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Drachentöter
Molag Amur, Tel Uvirith, Kerker
[Dreveni]
Dreveni musterte den Mann einen Augenblick. Natürlich würde Meradanz keinen Blinden als Wärter einsetzen, es sei denn, er konnte das fehlende Augenlicht mit etwas anderem mehr als kompensieren. Doch mit was? Für einen Moment erwog sie, ob das nicht einfach nur eine Art Tarnung sein konnte, verwarf den Gedanken aber schnell wieder. Wer sollte hier in die Irre geführt werden? Die Aufgabe des Wärters war eindeutig die Gefangenen an der Flucht zu hindern, und eher weniger Fremden das Eindringen zu verwehren. Die Gefangenen würden vermutlich schnell dahinter kommen, sollte der Mann überhaupt nicht blind sein. Also war er vermutlich wirklich blind, was dann wieder zurück zu der ursprünglichen Frage führte. Mit anderen Worten, sie drehten sich im Kreis.
"Wartet einen Moment", flüsterte sie Tirian zu, lief ein paar Schritte zurück und sammelte ein paar kleinere Steine. Als sie wieder an Tirians Seite war, warf sie einen davon in hohem Bogen über den Kopf des Mannes hinweg, wo er leise klirrend auf dem Boden aufschlug. So würde der Mann denken dass das aus Richtung der Zellen kam, und sie hoffte dass seine Reaktion ihnen etwas mehr verraten würde.
[Tirian]
Tirian hielt einen Moment den Atem an, als die Assassine vom Rand einen Stein in Richtung des Wärterraums warf. Er zog schräg über den Wärter hinweg und landete in der Nähe des zweiten Durchgangs, zum gewundenen Pfad hinab zu den Zellen. Ganz gefangen vom Schrecken des Augenblicks entging dem Heiler, dass es den Anschein hatte, dass die Hände des Wärters kaum merklich zuckten, als der Stein angeflogen kam, so als wolle er sich von dem heran fliegenden Geschoss schützen. Was der Dunmer jedoch sah, dass der Mann kurz nach dem Aufprall den Kopf einen kurzen Moment in Richtung des Durchgangs drehte, kaum mehr als einen Augenblick, sodass es mehr wie eine reflexhafte Reaktion wirkte. Da er sich sogleich wieder umwandte, wirkte es nicht so, als wäre ihm das Geräusch verdächtig vorgekommen.
[Dreveni]
Drevenis Augen waren auf den Wärter fixiert, sobald der Stein ihre Hand verlassen hatte. Ihr entging nicht das leichte Zucken seiner Hände, noch dass er den Kopf drehte. Allerdings war sie nun nicht wirklich schlauer als noch vor einem Moment - hatte er einfach nur ein unglaublich gutes Gehör, oder hatte er den Stein gesehen und wollte sie nur in dem Glauben lassen, blind zu sein?
"Tirian?", flüsterte sie dem Heiler zu ohne den Kopf von dem Wärter zu nehmen. "Was haltet ihr davon?"
Ihr selbst fiel dazu nicht mehr wirklich viel ein. Der nächste Schritt wäre dann wohl angriff, denn selbst wenn sie sich mit einem Unsichtbarkeitszauber an dem Wächter vorbeischleichen konnten, sie würden sich früher oder später verraten. Wer konnte schon sagen was in diesen Zellen alles eingesperrt war, und ob sie nicht Alarm schlagen würden. Das sicherste war also, den Wärter so schnell und lautlos wie möglich zu beseitigen.
[Tirian]
Der Heiler ließ etwas von der aufgestauten Luft entweichen. "Ich verstehe das ehrlich gesagt nicht. Das der Hexenmeister vielleicht nur einen Wächter platziert, weil er seinen Turm und die Katakomben unangreifbar wähnt, schön und gut, aber bei einem Ausbruch von Gefangenen wäre er allein. Und jemand der dazu noch blind ist? Ich kenne den Hexer nicht persönlich, aber jemand der sich mit einer kleinen Armee an Wachen und Söldnern und Dwemer-Mechanoiden umgibt, wird doch wohl kaum so nachlässig sein?": stellte der Heiler eine mehr rhetorische Frage in den Raum. Er betrachtete noch einmal die Situation. "Mir ist nicht wohl bei all dem. Das riecht mir allzu sehr nach einer Falle. Aber ihr seid die Expertin. Das solltet ihr entscheiden": war sich Tirian unsicher. Allerdings blieb ihnen so oder so kein anderer Weg als an dem Mann in der schwarzen Kutte vorbei. Ob nun schleichend oder wenn sie ihn aus dem Weg räumten. Auch wenn ihn schon jetzt gewisse Skrupel plagten, einen scheinbar blinden Mann, von Händen seiner Begleiterin abgestochen zu sehen.
[Dreveni]
Dreveni überlegte einen Moment. Eins war sicher: Ob blind oder nicht, der Kerl hatte ein unglaublich gutes Gehör. Ob es eine Falle war? Wer konnte das schon mit Sicherheit sagen. Ihrer Ansicht nach befanden sie sich fast schon zu nahe am Turm, um noch mit derartigen Fallen rechnen zu müssen. Mit selbstauslösenden Fallen, sicher. Aber eher nicht mit einem angeblich blinden Wärter. Auf der anderen Seite, wer wusste schon wie paranoid dieser Hexenmeister wirklich war.
