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Thema: Die Erben der Häuser

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  1. #1

    Vvardenfell-Distrikt, Weidenländer

    [Tirian]
    Übergangslos schlug Tirian die Augen auf. Er blickte in den sternenklaren Nachthimmel und sah das endlose Leuchten am Firmament über sich. Sein Kopf fühlte sich viel leichter an, als noch zuvor. Das seltsame Gefühl wie von Watte und der seltsame Schleier in seinen Gedanken waren verschwunden, dennoch blieb seine Erinnerung bruchstückhaft. Er versuchte sich daran zu erinnern, wie er hierher gelangt war, doch das letzte, dem er sich entsinnen konnte, war der Einbruch in das Schatzlager in der Festung, danach war alles... merkwürdig. Während er regungslos lag und weiter in den Himmel starrte, versuchte er die Bilder zu ordnen. Dort waren Aufnahmen eines Sprunges von der Mauer als auch einer mordenden Ilucaria und doch erschien ihm dies wie aus einem Traum zu stammen. Viel mehr noch verstörten ihn die Gedanken an eine ambivalente Dreveni mit dem normalen herb-schönen Dunmergesicht einerseits und andererseits der schrecklichen Fratze einer Dremore. Auch kehrte langsam die Memoria an die Träume der letzten Zeit wieder. Er zuckte dabei zusammen und schüttelte sich. Ein Monster sollte er sein. Er schloss für einen Moment die Augen. Eine Träne lief ihm bei den Gedanken an das Monster, das sein Vater vielleicht war, über die Wange. "Es steckt in mir": wiederholte er etwas aus dieser alptraumhaften Begegnung. Er fürchtete sich davor. "Mag das die Wahrheit sein?": er zweifelte und der Zweifel wurde ihm zur Qual. Was wenn er so wirklich sein sollte. Sein Talent galt der Zerstörungsmagie. Er war wie sein Vater dazu geschaffen zu töten und zu zerstören. Er dachte an den Dunmer zurück, dessen Gesicht er regelrecht weggebrannt hatte und erkannte die Parallele zu Tarrior, kaum weniger zimperlich mit Gegnern umsprang. Tirian ekelte sich vor sich selbst.

    Er ballte die Faust zusammen. Ein anderer Gedanke befiel ihn, als Schmerz seine Hand und seinen Arm durchzuckte. Er riskierte einen Blick zur Seite und sah das Stilett von Dreveni aus seiner Hand ragen. Sie war damit durchstochen. "Zerstörungsmagie": kam es ihm in den Sinn. "Oh nein. Dreveni!": dachte er panisch und setzte sich auf. Noch immer knirschte sein Verstand bei der Aufgabe Traum und Wirklichkeit der letzten Stunden zu rekonstruieren, in Verbindung zu setzen und zu ordnen, doch beim Anblick des Stiletts kamen ihm immer eindrücklichere Bilder hoch, wie er die Dunmer verletzt hatte. Er sah sich schnell nach ihr um. Seine Augen tasteten wild umher. Er hoffte inständig, dass er ihr Nichts angetan hatte. Das hätte er sich niemals verzeihen können. Sein Herz beruhigte sich jedoch, als er die Assassine im Dunkeln an den Baum gelehnt sitzen sah. Schnell ging er zu ihr hinüber. Es schien als wäre sie eingenickt. Er wollte sich vergewissern, dass es ihr gut ging, kniete neben ihr nieder und schaute sie an. "Dreveni, geht es euch gut?": fragte er zögernd.

    [Dreveni]
    Dreveni hatte sich in den letzten Stunden immer wieder vergewissert, dass Tirian noch lebte, ansonsten hatte sie nicht viel getan. An Schlaf war kaum zu denken, aber immerhin tat die Kühle der Nacht gut. Schließlich hörte sie, wie sich aus der Ecke in der der Heiler lag, etwas rührte. Sie hatte nicht wirklich geschlafen, aber immerhin war sie etwas zur Ruhe gekommen.
    "Dreveni, geht es euch gut?"
    Der Heiler klang zwar wieder normal, was aber nichts heißen mußte. Noch zu gut war ihr sein Gehabe von vorhin im Gedächtnis. Sie hob den Dolch, den sie inzwischen wieder eingesammelt hatte und der auf ihrem Schoß gelegen war, und hielt ihn Tirian entgegen.
    "Zwei Schritte zurück. Und dann habt ihr genau eine Chance mir klarzumachen, dass ihr wieder normal seid."
    Sie hatte sich in den letzten Stunden genau überlegt, wie es weitergehen sollte. Würde Tirian nicht mehr zu sich selbst zurückfinden, würde er ihr keine Wahl lassen. Ihn hier zurücklassen in diesem Zustand wäre grausam, und ihn weiterhin mitzunehmen, wäre zu gefährlich. Was sollte sie auch mit ihm tun? Zu einem Heiler bringen? Würde Dreveni selbst einmal dem Irrsinn so anheimfallen, würde sie sich jedenfalls wünschen, dass sie jemand erlösen würde.

    [Tirian]
    Überrascht von der Klinge, die sich plötzlich vor ihm befand, stolperte er zurück und fiel mit einem plumpen Ton auf den Boden. "Wieder normal?": sagte er und schluckte. Er überlegte fieberhaft was wirklich vorgefallen war und schüttelte dann den Kopf. Noch mochte sein Verstand den Schleier des Traums nicht ganz zerreißen. "Ich hatte gehofft, dass ihr mir erklären könntet, was passiert ist und wie wir hierher kommen. Ich kann mich nur noch an die Festung erinnern. Der Rest erscheint mir geradezu wie ein... Alptraum. Alles ist so seltsam unklar und vernebelt": gab er sich ahnungslos. Er hob seine Hand, in der immer noch brennend das Stilett steckte. "Ich hatte hiervon geträumt und ich dachte": er schluckte wieder und wich ihrem Blick aus: "ich hätte euch verletzt." Was war nur passiert. Tirian wollte es wissen. "Aber bitte nehmt den Dolch herunter": wer wusste schon, ob Dreveni nicht einfach auf ihn losgehen würde.

    [Dreveni]
    Die Dunmer war sich inzwischen fast sicher, dass Tirian - wenigstens im Moment - relativ normal war. Aber wer wußte schon wie lange das anhalten würde.
    "Ihr habt mich verletzt, aber ich denke wir sind quitt.", sagte sie und deutete auf Tirians Hand. Den Dolch senkte sie, hielt ihn aber immer noch in der Hand. "Und ich hoffe ihr wollt mir nicht ernsthaft weismachen, dass ihr nichts mehr wisst? Nichts von dieser dämlichen Statue? Euren... 'Augen'?" Sie beobachtete ihn lauernd, allerdings war es zu dunkel, um wirklich etwas in seinem Gesicht lesen zu können. "Ihr habt euch aufgeführt wie ein Irrer, und erst recht als ich sie euch wegnehmen wollte, und rumgeheult dass ihr kein Monster sein wollt.", fügte sie noch an. Dreveni war immer noch leicht angefressen ob der vergangenen Ereignisse, und es war ihr dabei egal ob Tirian etwas für sein Verhalten konnte oder nicht.

    [Tirian]
    Jede Aussage von Dreveni kam einem Hammerschlag gleich, der durch seinen Schädel dröhnte und das Getriebe, das sein Verstand war, wieder in Schwung brachte. Er hielt sich wieder den Kopf. "Nein... ich will euch garnichts weismachen": sagte er, während es in seinem Schädel dröhnte. "Augen!": das war das richtige Stichwort. "Meine letzte klare Erinnerung ist an dieses Schatzlager und eine seltsame Skulptur, besetzt mit roten Rubinen und dann wurde... allles... so merkwürdig. Ich sah euch, doch ihr wart nicht ihr und ich sah meinen Vater. Ihr beiden wart schrecklich entstellt, als wäret ihr zu Daedra mutiert. Es glich Träumen, die ich zuvor hatte, aber es schien so, so, so schrecklich real": versuchte er zu beschreiben, woran er sich noch erinnern konnte. Er konnte das Gesicht der Assassine im Dunkel nicht sehen und konnte nicht erkennen, wie sie seine Worte aufnahm. Sein Verstand arbeitete ruckend weiter. "Doch das Schlimmste, auch ich verwandelte mich in so eine Kreatur. Es war als würde ein Teil tief in mir, zu mir sprechen. Er meinte, dass mein wahres Ich ein Monstrum wäre": sprach er und wurde dabei immer leiser. Er packte im nächsten Moment das Stilett, das noch immer in seiner Hand steckte und zog es mit einem kräftigen Ruck heraus und steckte es dann in den Boden.

    Ein schwacher Heilzauber stillte nur die Blutung und beschleunigte das Nachwachsen des Fleisches, doch ganz heilen, wollte er sie nicht. "Und ich bin mir nicht sicher, ob die Stimme nicht Recht gehabt hat. Wenn es stimmt was ihr sagt, dann ist auch der Angriff auf euch wahr und war kein Traum. Ich hätte euch sonst etwas antun können. Es tut mir schrecklich leid": sagte er und schlug die Hände vor das Gesicht. Ihm war nach weinen zumute, doch es kamen keine Tränen.

    [Dreveni]
    Dreveni sah Tirian skeptisch und leicht abweisend an, während sie ihm zuhörte. Als er ihr frisch geschliffenes Stilett einfach in den Boden rammte ohne Rücksicht auf eventuelle Steine, kam außerdem noch ein missbilligender Ausdruck in ihren Augen dazu.
    "Bei den Neun.", murmelte sie genervt, als er fertig war und wieder den Eindruck machte, als würde er gleich anfangen zu weinen. "Ja, ihr hättet mich mit Sicherheit getötet, hätte ich euch die Gelegenheit gegeben, und das nur weil ich euch diese dämliche Statue wegnehmen wollte. Ich euch übrigens auch fast.", sagte sie schließlich kühl. "Und man kann sich sicherlich streiten, ob der Begriff 'Monstrum' so passend ist, aber ja, ihr habt definitiv das Potential zu töten. Wie übrigens fast jeder, es ist nur eine Frage der richtigen... Motivation." Langsam reichte es ihr. Sie griff nach ihrem Stilett und schob es wieder in die Halterung an ihrem linken Arm, nachdem sie es an ihrem Kleid, dass sie immer noch trug, abgewischt hatte. Dabei keuchte sie kurz vor Schmerz als die Reste des Stoffes an der Brandwunde rieben. "Und im Austeilen von Schockzaubern seid ihr ohnehin nicht schlecht. Hört endlich auf herumzuheulen und akzeptiert was ihr seid, und zwar alle Teile davon." Inzwischen war sie aufgestanden und streckte sich vorsichtig, den Dolch immer noch in der Hand haltend.. "Was ist das überhaupt für eine Statue? Hattet ihr solche Aussetzer schon mal?" Ihre Stimme klang nach wie vor abweisend, was auch damit zu tun hatte, dass sie noch immer nicht sicher war, dass Tirian nicht im nächsten Moment wieder auf sie losgehen würde.

    [Tirian]
    "Natürlich hat man das Potenzial zu töten. Doch es ist schändlich wenn sich Leidenschaft in Blutrausch verwandelt. Man tötet nicht mehr der Notwendigkeiten wegen, sondern für das Töten an sich. In einem Zustand, in einer Situation in der man in der Lage sein könnte, über das Lebens eines anderen zu verfügen, die Kontrolle über sich zu verlieren ist Verachtung. Man verachtet das Leben des Anderen und gibt sich damit völlig ignorant dem Rausch hin zum Schaden des Anderen": widersprach er der Assassine. Eine Erinnerung kam ihm hoch. Wieder schüttelte er sich angewidert vor sich selbst. In diesem Moment hörte er das Keuchen seiner Begleiterin. Ihre Hand wollte kurz zu ihrer Schulter hochfahren, doch unterließ sie es. Sie redete, doch er fixierte sich auf ihre offenkundige Verletzung. "Lasst mich das bitte anschauen und behandeln": sagte er. Er wollte seinen Aussetzer zumindest an ihr wieder gut machen, auch wenn das nur eine schwache Entschuldigung war. "Schockzauber, ja. Wäre es nach meiner Mutter gegangen, wäre ich ein Kampfmagier geworden und hätte mich vielleicht den Ordinatoren angeschlossen": sagte er. Sein Blick zeigte, dass er nicht gerne daran zurückdachte. Allerdings war er womöglich doch nur ein Werkzeug, das zum Töten geschaffen war.

    [Dreveni]
    Was kümmern mich schon die Anderen?, wollte Dreveni dem Heiler erst Reflexhaft antworten. Sie selbst hatte nie bestritten, dass man gewisse Charakterzüge brauchte, um zum bezahlten Meuchelmörder zu werden. Natürlich ging es um Macht, sicher auch um Rausch, wenn auch nicht gerade um Kontrollverlust. Es war eher das Gegenteil für sie, sie hatte in diesen Momenten nicht nur ihr eigenes Leben unter Kontrolle, sondern auch noch das ihres Opfers.
    Mein eigenes Leben? Sicher?, hörte sie eine Stimme in ihren Gedanken. Sie schüttelte unmerklich den Kopf und sah den Heiler mit kalten Augen an. Inzwischen waren die beiden Monde durch die Wolken gebrochen und tauchten die Landschaft in geisterhaftes Licht, in dem sie nun immerhin wieder Tirians Gesicht erkennen konnte. Da wurde ihr auch bewußt, dass er wohl immer noch auf eine - wie auch immer geartete - Antwort von ihr wartete. Wieso schockierte es ihn nur so, dass er nicht nur gute Seiten hatte? Für Dreveni war das nun wirklich nichts neues, seit ihrer Kindheit hatte sie unter Elfen und Menschen gelebt, für die das Morden tägliches Geschäft war. Natürlich hatte sie einen gewissen Respekt und einen Berufsethos von Mordan vermittelt bekommen, und sie hatte sich im Griff, im Gegensatz zu dem Dunmer vor ihr, der dauernd zwischen Selbstvorwürfen und Blutrausch schwankte. Würde er nur akzeptieren, wie er nun einmal war, dann...
    Was wäre aus ihr selbst geworden, wäre sie nicht von Mordan aufgezogen worden? Wäre sie dann ebenfalls so innerlich zerissen wie Tirian? Sie wischte diese Gedanken mit einer ärgerlichen Geste ihrer rechten Hand beiseite und sagte schließlich gedehnt:
    "Kampfmagier.", während sie immer noch nach Worten suchte. "Vielleicht wäre das nicht einmal so verkehrt gewesen. Dann hättet ihr vielleicht eure 'dunkle' Seite akzeptiert und gelernt, sie zu beherrschen. Ich sagte doch schon, ihr könnt nicht gewinnen. Ihr seid wie ihr seid." Sie versuchte den Blick seiner Augen einzufangen, während sie sprach, und meinte dass sie sogar im fahlen Mondlicht deren glutrote Farbe sehen konnte. Widerstrebend mußte sie sich eingestehen dass es mit ihrem Plan, sämtliche Gefühle die sie vielleicht für ihn hegte zu verdrängen, nichts wurde, je mehr sie sah, wie gefährlich er werden konnte. Etwas dass sie auch schon bei Feryn so angezogen hatte...
    Nein.
    "Meinetwegen schaut es euch an, so kann ich ohnehin nicht kämpfen, und hier rennen Daedra durch die Gegend.", antwortete sie auf seine Bitte, ihre Verletzung behandeln zu dürfen. "Aber vorsichtig. Mit der Rechten bin ich vermutlich immer noch schneller als ihr. Und ihr habt meine Frage nach der Statue noch nicht beantwortet."

    [Tirian]
    "Meinetwegen schaut es euch an, so kann ich ohnehin nicht kämpfen, und hier rennen Daedra durch die Gegend": gestattete Dreveni die Behandlung. Er bat sie den Arm frei zu machen und setzte dann ein ernstes Gesicht auf, als er im aufkommenden Mondlicht einen Blick auf die Wunde warf. Die Haut war von seinem Blitz ziemlich verschmort worden. Es brachte Nichts die Wunde vorzubehandeln. Hier half nur pure Magie, alles andere war vergeudete Zeit. Er hob seine Hände an, sodass sich die beiden Handflächen leicht gekrümmt gegenüber lagen. "Ich hatte sie lange Zeit akzeptiert. Etwas zu kontrollieren heißt, sich auch im Klaren darüber zu sein, was man kontrolliert. Niemand es nur gut, ich sagte es schon. Das Gute in uns ist daher zu einem Großteil die Fähigkeit unsere dunkle Seite zu kontrollieren. Wir mögen ihr manchmal erliegen, aber sie darf uns nicht bestimmen. Und wenn ich ehrlich bin, ist wohl das... Wenn ich an diese Träume denke... Mich schreckt die Vorstellung das es nicht Ein Teil von mir, sondern Der Teil ist. Das ich nicht gut sein kann, weil ich die dunkle Seite gar nicht kontrolliere, sondern dass alles was ich vermeintlich Gutes tue nur eine Fassade ist, hinter der ich mich verstecke": erklärte er und versuchte eigentlich seine Träume und Gefühle mehr selbst zu verstehen, als dass er sie der Assassine begreiflich machen wollte. Sein Blick glitt einen Moment hinauf zu den Sternen, wurde jedoch schnell wieder von seinem Zauber gefangen.

    Langsam bildeten sich Energiefäden zwischen den Fingern, die sich immer schnellen zu drehen begannen. Die einzelnen Fäden flossen in die Breite und langsam bildete sich eine leicht blau-leuchtende Sphäre in seinen Händen, eine Kugel rotierender Heilmagie. "Wisst ihr. Als Kind zeigte sich die Zerstörungsmagie bei mir besonders stark ausgeprägt. Ich war wie dazu geschaffen mit einer kombinierten Ausbildung aus Kampfzauber und Klinge in den Kampfmagier-Verbänden Morrowinds zu dienen. Zumindest dachte meine Mutter das. Sie schickte mich zur Ausbildung an die Akademie und ich war gut darin und ich mochte sehr was ich tat. Ich liebte es im Trainingskampf einen Gegner nach dem anderen zu besiegen. Ich war einer der besten Novizen meiner Gruppe. Schaffte ich es nicht mit dem Schwert, dann schaffte ich es mit der Magie. Es war ein erhebendes Gefühl über den eigenen Trainingspartner zu triumphieren. Und doch...": er brach ab und schloss für einen Moment die Augen. Vor seinem Geist blitzten Bilder eines Dunmer-Jungen mit schmerzverzerrtem Gesicht auf. Ein hoher Schrei gellte in seinen Ohren nach. Er schüttelte den Kopf. Der Zauber brach kurz ab. Er schaffte es geradeso die Sphäre intakt zu halten und weiter aufzuladen.

