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Mythos
Vvardenfell-Distrikt, Weidenländer
Tirian und Lyviani setzten ihre Reise fort, nachdem die Dunmer damit einverstanden war, dass sie der Festung einen Besuch abstatten würden. Der Heiler sah sich um. Zwar erweckten immer mal wieder ein paar Kräuter sein Interesse, aber er hatte seinen Vorrat schon am vergangenen Tag aufgestockt, also vermied es ihr Fortkommen zu verzögern, in dem er weitere Pflanzen sammelte. Ab und an schaute er zu seiner Begleiterin hinüber. Sie beobachtete aufmerksam ihre Umgebung und hielt scheinbar nach weiteren Gefahren Ausschau. Auch er ließ seinen Blick schweifen. Die Landschaft der Weidenländer hatte sich im Gegensatz zum vergangenen Tag nicht sonderlich geändert. Allerdings war die Luft viel frischer. Der allgegenwärtige Gestank von verbrannten Leichen und Rauch, der noch in der Gegend um Tel Vos allgegenwärtig gewesen war, war hier nicht mehr wahrzunehmen. Tirian wandte seinen Blick zum Himmel. Auch von hier konnte man noch die dunklen Rauchsäulen sehen, die über dem Zentrum der Insel standen, aber es blieb dabei. Auch die Folgen der daedrischen Verwüstung gingen deutlich zurück, umso weiter sie sich nach Süden vorarbeiteten. Mehrunes Streitkräfte waren hier offenbar nicht durchgekommen. Die südlichen Weidenländer waren hier noch immer das Paradies, von dem ihm Tarrior erzählt hatte - der wilde Dochtweizen, der überall wuchs und sich sanft im warmen Wind unter blauem Himmel wiegte. Mit der Zeit wurde er wieder ruhiger. Die ruhige Natur beruhigte auch seine Gedanken, die sich immer noch um Tarrior drehten und die Frage, was er wohl zu verheimlichen hatte. Diese Frage verschwand mit der Zeit ebenso, wie das, was Lyviani zu ihm gesagt hatte und über das er auch noch immer nachgrübelte. Sein Kopf leerte sich langsam und er fand etwas Ausgeglichenheit in der Natur. Auch wenn der Fußweg mit der Zeit wider recht anstrengend wurde, da die Straßen hier nicht befestigt waren, sondern eher den Charakter von Trampelpfaden hatten, fühlte sich Tirian dennoch irgendwie gut. Allerdings wurde es gegen Mittag doch Zeit für eine kleine Pause. Er blieb kurz stehen und sah sich um und entdeckte schließlich eine kleine Ansammlung von Bäumen, die etwas Schatten und Ruhe versprach. „Wir sollten eine Pause einlegen“: sagte er und deutete auf die Baumgruppe. Dann ging er auch schon dort hinüber. Er sah sich kurz um. Der Ort war wie geschaffen, um sich auszuruhen. Außerdem musste er wieder an die Kräuter denken, die er gesammelt hatte.
Der Heiler begann lose Äste für ein kleines Feuer zu sammeln und schichtete sie an einer freien Stelle auf. Dann sammelte er etwas Magie in seiner rechten Hand und ließ einen kleinen, magischen Blitz aus seiner Handfläche in das Holz einschlagen. Es fing sofort Feuer. Aus seinem Gepäck, das Lyvianis Guar noch immer tapfer trug, holte er einen kleinen Eisenkessel und stellte ihn in die Feuerstelle. Statt ihrer begrenzten Wasservorräte, die sie, wie Tirian etwas besorgt feststelle, im Lager der Aschländer aufzufüllen vergessen hatte, kippte er direkt seine verbleibenden drei Heiltränke als Grundlage für weitere Tränke in den Kessel und vermischte erst diese noch mit etwas Wasser. Ein süßlicher Duft breitete sich aus, während die Flüssigkeit im Kessel aufkochte. Währenddessen holte der Dunmer auch noch seinen Mörser und Stößel aus dem Gepäck und