Schönes Schlagwort. Kein taufrisches, aber es hat auch kaum Wellen geschlagen. Das 'Exploration'-Genre (falls man es als solches anerkennen möchte) lebt davon. Viele Survival Horror-Spiele, Adventures und West-RPGs beziehen ihre Atmosphäre daraus.

Environmental Storytelling ist das Erzählen einer Geschichte durch die Spielwelt bzw. deren Erkundung.
Wir finden in Fallout 3 z.B. einen geheimen Ort, mit Leichen, merkwürdigen Konstruktionen und Gegenständen. Nichts davon ist zufällig platziert, aber was es zu bedeuten hat, bleibt unserer Vorstellungskraft überlassen.

Die Entdeckung selbst löst schon ein mächtiges Gefühl aus. Pionierarbeit. Sie zu erkunden versetzt uns in die gewünschte Stimmung, erzählt etwas über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Vorausgesetzt, das Spiel ist gut geschrieben. Spielentwickler machen häufig den Fehler, Autorentätigkeit auf gesprochenen Dialog zu reduzieren. Environmental Storytelling ist das, was in einem Buch nur beschrieben wird. Umgebungen, Situationen, die stellvertretend für das stehen, was die Geschichte oder einen Moment thematisch auszeichnet. Environmental Storytelling ist Bildsprache.

Wieder zu Fallout 3: Jede Umgebung erzählt eine Geschichte über Dystopie, Arroganz, Angst und Hass. Ohne auch nur ein Wort dafür zu gebrauchen (stimmt so nicht, denn es gibt verstreute Nachrichten fernab von Bildsprache). Das muss nicht jedem Spieler gefallen. Kein Entwickler muss das als Kardinalsweg adaptieren. Es hilft jedoch, die große Qualität darin anzuerkennen. Jedes leise Spiel profitiert von Environmental Storytelling.
RPGs wechseln häufig in einem sturen Muster ihren Fokus: Story, Gameplay(/Dungeon), Story, Gameplay, Story, Gameplay...
Dass die strenge Trennung von beidem nicht ideal ist, wurde schon mehrfach angesprochen. Fragt sich nur, wie dem entgegengewirkt werden kann. Environmental Storytelling ist auf jeden Fall ein geeignetes Werkzeug. Statt Dungeons als bloßen Spielplatz zu begreifen, in dem der Spieler die Spielmechanismen anwendet (deshalb bin ich kein Fan von Miyamotos Level Design-Schule), sollten sie regelmäßig optische und spielerische Reize setzen, die die Erzählung unterstützen.
Gehen wir mal von einer ganz typischen Quest aus: Die Prinzessin wurde von Banditen in ihren Unterschlupf verschleppt. Ihr sollt sie befreien. Typisch JRPG würde man jetzt einen Dungeon durchqueren, darin Gegner bekämpfen, ein paar Rätsel lösen und am Ende gegen die Banditen kämpfen. Bis dahin hätten wir keine Ahnung, wie es um die Prinzessin steht. Wir verschwendeten auch keinen Gedanken daran, weil das Spiel nicht dazu einlädt. Hier kommt Environmental Storytelling ins Spiel. Räume des Unterschlupfes können sichtbare Informationen enthalten, wie es um die Prinzessin bestellt ist. Mit Frauenunterwäsche gefüllte Schränke und frauenfeindliche Darstellungen, könnten z.B. die Ahnung wecken, die Banditen behandelten die Prinzessin mehr als schlecht. Wichtig ist, dass der Spieler dazu eingeladen wird, diese Informationen zu interpretieren. Er wird immergiert - ganz ohne Dialoge.

Warum wird das so sträflich vernachlässigt? Es gibt keinen plausiblen Grund dafür, denn gerade RPGs und überhaupt alle Spiele, die erzählen wollen, profitieren immens davon.
Kennt ihr Beispiele aus dem RPG Maker-Bereich, die gut damit arbeiten?
Arbeitet ihr selbst damit?

Zu dem Thema gibt es auch eine schöne Präsentation, hier zu finden:
http://www.witchboy.net/articles/what-happened-here/
Das zeigt auch, dass das Thema ein sehr komplexes ist. Ich habe nur einen Punkt angeschnitten, aber nicht Environmental Storytelling als solches beschrieben.