    [Dreveni]
    Dreveni hörte Tirian schweigend zu, wobei sie immer wieder einen skeptischen Blick auf seine Hände warf. Solange sie nicht genau wußte, was ihn vorhin in diesen Zustand versetzt hatte, traute sie ihm in dieser Richtung einfach nicht. Vermutlich war es die Statue gewesen, aber ganz sicher konnte sie sich noch nicht sein.
    Nach Tirians Logik müsste sie das personifizierte Gute sein, schaffte sie es doch so gut wie immer, ihre dunkle Seite zu beherrschen, jedenfalls das, was sie selbst dafür hielt. Immerhin zog sie nicht durchs Land und tötete wahllos, auch nicht im Affekt. Tatsächlich hatte sie sich was das anging, ziemlich gut im Griff.
    Sie wollte ihm gerade ihre Überlegungen mitteilen, da fing er an über seine Ausbildung zum Kampfmagier zu erzählen. Es steckte also doch mehr in dem jungen Heiler als man auf Anhieb sehen konnte.
    "Und doch?", fragte Dreveni leise und fast sanft nach, als er nicht weitersprach. Sie hatte sein Gesicht, dass dem ihren gerade ziemlich nahe war, genau beobachtet, und für einen kurzen Moment hatte sich die Weichheit seiner Züge verloren, als er die Augen geschlossen hatte.
    "Ihr habt die Ausbildung nicht beendet, oder?"
    Sie musterte den Heiler weiterhin mit einem jener Blicke, von denen der Kaiserliche in Skingrad einmal gemeint hatte, man wüßte nie ob sie einem im nächsten Moment um den Hals fallen oder den Dolch ins Herz rammen würde.

    [Tirian]
    "Ja, ich habe sie nicht beendet. Ich... habe sie hingeworfen": sagte er knapp und konzentrierte sich wieder auf die Heilsphäre. Inzwischen war das Rotieren nicht mehr zu sehen. Die Energie bewegte sich so schnell, dass nur noch eine glatte Oberfläche für das Auge zu sehen war. "Perfekt": überlegte er. "Achtung. Das wird jetzt etwas ziehen, aber sonst nicht weh tun": warnte Tirian die Assassine vor. Er rückte die Handflächen nun oberhalb der Kugel zusammen und drückte sie langsam nach vorne. Sie drang mühelos durch Drevenis Schulter hindurch. Die Magie durchfloss Haut und Gewebe. Tirian konnte im blauen Licht seines Zaubers sehen, wie das versehrte Fleisch sich selbst von der schweren Brandwunde in Windeseile erholte. Er wurde nachdenklich. Erinnerungen kamen ihm wieder hoch bei diesem Anblick.

    "Wisst ihr. In den Gruppen waren wir damals mehrere Leute. Man kannte sich, stammte vielleicht sogar aus befreundeten Familien und war nicht selten auch selbst befreundet, aber man war sich natürlich auch in Rivalität zugetan. Mein bester Freund, Sero, war auch in unseren Novizengruppe. Er war nicht so gut wie ich mit der Zerstörungsmagie aber konnte es mit der Klinge mit mir aufnehmen. Heute mögen meine Schwertkünste nicht viel hermachen, aber unter den Novizen war ich auf unserem Trainingsniveau einer der Begabtesten. An jenem Tag trainierten wir Novizen in Zweikämpfen gegeneinander unsere Fähigkeiten mit dem Schwert. Mein letzter Gegner sollte Sero sein. Zuvor hatte ich bereits drei andere Gegner nieder gerungen. Von ihren Fähigkeiten her, sehr begabte Novizen, eine Herausforderung aber kein Problem. Ich fühlte mich geradezu als Tagessieger und so ging ich auch ins Gefecht mit meinem besten Freund. Wir umkreisten uns, arbeiteten die Grundtechniken an einander ab, prüften unser Kampfverhalten auf Lücken und Fehler, die wir nutzen konnten und gingen dann schnell aufeinander los": begann Tirian noch zu erzählen, während sich die Blitzwunde regenerierte.

    Nach einer kurzen Atempause fuhrt er fort: "Unsere Waffen klirrten, wir drückten und warfen uns gegeneinander, versuchten die Klinge des Anderen beiseite zu schlagen, um eine Lücke für den finalen angesetzten Streich oder Stich zu öffnen und unseren Gegner zur Kapitulation zu zwingen. Ich geriet immer mehr in die Defensive. Meine Kräfte ließen nach. Ich konnte nur noch abwehren nicht mehr angreifen. Dann machte ich einen Fehler, war zu langsam. Er konnte mein Schwert mit seinem eigenen zur Seite schieben und verpasste mir einen Schlag in den Magen. Eigentlich war ich in dem Moment erledigt, doch ich wollte gewinnen und das um jeden Preis. Ich hatte mit meinen Gegnern zuvor den Boden gewischt und wollte schon gar nicht meinem besten Freund unterliegen. Ich musste einfach gewinnen. Ich weis nicht mehr genau, wie es geschah. Ich kann mich nur noch an diese Wut und diesen Rausch erinnern. Der Sieg sollte mein sein. Ich merkte nur noch, wie sich die Magie in meiner Hand zusammenballte. Und gerade als sich die Spitze des Schwertes vor mir positionierte, brach die Hölle über Sero herein." Inzwischen beendete Tirian den Heilzauber. Im Mondlicht hob sich die regenerierte Haut hell gegen die dunklere Umgebene ab. Von der Wunde war nichts mehr zu sehen. "Als ich schwer atmend wieder zur Vernunft kam, stand ich über ihm. Ich... ich sehe noch heute dieses schmerzverzerrte Gesicht vor mir und die Augen...": Tirian schluckte: "voller Entsetzen. Und dieser unmenschliche, schrille Schrei... Ich hatte ihm mit einem Blitz die rechte Seite seines Oberkörpers völlig verbrannt. Von der Schulter quer über die Brust bis zum Hals und habe schließlich noch das Kinn gestreift. Der Blitz musste quer darüber gegangen sein. Ein Stück steiler und er wäre womöglich...": Tirian brach ab und schlug mit der Faust auf den Erdboden.

    [Dreveni]
    Sie hatte ihm schweigend zugehört, während er ihre Schulter behandelt und erzählt hatte. Sie hatte schon halb befürchtet, er hätte seinen Trainingspartner ins Jenseits befördert, aber er hatte ihn anscheinend nur verletzt.
    "Ihr seid also weggelaufen. Vor dem was ihr getan habt und vor dem zu was ihr fähig seid. Ihr seid Heiler geworden in der Hoffnung, nicht mehr mit Situationen konfrontiert zu werden, in denen ihr die Kontrolle verlieren könntet. Ihr kontrolliert nichts, ihr lauft davon. Ist es nicht so?", fragte sie schließlich, mit leichter Kälte in der Stimme und doch ohne jeden Vorwurf. Während sie das sagte, formte sich in ihrem Kopf der Ansatz einer Erkenntnis. Tat sie nicht gerade das selbe? Warum lief sie hier durch Morrowind, auf einer Mission die eindeutig Söldnerarbeit war, wenn nicht um vor dem zu fliehen was sie zuhause in Cyrodiil getan hatte? Tatsächlich entkam sie hier den Gedanken daran, und somit auch dem Zwang zu akzeptieren was nicht mehr zu ändern war, aber nur weil sie hier fast ständig abgelenkt war.
    Kurz kam ihr in den Sinn, ob sie nicht einfach Angst davor hatte, wie alles über sie hereinbrechen würde, wenn sie nicht mehr abgelenkt war. Und diese Tatsache machte ihr ebenfalls Angst. Und wenn sie bisher etwas kaum gekannt hatte, dann Furcht oder Angst. Vorsicht, ja, aber sie hatte schon viel zu früh gelernt, dass Angst einen verletzlich machte und einem das Genick brechen konnte. Sie wollte aber diese Verletzlichkeit, die sich auch kurz in ihrem Gesicht zeigte, nicht fühlen, und so konzentrierte sie sich wieder auf Tirian: "Sero hat überlebt? Habt ihr noch einmal mit ihm gesprochen?"

    [Tirian]
    Tirian holte Luft. Es fiel schwer sich zu erinnern und es tat weh. "Ich stand daneben als sie ihn wegtrugen. Ich konnte in dem Moment kaum begreifen, was ich und vielmehr warum ich es getan hatte. Ich hatte meinen besten Freund schwer verletzt, nur weil ich unbedingt gewinnen wollte. Geradezu wie in Trance folgte ich unserem Ausbilder und den Männern, die Sero wegtrugen. Meine erste Sorge galt, und das macht mich auch heute noch fassungslos, nicht Sero selbst sondern vielmehr der Frage, ob sie mich von der Akademie werfen würden": erzählte er und schüttelte dabei über sich selbst den Kopf. Nach einer kurzen Pause fuhr er fort und scharrte dabei mit seinem Finger etwas im Erdboden: "Fremdländer witzeln ja häufig darüber, dass es in Morrowind alle 200 Meter einen Tempel geben würde. In diesem Moment war ich froh, dass einer der Akademie benachbart war. Der Priester war schnell zur Stelle. Sie hatten Sero inzwischen auf einem Steintisch aufgebahrt, als dieser alte Mann in der blauen Robe mit den gold-gelben Spruchbändern hinzutrat. Er richtete zwar zuvor ein schnelles Gebet an die Almsivi aber tatsächlich war es wohl die Magie die Sero rettete. Er legte seine Hand auf und ein intensives, blaues Leuchten hüllte den ganzen Raum ein. Ich trat interessiert näher und sah geradezu mit Erstaunen, wie sich die Wunden einfach wie von Geisterhand schlossen. Allerdings kostete es den alten Mann sehr viel Kraft. Er konnte die Wunden schließen aber nicht völlig verheilen lassen. Es bliebe noch einige fiese Brandnarben zurück. Sero hatte inzwischen aufgehört zu brüllen und schlief. Die anderen verließen den Raum. Ich blieb noch einen Moment an seiner Seite und dann..." Tirian stoppte. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen. Dreveni sah ihn fragend an. "Ich rannte dem Priester nach": erinnerte sich der Dunmer.

    "Er sollte mir erklären, was er darin gerade gemacht hatte. Er erzählte mir von den Künsten der Heilmagie und der Berufung eines Heilers. Ich dachte an das, was er mit Sero gemacht hatte. Er erzählte mir von der Verantwortung als letzte Barrikade zwischen Leben und Tod zu stehen. Wenn dem Körper seine eigenen Kräfte nicht mehr halfen, waren die Heiler das letzte Hindernis für den herannahenden Tod im Ernstfall. Ansonsten linderten sie das Ungemach ihrer Mitmenschen oder -elfen. 'Dein Freund', sagte er, 'hat wie du den Weg des Kriegers gewählt. Auch wenn es wie ein Kampf gegen Windmühlen erscheint, ist es auch unsere Aufgabe, den Leuten, die selbst den Tod bringen, zu helfen, denn auch sie sind Kinder des Lebens. Wir beenden keine Kriege und bezwingen nicht Tod und Verfall, wir sind hier um im Namen des Lebens die Auswirkungen zu lindern.' Ich glaube es war jener Moment in dem ich begriff, wie sinnlos der Kampf und das Töten eigentlich sind. Sicher ist es nötig sich verteidigen zu können, wenn man angegriffen wird und auch zu töten, wenn es so nötig ist. Aber wie viele Tode werden aus niederen Gründen vollstreckt, wie viele Kriege wegen Nichtigkeiten vom Zaun gebrochen?": berichtete Tirian.

    Der Heiler richtete seinen Blick wieder zum Himmel. "Ihr habt gefragt, ob ich noch einmal mit Sero gesprochen habe. Ja, das habe ich. Er kam zwei Tage später wieder zu sich, solange hatte er gebraucht, um sich zu erholen. Ich hatte jede freie Minute an seinem Bett in der Akademie verbracht, war allerdings nicht zugegen, als er aufwachte. Ich hatte Kehrdienst in den Schlafsälen. Ich wurde aber bald hinzugerufen. Sero hatte, nachdem man ihn noch einmal untersucht und ihm etwas zu Essen gebracht hatte, nach mir gefragt. Schließlich waren wir dann auch allein im Schlafsaal. Wir saßen eine ganze Weile schweigend nebeneinander. Ich war wohl der Erste der sprach, "Es tut mir leid, Sero, ich wollte das nicht, ich...' Er allerdings winkte ab. 'Ist schon gut, Tiri, du wolltest mich bestimmt nicht so schwer treffen', meinte er. Ich war beruhigt. Schließlich war Sero immer noch mein Freund. Allerdings waren es seine nächsten Worte, die mich mitten ins Herz trafen. 'Wir sind nun einmal Kämpfer, Tiri, und du wolltest gewinnen. Ich hätte in einer ähnlichen Situation wohl das Gleiche getan. Wäre es ein richtiger Kampf gewesen, hättest du auch nicht zögern dürfen', sagte er mit einem verständnisvollen Lächeln. Er meinte es aufmunternd, aber ich musste an die Worte des Priesters denken. Kämpfen, Verletzten, Töten und das nur für einen Sieg. Und den Gegner betrifft dies ebenso. Und die Heiler versuchten ihr möglichstes, um den Leuten zu helfen, Verletzungen zu kurieren und sie vor dem Tode zu retten, nur dass sie wieder in den Kampf ziehen konnten. Ein Kreislauf, nur das der Kampf an sich noch unsinniger war, denn die Heiler versuchten in ihrer Funktion zumindest das Leben zu schützen. 'Danke, Sero. Ruh dich bitte aus. Ich muss weg', sagte ich ihm und ließ ihn dann allein": erzählte Tirian von dem Gespräch mit seinem Freund.

    Er wurde nachdenklich. "Es war, denke ich, dieser Moment, in dem ich beschloss Heiler zu werden. Nicht um wegzurennen, sondern weil das Kämpfen als Selbstzweck für mich seinen Sinn verloren hatte. Ich dachte daran, wie der Priester Sero gerettet hatte. Wie sich die Wunden, die ich geschlagen hatte, unter der heilenden Hand des altes Mannes einfach schlossen und das es ihm zu verdanken war, dass ein Leben, das Leben meines besten Freundes gerettet war. Ich beschloss den Leuten ebenso helfen zu wollen. Nicht, um etwas gut zu machen oder meine Tat zu verleugnen. Nein, ich wollte es tun. Ich wollte meinem Leben einen Sinn geben, einen Sinn den ich bei den Kampfmagiern nicht mehr finden würde. Ich verließ die Akademie nur wenige Tage später und trat dem Tempel als Adept bei. Und mit der Zeit wusste ich, dass es genau das ist, was ich immer werden wollte, auch als ich den Tempel verließ und meine Ausbildung auf eigene Faust fortsetzte, war mir klar, dass ich ein Heiler sein sollte": sagte Tirian und wirkte plötzlich seltsam glücklich. "Was ich sein sollte": er wiederholte seine Worte noch einmal andächtig.

    [Dreveni]
    "Sero hatte Recht.", antwortete die Dunmer. "Vielleicht ist die ganze Übung ...etwas... aus dem Ruder gelaufen, aber prinzipiell hatte er Recht. Man darf keine Gnade walten lassen, und auch ich bin euch nicht böse, immerhin war das ein fairer Kampf vorhin.", wobei sie leicht schief lächelte. "Für euch wäre es übrigens auch um ein Haar weniger glimpflich ausgegangen, meine Klinge war mehr als ein Mal an eurem Hals."
    Sie sah kurz überlegend an Tirian vorbei, bevor sie weitersprach: "Man kann sich viele Dinge überlegen, die man sein sollte. Beeinflussen kann man es letzten Endes doch nicht. Irgendetwas holt einen ein, oder man tut etwas, mit dem man nicht so zurecht kommt, wie man sollte."
    Sie sah den Heiler noch einmal kurz an und schüttelte ärgerlich den Kopf, als hätte sie viel zu viel gesagt. "Wir sollten weiter gehen."

    [Tirian]
    Tirian nickte. Das war es vielleicht. Er hatte sich entschieden Heiler zu sein. Und er spürte jetzt wieder instinktiv, wie vor Jahren zuletzt, dass er das auch sein sollte. Die Erinnerungen waren schmerzlich, doch sie zeigten ihm zugleich auch wieder, warum er Heiler geworden war. Er mochte von Tarrior die Zerstörungsmagie geerbt haben und er mochte sein Sohn sein, auch mochte er hier mit einer Assassinin durch Vvardenfell ziehen, die er tatsächlich auf gewisse Weise mochte und doch hatte er sich zum Guten entschieden. Er hatte wie jeder Mer oder Mensch seine dunklen Seiten, doch wusste er jetzt wieder, dass sie ihn nicht kontrollieren würden, wenn er sich daran erinnerte, was er für sein Leben eigentlich entschieden hatte. Er wollte ein Heiler sein und er war sich sicher, dass es auch das war, was er sein sollte. Es fühlte sich einfach nur richtig an. "Danke, Dreveni": sagte der Heiler und lächelte erst ihr und dann dem Mond entgegen. "Ich bin Tirian Morvayn, ein wandernder Heiler. Das ist das was ich bin. Alles andere ist nur ein Teil von mir": rief in er in Gedanken aus. "Ich bin Tirian Morvayn": vertraute er leise der Nacht an.
    Geändert von KingPaddy (10.09.2013 um 13:43 Uhr) Grund: Vvardenfell-Distrikt, Weidenländer

  2. #2

    Vvardenfell-Distrikt, Weidenländer

    [Dreveni]
    Dreveni wandte sich ab um aus ihrem Gepäck, dass sich immer noch auf dem Rücken ihres armen Guars befand, neue Kleidung zu holen, und sagte während dessen: "Bevor wir weitergehen, sollten wir vielleicht noch eine Runde...", weiter kam sie nicht, denn sie stieß sich die Zehen schmerzhaft an etwas, das im hohen Gras lag. Sie dachte erst, es wäre ein Stein, und setzte schon zu einem deftigen Fluch an, da sah sie, dass es die verdammte Statue war. Sie wandte sich kurz zu Tirian um, während sie überlegte, ob sie den Heiler noch einmal auf das Ding ansprechen sollte. Er würde schon nicht gleich wieder durchdrehen, oder?
    Nachdem sie kurz mit sich gerungen hatte, hob sie die Figur schließlich doch auf, ging wieder zu Tirian, sah ihn lauernd an und hielt sie ihm vor das Gesicht: "Könntet ihr mir vielleicht jetzt endlich verraten, was bei den Ebenen Oblivions das hier ist?"

