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Drachentöter
Vvardenfell-Distrikt, Weidenländer, Falensarano
Als Dreveni die Kammer verlassen hatte, führten sie ihre Schritte wieder in die Richtung der Gaststube. Als sie nach einem vorsichtigen Blick durch die Tür feststellte, dass sich die irre Altmer nicht hier aufhielt, und es auch sonst eher leer war, setzte sie sich an einen der Tische, nachdem sie einen Krug Mazte beim Wirt organisiert hatte. Ihr ging durch den Kopf, dass sie eigentlich nach Tirian sehen sollte, und nahm sich vor, bald in der Kammer vorbeizusehen. Gleich darauf verwarf sie den Gedanken, wenn er sich dort aufhielt, wäre er vermutlich sicher vor den schmierigen Fingern Ilucarias, und wenn sie sich wirklich schon an ihm vergriffen hatte, würde sie dort auch keine Spuren mehr vorfinden. Die Söldnerin mochte zwar irre sein, aber dumm mit Sicherheit nicht. Das machte sie nur umso gefährlicher.
Sie saß noch eine Weile brütend in der Gaststube, rührte allerdings den Krug kaum an. Er diente ihr mehr dazu, die Hände an etwas anderem als dem Dolch des toten Assassinen festzuhalten. Es war ja irgendwie klar gewesen, dass sie das Ganze noch einmal einholen würde. Und das natürlich Tirian Zeuge des Ganzen wurde. Tirian... Sie horchte in sich hinein, aber sie hatte nicht das geringste schlechte Gewissen, dass sie gerade mit dem anderen Dunmer das Bett geteilt hatte. Wieso auch? Zwischen ihr und Tirian war nichts, davon abgesehen dass der Heiler sie mit seiner Art regelmäßig in den Wahnsinn trieb. Er war zu jung, er war zu weich, er war zu gutmütig. Ganz anders als der Dunmer, dem sie in die Kammer gefolgt war, auch wenn sie noch immer nicht wusste, wie er überhaupt hieß. Als ob das auch eine große Rolle gespielt hätte. Sie waren sich beide einig gewesen und sie war sich sicher, dass er es ebenso wenig bereute wie sie. Im Gegenteil, es hatte ihr gefehlt, in der ganzen Einfachheit und Unkompliziertheit, die es haben konnte. Kein Gesülze von Vertrauen und ähnlichen hohlen Worten.
Schließlich stand sie auf, um nach ihrem Begleiter zu sehen, und die Lage zu sondieren, wann sie sich unbemerkt davon stehlen konnte. Sie lief für eine knappe Stunde ziellos durch die Festung, bis ihr einfiel, dass sie auf dem Plateau nachsehen könnte.
Dort angekommen, war von Tirian immer noch weit und breit keine Spur, was sie langsam aber sicher doch leicht nervös machte. Dann wurde ihre Aufmerksamkeit von dem grollenden Vulkan eingefangen, und sie ging zur Brüstung, stützte die Hände darauf und sah zu dem Berg hinüber.
Langsam, fast unmerklich näherte sich Illucaria der Brüstung. Sie lehnte sich neben Dreveni darüber. "Na war es angenehm für euch? Ich stelle ihn euch gerne weiter zur Verfügung, wenn ihr ihn noch häufiger benutzen wollt. Der Bogenschütze der Wachmannschaft oben auf den Zinnen ist auch nicht zu verachten. Er ist zwar klein wie alle Bosmer, aber seine Finger sind nicht nur geschickt darin einen Bogen zu spannen": bot sie an.
Dreveni zuckte fast unmerklich zusammen, als sie von der Altmer aus dem Anblick des Berges gerissen wurde, in den sie versunken gewesen war. Sie warf ihr einen Blick zu, in dem sich nichts davon zeigte, wie sehr sie die Andere inzwischen anwiderte. Inzwischen sah sie den Umgang mit dieser •••••••• nur noch auf einer rein professionellen Ebene, und zwar im Verhältnis Mörder zu Opfer. Hatte man es einmal eingekreist, durfte man sich durch nichts verraten, durch keine noch so kleine Geste, einen Blick oder gar ein unbedachtes Wort.
"Bosmer... Ich glaube ich stehe dann doch eher auf etwas größeres.", antwortete sie mit einem anzüglichen Grinsen. "Über den Dunmer mit der Narbe könnten wir allerdings verhandeln. Ich werde ihn auch nicht überstrapazieren."
"Oh keine Sorge. Er kann seine Kraft ganz euch widmen. Ich bin schließlich keine ••••. Ich habe immer nur einen Favoriten": sagte sie und schaute einen Moment versonnen in den Himmel. "Und ihr müsst ja jetzt auch keine lästigen Störungen mehr fürchten, wo sich euer schwächlicher Freund davon gestohlen hat. Aber hier bei uns wird es euch ohnehin viel besser gehen": meinte sie. "Der Rote Berg... Er hat etwas von den Totenländern": wisperte die Söldnerin dann Gedanken verloren.
