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Deus
Ghostbusters: Answer the Call (2016)
Hier stimmte echt so gut wie gar nichts. Wo soll ich da nur anfangen? Erstmal was Grundsätzliches: Was von den Machern und insbesondere Regisseur und Drehbuch-Co-Autor Paul Feig fundamental nicht verstanden wurde ist, dass der Originalfilm keine reine Komödie war, sondern mindestens zu ebenso großen Anteilen ein Supernatural-Mystery-Thriller und Science-Fiction-Abenteuer, und zwar eines mit deutlichen Horror-Elementen bei denen man sich noch gruseln und erschrecken konnte. Der vorhandene Humor war meist clever, beißend, zynisch und charakterbasiert - überhaupt funktioniert der Film vor allem deshalb, weil er durch die anderen gerade erwähnten Elemente einen realistisch-glaubwürdigen Grundton hat, der den Zuschauern dabei hilft, sich in diese Welt hineinzudenken. Wer eine unnötige Neuauflage produziert, der muss sich den Vergleich gefallen lassen.
Nun haben sie im Reboot einen over-the-top Live-Action-Cartoon draus gemacht, der bloß noch gezwungen lustig und poppig sein bzw. den kleinsten gemeinsamen Nenner ansprechen will. Die Figuren verhalten sich fast niemals so, wie sich normale Menschen in den entsprechenden Situationen verhalten würden, das gilt sowohl für die vier Heldinnen als auch für die ausnahmslos inkompetenten und nervigen Nebencharaktere. Natürlich zwingt niemand die Macher, sich enger an das Original zu halten. Aber es wäre vielleicht ein guter Einfall gewesen, sich an dem zu orientieren, was besagten Film aus den 80ern zu so einem Kult hat werden lassen. Und davon findet sich leider gar nichts in Paul Feigs schlechter Möchtegern-Version, man hat völlig ahnungslos daran vorbei geschrieben. Wenn sie eh einen stilistisch vollkommen anderen Film drehen wollen, der tonal (!) kaum noch etwas mit dem Klassiker von damals zu tun hat und nur unkreativ die grundlegende Struktur und das Konzept daraus kopiert, dann hätten sie den Film auch gleich anders nennen können. Es fehlt der Neuauflage schlicht von Anfang bis Ende an Glaubwürdigkeit und Erdung.
Die Hauptfiguren empfand ich als extrem unsympathisch. Wiig geht noch so grade - als einzige! - bleibt aber ebenfalls sehr blass. Ich muss zugeben, dass ich schon immer eine Abneigung gegen Melissa McCarthy hatte und so gut wie alle Filme mit ihr hasse, aber hier ist es besonders heftig, da auch die Art und Weise wie ihr Charakter geschrieben wurde unausstehlich und ätzend vorlaut, überheblich, rücksichtslos, dreist und arrogant ist, natürlich ohne dabei auch nur den Hauch des augenzwinkernden Charmes eines Bill Murray zu haben. Das Tolle am Team des Originals war, um was für eine auf liebenswerte Art durchgeknallte, nerdy (Versager-)Truppe es sich handelte. Mit denen aus der Reboot-Version würde ich nichts zu tun haben wollen, völlig unabhängig vom Geschlecht. Sympathische Figuren sind mir in solchen Geschichten besonders wichtig. Wenn ich mir die ganze Zeit wünsche, dass ihnen was zustößt, weil sie mich so ankotzen, läuft eindeutig was falsch.
Ich denke die Schauspielerinnen haben daran neben dem grauenvoll undurchdachten Drehbuch einen großen Anteil. Im Vorfeld war irgendwo mal die Rede von Mindy Kaling. Die hätte ich echt gerne dabei gehabt, denn ihr nehm ich die Verpeilerin viel eher ab als diesen abgehalfterten Saturday Night Live Stars die kaum ernsthaft schauspielern können und oft auch keine spürbare Chemie miteinander haben, bei der durch das Zusammenspiel was Besonderes entsteht. Sarah Silverman wäre auch noch cool gewesen.
Das Product Placement war wirklich heftig und voll in die Fresse. Jeder Film, der das so krass betreibt wie hier etwa mit den Pringles, der verdient in meinen Augen automatisch schonmal einen gehörigen Punktabzug. Etwas subtil in die Handlung einzubauen oder im Hintergrund auftauchen zu lassen, sodass es niemanden stört, der nicht darauf achtet, meinetwegen. Aber ganze Einstellungen und Szenen nur um Werbung für ein Produkt zu machen, das nicht im Entferntesten etwas mit dem Film zu tun hat? Schwach, ganz schwach.