    [Tirian]
    Tirian war noch ein wenig im Anblick des Sternenhimmels versunken und bemerkte eher am Rande, dass sich Dreveni von ihm entfernte. "Bevor wir weitergehen, sollten wir vielleicht noch eine Runde...": setze sie an, brach dann aber plötzlich ab. Der Heiler drehte sich zu ihr um und sah, wie sie sich bückte, um etwas aufzuheben. Sie schaute kurz zu ihm hinüber, drehte sich dann aber wieder um. Er wartete noch einen Moment neugierig, wandte sich dann aber wieder dem Sternenhimmel zu, da die Assassine keine Anstalten machte, noch etwas zu sagen. Er merkte nicht wie sie wieder an ihn herantrat. Er zuckte zurück als sie ihm plötzlich irgendetwas Großes vor die Nase hielt und kippte nach hinten um. Er hatte leichte Panik, dass sie ihm mit irgendeinem Stein erschlagen würde. "Könntet ihr mir vielleicht jetzt endlich verraten, was bei den Ebenen Oblivions das hier ist?": wollte sie nachdrücklich wissen. "Ähm, öh, ein Stein?": war sich Tirian nicht sicher, was die Assassine von ihm wollte.

    "Moment, war das?": fragte er sich und nahm sie in die Hand und drehte sie etwas in dem zwielichtigen Mondlicht. Der Stein war bearbeitet und hatte die Konturen einer Statue. Die Farbe konnte man jetzt im Mondlicht, dass nur noch helle oder dunkle Kontraste zuließ, nicht erkennen. "Ist das die Statue, von der ihr gesprochen habt?": fragte er. Er fuhr die Oberfläche mit der Hand entlang und stieß im oberen Bereich, der mit etwas Fantasie der Kopf sein mochte, auf Kerben im Stein. "Hier sind Kerben": teilte er ihr das Ergebnis seiner Betastungen mit.

    [Dreveni]
    "Ähm, öh, ein Stein?"
    Bei dieser Antwort verengten sich Drevenis Augen. Wollte er sie auf den Arm nehmen? Das wäre in diesem Moment die schlechteste aller möglichen Ideen. Doch gerade als sie ihn anfahren wollte, schien es ihm wohl zu dämmern.
    "Ja, das ist die Statue.", antwortete sie mit einem distanziertem Klang in der Stimme. "Und in den Kerben waren zwei rote Steinen, an denen ich mir vermutlich den Knauf meines Schwertes ruiniert habe." Der distanzierte Klang war inzwischen einem Vorwurfsvollem gewichen, welcher sich ebenfalls in ihrem Blick zeigte. Noch immer machte sie den Heiler für das ganze Elend mit verantwortlich, wenigstens zu einem Teil. "Jedenfalls schien es euch etwas auszumachen, dass ich die Steine herausgeschlagen habe, und dann seid ihr bewusstlos geworden."

    [Tirian]
    "Zwei rote Steine?": wiederholte er laut. Jetzt ging ihm auch ein Licht auf, woher er dieses Ding kannte. "Ich war in der Festung auf der Suche nach euch. Die Söldnerin hatte mir gesagt, dass ihr mich nicht mehr sehen wolltet und ich alleine weiterziehen sollte. Ihr hättet bei ihr bleiben wollen. Das kam mir reichlich merkwürdig vor, deshalb wollte ich heimlich die Festung nach euch durchsuchen. Es gab da diese zwei Räume im Schlosskeller, in denen Ilucaria etwas zu verstecken schien. Außerdem überkamen mich so seltsame Kopfschmerzen, wenn ich mich ihnen näherte. Ich schaffte es in eine der Kammern zu gelangen und dann...": er stoppte. Die Erinnerung wurde wieder schwammig und ein leichter Schmerz glomm in seinem Kopf auf. Er dachte nach. "In einer der Kammern entdeckte ich etwas. Die... Erinnerung... ist verschwommen. Ich erinnere mich aber an glühende roten Augen. Es war als würden sie tief in meinen Verstand schauen. Und danach... Dieser Alptraum! Ja ich hatte diese alptraumhafte Vision von euch... und...": er brach ab. Ihm war es unangenehm darüber zu sprechen. "Ihr habt dem Ding die Augen zerschlagen?": er rieb sich das Kinn. "Vielleicht enthielt die Skulptur einen Fluch und ihr habt ihn zerstört, in dem ihr sie beschädigt habt": versuchte er sich das zu erklären. Allerdings hatte er das Ding nur angesehen und nicht berührt. Von so etwas hatte er noch nie gehört und offenbar waren Andere nicht davon betroffen gewesen. Er zuckte mit den Schultern. "Ich habe keine Ahnung, was es mit diesem Ding auf sich hat, aber ich danke euch, dass ihr sie zerschlagen habt. Wer weiß, was ich sonst womöglich noch getan hätte": meinte er und warf das Ding angewidert von sich.

    [Dreveni]
    Ein Fluch? Und warum hatte es sie selbst dann nicht beeinflusst sondern nur Tirian? Dreveni hatte den Verdacht, dass an dieser komischen Statue noch weit mehr war, aber sie konnte beim besten Willen nicht sagen, was.
    "Alptraumhafte Vision?", hakte sie statt dessen nach und sah den Heiler interessiert an. Sein Unbehagen war ihr nicht entgangen.

    [Tirian]
    Tirian seufzte. "Ich hatte seit wir der Festung näher kamen seltsame Träume von euch und meinem Vater. Ihr verwandeltet euch in Monster und versuchtet mich davon zu überzeugen, dass ich auch eines sei, weil ich euch gegenüber nicht die Abscheu empfinde, die ich empfinden müsste und von meinem Vater nun einmal abstamme. Der letzte Traum war der Schrecklichste...": Tirian brach wieder ab. "Ich verschone euch mit den Details. Es war schrecklich": sagte er bloß und schwieg eine Weile. "Allerdings sehe ich jetzt wieder klarer vor mir, wer ich eigentlich bin. Vielleicht auch dank euch": sagte er und meinte das Gespräch, das er mit ihr geführt hatte.

    [Dreveni]
    "Nicht die Abscheu empfinden, die ihr müsstet...", sagte Dreveni langsam und betrachtete Tirian lauernd, jetzt allerdings mit einem leichten Grinsen. "Haltet euch nur in Zukunft vielleicht von kleinen Steinstatuen mit roten Augen fern. Auch wenn mich euer letzter Alptraum brennend interessieren würde, sollten wir uns doch noch etwas ausruhen, bevor wir weitergehen. Einer von uns sollte Wache halten." Bei ihrem letzten Satz sah sie den Heiler herausfordernd an.

    [Tirian]
    "Legt ihr euch hin. Es war ein langer Tag und ich habe vorhin schon etwas geruht, nachdem ihr, dieses... Ding zerschlagen habt. Ich denke es ist nicht mehr weit bis zur Amur und dort wird es dann anstrengend werden. Wir sollten beide ausgeruht sein. Vor allem jetzt, wo wir diese Verrückte hinter uns haben": bot Tirian an. Ein Schauer lief ihm über den Rücken als er die Altmer zurückdachte. Für einen Moment kam ihm der schreckliche Gedanke, dass sie sie vielleicht verfolgen ließ. Aber womöglich fehlten ihr durch den überraschenden Angriff, der sie gerettet hatte, auch die Männer. Tirian legte den Kopf schief und wartete ab, was Dreveni zu sagen hatte.

    [Dreveni]
    Die Dunmer war tatsächlich ziemlich müde, war doch der Kampf vorher nicht einfach gewesen. Wer hätte auch ahnen können, dass der Heiler dermaßen außer sich geraten konnte? Inzwischen sah sie ihn wirklich mit anderen Augen, und sie hatte das Gefühl, dass sie immer noch nicht alle Facetten von ihm kannte.
    "Es könnte tatsächlich sein, dass sie uns verfolgt, zumindest bis sie das Interesse verliert. Ich denke sie ist wirklich irre genug dazu, ihre Ressourcen auf uns zu verschwenden.", überlegte sie laut. Sie wurde mehr oder weniger regelmäßig von irgendwelchen Leuten bedroht, und bis jetzt war es auch meistens dabei geblieben. Auch sie selbst setzte bei weitem nicht alles in die Tat um, und doch war die Altmer ein anderes Kaliber als ihr sonstiger Umgang.
    Dreveni sah Tirian noch einmal tief in die Augen und in das von den Schatten des Mondlichts geschärfte Gesicht und kam zu dem Schluss, dass von ihm wohl vorerst wirklich keine Gefahr mehr ausging.
    "Weckt mich, wenn ihr aufbrechen wollt oder ebenfalls etwas schlafen.", sagte sie schließlich. "Und natürlich wenn die Verrückte doch auftaucht."
    Damit drehte sie sich um, ging zu dem Baum und setzte sich mit dem Rücken an selbigen gelehnt. Innerhalb kürzester Zeit fiel sie in einen leichten Schlaf.

    [Tirian]
    Der Heiler wurde nachdenklich bei dem Seitenhieb auf die Rachegelüste der Altmer. Konnte sie wirklich so wahnsinnig sein? Ihn schauderte. Er hoffte, dass sie ihre Mission in Tel Uvirith nicht gefährden würde. Allerdings hielt er diesen Ort gerade wegen der Gefahr, die von Meradanz ausging, für absolut sicher was Ilucaria und ihre Bande anbelangte. Der Hexer würde wohl kaum eine andere bewaffnete Gruppierung in seiner Stadt dulden. Die Frage war nur, wie es von dort aus weitergehen sollte. Im Moment hatten sie vielleicht einen Vorsprung und mochten noch vor der Elfe die Amur durchqueren, aber wenn sie aus Tel Uvirith fliehen mussten, blieb kaum mehr als diese tote Aschewüste übrig, um aus dem Telvanni-Gebiet herauszukommen, in dem sie nirgendwo sicher waren. Und dort waren sie im Zweifel leichte Beute für die Schergen der Söldnerin. Es war vertrackt. Erst jetzt wurde ihm auch so bewusst, dass sie sich hier wirklich mit jedem anlegten. Als hätte der Hexer, den sie bald gegen sich aufbringen würden, nicht gereicht, war nun auch noch eine eindeutig verrückte, blutrünstige Söldneranführerin hinter ihnen her. "Und die Morag Tong": wie sich Tirian erinnerte. Die Aussichten waren von Anfang an nicht gerade auf ihrer Seite gewesen, aber so langsam war fast jeder hinter ihnen her, den man in diesem Teil Vvardenfells verärgern konnte.

    Tirian wischte die Gedanken beiseite. Sie mussten Tarrior retten, koste es, was wolle. Er konzentrierte sich auf die Nachtwache und versank nun endgültig im Anblick der Sterne.
    Geändert von KingPaddy (23.09.2013 um 20:54 Uhr)

  3. #3

    Molag Amur, Tel Uvirith, Kerker

    Die Kälte hielt ihn umklammert. Er schwebte im leeren Raum. Kein Gedanke, kein Gefühl erfasste ihn. So musste der Tod wohl sein. Ein weites Feld der Schwärze, ein Nichts weder Schmerz noch Leben. Kein Geist, kein Körper. Und doch eine Erwartung, dass es etwas sei, dass die Seele ganz unbewusst noch da war. Treibend. Harrend, vielleicht noch einmal mit der Welt des Lebens in Kontakt zugeraten und Bewusstsein, wie es nur in einer existenziellen Welt sein kann, zurückzugewinnen. So musste der Tod wohl tatsächlich sein. Die Abwesenheit von allem, was eine Welt des Lebens ausmacht. Wenn man von der Kälte oder kalten Hand des Todes sprach, meinte man doch hauptsächlich die Abwesenheit von Wärme, das schwindende Licht und Gefühl im Augenblick dahin scheidender vitaler Kraft und dem Ende eines irdischen Bewusstseins. So wurde der plötzliche Kontrast für ihn nur zu überdeutlich. Das Nichts auf das sich seine Welt reduziert hatte, füllte sich plötzlich mit Feuer. Ein wahnsinniges Brennen breitete sich tief in ihm aus. Ein tiefes, starkes, rhythmisches Vibrieren ging von ihm aus. Er spannte. Es schien ihn zu zerreißen, geradezu zu zersprengen und pumpte das Feuer vom Kern der Vibration nach außen, bis der Brand ihn schließlich ganz und gar verzehrte.

    Nach Luft gierend röchelnd schoss Tarrior in die Höhe. Schwindel überkam ihn jedoch im gleichen Moment und er fiel zurück auf ein strohiges Lager. Sein Verstand war unfähig sich zu konzentrieren und die Gedanken zu fokussieren. Ihm wäre wohl unkontrolliert der Speichel aus dem Mund gelaufen, wäre dieser nicht ausgetrocknet gewesen, wie das Aschland von Vvardenfell, seine Zunge ein geschwollener Fremdkörper, wie von Corprus befallen und seine Lippen rissig wie die vulkanischen Schluchten des Roten Berges. Seine Augen zuckten umher, waren ebenso trocken, brannten, aber entdeckten nur wenige Handbreit entfernt einen Krug. Noch einmal strafften sich die mageren Muskeln, stemmten den widerspenstigen Leib in die Höhe. Der Kopf erhob sich in die Höhe, der Rumpf streckte sich hin, doch vermochten die Sehnen, die Spannung kaum zu halten. Der Dunmer brach wieder zusammen. Doch in seiner Hand spürte er die tönerne Oberfläche des Kruges, öffnete geschwächt noch einmal die Augen und erspähte die lebensspendende Flüssigkeit, wie sie über den Rand des Kruges schwappte. Die Finger krampften sich reflexartig um das Gefäß. Tarrior zog seinen Kopf heran, setzte die spröden Lippen an und hob mit letzter Kraft das Behältnis. In einem strömenden Bach ergoss sich das Wasser in sein Inneres. Der Dunmer trank und trank, bis der Krug leer war und er ihn achtlos fallen ließ, nur um sich auf eine ebenso bereitstehende Schüssel mit einem schleimartigen Brei zu stürzen, die er während des Trinkens entdeckt hatte. Mit beiden Händen schaufelte er den Haferschleim, um den es sich offenbar handelte, gierig in seinen Mund und vergaß sämtliche Manieren. Er fraß wie das hungrige Tier, dass er im Moment war. Schließlich viel auch die Schüssel zu Boden und Tarriors Körper dessen Ur-Bedürfnisse nun befriedigt waren, brachte nicht mehr die Kraft für eine aufrechte oder sitzende Position auf und brach wieder zusammen. Apathisch richtete sich der Blick des Dunmers gegen die Wand während er zitternd und von Krämpfen geschüttelt wieder im Stroh lag, auf dem er schließlich erwacht war. Kalter Schweiß brach ihm aus und sein Verstand kapitulierte schließlich davor, die Situation zu erfassen, zu verstehen oder gar sich dem eigenen Körper entgegenzustemmen. Stumpfsinnig stierte er vor sich hin und glitt mit der Zeit hinüber in seligen Schlaf.

    Tarrior erwachte eine unbestimmte Zeit später. Das Erwachen selbst zog sich zu einem quälend langen Prozess. Die Augen hatten sich lange geöffnet, doch in ihnen war offenkundig kein Leben. Der Blick richtete sich in die Leere. Der Kopf des Dunmers war leer. Erst langsam begannen sich wieder Gedanken zu regen, in gleichem Maße wie Eindrücke der Umgebung die Nervenbahnen – von Ohren, Haut, Augen, Nase – wieder anregten und in Funktion setzten und aus den Resten des Schattenschleiers der vorangegangenen tiefen Bewusstlosigkeit rissen. Eine neue Zielstrebigkeit trat in Tarrior Gesicht. Langsam begann der Verstand wieder zu arbeiten und wollte die essentielle Frage klären, wo er sich befand. Ohne sich zu bewegen tastete er seine Umgebung optisch ab. Er lag nach wie vor auf einem Bett aus Stroh. Die Schüssel und der Krug, von denen er sich genährt hatte, lagen direkt neben ihm. Der Raum war recht dunkel. Das Licht rötlich, diffus. Es fiel durch Balken zerfasert von links herein. Die Luft war schwer, stickig, heiß und roch nach Schwefel. Der Raum selbst war offenbar aus dem nackten Fels geschlagen. Sowohl der Boden als auch die Wände zeugten davon. Offenbar war der Raum eine kleine Höhle im Gestein. Gestützt wurde es durch ein kompliziertes Wurzelgeflecht, das sowohl die Wände als auch die Decke in einem unregelmäßigen Muster überzog, aber zentral auf einen orange-roten Kristall zulief, der jedoch nur äußert schwach leuchtete, vielmehr nur leicht glimmte und gegen das rötliche Licht von links nicht antreten konnte. Eine große, auffällige Wurzel führte von dem Edelstein ausgehend nach links und entschwand dann aus seinem Blickfeld. Er verändert es nun, in dem er seinen Kopf drehte und die Ausrichtung seines Körpers etwas anpasste, um bequemer liegen zu können. Die offensichtliche Schwäche seines Leibes zeigte sich ihm darin, dass selbst die geringe Anstrengung unglaublich viel Kraft und Willenskraft erforderte. An Aufstehen war für ihn so gar nicht zu denken. So aber rückte nun die linke Seite seines Aufenthaltsortes in den Bereich seiner Aufmerksamkeit. Ein Blick nach rechts erübrigte sich mit dem Anblick. Die „Balken“ stellten sich als ein Gitter heraus, das ebenfalls aus einem grobmaschigen Wurzelgeflecht bestand. Der große Strunk lief zwischen den Gitterstäben hindurch und wand sich dann nach oben und verschwand schließlich. Tarrior befand sich offenbar in einer Zelle, weshalb ihm die Rückwand wohl auch nicht soviel zutragen würde. Er versuchte etwas aus der Zelle hinaus zu spähen. So weit er sehen konnte, war er wohl nicht der einzige Gefangene an diesem Ort.