begann bereits damit einige der Kräuter, die er zuletzt gesammelt hatte, zu zerreiben. Er war mittlerweile so gefangen von seiner Tätigkeit, dass er schon gar keine Augen mehr für Lyviani hatte. Mit routinierten Bewegungen zerrieb er das pflanzliche Material, bis es eine breiige Konsistenz hatte, die nussig-aromatisch roch und gab sie in den Topf. Als er sie einrührte, änderte sich der plötzlich der Geruch. Anstatt süßlich roch es nun deutlich sauer und die rote Farbe wich nun einem dunklen Lila. Tirian nahm sich nun einige getrocknete Pilze heran, die er noch mit sich führte und zerbröselte sie direkt über dem Topf, um dann anschließend einige frische Kappenträger klein zu würfeln und ebenfalls dem Sud beizugeben. Das Gleiche tat er mit einer mittelgroßen Korkwurzel, die er ebenfalls aus seinem Gepäck holte. Beim Vorbeigehen bemerkte er noch eine Häckselblattpflanze, die an einen der Bäume gelehnt wuchs und schnitt auch ihr einige Blätter ab, die er dann aber wieder in seinem Mörser zerrieb, bevor er den Brei der Flüssigkeit beigab, die nun eine Mischung aus lila und rot war und fast wie junger Wein wirkte, allerdings roch sie recht bissig. Schließlich holte Tirian aus einem Beutel einige Zweige Hustengras hervor, die er sich von Tarriors Plantage mitgenommen hatte. Er zerrieb auch sie und warf sie ebenfalls mit in den Kessel. Noch einmal rührte er kräftig um und langsam wich der bissige Geruch und wurde neutral mit einer unscheinbaren, süßlichen Note. Tirian roch an dem Trank und prüfte die Konsistenz. „Das sieht in Ordnung aus“: flüsterte er und lehnte sich gegen den Baum. Nun musste der Sud noch etwas kochen und ziehen, damit möglichst viele Stoffe in das Endprodukt übergingen.
Der Heiler bedauerte es sehr, dass für die Reise keine bessere Ausrüstung zur Verfügung stand, allerdings wäre die reichlich schwer geworden und er hatte auch nicht damit gerechnet, dass er solange brauchen würde, um seinen Vater zu finden. Schon gar nicht hatte Tirian damit gerechnet, dass er sich Meradanz würde entgegenstellen müssen. Bei den Zutaten, die er mit sich führte, hätte er mit einer Retorte oder einem Destillierkolben aus diesem ohnehin schon stark geplanten Trank vermutlich etwas ganz Besonderes gemacht. In jedem Fall etwas, das den Begriff Lebensversicherung verdient hätte. Auch so war der Trank schon sehr stark, allerdings bei weitem nicht perfekt und er hatte eine Menge mehr Zutaten aufwenden müssen, als es für ein alchemistisches Produkt gut war, nur um die negativen Wirkungen einzelner Trankbestandteile abzuschwächen. Es war also auch vermutlich besser, wenn sie die Tränke nicht direkt hintereinander verbrauchten, sondern sie mit zeitlichem Abstand tranken. Es gab einige Fälle, in denen sich schon Arenakämpfer am übermäßigen Konsum von Heiltränken vergiftet hatten. Tirian überlegte, ob er nicht vielleicht irgendwo als Heiler und Alchemist sesshaft werden sollte, wenn das hier vorüber war. Seinen Dienst auf dem Handelsschiff hatte er ja quittiert und etwas Neues stand noch nicht in Aussicht. Während er so in Gedanken an die Zukunft schwelgte, Gedanken an die Gegenwart verdrängte und schließlich gedankenlos dahindämmerte, kochte der Sud weiter. Erst als die Lösung richtig brodelte, kam der Heiler wieder zu sich und nahm schnell den Kessel vom Feuer. Noch einmal prüfte er den Geruch und die Konsistenz und war vollends zufrieden mit dem Ergebnis.
