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Deus
Aus meiner aktuellen Amazon-Rezension.
Sindbad - Herr der Sieben Meere (1989)
Es gibt Filme, die sind gut. Es gibt Filme, die sind schlecht. Und es gibt Filme, die Sindbad!

Wahrhaft herrlich! Bei dieser italienisch-amerikanischen Koproduktion aus dem Jahre 1989 handelt es sich um einen der besten schlechtesten Filme, die es gibt. Enzo G. Castellari inszenierte das Abenteuer über den berühmten Seefahrer aus den Erzählungen von Tausendundeiner Nacht... und seine tollkühne Gefolgschaft, bestehend aus Wikinger, Zwerg und Asiaten-Kampfkunst-Stereotyp - wait, what?! Wenn das noch nicht seltsam genug klingt, dann freut euch schonmal auf die Gehirnkontrollmaschine des fürchterlich bösen (und aufbrausenden) Fieslings Jaffar ^^ Wer sich nun denkt "Hey, die Geschichte kenne ich aber irgendwie anders", der liegt verdammt richtig. Der Film versucht gleich zu Anfang darüber hinwegzutäuschen, indem er sich nicht auf das Original, sondern befremdlicherweise auf Edgar Allan Poe bezieht, der tatsächlich einst eine kurze Fortsetzung namens "Scheherazades 1002. Erzählung" geschrieben hat. Aber wer sich die Mühe macht, darauf mal einen Blick zu werfen, der wird schnell feststellen, dass der vorliegende Film auch hiermit nicht allzu viel gemein hat, sondern stattdessen größere Schnittmengen mit der Ikonographie der Power Rangers bestehen.
Und das kann verdammt unterhaltsam sein! Im Ernst, ich bin kein großer Trash-Aficionado. Ab und zu sind die Filme so schlecht, dass sie schon wieder irgendwie gut bzw. unfreiwillig komisch sind, aber meistens herrscht für mich pure Langeweile. Dieser hier jedoch ist ein Musterbeispiel für erstere Kategorie, denn auch wenn er sich bestimmt nicht immer hundertprozentig ernst nimmt sondern eher eine verspielt-lockere Stimmung vermittelt - ein derartig hirnverbranntes Werk hatten die Macher ursprünglich sicherlich nicht im Sinn. Dass dieser Film so viel Spaß macht, liegt vor allem daran, dass trotz aller Facepalm- oder Lachkrampf-würdigen Momente stets ein gewisser Charme vorhanden ist. Das Gleiche darf sogar mit starken Einschränkungen über die Production Values gesagt werden, die für ihre Zeit zumindest ein gewisses Mindestniveau halten können (da gibt es wesentlich Schlimmeres).
Der einzige nennenswerte Schauspieler ist jener, der die Titelfigur verkörpert: Lou Ferrigno wird manchem noch als Der unglaubliche Hulk aus der gleichnamigen Serie (1978-82) bekannt sein und glänzt hier mit seinen riesigen Muskelbergen und einem sympathisch-dämlichen Lächeln. Genau genommen sind die Leistungen der Darsteller aber durch die Bank unter aller Kanone und teilweise wundervoll over the top. Das gilt vor allem für den oben bereits erwähnten, sagenhaft unbeherrschten Antagonisten.
Was gab es noch? Billigst-Soundtrack aus dem Synthesizer? Check. Action-Szenen in unnötiger Zeitlupe? Check.
Durch die Rahmenhandlung - eine Mutter erzählt ihrer Tochter eine Gutenachtgeschichte - machen es sich die Autoren wahnsinnig einfach, indem sie die halbe Handlung per Voiceover der Mutter erzählen lassen. Das ist besonders dann ulkig, wenn man im Film die Charaktere manchmal sprechen sieht, aber kein Dialog sondern nur die Erzählerin zu hören ist. Dabei sind Dialoge und Text eigentlich das große Highlight, sowohl in der "gelungenen" deutschen Synchronisation, als auch auf englisch. Eine Kostprobe:
(Sindbad ist alleine im Verlies und fängt ernsthaft in obercoolem und selbstsicheren Ton an, mit einer vorbeikriechenden Schlange zu reden, warum auch immer)
"Die Menschen hassen dich, nicht wahr? Weißt du, du hättest dir damals die Geschichte mit Adam und Eva verkneifen müssen."
Ich kann gar nicht ermessen, auf wie vielen Ebenen das behämmert ist ^_^ Und was er anschließend erst noch mit besagter Schlange und ihren Artgenossen macht...
Aber ich möchte nicht alles vorweg nehmen. "Sindbad - Herr der Sieben Meere" muss man ohnehin mit eigenen Augen gesehen haben, um es zu glauben. Mir fällt es naturgemäß schwer, hierfür eine eindeutige Wertung abzugeben. Es ist gewissermaßen ein Film, der objektiv nur einen, subjektiv aber volle fünf Sterne verdienen würde! Als Kompromiss treffe ich mich in der Mitte und vergebe drei. Wer einen ernsten, anspruchsvollen Abenteuerfilm mit hohem Immersionsfaktor und Spannung sucht, der ist hier völlig falsch. Aber nicht nur Trashfans werden an diesem filmischen Unfall ihre helle Freude haben. Es ist ein Erlebnis für die ganze Familie: Die jungen Kids nehmen das vielleicht noch für voll und werden aufregend unterhalten, während die erwachsene Generation die eigenen, glücklich geflossenen Tränen trocknen muss, wie ich es tat, als ich ihn zum ersten Mal sah (und ständig unterbrechen musste, bis ich mich wieder eingekriegt hatte). Daumen hoch!
Geändert von Enkidu (14.01.2015 um 18:26 Uhr)
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