    Die Zelle selbst war wohl nur eine Nische von vielen und das in einer viel größeren Höhle. Soweit der Hlaalu von seiner Position aus sehen konnte, reihten sich mehrere dieser Nischen an der Höhlenwand entlang. Seine eigene war wohl eine hintere in dieser Reihe. Vorstellen konnte man sich die Höhle annähernd kreisförmig. Die Zellen waren um eine große Lavagrube in der Mitte herum gruppiert. Tarrior konnte auch eine Art Treppe oder Laufbahn erkennen. Sie bestand teils aus einem Wurzelgeflecht, dass sich um Felsen und Felsnadeln wickelte, die aus dem Boden, dem Lavabecken und den Wänden ragten und sich nach oben reckten, teils aus in die Seiten der Höhle geschlagenen Treppenstufen. Der Dunmer brachte noch einmal Kraft auf, um näher an das Gitter seines Gefängnisses heranzurobben, drehte den Kopf und schaute weiter nach oben. Tatsächlich musste er sich wohl an der Sohle eines großen Höhlentrichters befinden. Mit dem Blick nach oben sah er durch die dunstgeschwängerte Luft weitere Ebenen, wie die, auf der er sich befand und das obere Ende des Trichters entzog sich ganz der Reichweite seines Blickes. Auffallend waren jedoch auch hier weitere Wurzelstrukturen, die zum Gehen dienten, als auch dicke Wurzeln, wie die, die auch aus seiner Zelle ragte, offenbar auch aus alle anderen Zellen kamen, sich nach oben wanden und weiter verflochten, um sich dann immer höher schraubten und sich dann auch seinen Augen entzogen. Erst der Anblick der Lavagrube ließ ihn überhaupt bemerken, wie stickig, heiß und erschlagend die nach Schwefel stinkende Umgebung überhaupt war. Er befand sich offenbar an einem Ort tief unter der Erde Viel zu sehr waren seine Gedanken noch darauf gerichtet, seine Position festzustellen und überhaupt zu verstehen, warum er sich an diesem Ort befand. Doch noch bevor er sich auf seine Erinnerungen und seine Gedanken dazu konzentrieren konnte, spürte er wieder die Schwere seiner körperlichen Erschöpfung und er gab ihr, unfähig sich länger zu wehren, nach.

    Mehrfach pendelte er in der kommenden Zeit zwischen den Zuständen – Wachsein und Bewusstlosigkeit, Übelkeit und Wohlsein, Erschöpfung und Ausgeruhtheit. Jedes Mal wenn er für längere Zeit in Schlaf fiel, fand er bei seinem nächsten Erwachen neues Wasser und frischen Brei vor und schlang beides schnellst gehend herunter und bemerkte bald, dass es ihm langsam wieder besser ging. Die Wachphasen wurden länger und sein Verstand kehrte in einem Normalzustand zurück, natürlich nur an Tarriors Norm gemessen. Ihm kehrten auch die Erinnerungen an die Höhle im Aschland zurück und er dachte mit Schrecken und Schaudern an das abscheuliche Gefühl zu „sterben“. Er hatte wirklich geglaubt, dass ihn dieser kleine bretonische Wicht Aytor dem Tod überantwortet hätte, hatte sich noch in den Qualen des Herzstillstandes bei dem Gedanken an den Triumph Meradanz' gewunden und nun war er doch noch am Leben. Er hatte zwar keine wirkliche Vorstellung vom Leben nach dem Tod. Man konnte ohnehin nie wissen, was danach kam, aber eine Gefängniszelle im Fels, gesperrt durch Wurzelgeflecht, mochte wohl in keiner der Jenseitsvorstellungen irgendeiner Religion, die denkbar war, vorkommen. Er konnte sich nicht erklären, wie diese nahe Todeserfahrung und sein Erwachen an diesem Ort zusammenhingen, aber er war sich doch recht sicher, dass er sich den Händen des Telvanni befand. Ob er nun durch eine falsche Dosierung oder reinen Zufall oder den bewussten Willen des Hexers noch am Leben war, brauchte ihn nicht zu interessieren. Die viel interessantere Frage war, wie er hier wieder hinaus kam. Zu diesem Zweck machte er sich, als er sich wieder kräftig genug fühlte, daran mehr über sein Gefängnis in Erfahrung zu bringen. Tarrior trat an das Wurzelgitter heran und versuchte diesmal gezielt in die Zellen hinein zu spähen und zu erkennen, ob noch jemand und wer außer ihm hier gefangen gehalten wurde. Allerdings musste er feststellen, dass er durch die Position seiner Zelle nur einen guten Blick auf die Felsnische ihm direkt gegenüber hatte. Da die Aussparungen im Gestein, wie sein eigener Haftort bewies, durchaus etwas nach innen ragten, konnte er bei den anderen Zellen nicht sehen, ob sich jemand im hinteren Teil aufhielt. Einen Gefangenen hätte er nur gesehen, wenn er sich direkt am Gitter aufgehalten hätte. Ihm gegenüber saß aber offenbar kein Insasse ein. Er versuchte es mit Lauschen. Auch wenn eine gewisse Grabesstille in dem Komplex vorherrschte, machten die natürlichen Geräusche der Umgebung – das allgegenwärtige Knirschen des Fels', das Brodeln der Lava und das Ächzen heißen Wasserdampfes, der aus Rissen im Gestein austrat – es für den Dunmer unmöglich zu erhören, ob sich außer ihm noch jemand hier unten befand.

    Nach einiger Zeit gab er die Versuche auf allein durch Hören oder Sehen zu ermessen, ob er allein war oder nicht. Etwas entmutigt ließ er die Hand lustlos auf die Wurzelstreben sinken und sank selbst direkt vor dem Gitter zu Boden. Eine Idee kam ihm. Das Wurzelwerk musste magisch durchdrungen sein, wenn es die Temperaturen hier unten aushielt ohne auch nur die geringsten Spuren von Verbrennungen zu zeigen. Allerdings mochten die Strukturen nachgeben, wenn er sie direkt Feuermagie aussetzte. Bisher war er zu schwach gewesen, generell fühlte er sich hinsichtlich seiner magischen Fähigkeiten geradezu ausgesaugt gefühlt, aber der Schlaf und das Essen hatten ihn wieder Kraft schöpfen lassen. Vielleicht würde sie ausreichen die Stäbe seines Gefängnisses herauszubrennen. Er erhob sich mit neuem Elan und legte seine Hände auf das Gitter. Er konzentrierte sich. Er spürte schon wie seine Handflächen warm wurden. In dem Moment, in dem er den Feuerzauber auf die Wurzeln loslassen wollte, fuhr ihm stattdessen ein brennender Schmerz durch den Kopf. Er schrie, von der Qual völlig überrumpelt, auf. Ebenfalls machte sich ein Brennen an seinen Handgelenken bemerkbar und der Kristall an der Decke seine Zelle leuchtete für einen Moment stark auf, um dann aber wieder schnell zu einem schwächeren Leuchten zurückzukehren. Er schlug die Ärmel seines langen Leinenhemdes, in das man ihn gekleidet hatte, hoch und entdeckte, dass er Fesseln trug. Sie waren aus einem, ihm unbekannten, stoffartigen Material gefertigt. Auch jetzt, wo er sie vor sich sah, spürte er sie kaum an den Gelenken. Das Gewebe hatte einen eigenen Glanz, was auf Magie schließen ließ. Auffällig war auch der kleine Edelstein, der in die Schelle eingelassen war. Er sah aus wie eine verkleinerte Version des Deckenkristalls. Die Handschelle verfügte über keinerlei Schloss und saß offenbar auch nicht unverrückbar fest. Er versuchte das Band abzustreifen, doch musste er feststellen, dass es sich in Richtung Hand immer mehr verengte und sich schließlich gar nicht mehr bewegen ließ. Eine magische Fessel offenbar, die ihm auch seine magische Fähigkeiten verwehrte. Tarrior richtete seine Aufmerksamkeit zum Kristall an der Decke und erinnerte sich an die Propylon-Kammer in Andasreth. Langsam begann er zu begreifen, warum er sich magisch so ausgelaugt fühlte. Offenbar blockierte das Armband nicht nur seine Zauber sondern absorbierte auch seine ganze magische Kraft. Behram hatte ihn damit ruhig gestellt. Seine Möglichkeiten zu handeln, waren damit begrenzt. Die Wurzeln würde er mit reiner Muskelkraft nicht aufbiegen können. An Flucht war also nicht zu denken.

    Er ließ sich mit einem dumpfen Geräusch auf den Boden plumpsen. „Erstaunlich. Andere brauchten länger für diese Einsicht“: vernahm er plötzlich eine rauchige Stimme. Reflexhaft drehte er den Kopf aber konnte natürlich niemanden entdecken. „Wer spricht da?“: fragte der Dunmer scharf. Ein kehliges Lachen erklang. „In der Zelle neben euch, Mer“: kam eine eher unbefriedigende Antwort. „Ich hatte schon erwartet, dass ihr nicht tot wart, als sie euch hier herunter brachten. Was sollte man sich auch die Mühe machen, einen toten Fleischsack die Windungen hinunterzutragen. Aber wichtig müsst ihr wohl schon sein, wenn er euch hier am tiefsten Punkt des Kerkers eine Zelle reserviert“: sprach die körperlose Stimme einfach ungefragt weiter. „Wenn ihr meint“: gab sich Tarrior redefaul. Ein Knurren war darauf die Reaktion. „Es kann sehr einsam hier unten werden. Die Wächter verirren sich nicht oft hier hernieder. Nur die Bemantelten kommen ab und an und bringen uns Essen und beseitigen dass, was unsere Körper davon übrig lassen. Wenn ihr nicht mit mir sprechen wollt, dann stellt euch darauf ein, sehr lange mit euren Gedanken allein zu sein“: gab ihm der Sprecher aus der Nachbarzelle zu bedenken. Tarrior seufzte. Er konnte im Zweifel hier Nichts und Niemandem trauen, aber möglicherweise konnte er so doch ein paar Informationen erhalten.

    „Offenbar ist das Bedürfnis zu reden bei euch größer als bei mir. Aber wenn ihr unbedingt wollt, könnt ihr mir erzählen, wo wir uns hier überhaupt befinden“: schlug der Dunmer vor. Wieder erscholl das Lachen. Tarrior fiel auf, dass es eine gewisse unmenschliche, gar boshafte Note hatte. „Ich denke wir haben beide etwas davon, wenn wir uns unterhalten, ohne allgemein etwas von der Unterhaltung zu haben. Ihr müsst schon sehr verwirrt sein, wenn ihr nicht zumindest erahnen könnt, wo ihr euch befindet“: meinte der unbekannte Sprecher. „Ich wüsste nicht woher“: gab er sich unwissend. „Wenn ihr hier gelandet seid, habt ihr euch mit dem Hexenmeister angelegt und es gibt doch wohl nur einen sinnvollen Ort, wo ein Hexenmeister seine Gegner einkerkern würde. Oder wollt ihr mir ernsthaft weismachen, dass ihr keine Ahnung habt, wem ihr hier eure Haft zu verdanken habt“: klärte ihn sein Nachbar auf. „Wir befinden uns also in Tel Uvirith?“: fragte Tarrior, auch wenn er die Antwort schon erahnen konnte. Eigentlich hatte er ohnehin vermutet, dass Behram ihn in seiner Nähe behalten würde, um ihn besser kontrollieren zu können, aber man wusste ja auch nie, wo der Kerl nicht noch irgendwelche Verstecke haben mochte. „UNTER Tel Uvirith. Die Wurzeln dieses Pilzturmes reichen tief hinein in die Erde und auch in solche Kavernen wie diese. Perfekt um jemanden für alle Zeiten verschwinden zu lassen und natürlich auch, um ungestört Experimenten nachzugehen und die 'Ergebnisse' zu entsorgen“: klärte ihn der andere Häftling auf.

    Tarrior stellte weitere Fragen über den Kerker, um sich ein Bild machen zu können. Offenbar saß sein Mitgefangener schon sehr lange hier unten fest und kannte sich daher recht gut aus. So brachte der Dunmer in Erfahrung das die Kristalle in den Zellen nicht nur dazu dienten die Gefangenen ihrer Magie zu berauben und so einen Ausbruch zu verhindern, sondern sie waren mit dem Wurzelsystem des Turms verbunden. Sozusagen nährte sich der Pilzturm auch von ihrer Magie und konnte deswegen weiter wachsen. Allerdings beschränkte Meradanz' Zauber das Wachstum hauptsächlich auf den Untergrund. Das Wurzelnetz reichte weit genug, um weitere Höhlen und Kammern entweder anzubinden oder selbst auszuheben. Außerdem war der Pilzturm wohl auch mit den anderen Pilzstrukturen in der Stadt vernetzt. Behram konnte also praktisch einen Großteil der umliegenden Stadt einfach von seinem Turm aus kontrollieren. Außerdem erfuhr der Hlaalu, dass auf den oberen Ebenen des Kerkers wohl nur niedere Gefangene untergebracht waren Verbrecher oder Leute, die entführt worden waren, um mit ihnen zu experimentieren, was der Hexer wohl auch gerne tat. Die unteren Ebenen und gerade die, auf der er sich befand, waren für gefährliche und wichtige Häftlinge reserviert. Hauptsächlich wohl mutierte oder magische Kreaturen wie Daedra. Diesem System nach musste er selbst wohl besonders wichtig sein und saß hier vermutlich mit reichlich gefährlichen Kreaturen ein, was wiederum sein Misstrauen gegenüber seinem Gesprächspartner wachsen ließ. Dieser berichtete zwar von den anderen Häftlingen hier unten, soweit er darüber etwas wusste, sparte sich selbst aber völlig aus. Die meisten Kammern waren wohl nicht belegt, aber in einer Zelle fristete wohl ein Ogrim sein Dasein in anderen zwei argonische Schamanen, die kaum mehr am Leben waren und in einem weiteren Käfig fand sich ein gebundener Lich, der wohl dereinst Herrscher eines Ayleid-Königreiches gewesen war. Die Stimme wusste auch noch von zwei Gestalten zu berichten, die man in die Zelle direkt neben der Wurzeltreppe gesperrt hatte, aber hatte sie nicht richtig sehen können und wusste eigentlich Nichts über sie.

    Der Zellennachbar gab ihm auch noch ein paar Informationen über die seltsamen, schweigsamen Bemantelten, die sich um die Häftlinge kümmerte und die Wachen, die nur kamen, wenn jemand von Behram zum Verhör oder für die Experimente geholt wurde. Es gab Gerüchte darüber, dass der Kerkermeister bald ausgewechselt werden sollte gegen einen Spezialisten für Magie, der hinsichtlich der übernatürlichen Häftlingsklientel wohl auch besser geeignet war. Tarrior speicherte soviel ab, wie er konnte. Die Informationen selbst aber waren dann doch nicht so nützlich, wie er sich erhofft hatte. Die Zellen wurden praktisch nie wirklich geöffnet und wenn dann nur, um die Leute mit einer schwerbewaffneten Eskorte ihrem Schicksal entgegen zu führen. Und unter den Insassen gab es zwar einige starke Kreaturen, die man für einen Fluchtversuch hätte nutzen können, doch aufgrund der Deckenkristalle und der Sklavenbänder, die sie nicht abnehmen konnten, waren sie auch dafür nicht zu gebrauchen. Ihre Essenz floss unweigerlich dem Turm zu, dessen Wurzeln sie gefangen hielten. Schließlich jedoch stellte Tarrior dann noch eine Frage, die ihn schon länger beschäftigte: „Ihr meintet, dass wir beide von dem Gespräch profitieren würden. Ihr habt meine Neugier befriedigt, aber was habt ihr eigentlich von der ganzen Sache?“ Die Stimme schwieg. Tarrior gab es auf und legte sich ins Stroh. Auch wenn er nicht wollte, war sein Körper doch noch recht kraftlos, auch wenn es sich langsam besserte. Er einige Zeit später, als der Hlaalu schon nicht mehr damit gerechnet hatte, kam dann doch noch eine Antwort von Nebenan: „Beantwortet mir zunächst eine Frage, dann will ich euch auf eure antworten.“ Der Ton war fordernd. Sein Nachbar wollte offenbar unbedingt eine Antwort haben, ansonsten würde er wohl das Gespräch beenden. „Und die da wäre?“: fragte Tarrior lustlos. „Ihr habt mich viel gefragt und ich habe euch viel erzählt, doch möchte ich nicht wissen wer ihr seid, sondern nur, weshalb ihr hier seid“: verlangte die Stimme und der Dunmer kratzte sich nachdenklich am Kinn.

  4. #4

    Vvardenfell-Distrikt, Weidenländer

    [Dreveni]
    Während Dreveni schlief, vermischten sich in ihren Träumen das Gesicht des Dunmers aus der Festung mit dem des Assassinen der Morag Tong und mit dem Feryns. Schließlich schälte sich aus dieser Mischung das Gesicht des Heilers, das im Gegensatz zu der sonstigen Gutmütigkeit etwas verschlagenes hatte, was ihm gleichzeitig einen gewissen fiesen Charme verlieh. Sie hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass sie ihm etwas sagen mußte, wußte aber weder was, noch wem von diesen dreien. Schließlich ließ sie ein entferntes Geräusch aus dem ohnehin nur leichten Schlaf aufschrecken. Noch unfähig, das Geräusch richtig einordnen zu können, setzte sie sich mit einem Ruck auf und sah sich nach Tirian um.

    [Tirian]
    Der Heiler bemerkte die Bewegung am Rande seines Sichtfeldes. Er wandte sich halb zur erwachten Dreveni um und hielt den Finger vor die Lippen, um ihr zu bedeuten, ruhig zu sein. Dann deutete er in die Ferne. Lichtblitze zuckten dort. Knalle von feurigen Explosionen hallten über die Ebene. Es gab dort einen Kampf. Tirian hatte das Entstehen des Gefechts bereits beobachtet. Da es sich nur in einiger Entfernung abspielte und sie nicht in konkreternGefahr und auch nicht in der Gefahr entdeckt zu werden waren, wollte er die Dunmer nickt wecken. Sie hatte den Tag viel mitgemacht, auch seinetwegen uns sollte sich ausruhen. "Ich glaube es sind Ilucarias Leute. Sie suchen uns wohl. Allem Anschein aber nach sind sie auf Daedra gestoßen. Es ist noch etwas Zeit bis zum Morgengrauen. Tirian musste in diesem Moment gähnen. Er wollte es nicht aussprechen, aber er wäre froh, wenn Dreveni für die restliche Nacht die Wache übernehmen würde, damit er sich auch noch etwas ausruhen konnte. So aber schaute er sie nur noch einen Moment länger an und richtete seine Augen wieder auf das Gefecht in der Ferne.

