Vorhin Tomorrowland (aka "A World Beyond" in Schland) geschaut. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, woher der ganze Hate kommt. Vielleicht völlig verfehlte Erwartungshaltung bei einem großen Teil des Publikums. Ist der Film ein Meisterwerk? Nein, sicherlich nicht. Und nein, das kann ein einzelner Name wie Brad Bird auch nicht garantieren. Bei einem anderen Mitwirkenden wie Damon Lindelof (co-credited für Drehbuch und Story) sollte man ohnehin lieber vorsichtig sein. Außerdem richtet sich das Ganze eher an eine jüngere Zielgruppe. In den ersten zwei Dritteln des Films wird viel geredet, aber wenig ausgesagt, ich bezeichne das mal ganz kreativ als "Hollow-Exposition-Overkill". Die Charaktere, die im Bilde sind, also so ziemlich jeder außer Hauptfigur Casey, sprechen einfach nicht Klartext bis zum dritten Akt, und können einen dadurch leicht auf spannende Enthüllungen hoffen lassen, die nur in Enttäuschungen enden, weil sie, wenn auch von der Grundidee in Ordnung, letztenendes weder besonders originell sind, noch gut umgesetzt wurden. Dazu dann das übertriebene Predigen am Ende, das gerne etwas zurückhaltender hätte sein dürfen - die Message wurde bereits davor deutlich genug klar gemacht. Überhaupt gab es ein paar Stellen im Film, die haarscharf am Kitsch vorbeischrammten. Die vielen Disney-Insider waren besonders am Anfang auch arg gimmicky, speziell in diesem Laden, wo sich alles von Star Wars über Toy Story usw. angesammelt hat und direkt ins Auge springt. Darüber hinaus war das Gezeigte designtechnisch kein Überflieger. Mal wieder viel CGI, das zwar für den eigentlichen Tomorrowland-Komplex von außen passte, aber ansonsten, besonders gegen Ende, halbherzig mittelklassig rüberkam (die Sache mit dem Eifelturm erscheint mir außerdem albern). Die Kostüme an besagtem Ort, allen voran das von Hugh Lauries blass bleibendem Bösewicht-Charakter, sahen zu sehr nach buntem Comic mit extra viel Zuckerguss aus. Kurzum, der Film trägt in diversen Aspekten zu dick auf.
Trotz alledem hat mich das nichtmal ansatzweise so sehr gestört wie es in der Theorie eigentlich sein müsste. Das liegt zum einen daran, dass die Chemie der Figuren durchaus funktioniert. Mir waren Frank, Casey und Athena sympathisch und ich bekam das Gefühl, sie verstehen oder mindestens nachvollziehen zu können. Dazu wird der alte Clooney-Charme beigetragen haben, aber gerade Britt Robertson und Raffey Cassidy haben ihre Sache toll und glaubwürdig gemacht und waren bisweilen richtig herzig (hoffe wir sehen in Zukunft noch einiges mehr von denen). Aufgelockert wurde die Stimmung immer wieder durch amüsante verbale und tatkräftige Scharmützel. Versuchen zu ergründen, worum es eigentlich geht, bewahrt im ersten Drittel die Aufmerksamkeit, im mittleren Teil der Handlung sind die phantasievollen Verfolgungsjagden aufregend genug, sodass man gewissermaßen "along for the wild ride" ist. Nur Finale und Schluss schwächeln. Als Konzept gefiel mir übrigens Athenas Charakter, wobei ich davon ausging, dass sie ihr eine andere Hintergrundgeschichte verpasst hätten: Sie erinnerte mich entfernt an Momo aus Xenosaga, daher dachte ich eine Weile, dass die Athena in den Rückblenden ein Mensch gewesen wäre, der dann irgendwie umkam und dadurch aus Frank so ein Wrack wurde, während die gegenwärtige Athena eine ihr nachempfundene Maschine gewesen wäre. Vielleicht ein vielseitigerer Ansatz für mehr Charakterentwicklung und Drama? Aber ich kapiere schon, warum sie das nicht versucht haben, Tomorrowland geht schon tonal und vom Fokus her andere Wege. Ein weiterer positiver Punkt war für mich der Soundtrack von Michael Giacchino, den ich als Komponisten normalerweise wirklich überhaupt nicht leiden kann, doch hier hat er ausnahmsweise mal ganz passable Arbeit geleistet.
Unterm Strich war Tomorrowland okay. Ich wurde zwei Stunden recht gut unterhalten und viel mehr hab ich mir davon eigentlich auch gar nicht versprochen. Man sollte nur nicht vergessen, dass es sich um einen Familienfilm handelt, einen mit vielen Fehlern und massig verschenktem Potential, aber nicht frei von Charme oder gar schlecht. Schade, dass ein Werk mit einer so positiven Botschaft so gnadenlos an den Kinokassen underperformed. Wenn man sich hingegen zum Maßstab nimmt, das die das auf der Grundlage eines Disneyland-Themenpark-Abschnittes zusammengesponnen haben, gar nicht mal so übel. Dennoch schwer vorstellbar, dass ausgerechnet dies der Film sein soll, für den Bird Star Wars Episode VII hat sausen lassen. Nach diesen Eindrücken eventuell besser so.