Knallig-buntes, aufdringliches Design mit vielen flashy Lichtern. Dazu die Geister alle schlecht und offensichtlich computeranimiert, die Darsteller ständig am overacten als wären sie in einem Sketch, da kann für mich keine Atmosphäre geschweigedenn Spannung aufkommen. Besonders das Finale war wieder einmal eine uninspirierte, digitale, vollkommen unecht aussehende CGI-Scheiße. Auch noch eine ermüdende halbe Stunde lang, und das sollte dann das große Highlight sein, auf das man bei dem Aufbau im Schneckentempo zuvor so sehnlichst gewartet hat.
Beim Humor ist das Timing das A und O. Doch der Film ist so seltsam und sprunghaft geschnitten und die Performance so lahm und gestellt, dass die Gags einfach niemals zünden. Zumindest nicht bei mir. Konnte nicht ein einziges Mal lächeln geschweigedenn lachen. 80% davon waren zum Fremdschämen. Ich verachte Slapstick und auf diese Art von Szenen verlässt sich das Ghostbusters-Reboot leider viel zu sehr. Nicht zu vergessen die dümmlichen Dialoge mit Niveau von Furtz- und Fäkalwitzen. Wow. Das ist wirklich peinlich. Die Darsteller spielen alle, als wären sie in den Joke eingeweiht. Vor allem Holtzman, die mit ihrem ultracoolen Gehabe wie aus einem anderen Film bzw. einer anderen Welt importiert wirkt, sowie Hemsworths "Kevin", der so übertrieben dumm ist dass es schon als starke geistige Beeinträchtigung klassifiziert werden muss. Anders gesagt, keine Menschen sondern Karikaturen! Die Scherze und Sprüche sind viel zu zahlreich wenn man bedenkt, wie wenige davon halbwegs funktionieren. Als würden sie alles an die Wand werfen und hoffen, dass irgendetwas davon kleben bleibt. Dadurch bleibt aber viel zu wenig Zeit für Charakterentwicklung, Story-Momentum und dringend benötigte Exposition.
Wiigs Figur erzählt beispielsweise an irgendeiner Stelle kurz ihre Hintergrundgeschichte, auf die dann nicht mehr weiter eingegangen wird. Als sie ein Kind war starb im Nachbarhaus eine alte Dame und die stand dann fast ein Jahr lang jede Nacht als Geist vor ihrem Bett und niemand wollte ihr glauben. Was ist eigentlich aus diesem guten, alten Prinzip von "show, don't tell" geworden? Mir gefällt die Idee und daraus hätte man echt was machen können. Etwa als dramatisch-unheimliche Eröffnungssequenz oder wenigstens als gefilmte Rückblende an der Stelle im Film, wo nur erzählt wird. Aber nope, es bleibt alles ganz billig und einfach gehalten. Im Zusammenspiel machen diese Aspekte mit dem Look aus dem Film einen weiteren Scooby Doo Teil. Einfach nur albern.
Da das meiste hiervon schon nach den Trailern absehbar war, war es sowas von klar, dass sie damit so oder so eine gewaltige Protestwelle auslösen würden. Sicher sollten sich die Macher nie allzu sehr oder ausschließlich auf die Wünsche der Fangemeinde verlassen. Deren "Besitzansprüche" mögen in dem Sinne vielleicht nicht zutreffen, aber sie haben jene Werke erst so groß und langfristig einflussreich und erfolgreich gemacht. Die Filmemacher haben normalerweise den Anspruch, zu unterhalten und die Leute möglichst zufriedenzustellen. Doch wer aktiv und hochmütig selbst die offensichtlichsten Zuschauerwünsche und kreativen Hinweise alteingesessener Kollegen (insbesondere von Ivan Reitman als Produzent und an der Entwicklung ursprünglich mal stärker beteiligter Ghostbusters-Veteran, der sich, soweit ich mich erinnere, für eine Beibehaltung der alten Kontinuität einsetzte) völlig ignoriert und stattdessen lieber sein eigenes Ding durchzieht, der braucht sich nicht über eine äußerst schwache Performance an den Kinokassen wundern.