    [Dreveni]
    Als sie endlich Tirian erblickte, war ihr auch aufgefallen, dass es immer noch dunkel war. Sie folgte seinem Fingerzeig mit den Augen, und sah nun ebenfalls was dort in der Ebene los war. "Verdammtes kleines Miststück. Begegne du mir nur alleine...", murmelte sie noch leicht schlaftrunken. Dann sah sie in das müde Gesicht des Heilers, das Gähnen hätte es zur verdeutlichung gar nicht mehr bedurft.
    "Jetzt wo ich wach bin, könnt ihr den Rest der Nacht schlafen, wenn ihr wollt.", sagte sie nun schon etwas deutlicher, wenn auch immer noch leise, während sie sein Gesicht studierte. In dem aufblitzenden Lichtschein des Gefechts war eine gewisse Ähnlichkeit nicht von der Hand zu weisen. Ähnlichkeit mit wem? Andererseits konnte das auch einfach der Tatsache geschuldet sein, dass sie noch nicht richtig wach war, und so wandte sie den Blick schnell wieder ab, bevor Tirian merkte, wie sie ihn anstarrte.

    [Tirian]
    Der Heiler war der Dunmer sehr dankbar. Er fühlte sich ausgesprochen müde. Angestrengt in die Dunkelheit zu starren und sonst nichts zu tun, zehrten doch mehr an Konzentration und Kräften als man gemeinhin vermuten würden. "Nach dieser Schlacht bei Tel Vos vor ein oder zwei Wochen treiben sich viele Daedra in den Ebenen umher. In der Nacht sind lautstarke Suchmannschaften ein gefundenes Fressen für diese Dämonen. Wenn Illucaria nicht aufpasst, schickt sie all ihre Männer in den Tod": meinte Tirian. "Wir brauchen uns so aber erstmal keine Sorgen zu machen". war er sich sicher. Die Daedra wären abgelenkt und die Söldner hätten genug damit zu tun sich ihnen erwehren. Allerdings glaubte er auch, dass die Altmer ihre Drohung wahrmachen und sie selbst unter enormen persönlichen Kosten hetzen würde, wenn es sein musste. Die Zeit die Weidenländer zu verlassen war lang gekommen, wenn nicht wegen Tarrior, dann hatten sie jetzt endgültig allen Grund dazu. Die Molag Amur selbst mochte ein gefährlicher Ort sein und Mora Uvirith geradezu die Höhle des Löwen, aber das war ein Ort, an den die Altmer ihnen nicht folgen würde.

    Er fühlte sich jetzt schon schuldig, dass er Dreveni da mit hineingezogen hatte. Als würde es nicht reichen, dass sie den Hexenmeister der Telvanni gegen sich aufbringen würde, wenn sie seinen Vater aus dessen Kerker entführten, sondern jetzt war hinter ihnen auch noch eine blutrünstige Söldnerin her. Tirian hoffte darauf, dass der Einfluss Tarriors, wenn er denn erst einmal wieder ein Freiheit wäre, dafür sorgen würde, dass die Assassine in Sicherheit zum Festland zurückkehren konnte. "Weckt mich am morgen. Wir sollten früh aufbrechen. Beim Wachbleiben hilft es übrigens den wilden Dochtweizen hier zu kauen. Das steigert auch etwas die Konzentration": gab er ihr noch einen Rat und legte sich dann ein paar Schritte entfernt ins Gras und schlief schon sehr bald ein.

    [Dreveni]
    Dreveni hörte dem Heiler mit ausdruckslosem Gesicht zu. Illucaria machte ihr nicht soviele Sorgen, wie diese offenslichtlich Tirian machte. Immerhin waren sie jetzt aus der Festung heraus, und hier im offenen Land oder auch in eine der Städte würde sie schon eine gute Chance gegen die Söldnerin haben.
    Dochtweizen., dachte sich Dreveni. So weit würde es noch kommen, dass sie auf irgendwelchem Grünzeug herumkaute, nur um wach zu bleiben. Mit einem Schaudern erinnerte sie sich an das Zeug, was ihr Tirian gegeben hatte, als sie die Gruppe Aschländer verteidigt hatten. Weit mehr Sorgen als einzuschlafen oder das Illucaria auftachte machte ihr momentan mehr die Rückkehr nach Cyrodiil, oder vielmehr dem, was danach kam. Was sollte sie Mordan bloß erzählen? Was wußte er überhaupt über das, was sie hier trieb? Mordan hatte seine Augen und Ohren überall, dachte sie schuldbewußt. Sie hatte sich schon wieder weit über den professionellen Einsatz hinaus engagiert, wurde ihr bewußt als sie das friedliche Gesicht des schlafenden Heilers betrachtete.
    Dumpf brütend starrte sie weiter in die Dunkelheit und wartete, dass es dämmern würde.

    Nach einer Weile zeigte sich am Horizont der erste silberen Streifen Licht des neuen Tages, und während sie überlegte, ob sie Tirian schon wecken sollte, hörte sie das ein leises Gackern. Sie blieb ganz still sitzen, auch wenn es ilusorisch war zu glauben, dass ihr das helfen würde. Was immer dort herumlief, mußte sie schon bemerkt haben. Tatsächlich kam das Geräusch näher, und jetzt konnte sie es auch identifizieren.
    Skampe.
    Mit einem Satz war sie bei Tirian und schüttelte ihn heftig, während sie ihr Schwert zog. "Aufwachen, wir haben Gesellschaft!"

    [Tirian]
    Es gab deutlich angenehmere Wege um geweckt zu werden. Ein heftiges Schütteln gefolgt von einem nicht sehr freundlichen "Aufwachen, wir haben Gesellschaft" war nach dem viel zu kurzen Schlaf nicht gerade eine feine morgendliche Begrüßung. Der Heiler war dennoch hellwach. Er rechnete mit Illucarias Schergen, doch wurde er durch den Geruch und die tierischen Laute schnell eines besseren belehrt. "Daedra!": schoss es ihm durch den Kopf. Er schlug die Augen auf, sah noch wie Dreveni vor ihm kniete und ihn schüttelte, da erreichten sie auch schon ein paar Skampe von hinten. Er hob die Hand direkt an Dreveni vorbei und ließ einen Zauber los, der dem ersten Angreifer ins Gesicht schlug. Er hatte die Energie noch genau dosieren können und war nun überrascht, dass sich die Energie des Blitzes in sichtbaren Entladungen am Hinterkopf des widerwüchsigen Dämons wieder manifestiere, in dem sie sich in den Boden ableitete. Das Biest war tot, die Augen aufgeplatzt wie Mais bei zu großer Hitze. Die kurze Zeit nutzten er und die Assassine um wieder auf die Beine zu kommen und nun ihre Waffen gegen die Feinde in Stellung zu bringen.

    Ein schneller Blick und der Heiler konnte die Zahl ihrer Gegner auf drei Weitere einschätzen. Zum Glück war es nur eine kleine Gruppe. In stillem Einverständnis teilten sich die beiden nach links und nach rechts auf und nahmen sich jeder eine der stinkenden Kreaturen vor. Der Schlaf war zwar kurz, da aber ohne Träume, ausreichend erholsam gewesen. In den Augen seines Gegenübers flackerte zwar eine gewisse boshafte Intelligenz, aber die vermochte ihm nicht mehr zu helfen, als das Geschöpf Oblivions auf einen Ausfallschritt und einen angetäuschten Hieb von schräg links unten reagierte. Der Schlag war kaum mit Ernst zu nehmendem Schwung geführt, sodass er die Waffe kaum mit Mühe in der Luft abbremsen und stattdessen von schräg rechts oben herabsausen lassen konnte, um sie dem Vieh direkt in den Schädel zu treiben. Tödlich getroffen sank es zu Boden. Tirian wandte sich im gleichen Moment seiner Gefährtin zu, die ihrerseits ihren Skamp erledigt hatte, aber nun von dem Dritten bedrängt wurde. Er zögerte nicht lange. Es wurde Zeit das Biest selbst von zwei Seiten anzugehen.

    [Dreveni]
    Die Skampe waren heran, kaum hatte Tirian die Augen aufgeschlagen. Dreveni schloss gleich darauf die ihren geblendet, als ein greller Blitz an ihr vorbeifuhr und direkt einen der stinkenden Kreaturen außer Gefecht setzte. Tirian, du hast wirklich deinen Beruf verfehlt., dachte sich die Assassine anerkennend, als sie mit Schwung wieder auf die Beine kam und mit einem schnellen Hieb nach dem nächsten Skamp schlug. Die Klinge streifte das Monster nur, das mit einem empörten Quieken zur Seite sprang, nur um gleich darauf erneut anzugreifen. Tirian war derweil ebenfalls beschäftigt, wo sich er dritte und letzte Skamp aufhielt, konnte sie bedauerlicherweise gerade nicht sehen. Nun gut, wenn er von hinten kommt, werde ich es schon merken., dachte sie grimmig.

    Als der Skamp auf sie zuwankte, hielt sie das Schwert mit dem Griff seitlich neben ihrem Körper, und stieß nun die Klinge blitzschnell nach vorn, den Schwung des Monsters ausnutzend und durchbohrte es so. Röchelnd fiel er zu Boden, als sie das Schwert wieder aus seinem Leib gezogen hatte, und einer bösen Ahnung folgend, drehte sie sich um. Keine Sekunde zu spät, denn gerade streifte sie die Klaue des letzten verbleibenden Skamps an der Schulter, die vor nicht allzu langer Zeit Bekanntschaft mit den Schockzaubern des Heilers gemacht hatte. Reichlich ungezielt hieb sie mit dem Schwert nach ihm, und anstatt auszuweichen, griff das dumme Vieh mitten in die scharfe Klinge und hielt sie fest. Dass dabei Blut aus seinen Klauen lief als Dreveni an der Waffe ruckte, schien ihn nicht zu kümmern. "Lass los du dummes Mistvieh.", keuchte sie und trat der Kreatur mit Schwung in den Bauch. Als auch das nichts half, löste sie die linke Hand von dem Schwertgriff und schleuderte einen Schockzauber auf den Skamp, was ihn immerhin dazu überredete, endlich die Klinge loszulassen, ihn aber nicht getötet hatte.

    [Tirian]
    Der Heiler erkannte, dass der Skamp nur Augen für die Assassine hatte. Eine perfekte Gelegenheit, um das Biest möglichst ohne Anstrengung zu erledigen. Er packte das Schwert fest an, ging leicht geduckt zu den Kämpfenden hinüber und holte aus, als er nah genug war. Er zielte auf die Kniekehlen des Dämons und mit einem kräftigen Hieb ließ er die Klinge direkt durch Fleisch und Muskeln fahren. Der Daedra klappte mit einem Kreischen zusammen. Der Schrei erstarb als Dreveni schließlich ausholte und mit ihrer Schneide durch die Gurgel ihres Gegners fuhr. Tirian atmete durch und steckte das Schwert weg. Sein Blick glitt Richtung Himmel. Die Dämmerung hatte eingesetzt. Es wurde Zeit aufzubrechen und die Weidenländer endgültig hinter sich zu lassen. "Seid ihr verletzt?": fragte er. Später würden sie keine Zeit haben, die Wunden zu versorgen. Er wollte am besten ohne weitere Pausen bis zwischen die Felsklippen kommen. "Wir sollten machen, dass wir von hier verschwinden. Vielleicht sind noch mehr Daedra in der Nähe und Illucarias Männer könnten noch in der Gegend sein. Wir müssen nach Süden zum Pass und halten uns dann Richtung Osten hin zum Meer. Wir sollten von der Amur kaum mehr weit entfernt sein": meinte Tirian und suchte ihre Sachen beisammen. Er entdeckte im Gras liegend die Reste der Statuette. Sie war aus rotem und schwarzem Gestein gemacht. Etwas das er so am vergangenen Abend ohne Licht nicht hatte feststellen können. Dennoch kam ihm weder die Form noch die Verarbeitung irgendwie bekannt vor. Er hob sie hoch, dachte noch einmal darüber nach, ob er so etwas schon einmal zuvor gesehen hatte und zuckte dann mit den Schultern. Er holte weit aus und warf das Ding weg. Was auch immer es war, es kümmerte ihn nicht länger.

    [Dreveni]
    Dreveni befühlte die Schulter, die der Skamp gestreift hatte. Es tat nicht sonderlich weh, und an ihren Fingern war darüber hinaus kein Blut. "Nein, nicht verletzt, nur eine Schramme.", antwortete sie und suchte ebenfalls ihre Sachen zusammen, während sie Tirian weiter zuhörte. Gleichgültig beobachtete sie, wie der Heiler die augenlose Steinfigur in hohem Bogen weg warf, dann lud sie ihre Sachen auf den Skamp und sagte: "Lasst uns aufbrechen."
    Ohne noch einen Blick zurück zur Festung zu werfen, setzten die beiden ihren Weg fort.

  5. #5

    Molag Amur, Tel Uvirith, Kerker

    Tarrior hatte kurz nachgedacht. Er hätte sagen können, dass ihn das Schicksal von Vvardenfell besonders am Herzen lag und das Behram so etwas einfach nicht machen durfte. Das der Hexer ein Verbrecher war, den man zur Strecke bringen musste, aber Tarrior war das völlig alles egal. Der Grund warum er hinter dem Telvanni inzwischen her war, war nichts weiter als die nackte, kalte und vor allem süße Rache. Vieles hatte er dem Hlaalu mit der Erpressung aufgebürdet. Nicht nur, dass er ihn praktisch weiterhin mit einer Absicherung erpressen konnte, sondern auch das, was davor gewesen war, konnte und wollte er nicht vergessen und schon gar nicht vergeben. Tarrior war nie sonderlich nachsichtig gewesen und Meradanz hatte nun wirklich alles getan, um zu sterben. Zunächst hatte er vorgehabt Beweise gegen ihn sicherzustellen, aber die Möglichkeit war ihm mit dem Tod von Jonicus abhanden gekommen. Trotz der ungleichen Macht – als Magierfürst verfügte Meradanz über deutlich mehr Einfluss und Ressourcen als er – würde er ihn umbringen. Er würde ihn zerstören!

    „Er hat mir Übles angetan. Ich will Rache und das um jeden Preis. Der Tod wäre zunächst noch zu gnädig. Er muss völlig zerstört werden“: geiferte Tarrior, dessen eigene Gedanken ihn in Rage versetzt hatten. Aus der Nachbarzelle dröhnte ein Lachen. „Ungewöhnlich. Ist ein Tod denn nicht ausreichend“: schloss sich daran eine Frage an. „Offenbar hattet ihr noch nie Gelegenheit mit Ordinatoren Bekanntschaft zu machen. Gibt es Hinweise für schlimme Ketzerei können sie unglaublich kreativ sein, was das Brechen einer Person angeht. Ich denke sie stehen da den Daedra in nichts nach“: kommentierte der Dunmer dies. Der Zellennachbar ließ sich wieder zu einem Lachen in unmenschlichem Ton hinreißen. „Das bezweifle ich“: meinte er, ließ aber offen, worauf er sich genau bezog. „Einen Hinweis sagt ihr…“: fuhr er deutlich ernster fort: „Für euch ist aber wohl hier ohnehin das Ende erreicht. Ihr seid seiner Ungnade ausgeliefert.“ Tarrior, der sich gerade etwas beruhigt hatte, wurde erneut wütend. Dass man ihn auf das offensichtliche hinwies, war nicht sonderlich hilfreich, vor allem wenn der Hinweis darin bestand, ihm noch einmal vor Augen zu führen, dass ihn dieser verfluchte Hexer in der Hand hatte. „ich werde hier herauskommen. Verlasst euch darauf. Diese Wände werden mich nicht halten!“: versicherte er trotzig und tat es auch, um sich selbst zu beruhigen, denn im Moment sah alles danach aus, als wäre die Sache wirklich verloren für ihn. Sein Zellennachbar brummte. „Hm. Ihr scheint…“: sprach er, doch da tönten Schritte auf dem Holz der Wurzeln. Der Schall wurde mehrfach im Schacht gebrochen, zurückgeworfen und drangen nach unten. Leute waren offenbar auf dem Weg. Da sich die Schritte immer näher kamen, schien er Ziel der Grund des Schachtes zu sein. Tarrior trat ans Gitter um besser sehen zu können. Die Wesen, die er von seiner Zelle aus sehen konnte, drängten sich in ihrem eigenen Gefängnis so weit vom Gitter weg wie möglich an die hintere Wand heran. Offenbar sollte jemand zum Verhör geholt werden.

    Zuerst sah Tarrior drei Paar Stiefel auf der Treppe. Da er das bronzen-goldene Metall bereits kannte, war er auch nicht überrascht, als sich schließlich noch die Beinschienen und die massiven Plattenpanzer in sein Gesichtsfeld schoben. Überrascht war er eher, dass die Drei, die den Wandelgang heruntertraten nicht auch noch die eckigen Dwemer-Helme sondern stattdessen die für Telvanni-Wachen üblichen Kopffüßerhelme trugen, die im Endeffekt das Gesicht aber genauso verbargen. Tarrior fand den Effekt, den die Rüstung auslöste sehr erstaunlich. Die Massivität des Rüstzeuges löschte absolut jede Kontur des Körpers darin aus und auch die Vollhelme nahmen sämtliche Individualität. Man konnte den Eindruck gewinnen, es wären keine Lebewesen, die dort von der Treppe stiegen und auf ihn zukamen, sondern tatsächlich nur Maschinen, Animunculi, wie sie der Telvanni schätze und auch einsetzte, wie er wusste. Einzig und allein gewisse Eigenheiten und Abweichungen im Gang zeigten, dass es doch Individuen waren, die sich dort unter den Schichten von Metall verbargen. Schließlich blieben die Drei vor seiner Zelle stehen. „Zurück!“: bellte eine Stimme, die Dumpf unter dem Helm hervordrang. Er ließ es nicht drauf ankommen und trat einen Schritt zurück. Der Wächter, der links stand, zog einen seltsam gekrümmten metallenen Gegenstand von seinem Gürtel. Er hatte eine Form, die etwas an einen Tentakel erinnerte, der sich krümmte und an dessen Spitze ein oranger Edelstein angebracht war. Das rötliche Licht der Magma-Grube schimmerte auf daedrischen Schriftzeichen, die in die Oberfläche geritzt waren. Er hielt den Gegenstand gegen das Gitter. Der Edelstein begann zu leuchten und Tarrior staunte nicht schlecht, als sich die organischen Stangen des Gitters plötzlich zur Seite wölbten und einen Durchgang freimachten. Bevor er noch etwas tun konnte, traten die beiden anderen Wachen hervor und packten ihn mit ihren behandschuhten Händen grob an und zogen ihn unsanft aus der Zelle.

