist.  Seine Performance ist es, die einen Großteil des  Reizes dieser Serie  ausmacht. Dann haben wir Karl Urban als Billy Butcher, dessen Frau von  Homelander  vergewaltigt und mutmaßlich getötet wurde, der den  abgekochten,  psychisch verrohten Gangster überzeugend spielt. Man fühlt  seine Wut auf  die 'Sups' quasi, der gerade gegen Ende nur all zu oft  in offenen  Rassismus umschlägt.  Chace crawford als The Deep, der in  Folge 1 als widerwärtiger Schänder  auftritt, dann aber Stück für Stück  tatsächlich einigermaßen  nachvollziehbar als lächerliche, vollkommen  macht-, und planlose Figur  erzählt wird, die wirklich niemand ernst  nimmt und die Delphine  vielleicht etwas zu sehr liebt, als  gesund für ihn wäre. Auch sonst eigentlich nur gute Performances, bis  vielleicht auf den Protagonisten Hughey, gespielt von Jack Quaid. Aber  das mag auch einfach daran liegen, dass ich den Schauspieler schlichtweg  nicht leiden kann und nicht gerne sehe. 
Die Cinematic bzw. die Optik der Serie ist teilweise wirklich großartig. So bekommen wir direkt in der ersten Episode diese  eindrucksvolle und dezent verstörende Szene, während am Ende selbiger  ein cool inszenierter Kampf mit einem Unsichtbaren stattfndet. Dann  trumpft der Humor auf, wenn er sowas  zustande bringen kann. In Kurz, 80 % der Zeit sind die Bilder der  Handlung und dem Setting geschuldet entsättigt, unspannend und eben sehr  konservativ. Aber die Optik hat ihre Momente, wenn auch leider wenige  davon. 
Starlight,  der weibliche und unverkommene Neuzugang bei den Seven, ist ein guter  Charakter und hätte vielleicht die eigentliche Protagonistin sein  sollen, was sie auf eine Weise ja auch war. Ihre Entwicklung, die sie im  Gegensatz zu Hughey  hat, war angenehm mit anzusehen, wenn man wohl  auch noch mehr aus ihr  hätte herausholen können. Was ich sehr mochte  war die Beziehung zwischen  dem Boys-Mitglied Frenshie und dem  asiatischen Sup-Mädchen, dass er aufnimmt, da man auch hier eine  einfühlsame  Entwicklung beobachten kann, die beide zusammenwachsen  lässt. Der Rest  der Boys ist, wie angedeutet, eher steril und unnahbar  unterwegs.  Zuletzt: The Deep hat einen wirklich guten Arc innerhalb der  ersten Staffel. Er wird von einem der Hauptgesichter der Seven  - einem  arroganten und selbstgerechten Lackaffen - zum ganz, ganz armen   Schwein, und man beginnt wohl oder übel unweigerlich ein bisschen, mit   ihm mitzufühlen. Man muss nicht mit seinem Charakter sympathisieren,  kann aber sehen, dass da in Zukunft wohl noch Einiges passieren wird. 
Potential (noch) nicht genutzt
  
Alles in allem war The  Boys eine Abwechslung, auf die ich ohne meinen  Mitbewohner niemals  gestoßen wäre, und ich bin eigentlich ganz froh,  mich mal aus meiner  Komfortzone getraut zu haben. Das Potential einer  Superhelden-Dystopie wurde hier mit der ersten Staffel leider nicht  ausgenutzt, da die Serie sich zu sehr in Nebenhandlungen und dem  Aufdröseln der Seven  verloren hat. Das kann in der zweiten Staffel  besser werden, aber ob  ich mir die noch ansehen werde...? Keine Ahnung,  eigentlich habe ich  keine große Lust dazu. Aber wenn The Boys mit  Staffel 2 endet, wäre es vielleicht eine Überlegung wert.
Wer  Superhelden mag, sie einmal ganz anders erleben will oder  Klein-Gegen-Groß-Crimestories mag, bekommt hier mit 8 Folgen keinen zu  langen Einstieg in eine Comicverfilmung, die auf jeden Fall keinem weh  tut. 
6/10 Arschbomben für The Boys