Dreveni brauchte ein paar Augenblicke um zu realisieren, wer da in das Zelt gestürmt kam. Als sie dann aber Tirian erkannte, war sie nur noch erleichtert, was nicht lange anhielt, denn nach einem kurzen Wortwechsel forderte der Ashkhan Tirian glatt zum Zweikampf auf, den er anscheinend an Ort und Stelle austragen wollte. Für Dreveni war klar gewesen, dass sie auf jeden Fall ohne Waffengewalt aus dieser Situation kommen wollte, aber dazu war es jetzt zu spät. Der Heiler hatte nicht die geringste Chance gegen Kaushad, und wenn er jetzt starb, sanken auch ihre Chancen das Lager so bald wieder zu verlassen rapide. Sie versuchte sich zu sammeln, zog ihr Stilett und ging auf Kaushad los, der fing ihren Stich allerdings mühelos ab und schlug ihr kräftig ins Gesicht. Dass sie nach hinten auf den Boden fiel war nicht allein der Wucht des Schlages zu verdanken, sondern auch ihrem Zustand, den man nur noch als Unkoordiniert bezeichnen konnte. Was danach kam, geschah fast zu schnell, als das sie es noch wirklich verarbeiten konnte, irgendwann sickerte nur in ihr Bewusstsein, dass der Heiler offenbar gerade dabei war, Kaushad zu erwürgen. Wie zum Henker er das fertig brachte, konnte sie sich nicht erklären, sie wusste nur, dass sie das irgendwie verhindern musste. Sie rappelte sich auf, fasste Tirian an der Schulter und wollte ihn wegziehen, was ihr nicht gelang. Sie wusste sich nicht mehr anders zu helfen, als ihm kräftig ins Gesicht zu schlagen, woraufhin er schließlich von Kaushad abließ. Einen Moment fürchtete sie schon, er würde jetzt auf sie losgehen, aber dann ließ er sich von ihr aus dem Zelt führen. Dort lagen die Wachen bewusstlos auf dem Boden, und fast automatisch nahm Dreveni ihren Schwertgürtel, der dort ebenfalls auf dem Boden lag.

Inzwischen kam es ihr vor, als würde sie Schlafwandeln, auch die kühle Nachtluft trug nicht wesentlich dazu bei, ihren Kopf wieder klarer zu machen. Sie wurden von einem Dunmer durch das Lager bis zu einer alten Frau geführt, der Dreveni schließlich bruchstückhaft und unzusammenhängend erzählte, was gerade passiert war. Jedenfalls kam es Dreveni absolut wirr vor, die Dunmer schien allerdings zu verstehen.

Schließlich gingen sie wieder zurück zu dem Zelt ihrer Gastgeber, wobei sich Dreveni an Tirians Arm festhielt, um nicht zu wanken. Dieser schien das nicht einmal zu bemerken, und als sie das Zelt fast erreicht hatten und Dreveni das Licht des Feuers durch den Eingang sehen konnte, wusste sie, dass sie jetzt auf keinen Fall wieder in eines dieser Zelte wollte. Hunger hatte sie ohnehin keinen, noch einmal würde sie nichts essen was ihr hier angeboten wurde. Mit was hatte sie dieser Kerl nur vergiftet?
"Ich bleib noch ein bisschen hier draußen.", sagte sie leise zu Tirian, wobei sie sich nicht einmal sicher war ob er sie gehört hatte, ließ seinen Arm los und setzte sich ein paar Meter neben der Seitenwand des Zeltes in die Dunkelheit, den Schwertgürtel ließ sie achtlos neben sich fallen. Hier würde man sie nicht gleich sehen, und sie brauchte jetzt Ruhe, um wieder etwas klarer zu werden und zu verstehen, was gerade überhaupt alles passiert war. Wenn die Welt wieder aufhören würde, sich um sie herum zu drehen, hätte sie auch nichts dagegen. Seufzend ließ sie sich zur Seite kippen, zog die Knie an und legte ihren Kopf auf die Hände. Als sie so auf der Seite lag, ließ wenigstens der Schwindel etwas nach, trotzdem ging es ihr immer noch reichlich elend. Wieso meinten eigentlich alle in letzter Zeit, sie könnten ständig ihre schmierigen Hände an ihr haben? Wäre Tirian nicht dazwischen gegangen, wäre sie morgen früh vermutlich als neue Frau des Ashkhan aufgewacht.
Eigentlich war es nur ihre eigene Schuld, dachte sie. Sie hätte einfach gleich wieder gehen können. Natürlich hätte sie auch nicht unbedingt etwas dagegen gehabt, wenn der Abend vielleicht nicht nur bei Gesprächen geblieben wäre, unter der Voraussetzung dass sie weiterhin ihre Sinne beisammen gehabt hätte. Und er sie nicht mit irgendwas, das sie nicht einmal kannte, gefügig gemacht hätte. Während diesen Gedanken beobachtete sie den Streifen Licht, der aus dem Zelt auf den von dünnem Gras bedeckten Boden fiel und dachte, dass sie eigentlich schon längst hätte reingehen sollen. Aber sie konnte sich beim besten Willen nicht überwinden, inzwischen war ihr einfach nur zum Heulen, und in Tränen ausbrechen wollte sie wirklich nicht vor anderen. Nicht einmal allein hier im dunklen.