    „Der Meister will euch sehen“: war die einzige dumpfe Erklärung, die er bekam und halb ziehend, halb stoßend, obwohl das gar nicht nötig war – offenbar waren die Wärter von den Daedra mehr Widerstand gewohnt – zogen sie ihn Richtung Treppe. Sie stoppten, als noch eine Person heruntergekommen war. Tarrior erkannte den jungen Betronen sofort. Das Gesicht dieses Wiesels hatte sich bei ihm eingebrannt. Das war wohl auch kein Wunder, wenn man dachte, dass man stirbt. „Aytor“: knirschte er. Er unterdrückte den Impuls sich nach vorne zu werfen und sich losreißen zu wollen, um dem Schüler Meradanz‘ an die Kehle zu gehen. Es war sinnlos und diese Blöße wollte er sich nicht geben, auch wenn ihn das leichte Lächeln doch geradezu dazu herausforderte. „Zurück von den Toten?“: fragte der junge Bretone. „Meister Meradanz erwartet euch. Wir bringen euch jetzt zu ihm“: erklärte der Novize noch einmal das Offensichtliche. Tarrior wandte den Blick gezielt ab. Augenkontakt erfordert Respekt, dem er dem Bretonen absolut nicht entgegenbrachte. Da sah er etwas in der Zelle, neben der er jetzt stand. Es dauerte einen langen Moment, bis er die langen, nunmehr zerschlissenen und dreckigen grauen Mäntel erkannte und wusste wer dort in der kleinen Nische zu zweit aneinander in einer Ecke kauerte. Aytor folgte seinem überraschten Blick. Sein Lächeln verschwand. „Sie haben ihre Schuldigkeit getan. Sie sind nutzlos geworden. Der Meister hat vielleicht noch Bedarf für einige Experimente an ihnen und dann werden wir sie entsorgen“: sagte er ernst nur um denn wieder zu lächeln: „Ihr müsst also keine Angst haben, dass wir sie noch einmal auf euch ansetzen.“

    Sie begannen den Aufstieg. Unterwegs überlegte Tarrior, wie groß seine Chancen stünden allein aus den Verliesen und dem Turm entkommen zu können, würde er seine Bewacher mit ein paar gezielten Feuerstößen von der, ohne mit Brüstung versehenen, Wurzel herunter in die Lava zu stoßen. Sollte seine Flucht nicht bemerkt werden, standen seine Chancen, so das Kalkül seiner Überlegungen, nicht einmal so schlecht. Allerdings waren diese Gedanken müßig. Er spürte nach wie vor eine Schwäche, was seine magischen Kraftreserven anging und die Verantwortlichen saßen immer noch an seinen Handgelenken. So ließ er sich in einer nach oben hin breiter werdenden Spirale entlang der Schachtwand hinaufführen und passierte dabei einige der höheren Haftebenen in denen immer weniger Daedra dafür immer mehr normale Gefangene wie Menschen, Elfen oder Kajhiit saßen. Es gab praktisch keine Wachen. Als sie dem oberen Rand endlich so nahegekommen waren, dass er ihn und die aus Wurzelauswüchsen bestehende Brüstung darum gut erkennen konnte, wurde der Weg vor ihnen von einem Konstrukt aus mehreren, beulenartig aus der Wand wachsenden Pilzen blockiert, die so hintereinanderlagen, dass man eine Raume denken konnte. Es gab eine große Runde Tür, die nach außen aufschwang und Zutritt gewährte. War man unachtsam und stand zu dicht daran, hätte es durchaus passieren können, dass man von ihr von dem Wurzelweg gewischt wurde. Was zu Tarriors Ungemach mit seinen Wärtern leider nicht passierte. Die Räumlichkeiten im Innern der Pilze zeichneten sie als Wachstube aus. Ein Ein Stuhl hinter einem langen Thresen. Ein Regal mit Papieren und ein Waffenständer bildeten den Teil des Raumes in dem wohl der diensthabende Wächter arbeitete. In einem durch Holzstangen abgegrenzten Bereich hingen säuberlich aufgereiht Fesseln verschiedener Machart, auch welche in der Art von denen, die Tarrior trug, an der Wand. Einer der Gerüsteten, die ihn hier hinaufgetragen hatten, nämlich jener mit dem seltsamen Metallgegenstand verließ hier auch die Gruppe und nahm den Platz hinter dem Thresen ein. „Serjo Brasselin, wann kann ich endlich mit dem neuen Kerkermeister rechnen? Er muss noch eingewiesen werden, bevor ich den Dienst quittiere“: fragte der Mann, der jetzt seinen Helm abnahm und ein altes und zerfurchtes dunmerisches Gesicht ebenso enthüllte wie einen ergrauten Spitzbart.

    „Meister Meradanz wird es euch wissen lassen, sobald es soweit ist“: antwortete Aytor ihm knapp aber nicht unfreundlich und die beiden Wächter zogen ihn, in dem sie dem Bretonen folgten, weiter. Er drehte sich um sah, wie der Kerkermeister mit dem Gegenstand dafür sorgte, dass ein dichtes Geflecht von Wurzeln sich vor der Rundtür schloss. Tarrior hörte ein leises Summen und schaute an die Decke. Auch hier waren Kristalle eingelassen, die deutlich heller leuchteten und auch Licht spendeten, aber er machte sich keine Illusion, dass auch dies eine magische Fesselungsanlage war. Bei den ganzen Kreaturen, die Behram dort unten einschloss, konnte er sogar die Vorsicht des Hexers verstehen. So auch die Wachen, die sie erwarteten, als sie das Konstrukt durch eine weitere Rundtür am anderen Ende verlassen hatten und die letzte Stiege zum Rand der Grube hinauf schafften. Mehrere schwer gerüstete Wächter und zwei Zenturio-Sphären flankierten den Durchgang zur Brüstung. Tarrior schaute zurück der Kerker war wirklich eine große, fast kreisrunde, sehr tiefe Grube. Selbst von hier oben waren die Lava und die spitzen Felszacken noch sehr gut zu erkennen. Nur von den Zellen war von hier aus kaum mehr etwas zu sehen. Hier oberhalb befand er sich in einer großen Höhle. Die Decke wölbte sich weit über ihm und mehrere auf dünne Felsnadeln gestützte Steinbahnen durchzogen den Raum. Daran schlängelten sich auch die dicken Wurzelstrünke des Pilzes entlang, bevor sie sich dann im Fels darüber verloren. An manchen waren Laternen angebracht. Im hinteren Teil sah er weitere kleine Durchgänge. Dem Geruch nach zu urteilen wurden dort wohl die Exkremente entsorgt und zugleich wohl auch in einer anderen Höhle auch das Essen für die Gefangenen zubereitet. Er konnte auch die gebückt laufenden, bemantelten Gestalten erkennen, die ihm sein Zellennachbar beschrieben hatte. Seine Aufmerksamkeit wurde jedoch zwangsweise auf einen großen Durchgang gegenüber der Brüstung gelenkt. Offenbar hielt Meradanz nicht soviel von Innenausbau oder Dekoration in diesen Höhlen. Der Durchgang wurde nämlich von einem Stollenwerk, ähnlich dem in einer Mine, gebildet. Hierauf hielten seine Wächter zusammen mit ihm zu.

    Sie durchquerten auf ihrem Weg weitere Höhlen, Stollen und kamen auch an gemauerten Räumen vorbei, in die er beim Vorgehen kurz hineinsehen und alchemistische Ausrüstung und andere nicht identifizierbare Anlagen entdecken konnte. Schließlich standen sie in einem niedrigen Stollen vor einer riesigen den Durchgang völlig ausfüllenden, mit Intarsien geschmückten Rundtür. Aytor öffnete sie und sie traten in einen nunmehr hölzernen Gang. Tarrior kannte die Architektur aus den Beschreibungen anderer Hlaalu. Sie befanden sich nun im Inneren des Pilzturms. Sämtliche Wände waren Teil des großen Pilzes. Sah man von den Türen ab, befanden sie sich nun im Inneren eines geschlossenen Organismus‘. Entsprechend war die hölzerne Optik zu erklären, die einen hier wohl ständig umgab. Sie durchquerten einen mittelgroßen Raum auf der gleichen Ebene in dem jedoch eine große Zahl großer Kristalle in Einbuchtungen aufgestellt war. Umgeben war jeder Kristall von eigen Säulen, die wohl den oberen Teil des Turmes stützten. Die Wurzeln des Turmes, die direkt auf die Kristalle hinliefen, waren zahlreich und dick und schienen regelrecht zu pulsieren. Eine weitere Formation von Kristallen an einer hinteren Wand erregte sein Aufsehen. Offenbar war dieser Bereich der Kammer wesentlich jünger. Im Gegensatz zu den anderen Kristallen liefen hier auch die Wurzeln nicht direkt darauf zu, sondern schienen von dort aus hinweg zu laufen. Besonders auffällig waren in der Formation aus unterschiedlich großen Kristallen drei Säulen aus ineinander geflochtenen Wurzeln an deren Spitzen Schalen eingelassen waren. Ein Leuchten drang daraus hervor. Tarrior konnte auf die Entfernung natürlich nicht erkennen, was sich daran befand und das Licht ausstrahlte. Er hatte auch keine Zeit sich eingehender damit zu befassen, denn Aytor und die Wächter zogen ihn weiter, mehrere Rampen hinauf. Sie schienen sich weiter an die Oberfläche zu bewegen und kamen schließlich aus einem Seitengang heraus, der in eine große Eingangshalle mündete. Wie zuvor im Kristallraum gab es auch hier Wächter und Animunculi. Etliche Kristalle und Öllampen spendeten warmes Licht und enthüllten Wandteppicche und direkt aus den Wänden gewachsene Regale auf denen Schalen, Statuetten und andere feingearbeitete Güter ausgestellt waren. Gehalten von einigen Wurzeln prangte an der Hauptwand gegenüber der Eingangstür, die so nah aber für Tarrior so unglaublich fern war, ein großes braun-gelbes Banner mit einem Skarabäusemblem. Darunter stand eine kleinere Nachbildung einer Dwemerstatue, die in heroischer Pose einen Speer erhob.

    Er spürte im nächsten Moment Aytors Hand auf seiner Schulter und plötzlich spürte er den Boden unter den Füßen nicht mehr. Er schaute nach unten und musste mit leichten Entsetzen feststellen, dass er in der Luft schwebte. Er schaute in das Gesicht des Bretonen, wo er wieder ein hämisches Grinsen fand. Er wagte es trotz der Nähe nicht, ihm eine mit der blanken Faust zu verpassen. Da sie schnell höher schwebten und bereits recht weit über dem Boden waren, wollte er lieber nicht riskieren, dass Meradanz‘ Schüler seine Konzentration verlor, die sie in der Luft hielt. Er richtete seinen Blick nach oben und sah über sich ein Geflecht aus mehreren sich verzweigenden Tunneln und erkannte auch mehrere verschiedene Räume, die von dem Hauptschacht offen abzweigten. Sie flogen so schnell in die Höhe, dass er sich kaum darauf konzentrieren konnte. Schließlich wurde der Bretone langsamer und sie setzen an einem organischen Bogen auf. Tarrior stolperte schnell einige Schritte in den Raum, um sich von der Kanten schnellstmöglich zu entfernen. Aytor war jedoch schnell bei ihm und pfeifend rollte eine Zenturio-Sphäre von der Seite heran. Es schien so, als hätte Behram etliche Dwemer-Ruinen geplündert, um sich seine Dienerschaft zusammenzustellen. Als er sich seiner Umgebung deutlicher bewusst wurde, ahnte er erst, wie richtig er wohl lag.

    Offenbar durchquerten sie hier eine Art Sammlung. In Vitrinen und Regalen standen optisch schön aufgereiht Dwemer-Antiquitäten. Viele erkannte er nur der Machart nach. Denn neben den üblichen Schüsseln oder Kelchen, die er kannte, fanden sich hier auch Gerätschaften, die er überhaupt nicht zuordnen konnte. Der Mann war offenbar besessen von der alten Rasse. „Krankhaft besessen“: wie Tarrior seinen Gedanken noch einmal ergänzte. Schließlich stiegen sie einen kurze Wendeltreppe nach oben und kamen in eine kreisrunde Kammer. Auch hier standen Vitrinen aber viel mehr Regale mit Büchern, ein geräumiger Sekretär. Sein Blick wurde von einem größeren Ausstellungspodest gefesselt. Dort lagen neben zwei dicken, alten Büchern und einem kleineren im roten Einband ein Artefakt das er nur zu gut kannte. Da Aytor ihn inzwischen losgelassen hatte, trat er wie in Trance näher. Er trat nah heran und betrachtete ausgiebig den in roten Samt eingebetteten, silbernen Kriegshammer. „Vholendrung. Dank euch ist er endlich da, wo er hingehört“: erklang von rechts eine Stimme, die in seinem Gedächtnis brannte, seit er sie in Balmora zuletzt gehört hatte. Er richtete sich langsam auf und wandte seinen Blick in die Richtung, aus der man zu ihm gesprochen hatte. In einem hölzernen Sessel im kaiserlichen Stil, der mit einem roten Tuch ausgelegt war, sah er ihn sitzen. Das erste Mal seit ihrem Treffen in Balmora vor, wie Tarrior es vorkam, einer halben Ewigkeit. „Willkommen, Serjo Gildres“: begrüßte ihn der dort sitzende Dunmer in einer roten Robe mit goldenen Stickereien. „Setzt euch doch“: bat Behram Meradanz.

  6. #6

    Weidenländer - > Molag Amur

    [Tirian]
    Seit sie von ihrem Nachtlager schließlich aufgebrochen waren, waren inzwischen auch schon wieder ein paar Stunden vergangen. Der Heiler konnte nicht sagen, wie lange sie schon wieder unterwegs waren, aber die Sonne hatte ihren Höhepunkt noch längst nicht erreicht. Doch trotzdessen türmten sich langsam vor ihnen die Berge auf, die im Süden der Weidenländer die Grenzen zum unfruchtbaren Ödland der Molag Amur im Südwesten Vvardenfells bildeten. Hier endete der fruchtbare Boden mit seinen endlosen Dochtweizen-Weiden und ging über ansteigenden Fels dann in die Asche- und Lavawüste der Amur über. Tirian kannte diese Gegend nur aus Beschreibungen von Tarrior. In dieser Region sollte mit Ausnahme des Roten Berges die Erde wohl noch am aktivsten sein. Lavabecken und -seen direkt an der Oberfläche, kochende, schlammige Tümpel, Geysire und löchrige Felsen aus denen langsam oder stoßweise heißer Dampf entwich. Da die Berge immer näher und immer höher vor ihnen und mit ihren Schatten auch langsam über sie hinwegragten, wurde Tirian um so klarer, dass hier nun der nächste Abschnitt ihres Weges beginnen würde. Sie würden den felsigen, verbrannten Schluchten folgen, die das Erdfeuer des Roten Berges vor Jahrhunderten in das Land gefressen hatte, hinein in das Herz der Ödnis, in dem der Telvanni seinen Sitz, den Pilzturm Tel Uvirith und seine Stadt Mora Uvirith hatte. Wenn er noch am Leben war, und Tirian verbot sich etwas anderes überhaupt in Betracht zu ziehen, so musste Tarrior dort sein.

    Spitze Felsen, wie in die Luft greifende Krallen, türmten sich neben ihm und Dreveni auf, als sie endlich an die Berge herangekommen waren und die immer größer werdende Steigung überwunden hatten, die sie direkt zum Pass hinaufführte, der nun wie eine Rinne die Hügelkette durchschneidend vor ihnen lag. Die Krallenfelsen säumten den Durchgang und waren wie stumme Wächter, die Reisende mit ihrer gratigen, monolithischen Gegenwart vor dem Überqueren des kurzen Passes abhalten wollten. Tirian wusste aus den Berichten seines Vaters, dass das lebensfeindliche Klima der Molag Amur allerlei grausame Kreaturen hervorgebracht hatte, die nur dank ihrer Stärke dort überleben konnten und praktisch keine natürlichen Feinde hatten. Guars konnten ihnen ebenso zur Beute fallen wie einfache Händler oder ein unachtsamer Heiler und eine Assassinin. Umso glücklicher war er über den Umstand, dass sie ihr Weg auf der anderen Seite des Passes dann doch wieder in Richtung Meer führen würde, wo, so hoffte Tirian, die Zahl der Kreaturen nicht mehr so groß sein würde. Bevor sie die mächtigen Felsen passieren würden, hielt der Dunmer inne.

    [Dreveni]
    Dreveni war schweigend neben dem Heiler hergelaufen, der Guar ein paar Schritte hinter ihnen. Sie hatten wirklich Glück gehabt mit dem Tier, überlegte die Assassine, denn es folgte ihnen nun schon seit geraumer Zeit, und hatte dabei entweder Talent oder schier Glück, sich immer im rechten Moment zu entfernen. Jedenfalls hatte er bis jetzt keinen Pfeil abbekommen oder war das Opfer anderer wilder Kreaturen geworden.
    Die Landschaft um sie herum hatte sich fast schlagartig verändert. Nichts war mehr zu sehen von der grünen, lebendigen und fruchtbaren Umgebung der Weideländer, und war verbranntem Grund gewichen. Selbst die wenigen, verkrüppelten Bäume die hier noch wuchsen, waren tot und verdorrt. Einmal mehr wunderte sich die Dunmer, warum sie hier überhaupt wachsen konnten, und wie es wohl hier ausgesehen hatte, als sie noch nicht tot gewesen waren.
    Sie konnte nicht sagen, was sie hier erwartete, denn diese Gegend war ihr genauso fremd, wie der Rest von Morrowind. Was sie allerdings wusste, war, dass was immer hier lebte ein Meister des Überlebens sein musste, und das bedeutete selten etwas gutes für eventuelle Eindringlinge, wie es die beiden Dunmer waren.