Wie auch immer, Falle oder nicht, ihr war es lieber das Problem gleich jetzt und hier zu beseitigen, und nicht zu riskieren davon eingeholt zu werden. Anschleichen würde schwierig werden, aber bei einem Angriff aus der Ferne bestand immer die Gefahr, dass sie ihn verfehlte oder er sich plötzlich bewegte - wenn sie nahe genug war um ihm die Kehle durchzuschneiden konnte sie wesentlich flexibler darauf reagieren. Und wenn er einen Pfeil knapp an seiner Nase vorbeifliegen sehen würde, wäre das Geschreie sicher groß, und sie wären aufgeflogen.
"Wir müssen so oder so an ihm vorbei", sagte sie schließlich zu Tirian. "Also können wir uns auch gleich um das Problem kümmern. Falls er wirklich blind ist, hat er ein sehr gutes Gehör, er hat den Stein noch im Flug gehört. Ich gehe vor und versuche ihm die Kehle durchzuschneiden. Ihr wartet hier und greift ein, wenn es Probleme gibt."
Sie wartete nicht auf Tirians Antwort, zog statt dessen ihren Dolch und sprach leise einen Unsichtbarkeitszauber. Sie hoffte, im Schutze des Zaubers, nahe genug von hinten an den Wärter heranzukommen, ihm dann dass Messer über den Hals zu ziehen und ihm tunlichst noch den Mund zuzuhalten.
[Tirian]
"Ihr wartet hier und greift ein, wenn es Probleme gibt": sagte sie gut. Wenig später löste sich sie sich quasi in Luft auf. Wäre nicht das in dem Zwielicht des roten Feuerscheins hin und wieder aufscheinende Wabern der Luft, das aber genauso gut von der heißen, stickigen Luft rühren mochte, hätte er nicht gewusst, dass sie überhaupt noch da war. Allerdings verlor er sie immer wieder aus den Augen. Wie sollte er da eingreifen? Statt zu versuchen ihr mit dem Blick zu folgen, robbte er wieder an den Rand der Grube heran und nahm statt ihr den Wärter in den Blick. Sollte etwas aus dem Ruder laufen, dann würde er seine Magie bemühen. Wenn ihr Gegner tatsächlich ein Nord war, würde sein Körper sicherlich eine gewisse Resistenz gegenüber seiner Schockmagie aufweisen. Tirian würde also gleich von vornherein einen stärkeren Zauber bemühen. Geriete Dreveni in Gefahr konnten sie es sich nicht leisten, dass ein Kampf länger als nötig andauern würde. Der Heiler konzentrierte Magie in der Hand und hoffte, dass die Schussbahn weiterhin frei bleiben würde.
Es dauerte ein paar Minuten dann sah Tirian das Wabern am Zugang zur Wärterzelle. Die Rundtür, die wohl den oberen Zugang sonst blockierte stand offen. Scheinbar ließ der Wärter sie geöffnet, wenn er Dienst hatte. Die andere Rundtür auf der gegenüber liegenden Seite war jedoch geschlossen. Womöglich wären sie sogar am Tresen vorbeigekommen was jedoch nicht hieß, dass sie auch unbemerkt hätten die Tür aufsperren können. Mehr Schweiß als sowieso schon durch die unangenehme, schwefelhaltige Umgebung lief ihm von der Stirn und in den Nacken. Jetzt wurde es ernst. Die Assassine näherte sich jetzt wohl ihrem Ziel.
Tirians Augen zuckten wild umher, in der Erwartung doch noch einen plötzlichen Hinterhalt oder eine Falle zu entdecken, doch da war nichts. Als das Wabern noch einmal kurz hinter dem Wärter aufblitzte, die Attentäterin brachte wohl gerade ihre Waffe in Anschlag, wie er vermutete, hefteten sich seine Augen schließlich auf den Wächter. Nicht mehr als ein winziges Glimmen um die Hände herum. Er hätte es beinah nicht entdeckt. Im nächsten Augenblick. Ein Lächeln? "Dreve...": setzte er zu einem Schrei an, im nächsten Augenblick drückte sich geradezu explosionsartig kalte Luft in sein Gesicht es war als hätte er eine Faust aus Wind abbekommen. Fast zeitgleich war der ganze Bereich der oberen Grube voll von einem dichten Nebel. "Kälte..magie": ächzte der Heiler, der nichts sehen konnte und sich deshalb mit dem Händen am Rand der Grube entlang tastete, um nicht versehentlich hinein zu fallen, während er versuchte zu Dreveni zu gelangen. "Der Nord muss Kältemagie eingesetzt haben, weil die Luft bereits sie heiß war, muss es zu einer enormen Verpuffung um den Nord herum gekommen sein": überschlugen sich die Gedanken in Tirians Kopf. Dreveni musste es weggefegt haben.
Er hatte gerade den Weg nach unten gefunden und sich an der Wand haltend schnell ein paar Schritte herunter gearbeitet, stolperte ihm die Attentäterin plötzlich entgegen. Er sah jetzt wieder mehr. Sie stand im Rahmen der Rundtür, er hinter ihr. Nur ein Zwinkern später flogen messerscharfe Klingen an ihm vorbei, schnitten seine Kleidung und rissen haarfeine, schmerzende Wunden in seinen Wangen. Erst einen Schreckmoment später registrierte er die Kälte und wusste, dass es Eiskristalle waren. "Ein verfluchter Eismagier": stellte Tirian fest. "Der Feigling versteckt sich im Nebel": fügte Dreveni hinzu. "Wie kann er uns in dieser Waschküche nur sehen?!": ereiferte sich der Heiler, als sie sich hinter den Rahmen an die Wand drückten, um einer weiteren Welle von Eisklingen zu entgehen.
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