Langsam hatte die Altmer Dreveni so weit, dass diese ihre Einstellung zur Folter zum reinen Selbstzweck noch einmal überdenken würde.
Davon gestohlen? Tirian? Du mieses Stück Dreck, sollte ich herausfinden dass du ihn aus dem Weg geräumt hast, dann wirst du dir wünschen dass deine Mutter dich abgetrieben hätte.
Dass Tirian wirklich verschwunden war, glaubte sie der Anderen keine Sekunde. So weit glaubte sie ihn dann doch noch einschätzen zu können. Oder? Hatte ihn nicht vielleicht doch mehr schockiert was er gesehen hatte, als sie jetzt dachte?
"Er ist weggelaufen? Das sieht ihm ähnlich. Vermutlich hatte er die Hosen dabei gestrichen voll, oder?" antwortete sie wie beiläufig, während sie ebenfalls den Berg betrachtete.
"Gestrichen voll?": sie zuckte mit den Schultern. "Ihr kennt ihn besser als ich. Ich dachte er hätte sich bei euch verabschiedet. Ich habe mich auch gewundert, dass er einfach so sang- und klanglos verschwinden wollte. Ich habe bei dem Schmied noch sein Schwert abgeholt und es ihm gegeben und da hat er gesagt, dass er aufbrechen wolle. Ohne euch. Er meinte diese Angelegenheit mit dem Attentäter hätte er nicht ertragen können. Er meinte, das er euch nicht mehr ertragen kann, weil ihr so skrupellos seid und all dieses moralisch, überheblich tuende Geseiere. Auch Priester-Scheiße stinkt!": bei den letzten Sätzen redete sie sich wieder in Rage. "Er hat seine Sachen auf den Guar geladen und ist dann davon. Ich wollte ihn nicht aufhalten. Mir erschien er für euch ohnehin nur eine Behinderung zu sein, die man schnell ablegen sollte": berichtete die Altmer. "In einem Punkt hatte er aber nicht ganz so unrecht. Wir sind uns ähnlich. Und mit mir an eurer Seite braucht euch die Tong auch nicht mehr zu schrecken": sagte sie weiter.
Dreveni versuchte - während sie der Söldnerin mit einem Ohr zuhörte - immer noch herauszufinden, ob Tirian wirklich ohne ein Wort verschwunden war. Auch wenn sie sich nicht restlos sicher war, sie glaubte es nicht. Und schon gar nicht dass er dabei noch den Guar mitgenommen hatte. Ja, sie kannte ihn besser als die Altmer, und das sah Tirian nun nicht unbedingt ähnlich.
"Dann haben sich ja meine Probleme in Luft aufgelöst, wenn er verschwunden ist.", antwortete sie schulterzuckend. "Nur dass er meinen Guar geklaut hat, werde ich ihm so schnell nicht vergessen. Das Vieh war teuer. Und was die Tong angeht, ich finde es eigentlich ganz entspannend, meine Klinge ab und an in einem von denen zu versenken". Dabei sah sie die Altmer wieder von der Seite her an und schaffte es tatsächlich, einen mordlustigen Ausdruck in ihre Augen zu legen, der zwar nicht an die Blutgier in den Augen der Altmer reichte, aber ein guter Anfang war. In Gedanken bereitete sich Dreveni schon darauf vor, die Festung auf den Kopf zu stellen, um Spuren von Tirian zu finden. Irgendwann musste das Weibsbild ja auch mal schlafen, und so ein paar Tricks und Zauber die Hilfreich waren, beherrschte Dreveni auch noch.
"Schön das ihr so denkt. Wo jetzt dieses Problem aus dem Weg ist: Habt ihr über mein Angebot nachgedacht? Noch immer schuldet uns diese Diamanten-Mine unseren Sold und ich fände es schön, wenn wir uns in Naturalien den geschuldeten Betrag holen. Ihr bekommt auch was davon ab. Wäre doch eine gute Feuertaufe für euch": meinte Illucaria. "Wenn ihr bald aufbrechen, könntet ihr vielleicht sogar euren abgelegten Begleiter noch einholen. Ich habe ja das Gefühl ihr hängt noch etwa an ihm. Ein Gespräch oder eine Klinge könnten das zu gegebener Zeit klären": schlug sie vor und lachte dann wieder.
"Er wird alleine dort draußen ohnehin nicht weit kommen, kein Grund mein Schwert zu besudeln.", meinte Dreveni nur lakonisch und deutete mit einer ausladenden Geste zu der Landschaft die sich vor ihr erstreckte. "Wie viele Leute wolltet ihr denn zu der Mine schicken?" Sie brauchte jetzt vor allem eins, und das war Zeit. Zeit sich zu vergewissern, ob Tirian wirklich aufgebrochen war, oder ihn die Söldnerin irgendwie aus dem Weg geräumt hatte.