Der Bösewicht war ebenfalls eine an Oberflächlichkeit kaum zu überbietende Katastrophe und Zumutung. Das hätte ernsthaft jeder hier im Forum besser schreiben können. Er erfährt praktisch null Entwicklung, hat ein lächerliches und ausgelutschtes Motiv für seine Taten, führt Selbstgespräche und guckt in die Kamera, damit das Publikum überhaupt etwas von ihm mitbekommt. Das Original baute behutsam eine mysteriöse, gefährliche, einschüchternde Macht auf, die unseren Horizont übersteigt. Eine sumerische Gottheit! Im Reboot dagegen nur ein Facepalm-würdiger, wütender Hampelmann, der sich missverstanden fühlt und anscheinend auch als irgendein Meta-Kommentar dienen sollte. Die emotionalen Einsätze sind gering oder nicht vorhanden und die konstruiert wirkende Handlung und die Dialoge servieren alles auf dem Silbertablett bzw. nutzen den Holzhammer für jede Kleinigkeit, damit es auch der letzte Idiot versteht. Es gibt keine Subtilität.
Dabei ist die dargestellte Welt alles andere als durchdacht. Wie man zum Beispiel die Geister einfängt oder gleich ganz erledigt, da ist der Film mit seinen eigenen Konventionen total inkonsistent. Einmal lässt sich das sogar auch mit nem Taschenmesser machen, wenns grade in die gewünschte Szene passt -__- Muss keinen Sinn ergeben, nur cool rüberkommen. Das ist der Inbegriff von amateurhaftem lazy writing. Wie soll man ohne klar definierte Regeln (auf welche die 80er-Version viel Wert legte) mitfiebern können?
Die Cameos sind nicht flüssig und natürlich eingearbeitet worden, sondern stechen so deutlich hervor als wenn der Film sagen will "Seht her! Hier ein Schauspieler von damals den ihr noch kennt! Ganz toll, oder? Genau was ihr immer wolltet!" Wie ein Fremdkörper, der da nicht reinpasst und jedes Mal komplett das Tempo rausnimmt bzw. die Haupthandlung pausiert. Autsch. Alle wesentlichen Story-Beats wurden wie gesagt lieblos aus dem Klassiker recycelt, zu wenig neue Ideen um auf eigenen Beinen zu stehen. Quasi das selbe nochmal in schlecht. Warum dann überhaupt ein Reboot? Sowas sollte man tun, wenn eine Vision dahinter steht, und nicht nur aus Geldgeilheit bzw. wegen Sonys verzweifeltem Versuch, mehr Franchises auf Abruf zu haben. Wenn schon, dann sollte man auch etwas Neues und Aufregendes zu bieten haben. Dafür, dass das Reboot nichtmal im Ansatz versteht, was den Kult von einst ausmachte, verbringt es unheimlich viel Zeit damit, sich in jenem Erbe zu verheddern. Ich kam in die Erzählung einfach nicht rein und hab mich irgendwann nur noch gelangweilt und gehofft dass es schnell vorbei geht. Erinnerte mich stilistisch teilweise ein wenig an Filme von und mit Adam Sandler oder Kevin James.
Ein Ghostbusters III, der sich ein wenig ernster nimmt und eine Staffelübergabe an die nächste Generation zum Inhalt hat, wäre mir bedeutend lieber gewesen. Das haben meinem Gefühl nach in den Jahren vor der 2016er Fassung auch ungefähr 98,5% des Fandoms so oder so ähnlich gesehen, nachdem Murray so lange einen regulären dritten Teil verhindert hatte und Harold Ramis 2014 leider gestorben ist. Selbst ohne die beiden hätte eine neue Geschichte in der gleichen Timeline eindeutig besser funktioniert und mehr Interesse beim Publikum geweckt. Hier haben Amy Pascal, Katie Dippold und ganz besonders Paul Feig einen fast schon unverschämten Mangel an Einschätzungsfähigkeit, Auffassungsgabe und Talent bewiesen. Dieser Film hätte was werden können, wenn nicht schon die auf den ersten Blick völlig falschen Leute den Job aus bloßen Freundschafts- und Vetternwirtschaftsgründen bekommen hätten, sondern stattdessen kreative Köpfe mit einer Leidenschaft für das Material, die diese Geschichten nicht nur als albernen Klamauk sondern als spaßiges aber cleveres Abenteuer mit psychologischen Untertönen begreifen.
3/10 Prädikat "geistlos".