Tirian holt einen Tönernen Krug aus dem Gepäck und spannte über die Öffnung ein Stock Leinenstoff, das darum gewickelt war. Das erste Mal, seit sie ihre Pause machten, rief er nun Lyviani zu sich und bat sie, ihm einmal kurz zu helfen. „Könntet ihr kurz den Krug festhalten. Ich werde vorsichtig sein“: sagte Tirian und die Dunmer griff zu, während sich der Heiler nun den Kessel nahm und langsam die Flüssigkeit durch das Leinen hindurch in den Topf hinein goss. Auf dem Leinenstoff blieben die festen Rückstände zurück. Tirian löste das Bändchen, mit der das Leinen festgebunden hatte und wickelte die Überreste darin ein. Er drückte das Ganze noch einmal zusammen und entleerte so noch einige Tropfen Flüssigkeit in den Krug. Das Leinen hielt er nun mit etwas Abstand über die Feuerstelle und trocknete es zusammen mit dem Inhalt. Schließlich ließ er den Beutel in einem Säckchen an seinem Gürtel verschwinden. Mit etwas besserer Ausrüstung konnte er den Rückstand noch einmal verwenden. Es wäre Verschwendung ihn einfach wegzuwerfen. Tirian holte nun einige kleine Phiolen hervor. Eigentlich waren es nur längliche Glasröhrchen mit Korken. Lyviani, die nun neben ihm saß, zog die Augenbrauen hoch. „Der Trank ist so stark, dass eine kleinere Menge davon ausreicht. Vorsichtig füllte er die Phiolen voll. Die Flüssigkeit darin sah nun aus wie junger Wein und war so klar, dass man hindurch sehen konnte. Insgesamt reichte es für acht solche Röhren. Er gab vier davon seiner Begleiterin. „Das sind starke Heiltränke, nur zur Sicherheit. Sie heilen nicht nur Wunden, sondern geben euch auch verlorene Kraft zurück und mindern damit die Erschöpfung“: erklärte Tirian und packte seine Sachen zusammen. Zum Schluss löschte er das Feuer. “Wir sollten wieder aufbrechen, damit wir es bis heute Abend noch nach Falensarano schaffen“: meinte der Heiler und sie machten sich wieder auf den Weg.
Auch auf dem weiteren Weg mochte er nicht mit Lyviani reden. Er vermied es nach aller Möglichkeit an das zu denken, was sie ihm erzählt hatte und ließ sich lieber noch ein wenig von der Landschaft einnehmen. Ab und an sah man in der Entfernung Anzeichen für Oblivion-Tore, aber der Heiler war sich sicher darin, dass er nicht vorhatte, eines dieser Dinger zu betreten oder auch nur in die Nähe zu kommen, wenn er es nicht unbedingt musste. Einen Hexenmeister als Gegner zu haben, reichte für seine Begriffe völlig aus, er musste sich nicht auch noch mit den Dämonen aus dem Reich des Vergessens anlegen. Der Skamp-Angriff des Vortages hatte ihm auch schon völlig gereicht. So kamen sie aber recht störungsfrei durch. Die Daedra hielten sich an ihre Tore – Tirian sah in der Entfernung einige Atronachen dort herumschleichen – und behelligten sie nicht. Derweil kam endlich die Hügelkette in Sichtweite, die die Weidenländer im Süden von der Molag Amur schied. Auf dieser Seite war das fruchtbare Weideland, während sich auf der anderen Seite das tödliche von Lavaflüssen und heißen Schlammgruben durchzogene, unfruchtbare Aschland befand. Ein deutliches Zeichen dafür, dass sie ihrem Ziel immer näher kamen. Mora Uvirith befand sich auf der anderen Seite dieser Hügelkette. Nun kehrten die Gedanken an Tarrior doch wieder zurück. Tirian verdrehte die Augen. Doch langsam tauchte vor ihnen auch ein riesiges, steinernes Ungetüm auf, das seine Aufmerksamkeit auf sich zog. „Das muss wohl Falensarano sein“: sagte Tirian. Von der Anhöhe aus stieg Rauch auf. „Sie scheint bewohnt zu sein“: stellte der Heiler fest.
Langsam schlichen sie die Rampe nach oben. Auf Lyvianis Anraten hielten sie sich ruhig und bedeckt, denn man konnte wohl nie wissen, wer sich jetzt hier verschanzt hatte. Auf dem Festungssockel standen wild zusammengewürfelt einige Zelte und ansonsten stapelten sich wahllos Kisten und Körbe. Auf die Entfernung entdeckte der Heiler etwas, dass aussah, wie mehrere große Käfige. Plötzlich hörte er dumpfes Geräusch und einen Aufprall. Er drehte sich um und sah Lyviani am Boden liegen. „Was habt ihr?!“: fragte er besorgt und beugte sich zu ihr hinunter. Etwas Blut lief aus einer Platzwunde an der oberen Stirn. Plötzlich tauchte geradezu aus dem Nichts neben ihm eine Person auf. Reflexartig wandte er seinen Kopf zur Seite. Er konnte nur noch in die schwarzen, gläsernen Löcher einer Chitin-Maske schauen, bevor er einen Schlag in der Nähe seiner Schläfe fühlte und dann gar nichts mehr. Bewusstlos ging Tirian zu Boden.
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