    Vor einer Art Pass blieb Tirian schließlich stehen, und Dreveni blieb nichts anderes übrig, als es ihm gleich zu tun. Sie ließ den Blick noch einmal über die von krallenartigen Felsen gesäumte Passage schweifen, und wandte sich dann an den Heiler: "Was ist?"
    Das waren die ersten Worte, die seit ihrem Aufbruch gesprochen wurden, und in Drevenis Ohren klangen sie seltsam laut und unangebracht im Geräusch des trockenen Windes, der leise heulend über das Land und um die Felsen strich und mit sich den Geruch nach Feuer und Asche brachte.

    [Tirian]
    "Von hier an wird es besonders gefährlich werden": meinte Tirian. "Seid ihr schon einmal durch die Amur gereist?": fragte er. Er selbst kannte die Gegend nur aus den Beschreibungen seines Vaters und das hatte ihm schon gehörigen Respekt eingeflößt. "Wir haben einen Vorteil der in der weichen Asche besteht. Im Fall des Falles können wir so Tierspuren recht früh ausmachen": sagte er ohne die Antwort abzuwarten. Er drehte sich zu ihr um. "Es wäre gut, wenn ihr vorgehen könntet. Meine Fähigkeiten im Spurenlesen sind leider praktisch nicht vorhanden": bat er. Er schaute dann etwas gedankenverloren in das Aschland jenseits des Passes. Behram rechnete wahrscheinlich nicht mit einer Befreiungsaktion für Tarrior, aber dennoch mochten seine Leute durch die Amur patrouillieren und es wäre nicht gut, wenn er vorgewarnt würde. Er sprach seine Befürchtungen aber nicht aus

    [Dreveni]
    Oder wir haben Pech und der Wind verweht die Spuren, und wir laufen blind in die Falle., dachte sich die Assassine, sagte aber nichts. Es hatte keinen Sinn den Heiler zu beunruhigen, und es würde auch nichts daran ändern, dass sie diesen Weg nehmen mussten.
    Die Gegend war wirklich mehr als unwirtlich, und das wurde umso deutlicher, je weiter sie ihr Weg in die Aschewüste führte. Nicht nur wehte ein Konstanter Wind, der ihnen Staub in die Augen blies, ihr Blick wurde außerdem immer wieder durch größere und kleinere Sanddünen behindert.
    Trotz allem kamen sie relativ gut voran, bis Dreveni meinte, leise Stimmen ein Stück vor ihnen zu hören. Sie konnte die Quelle der Stimmen nicht sehen, da der Weg eine Kurve um eine besonders groß geratene Düne machte.
    Sie blieb stehen, drehte sich zu Tirian um und sagte leise: "Ihr bleibt mit dem Guar hier. Ich werde nachsehen, was da vorn los ist."
    Bevor er noch die Chance hatte, einen Einspruch anzubringen, war sie schon mit leichten Schritten davon. In diesem Fall war der weiche Untergrund überhaupt nicht hilfreich, denn auch mit einem Unsichtbarkeitszauber würde man immer noch ihre Schritte sehen können. Es sei denn, wer immer dort hinter der Düne war, war abgelenkt genug. Inzwischen konnte sie auch einzelne Stimmen unterscheiden, auch wenn sie die Worte nicht verstand, da Dunmeri gesprochen wurde. Doch es hörte sich an, als würden Befehle gerufen, und dazwischen konnte sie Schnauben hören. Es klang fast wie das Schnauben, dass die Guare von sich gegeben hatten, als sie von Erynn, Arranges und ihr durch den Fluss getrieben wurden...

    Vorsichtig drückte sie sich um die Düne, um einen Blick auf das werfen zu können, was sich dahinter abspielte. Als ihr das gelang, wusste sie, dass ihre ganze Vorsicht übertrieben war. Die Quelle des Lärms hatte gerade ganz andere Probleme, als einen Späher der sich anschlich.
    Hinter der Düne hatte sich eine ganze Karawane im weichen Sand festgefahren. Dreveni hatte schon in Cyrodiil Handelskolonnen gesehen, aber keine wie diese hier. Wagen mit breiten Holzrädern wurden von Guaren gezogen - wenn sie nicht gerade im Sand festhingen. Sie zähle mindestens vier dieser Wagen, deren Ladung mit großen Planen abgedeckt war, und vor den vordersten waren drei der Tiere gespannt. Dunmer, die offenbar die Begleiter der Karawane waren, trieben die Tiere an, und zwei davon schoben sogar den Wagen von hinten. All das führte aber nur dazu, dass der Wagen noch tiefer im Sand stecken blieb.
    Die Dunmer sah sich weiter das Treiben an, und wunderte sich, dass sie nur vier Dunmer ausmachen konnte, außerdem einen Khajiit. Zu viert würden sie das wohl kaum schaffen, vermutlich mussten die Wagen einfach nur entladen werden.
    Wie auch immer, das war nicht ihr Problem. Ebenso leise huschte sie zu Tirian zurück, und berichtete ihm von der Szene hinter der Kurve. Sie schloss mit den Worten: "Wir sollten außenrum gehen. Kostet uns weniger Zeit, als zu helfen, und wer weiß was das wirklich für eine Karawane ist."
    Die Dunmer hatten auf sie zwar tatsächlich mehr wie Händler denn Wachen gewirkt, aber wenn man Ärger aus dem Weg gehen konnte, umso besser.

    [Tirian]
    Der Heiler wollte sie noch aufhalten, doch da war sie auch schon hinter der Düne verschwunden. Es war nicht gut sich in der Molag Amur von einander zu trennen. Allein war man eine noch leichtere Beute für die gefährlichen Raubtiere. Man reiste am sichersten, wenn man sich an die Gewohnheiten der Guars anpasste und in einer kleinen Herde reiste. Dies schreckte für gewöhnlich Kagouti und Alit ab, wie Tarrior meinte. Deshalb sah man einzelne Personen eher selten in diesem Teil von Vvardenfell. Selbst die Aschländer, wenn sein Vater die Wahrheit gesagt hatte, gingen niemals allein auf die Jagd. Nervös schaute sich Tirian um, aber konnte nichts entdecken. Das musste aber nichts heißen. Durch die Dünen und die vielen Felsen war das Gelände reichlich uneinsichtig, was auch die Gefahr barg, wenn man unachtsam war, in einer der vielen Lavagruben zu fallen, die sich hier und dort in der Landschaft auftaten. Es beruhigte ihn also nicht im geringsten, denn er rechnete in jedem Moment plötzlich über einer der Dünenkuppen ein riesiges, laufendes Mal auftauchen zu sehen.

    Doch stattdessen war es zu seiner großen Freude Dreveni, die zuerst zu ihm zurückkam. Sie berichtete davon, was sie gesehen hatte. Tirian rieb sich das Kinn. "Wir sollten außenrum gehen. Kostet uns weniger Zeit, als zu helfen, und wer weiß was das wirklich für eine Karawane ist.": sagte sie schließlich. Der Dunmer schüttelte den Kopf. "Was soll das schon für eine Karawane sein? Wenn sie nicht gerade Sklaven dabei haben, würde ich nicht unbedingt davon ausgehen, dass wir es mit Räubern oder Banditen zu tun haben. Wir sollten den Leuten helfen hier weiter zu kommen. Besser verbringt man so wenig Zeit wie möglich hier in der freien Wildnis und am besten nicht unbedingt die Nacht. Je nachdem wo sie hinwollen, könnten wir uns ihnen auch anschließen. Zusammen ist es auch deutlich sicherer hier im Feuerland": teilte er der Assassine seine Gedanken mit und war entschlossen der Karawane zu helfen.

    [Dreveni]
    Dreveni sah Tirian zweifelnd an. Nicht nur, dass sie keine große Motivation hatte, beim Ent- und Beladen von Wagen zu helfen, darüber hinaus fand sie es auch wenig verlockend, den Rest des Weges mit Einheimischen zu verbringen, deren Sprache sie nicht verstand.
    "Wie lange sind wir noch unterwegs, wenn wir nicht helfen und nur einen kurzen Bogen schlagen? Die sind so laut, die hören uns nie.", erwiderte sie, alles andere als von Tirians Argumenten überzeugt. "Wenn wir denen helfen, brauchen wir alleine bis heute Abend, bis die Wagen wieder frei sind."

    [Tirian]
    Der Heiler überlegte. "Wir sind vielleicht noch ein paar Stunden unterwegs, bis wir die Küste erreichen. Ich denke bis es gänzlich dunkel geworden ist, könnten wir es schaffen, wenn wir uns beeilen": schätzte er. Er konnte auch nur von der Karte ausgehen, die er im Kopf hatte, aber so in etwa musste es hinkommen. Allerdings gefiel ihm Drevenis Vorschlag gar nicht. "Lassen wir sie hier, fällt in der Nacht womöglich sonst etwas über sie her, vor allem wenn sie bis dahin noch nicht wieder mobil sind. Wir können sie nicht einfach hier draußen lassen. Wir werden ihnen helfen und den Weg nach Osten gemeinsam fortsetzen. Außerdem umso schneller wir beim Ent- und Beladen der Wagen helfen, umso schneller kommen wir hier auch weiter": lehnte Tirian entschlossen ab. Er wandte sich bereits in Richtung der Kurve hinter denen die Karawane laut Dreveni feststeckte.

    [Dreveni]
    Dreveni stand mit verschränkten Armen vor Tirian und musterte ihn mit einem undurchdringlichem Blick. Die Karawane kümmerte sie nicht im Geringsten, und wenn der Heiler wirklich glaubte, dass sie auch nur einen Finger krumm machen würde, um sie zu verteidigen, hatte er sich geschnitten. Söldnertätigkeiten waren nichts für sie, das hatte sie in Falensarano gemerkt.
    "Wer zahlt schafft an.", sagte sie schließlich übertrieben freundlich und bedeutete ihm genauso übertrieben mit einer leichten Verbeugung, vorzugehen, wozu er ohnehin schon angesetzt hatte. Hatte der Heiler nicht in der Festung noch vorgeschlagen, ihre ganze Beziehung wieder mehr auf eine geschäftliche Ebene zu heben? Nun gut, das konnte er haben.

    [Tirian]
    Tirian verzog das Gesicht ob der übertriebenen Gesten. Er ahnte schon worauf seine Begleiterin hinaus wollte, auch wenn eine irre Flucht mittlerweile dazwischen lag, war aber weniger missgestimmt. Er verspürte eher eine gewisse Trauer. Aber so war es besser für sie beide. Er bedachte sie mit einem Seitenblick, drehte sich dann endgültig um und ging auf die Kurve zu. "Wir langen auch so noch früher an dem Turm an, als uns lieb sein kann und da werden verrückte Söldner womöglich unser kleinstes Problem sein": sagte er nach einem Moment quälenden Schweigens. Tatsächlich zerriss es ihn innerlich. Einerseits wollte er so schnell wie möglich seinen Vater befreien, auf der anderen Seite schreckte ihn alles davon ab, sich mit dem Telvanni anzulegen, sich gar in dessen Turm hineinzuschleichen. Er war den Göttern dankbar dafür, dass er Dreveni an seiner Seite hatte. Bei diesem Gedanken waren sie um die Kurve herum und nun konnte Tirian auch selbst die steckengebliebene Karawane sehen. Er verlangsamte seine Schritte und blieb in Entfernung stehen, um die Szenerie selbst noch einmal zu mustern. "Das sind auf keinen Fall Banditen": stellte er nach einer kurzen Weile des Beobachtens fest. Die Leute hatten wirklich ein Problem und noch ein größeres, wenn es dunkel würde. Tirian straffte sich, ging vor und machte den ersten Schritt. "Seid gegrüßt, Sera. Braucht ihr Hilfe?": rief er, um die Leute nicht zu überraschen oder viel mehr zu erschrecken.

    [Dreveni]
    Die Begleiter der Karawane unternahmen gerade einen neuen Versuch, den vordersten der vier Wagen zu befreien. Inzwischen schoben drei der Dunmer und der Khajiit den Wagen, während der vierte Dunmer versuchte, die Guare mehr oder weniger erfolgreich zu motivieren, sich noch stärker in ihr Geschirr zu legen. Dreveni konnte jetzt auch den Guar sehen, der wohl zu dem vierten Wagen gehörte, aber er hatte anscheinend keinen Platz mehr bei den anderen dreien gehabt, und stand etwas abseits.
    Gerade als Tirian die Leute ansprach, machte der Wagen einen Satz, dann blockierten die Räder und drei Dunmer und ein Khajiit fielen unsanft in den Sand. Der Vordere stieß nur einen Fluch aus, dann drehte er sich zu Tirian und Dreveni. Letztere stand seitlich hinter Tirian, die Arme verschränkt und demonstrativ desinteressiert zur Seite schauend.
    "Hilfe?", sprach der Dunmer, der die Guare angetrieben hatte und kam näher. Sein Tonfall klang nicht gerade erfreut, aber immerhin schien er nicht nur Dunmeri zu sprechen. "Nicht doch, wir haben alles im Griff.", fügter er noch an, und fuhr sich mit der Hand über die dunkelroten Haare, die ihm wirr ins Gesicht hingen. Seine Kleidung wirkte teuer, stellte Dreveni fest, als sie ihn unauffällig aus dem Augenwinkel musterte, und dachte sogleich an ihre eigene, abgerissene Erscheinung.
    Der Dunmer unterdess seufzte, als würde er seine harschen Worte schon bedauern, und blieb vor Tirian stehen.
    "Entschuldigt.", setzte er wieder an, wobei er die Beiden abschätzend musterte. Schließlich kam er wohl zu dem Schluß, dass sie keine Banditen waren und fuhr fort: "Die Wagen haben sich festgefahren. Wie ihr seht, sind wir nur noch zu fünft... ", wobei er den Kopf drehte und den Blick kurz über die Wagen schweifen ließ, bevor er seinen Blick wieder auf den Heiler richtete. Er wirkte noch recht jung, stellte Dreveni fest, nicht viel älter als sie oder Tirian.

    [Tirian]
    "Die Wagen haben sich festgefahren. Wir ihr seht, sind wir nur noch zu fünft...": sprach der Dunmer, der ihn begrüßen kam. "Was meint ihr mit nur noch?": wollte Tirian wissen und versuchte sich derweil einen Überblick über die Wagen zu verschaffen. Dreveni hatte recht. Die Wagen waren einfach zu schwer, sie waren viel zu tief in den Schlamm eingesunken, um sie einfach so herauszubekommen. Tirian fragte sich zwar, wie hier mitten in dieses tote Gebiet Wasser kam, kam aber Sekunden später drauf, dass es vermutlich aufgeheiztes Grundwasser war, dass hier an die Oberfläche stieg und den Boden verschlammen ließ. "Ich bin übrigens Tirian und meine Begleiterin hier heißt... Lyviani": stellte er sie beide vor.

  7. #7

    Molag Amur, Tel Uvirith, Artefakt-Salon

    Ein Seitenblick auf die Zenturionen und Aytor verrieten ihm, dass Behrams Bitte wohl keine zwanglose Aufforderung war. Außerdem was brächte es schon, sich unnötig die Beine in den Bauch zu stehen. Er zuckte mit den Schultern und setzte sich auf einen freien Stuhl, der ebenfalls an dem kleinen Tisch stand, an dem auch Behram saß. Sie waren kaum zwei Meter auseinander. Die Gelegenheit war so günstig wie nie und doch musste er sie verstreichen lassen. Tarrior sagte kein Wort aber fixierte den Telvanni mit einem überaus eindeutigen Blick. Behram setzte zu seinem Ärger nur ein Lächeln auf. „Ihr seid so leicht zu durchschauen, Serjo Gildres. Schlag euch solche Gedanken lieber aus dem Kopf. Solche Überlegungen haben euch schließlich überhaupt erst in diese Lage gebracht“: meinte der Hexer. Jetzt war es an Tarrior zu lächeln. „Wenn ich mich recht erinnere, wolltet ihr mich töten, wenn ich mich gegen euch wenden sollte. Und doch sitze ich hier vor euch“: entgegnete der Dunmer selbstbewusst, obwohl er innerlich nur zu gut wusste, dass er dem Tod wohl sehr nahe gekommen war. In eben diese Kerbe schlug nun auch Behram: „Das Gift, das euch Aytor verabreicht hat, war quasi tödlich. Es ist eine teure und komplizierte Mischung, die mich viel Geld gekostet hat. Ich denke aber, der Preis hat sich gelohnt, um euch einen Eindruck davon zu vermitteln, wie erbärmlich sich der Griff des Todes anfühlt.“ Tarrior erbleichte unmerklich. „Dieses Gefühl…“: ging es ihm durch den Kopf und es war ihm als könnte er diesen kalten Griff an seinem Herzen in diesem Moment wieder spüren. Er versuchte sein Gegenüber weiterhin ungerührt anzuschauen, aber das Zucken seiner Augen musste ihn wohl verraten haben. Mehr als zufrieden lehnte sich der Tevlanni zurück, was Tarrior jedoch seine Fassung zurückgewinnen ließ, da ihm der Ärger sauer im Magen aufstieg. „Dann war ich euch offenbar wichtig genug, um mich nicht zu töten“: meinte der Hlaalu.