Was um den Film herum passierte, darauf möchte ich nicht mehr allzu umfassend eingehen. Da haben sich nicht nur einige frauenfeindliche Spinner im Schutze der Anonymität des Internets daneben benommen, sondern auch einige der Verantwortlichen inklusive Feig und McCarthy mit ihren abwertenden Kommentaren, welche berechtigte und ehrliche negative Meinungen und Kritiken - die von Seiten der Zuschauerschaft zigtausendmal häufiger vorgebracht wurden als die eine Ausnahme darstellenden, erwähnten Misogynisten-Spackos - mit Trollen in einen Topf warfen und beleidigt haben bzw. überhaupt nicht zuhören wollten, um was es eigentlich ging; wie auch das Studio selbst mit einer extrem dreisten und irreführenden Marketing-Strategie, die auch vor Zensur im Netz (negative YouTube-Kommentare unter Sony Videos zum Film etwa wurden systematisch gelöscht, das habe ich aus erster Hand erlebt) nicht zurückschreckte.
Irgendwann ging das so weit, dass jede Form von Kritik automatisch als "frauenfeindlich" abgeschmettert wurde. Selten etwas so unprofessionelles gesehen und traurig, dass da viele Blogs und Filmkritikerseiten noch mit einstimmten. Wenn es einen gewaltigen Fan-Aufschrei gibt, dann sollte man von offizieller Seite entweder die Klappe halten und die Qualität des Werkes (sofern vorhanden!) für sich sprechen lassen, oder man sollte Appeasement-Politik betreiben, relativieren und beschwichtigen, während man den eigenen Kram lobt. Was man tunlichst unterlassen sollte ist, einem großen Teil der potentiellen Zuschauerschaft immer neue Gründe für weitere Aufschreie zu liefern und ihnen sinnbildlich den Mittelfinger entgegenzustrecken, doch das ist hier über Monate hinweg immer wieder geschehen. Dass der Film so ein finanzieller Reinfall für das Studio wurde, das haben sie sich weitgehend selbst zuzuschreiben und nicht irgendwelchen engstirnigen Fans. Hätten die Verantwortlichen ihre Arbeit gut gemacht, wären laute kritische Stimmen schnell verstummt und das Reboot wäre zum mindestens finanziell tragfähigen Selbstläufer geworden. Sie haben gemerkt, dass das fertige Produkt nicht den Nerv der meisten Leute der Zielgruppe treffen wird und dann durch permanente Betonung und Wiederholung bewusst versucht, eine gesellschaftspolitische Angelegenheit daraus zu provozieren, um sich dahinter verstecken zu können.
Ich hätte kein Problem mit einem *guten* Film gehabt, der die Sache mit dem Gender-Swap probiert, wofür bessere Darstellerinnen und ein besserer Regisseur und Drehbuchautor natürlich von Vorteil gewesen wären. Der Haken an der Sache ist, auf was für dünnes Eis man sich mit so einem Schritt begibt. Das kann klappen, aber auch sehr sehr leicht daneben gehen, gerade wenn es sich um solche einflussreichen Popkultur-Ikonen aus Kindheitstagen handelt und schon an sich niemand nach einem Reboot gefragt hat. Denn im vorliegenden Fall war es nichts weiter als ein ganz billiges Gimmick. Eine oberflächliche Änderung in einem Film, der sich sonst gar nichts traut und als seichte, niveaulose, generische Standard-Unterhaltung gedacht ist. Eine Änderung, die inhaltlich nichts beiträgt, außer vielleicht einen ungeheuerlich schlechten Queef-Joke -__-
Warum eigentlich nicht einfach ein gemischtgeschlechtliches Team (siehe Extreme Ghostbusters)? Das wäre zeitgemäß gewesen und dann hätten sich die übertrieben kritischen Stimmen zu dem Thema auch nicht so aufgeregt (und wir könnten besser shippen xD). Das, was wir hier gesehen haben, wird Frauen in Hollywood meiner Ansicht nach nicht gerecht. Im Gegenteil. Warum braucht es erst einen storymäßig von Männern dominierten Klassiker, wenn sie Jahrzehnte später bloß das Geschlecht austauschen und eine in jeder Hinsicht schwächere Version davon machen? Sind Ensemble von Schauspielerinnen nur für sowas gut genug? Können nicht für sich stehen sondern sind bei größeren Studio-Blockbustern von einem durch Kerle etablierten Markennamen abhängig? So lese ich den Subtext von diesem Projekt. Wäre es nicht viel sinnvoller gewesen, mit einer neuen, genialen Geschichte um eine Gruppe von Wissenschaftler*innen* ein Zeichen zu setzen? Eine die es nicht nötig hat, einen alten Kultfilm dafür offenkundig zu instrumentalisieren? Dort, wo die Verantwortlichen eine progressive Agenda wirklich effektiv vorantreiben könnten, scheuen sie stets jedes absehbare Risiko und jede Investition. Ist ja auch viel einfacher, aufkommende und eindeutig selbstverursachte Probleme auf wütende Fans zu schieben.
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