"Da sich meine Redoraner, die sich sonst um die Außeneinsätze bemüht haben, nicht mehr gemeldet haben - vermutlich wurden diese Narren von irgendwelchen Daedra erwischt - werde ich eine Gruppe von sieben Leuten schicken euch inbegriffen, wenn ihr mitkommen möchtet. Die paar Wächter töten und die Minenarbeiter überwachen, damit sie ja auch fleißig weiter Schutzgeld fördern, dürfte wohl kaum so schwierig werden": antworte die Altmer. "Am liebsten würde ich euch noch heute Nachmittag losschicken. Ich möchte nämlich zur selben Zeit noch eines der Tore ausheben. Ein paar Dremora-Sklaven wären für die nächste Zeit ganz gut": fügte sie versonnen an. Dann verhärteten sich ihre Züge ganz plötzlich. "Diese faulen Katzen fressen und schlafen und trotzdem meckern sie die ganze Zeit! Für die harte Arbeit völlig ungeeignet. Wenn wir die nicht bald verkauft bekommen, werde ich mir ein paar schöne Mäntel aus ihnen machen lassen. Dann könnte Himmelsrand das nächste Ziel werden!": ereiferte sie sich und schlug mit der Faust auf die Brüstung. Dann räusperte sie sich. "Kommt nachher doch noch einmal in meine Kammer. Dann können wir noch ein paar Einzelheiten des Auftrages besprechen und über euren Sold verhandeln": bat sie noch und entfernte sich ohne weitere Worte.
Redoraner? Waren das nicht die Typen, die die Aschländer angegriffen haben? Dreveni war sich fast sicher, dass Tirian sie als Redoraner bezeichnet hatte. Würde sie den Heiler jemals wieder sehen, würde sie ihm mit Sicherheit vorhalten, was passiert wäre, hätte er den Gefangenen gehen gelassen. Dann wären sie vermutlich wirklich als Zombiefutter in der Kanalisation gelandet.
Dreveni sah der Söldnerin nach, als sich diese entfernte. Deren ganze Haltung brachte ihre unsägliche Arroganz zum Ausdruck, genauso wie ihr Blick Bände sprach über ihren Wahn. Es juckte sie wirklich in den Fingern, vor allem jetzt wo die andere ihr Angeboten hatte, später in ihre Kammer zu kommen. Wie viel Zeit würde ihr wohl für eine Flucht bleiben, bis jemand die Leiche fand? Gleich darauf schüttelte sie still den Kopf. So sehr sie es auch wollte, solange sie sich nicht sicher war über Tirians Verbleib konnte sie diesem arroganten Miststück kein Härchen krümmen.
Sie sah noch eine Weile in die Ebene hinab und bedauerte es ernsthaft, dass sie kein Gift hatte, mit dem sie der Altmer einen netten Abschiedsgruß hinterlassen konnte.
Dann stieß sie sich von der Brüstung ab und schlug den Weg in ihre Kammer ein, vielleicht konnte sie ja doch einen Hinweis auf Tirian finden.
Dort angekommen fiel ihr als erstes auf, dass die Wache verschwunden war, was sie mit einem irritiertem Stirnrunzeln zur Kenntnis nahm. Als sie die Tür öffnete, wäre sie bei dem Anblick der sich ihr bot, fast vom Glauben abgefallen. Die Kammer war... leer. Nicht nur Tirians Gepäck fehlte, auch ihr eigenes, inklusive ihres Schwertes, dem Bogen und der Pfeile. "••••.", presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, als sie die Tür schwungvoll ins Schloss warf. Jetzt hast du gerade definitiv dein Todesurteil unterschrieben, du kleines dreckiges Miststück, Altmer-Abschaum, pissgelbe ••••••••..., fluchte sie in Gedanken vor sich hin, als sie die Kammer näher in Augenschein nahm. Sie war tatsächlich komplett leer bis auf die Einrichtungsgegenstände und wirkte sogar noch gereinigt.
Schließlich blieb sie mitten im Zimmer stehen und versuchte, sich wieder zu beruhigen, da sie vor Wut gerade schon mit den Zähnen knirschte. Sie atmete ein paar Mal tief durch, bis sie sich wenigstens wieder halbwegs im Griff hatte. Sie konnte sich jetzt einfach keine Affekthandlung leisten, und ihr einziger Affekt im Moment wäre, der Altmer bei Sicht ihren Dolch ins Auge zu rammen.
Schließlich verließ sie die Kammer und fragte sich bei den Söldnern die ihren Weg kreuzten zu der Kammer der Altmer durch. Als sie vor der Tür stand nickte sie den Wachen kurz zu, welche keine Anstalten machten, sie aufzuhalten, rief sie sich noch einmal innerlich zur Ordnung, setzte ein möglichst neutrales Gesicht auf und Klopfte fest und entschlossen an die Tür.
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