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Deus
Hatte auf Amazon eine Rezension zu How I Live Now geschrieben, der kürzlich bei uns auf DVD und BD rausgekommen ist, und die ich euch nicht vorenthalten möchte 

Das US-Cover hier finde ich viel besser als das aus GB oder D
"How I Live Now" von 2013 basiert auf dem gleichnamigen Young-Adult Roman von Meg Rosoff und handelt von der jungen Amerikanerin Elizabeth, die lieber Daisy genannt werden möchte, und von ihrem Vater aufs Land in Großbritannien zu ihren Verwandten geschickt wird. Zunächst ist Daisy, wie gewohnt großartig gespielt von Saoirse Ronan, sehr kalt, arrogant und abweisend und überhaupt ein Mädchen mit genug Problemen: Ihre Mutter starb bei ihrer Geburt, zu ihrem Vater hat sie kein gutes Verhältnis und darüber hinaus leidet sie an Obsessive Compulsive Disorder, sowohl Zwangshandlungen wie hier das Händewaschen, als auch Zwangsgedanken. Besonders diesen Aspekt finde ich in der Darstellung recht gelungen, da sie glaubwürdiger und subtiler ist als die üblichen klischeehaften Überzeichnungen, und unter anderem mit einem Gewusel von Hintergrundstimmen in verschiedener Lautstärke abhängig von der Situation verdeutlicht wird. Langsam bricht die harte Schale der Hauptfigur auf und sie wird mit ihren Cousins warm, mit Eddie geht sie eine Liebesbeziehung ein. Doch die Idylle in malerischer Natur trügt - eine Atombombe wird abgeworfen, nicht näher identifizierte Invasoren fallen ein, der Dritte Weltkrieg bricht aus. Die Teenager werden voneinander getrennt und vom Militär an andere Orte gebracht, bald darauf muss Daisy mit der kleinen Piper alleine ums Überleben kämpfen.
Der Film ist mitunter ziemlich schonungslos, gerade auch im realistischeren Zeigen der Not, und Regisseur Kevin Macdonald ("Der letzte König von Schottland") versteht es, manche überaus intensive Momente einzufangen, man kann mit den Figuren mitfühlen. Die wackelig-dokumentarische Kameraführung und die kurzen Einstellungen bzw. hektischen Schnitte sind zwar zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, wirken sich aber letztenendes positiv auf das gesamte, zügig bleibende Pacing aus. Visuell erzeugt der Film fast schon eine Art mystische Stimmung. Musikalisch übt man sich stark in Zurückhaltung, der Soundtrack von Jon Hopkins entfaltet jedoch eine umso größere Wirkung, wenn doch mal was zu hören ist und ergänzt einige der beeindruckenderen Stellen daher wunderbar.
Nicht nur Ronan überzeugt, auch die anderen Jungdarsteller wie Tom Holland (Isaac), George MacKay (Eddie) sowie Harley Bird (Piper) liefern eine gute Vorstellung ab; die Figuren weiterer Schauspieler kommen allerdings einfach zu kurz, um wirklich einen Eindruck hinterlassen zu können. Letzteres hängt wohl auch mit dem vermutlich größten Problem des Films zusammen, dem Drehbuch. Die Geschichte kommt ein wenig unausgeglichen daher, und während manche Szenen auf hohem Niveau schockierend traurig oder ehrlich einfühlsam sein können, wirken andere geradezu etwas unnötig. Die ganze Kriegssituation bleibt dabei immerzu im Hintergrund, man bekommt genau wie die Protagonisten nur Informationsschnipsel und einige brenzlige Situationen mit, aber niemand erklärt, was genau eigentlich passiert. Sicher muss darauf nicht lange herumgeritten werden, und dies ist in erster Linie ein Coming-of-Age-Drama, das das auch gar nicht unbedingt nötig hat, aber zumindest ein bisschen mehr Exposition zu den Umständen hätte der Handlung meiner Ansicht nach durchaus gut getan.
"How I Live Now" zeigt sehr schön den Reifeprozess seiner zunächst so naiven Hauptfigur in einer tragischen, zusammenbrechenden Welt, doch gerade am Ende werden wichtige und spannende Punkte zu den persönlichen Folgen der Ereignisse in nur ca. fünf Minuten abgehandelt. Hier hätte ich mir mehr Ruhe und Ausführlichkeit gewünscht, und bei einer Laufzeit von gut 100 Minuten hätte man dafür auch noch einige wenige dranhängen können, um einen richtigen dritten Akt zu bilden.
Ein sehenswerter, bisweilen düsterer aber nicht immer hervorragender Film über das Erwachsenwerden, der sich in angenehmer Weise ein Stück weit von den bekannten Genre-Konventionen abhebt.
Das Bonusmaterial fällt leider seeehr bescheiden aus: Lediglich zwei entfallene Szenen ohne Einleitung (zusammen ca. 3 Minuten) und ein kurzes und wenig informatives Featurette, das einem als "Making of" verkauft wird (gerade einmal 5 Minuten) wurden mit auf die Disc gepackt, ansonsten gibt es einige Werbetrailer. Schade, hier wäre weit mehr möglich gewesen, gerade bei einem so interessanten Thema.
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