    „Wer sagt, dass ihr schon gerettet seid?“: meinte der Bretone dann von der Seite: „Ihr werdet schneller wieder in dem Sarg landen, in dem wir euch hergebracht haben, aber diesmal würdet ihr darin verrotten.“ Behram wandte sich von ihm ab und fixierte nun seinen Schüler. „Genug Aytor. Es sind noch Vorbereitungen zu treffen. Wir haben einen straffen Zeitplan. Lass uns also allein und kümmere dich um deine Aufgaben“: schickte Behram den Novizen davon. Der junge Bretone erhob nicht den geringsten Widerspruch und zog ab. „Beeindruckend“: meinte Tarrior und ließ mehr als deutlich durchblicken, dass er Aytor einzig für einen besseren Schoßhund hielt. „Schweigt“: fuhr ihm Behram mit erhobener Stimme über den Mund. „Aytor hat euch schon darauf hingewiesen, was euer derzeitiger Status tatsächlich ist. Ihr seid nur noch am Leben, weil ich eure Courage bewundert habe oder vielmehr eure unvernünftige Hartnäckigkeit. Ihr seid das Risiko eingegangen, dass ich euch an die Ordinatoren verrate oder euch einfach töten lasse und habt euch dennoch unter Widrigkeiten bis ins Aschland durchgeschlagen. Ich bin beeindruckt und ich muss auch sagen dankbar, dass ihr mich direkt zu diesem verfluchten Nord geführt habt. Seinen Schüler aufzuspüren und in die Fänge der Nekromanten zu schicken war nicht schwer, aber sein Meister hatte sich gut verborgen gehalten. Ich habe alle Hebel in Bewegung gesetzt aber natürlich hatte niemand seinen Verwandten in Mar Gaan auf dem Plan. Welch Ironie, dass gerade ihr mir geholfen habt diese letzte Verfänglichkeit zu beseitigen“: erklärte der Hexer. Tarrior beugte sich vor. „Ich frage mich immer noch wie ihr mich überhaupt verfolgen konntet. Eure Späher sitzen ja offenbar als Zeichen eures großen Dankes für ihre Dienste in eurem Kerker“: fragte sich der Dunmer laut.

    Behram begann zu lachen. „Ich hatte euch nicht für derart naiv gehalten. Ich habe ein Netz von Informanten über ganz Vvardenfell verteilt. Ich hätte gedacht, gerade ihr Hlaalu wüsstet den Wert eines Spionagenetzes sehr zu schätzen. Außerdem selbst mit nur einer Handvoll Informanten war es ein Leichtes euch zu verfolgen und natürlich sich zusammenzureimen, was ihr vorhattet. Jemand, der den Anführer einer magischen Liga zum Zweikampf herausfordert, um eine Reise per Teleportation zu erzwingen… Glaubt ihr so jemand würde nicht sofort auffallen? Es war nicht nötig euch zu überwachen. Ihr selbst habt mehr als deutlich dafür gesorgt, dass man euch findet“: betonte Behram und Tarrior musste zugeben, dass er seinen Gegner wirklich unterschätzt hatte. Doch er begann sich immer mehr zu fragen, worum es hier eigentlich ging. Wenn der Telvanni ein großes Spionagenetz vorhielt, musste es etwas Großes sein.

    „Wenn ihr so gut Bescheid wisst, warum habt ihr mich nicht gleich getötet, anstatt mich jetzt verhören zu wollen“: wandte er trotzig ein. Behram antwortete, diesmal aber mit deutlich ernsteres und geschäftiger Stimme: „Ich brauche euch nicht verhören. Ihr werdet wohl kaum jemandem von unseren Geschäften erzählt haben. Da stände zu viel für euch selbst auf dem Spiel. Die Magiergilde habt ihr auch nicht informiert. Ihr wolltet diese Angelegenheit allein lösen, doch sind der Magier und der Beweis nun vernichtet. Es wäre sinnlos euch zu verhören und im Gegensatz zu euch neige ich nicht dazu, meine Gefangenen aus der reinen Freude an der Sache selbst zu foltern, auch wenn ihr mir noch so lästig wart“: korrigierte ihn der Hexer. Tarrior änderte seine Frage: „Was wollt ihr dann von mir. Oder bin ich euch so ein seltenes Tier mit meiner Courage, dass ihr mich in eurem Zoo halten wollt?“ Der Telvanni stand nun auf und ging etwas im Raum auf und ab. „Wisst ihr, ich strebe nach Großem. Und…“: doch weiter kam er nicht, da fiel ihm diesmal Tarrior ins Wort: „Das Einzige wonach ihr strebt ist es eure eigene Macht zu mehren. Nicht mehr und nicht weniger. Ihr intrigiert gegen euer eigenes Haus und unterstützt sogar die Daedra, wenn es euch opportun erscheint eure Konkurrenten auszuschalten. Eure Machtgelüste sind es, die euch antreiben.“

    „Als würdet ihr euch für irgendeine Moral interessieren. Ihr habt, um eure Ziele zu erreichen seinerzeit doch auch die Mittel benutzt, die euch am ehesten verfügbar erschienen. Ihr habt keinen Moment gezögert um Fremdländer zu töten und ich weiß, dass ihr es auch genossen habt. Eure Aufzeichnungen, die ich studieren durfte, sprachen da eine mehr als deutliche Sprache. Wir sind uns nicht unähnlich. Alles was ich tat, tat ich…“: warf er dem Hlaalu Heuchelei vor. Tarrior widersprach heftig: „Alles was ich tat, tat ich um meinem Haus, meinem Blut zu dienen. Haus Dagoth sollte wiederauferstehen. Gewiss profitierte ich auch davon, aber stets stand das Sechste Haus an erster Stelle. Wagt es also nicht, mich mit euch gleichzusetzen.“ Inzwischen war er selbst aufgesprungen und konnte sich nur mühsam beherrschen. „Dieser verfluchte telvannische Leichenschänder weiß rein gar nichts“: schoss es ihm durch den Kopf und in seinem Hinterkopf vernahm er eine Stimme, die ihn dazu aufforderte, dem „anmaßenden Hund“ an die Gurgel zu gehen, doch die Zenturio-Sphären, die Aytor zurückgelassen hatte, waren inzwischen in Bereitschaft übergegangen. Die Vernunft obsiegte und hielt ihn zurück. Behram selbst schaute selbst reichlich verärgert zu ihm hinüber. „Ihr habt überhaupt keine Ahnung, wovon ihr redet“: zischte der Telvanni.

    „Aber das ist typisch für euch Dagoths. Euer hochverehrter Dagoth Ur selbst hat den Krieg des Ersten Rates maßgeblich mitentfacht, weil er die angeblichen Gefahren der hochentwickelten dwemerischen Technologie, die er nicht einmal in Ansätzen verstand, als Begründung vorschob. Und dann waren er es und das Tribunal, die sich als Erste dieser angeblich so schändlichen Technologie bedienten, um ihre eigene Macht zu mehren. Euer Haus war es doch wohl, das wirklich machtgierig war. Also schweigt“: fuhr ihn der Telvanni heftig an. Behrams aschfarbenes Gesicht war dunkel angelaufen und seine Züge und die zusammengekniffenen Augen spiegelten blanke Wut. Tarrior war vor lauter Überraschung sprachlos. „Verwirrt? Scheinbar kenne ich die alten Schriften besser, als ihr. Und ihr seid genauso, wie es euer Fürst Voryn Dagoth vor Jahrhunderten war. Ohne auch nur ansatzweise zu begreifen, worüber ihr redet, maßt ihr euch einen Kommentar an. Nein ich suche nur nach Macht, um auch meinem Haus zu Größe zu verhelfen und es wieder auferstehen zu lassen!“: enthüllte der Telvanni seine vermeintlich eigentlichen Absichten. Tarrior ließ sich zu einem zynischen Lächeln herab. „Wo das Haus Telvanni doch auch so danieder liegt. Wobei ihr selbst habt es ja mit euren Aktionen gegen den Rat erst in diese Position gebracht“: giftete er. Die Gesichtszüge des Telvanni glätteten sich etwas, er wandte sich ab und blickte nun aus einem kleinen Fenster des Turms nach draußen. „Ihr müsstet es eigentlich am besten wissen. Haus Telvanni ist so wenig mein wahres Haus, wie eures das Haus Hlaalu ist, Dagoth Gildres“: sprach Behram in einem deutlich ruhigeren Tonfall.

    Tarrior wurde nachdenklich. Er rieb sich über die Stirn. „Was soll denn das für ein ominöses Haus sein? Ihr werdet doch wohl kaum Indoriil meinen“: war Tarrior reichlich ahnungslos. Das belustigte seinen Gesprächspartner offenbar, denn er lachte, doch klang es kalt, freudlos. „Indoriil. Indoriil! Weder dieses noch ein anderes heruntergekommenes Dunmer-Haus. Seht euch die Aschländer doch an. Wie bessere Tiere leben sie in der Wüste und das Einzige, was uns von ihnen unterscheidet ist nur ein Hauch von mehr Kultur. Keine Zelte dafür ebenso rückständige Architektur. Wir sind immer noch Jäger und Bauern und glauben an einen Tempel, in dem, wie ihr wisst, drei Betrüger, Diebe und Mörder als Götter verehrt werden. Wir sind abergläubisch, barbarisch und rückständig. Doch was sage ich wir? Ihr. Dieser Körper ist nur eine Hülle für Blut und Seele einer höheren Rasse. Die Dunmer sind nichts wert, genauso diese aufrecht gehenden Affen von Menschen oder diese dreckigen Tiere aus den Sümpfen und Wüsten“: ließ sich Behram zu einem längeren Monolog hinreißen. Zusammen mit der verzerrten Spiegelung seines Gesichtes im Fenster und dem dennoch mehr als deutlich erkennbaren unheimlichen Ausdruck in seinen Augen jagten die Worte des Hexers Tarrior einen Schauer über den Rücken. Er schluckte. Behram drehte sich nun zu ihm um.

    „Es ist der Wiederaufstieg des Hauses Dwemer, das mich antreibt. Ich werde die Dwemer wiederauferstehen lassen!“: rief er aus und fixierte dann Tarrior mit einem völlig fanatischen Blick. Er hielt den Augen stand. „Ihr seid völlig verrückt. Die Dwemer sind vernichtet. Sie haben sich mit ihrer eigenen Technologie ein Ende gesetzt. Es gibt keine Dwemer mehr. Und selbst wenn, was ist dann mit so einem dreckigen Dunmer wie euch?“: meinte er dem Telvanni gegenüber. Inzwischen hielt ihr den Hexer für völlig verrückt. Umso erstaunter war er, als sich Behram scheinbar wieder völlig beruhigte. „Zur Zeit kurz vor dem Krieg des Ersten Rates lebte eine Vorfahrin von mir in einer gemischten Beziehung zusammen mit einem Dwemer namens Meradanz. Sie war schwanger. Die Dwemer verschwanden am Ende des Krieges, doch sie brachte das Kind dann zur Welt. Auf dieses Kind führt meine Abstammung zurück. Auch wenn ich wohl deutlich mehr Dunmer bin, so ist es doch mein Blut, das von dwemerischer Herkunft ist. Haus Dwemer ist mein Haus. Und mein Ziel ist es, es wiederauferstehen zu lassen. Wir reden von einer Zivilisation, die jeder auch heutigen Zivilisation auf Tamriel technologisch weit überlegen war“: erklärte sich der Telvanni.

    Anstatt eines naheliegenden Kommentars, warum die Dwemer den Krieg des Ersten Rates trotz ihrer Überlegenheit verloren hatten, verlegte sich der Dunmer lieber auf eine weitere grundsätzliche Frage: „Und dennoch sind die Dwemer tot. Wie wollt ihr ein totes Volk wieder auferstehen lassen? Ihr sagt ja selbst, dass euer Blut wohl nur noch wenig eines Dwemers hat und es wäre sicher auch nicht so gut, wenn das ganze Volk von einer einzigen Person abstammt.“ „Das müsstet ihr doch am besten wissen. Euer Fürst Dagoth selbst hat das Mittel dazu geschaffen. Und was ist das Herz von Lorkhan mehr gewesen als eine besonders starke magische Energiequelle. So wird es auch ohne das Herz möglich sein mit genug Magie den Prozess wieder in Gang zu setzen. Es gibt jemanden der das Geheimnis der Erschaffung neuen Lebens dank seiner unermüdlichen Forschung an der Geißel, die euer Kult über Vvardenfell brachte, entdeckt hat. Jetzt da die Daedra unser Gebiet bedrohen und das Haus auch so intern gelähmt ist und im Chaos versinkt, bereitet Aytor alles vor, dass wir uns in den Besitz der nötigen Werkzeuge bringen. Schlussendlich wird es nicht mehr brauchen als ein wenig Materie des Wesens. Und auch wenn die letzte Generation der Dwemer verschwunden ist, so gibt es doch noch etliche Gräber angefüllt mit Dwemer-Gebeinen, die genug Material für eine Wiederauferstehung hergeben.“: weihte er Tarrior in seine Pläne ein.

    „Geheimnis neues Lebens? Werkzeuge? Dwemer-Gebeine? Wiederauferstehung?“: langsam begann ihm das Hirn zu brennen. „Ihr seid völlig verrückt“: konnte Tarrior nur noch einmal wiederholen. Das was Meradanz vorhatte, klang wirklich nach absolutem Wahnsinn. Der Mann war offenkundig von den Dwemern besessen und das so schwer, dass er sich selbst für einen Nachfahren dieser Tiefelfen hielt und noch schlimmer bereit war ganz Vvardenfell zu opfern, nur um seinem wahnwitzigen Plan nachzugehen. „Nicht wahnsinniger als ihr, würde ich meinen. Euer Akulakhan-Kult scheint mir nicht weniger verrückt zu sein, zumal es sich dabei um genau die gleiche Idee handelte, die Kagrenac seinerzeit bereits hatte, die euer Fürst Dagoth auch wieder nur erstohlen hat“: entgegnete Behram und trat nun ganz nah an ihn heran. Anstatt sich über die unverhoffte Gelegenheit zu freuen den Hexer in den Würgegriff zu nehmen und als Geisel zu benutzen, wich Tarrior regelrecht abgestoßen vor dem Telvanni einen Schritt zurück. „Tarrior der Grund warum ich euch verschont habe, war eure Hartnäckigkeit. Ich weiß aus euren Aufzeichnungen, dass ihr, so wie ich, damals bereit wart alles für euer Haus Dagoth zu opfern. Und ihr habt mir euer Durchhaltevermögen schließlich dann auch bewiesen. Ich will euch das Angebot machen, mir bei meinem Plan zu helfen und für euch könnte die Reanimierung des Hauses Dagoth unter dem Schutz meiner neuen dwemerischen Armee dabei herausspringen“: bot ihm Meradanz an.

    Etwas in seiner Seele rührte sich… etwas, dass ihm – er erschreckte sich, in dem Moment als ihm das klar wurde, vor sich selbst – zuriet das Angebot Behrams anzunehmen. „Niemals“: antwortete er, aber es klang bei weitem nicht so entschieden, wie er es sich gewünscht hätte. „Tarrior. Wir sind uns gleich. Wir streben doch beide nach dem gleichen Ziel. Unsere beiden Häuser wurden durch das Tribunal verraten und in Kriegen zerschlagen. Eurem Fürst Dagoth haben sie die Werkzeuge gestohlen, die er für Nerevar verwahren sollte, gegen uns haben sie Krieg geführt und sich dann selbst die Macht genommen, die sie zuvor verdammt hatten. Unsere Häuser wurden zerschlagen, deines fast und meines ganz und gar vernichtet. Wir teilen ein Schicksal und teilen ein Ziel unserem Blut die Wiederauferstehung zu ermöglichen und ihnen wieder einen Platz in dieser Welt zu erobern. Und wir sind beide bereit dafür auch alles zu tun, was nötig ist. Ihr seid unter Dagoth Ur an diesem Land gescheitert. Jetzt unterstütze mich und wir werden, da die Daedra dieses Land des Tempels in Brand stecken, Haus Dwemer und Haus Dagoth wieder aus der Asche heben. Tarrior. Wir sind uns gleich. Wir sind die letzten kämpfenden Nachkommen. Tarrior, du und ich, wir sind die Erben der Häuser“: flüsterte ihm Behram Meradanz, Erbe des Hauses Dwemer, ein. Und Tarrior Gildres, Erbe des Hauses Dagoth, war geneigt ihm zu helfen.
    Geändert von KingPaddy (08.02.2015 um 11:57 Uhr)

  8. #8

    Weidenländer - > Molag Amur

    [Dreveni]
    Der rothaarige Dunmer ließ seinen Blick ein paar Mal zwischen den Wagen - seine Begleiter hatten sich derweil wieder aufgerappelt - und Tirian und Dreveni hin und her schweifen. Dann, als hätte er im Geiste einen Entschluß gefasst, straffte sich seine Haltung und er antwortete: "Was ich damit sagen möchte, ist: Wir waren noch deutlich mehr Leute, als wir aufgebrochen sind. Uns haben noch fünf Söldner als Schutz begleitet. Leider sind drei von ihnen einem Angriff von Kagouti zum Opfer gefallen. Ebenso unser fünfter Guar, auf dem wir abwechselnd geritten sind. Dann haben zwei Banditen wohl ihre Chance gewittert, wenn man so will, kann man sagen, der Kampf ist unentschieden ausgegangen, weder die Banditen noch die zwei Söldner haben überlegt. Einen haben wir nicht weit von hier beerdigt, seine Wunden waren zu schwer...". Er sah betreten zu Boden, nur um dann seinen Kopf fast ruckartig wieder zu haben: "Mein Name ist übrigens Garan. Das da drüben sind Lloras, Ravin und Odres, meine Brüder, und J'Zarha, unser Knecht."
    Als der Dunmer das Wort Knecht erwähnte, sah Dreveni misstrauisch zu dem Khajiit, aber sie konnte weder ausmachen, dass er in einem schlechten Zustand war, noch sah sie irgendwelche Fesseln oder Handschellen an ihm.
    Die anderen drei Dunmer konnten tatsächlich seine Brüder sein, zwei von ihnen hatten exakt die gleiche Haarfarbe, während das Haar des dritten eher einen dunklen, fast schwarzen Braunton hatte. Langsam näherten sie sich nun auch der kleinen Gruppe um den Heiler.

    [Tirian]
    Tirian verzog betrübt das Gesicht. "Tut mir leid, das zu hören": sagte er. Ein kurzer Moment Schweigen trat ein. "Nunja wir können versuchen euch bei den Wagen zu helfen, aber meine Begleiterin meinte schon, dass es wohl besser wäre, wenn wir sie vorher etwas entladen würden, damit wir sie aus dem Schlamm gewuchtet kriegen": bot Tirian dann schließlich an und blickte einen Moment zum Himmel. "Wenn wir uns beeilen schaffen wir es vielleicht bis zum Sonnenuntergang": meinte er.

    [Dreveni]
    Dreveni, die immer noch in Tirians Rücken stand, warf diesem bitterböse Blick zu, als er auf das Thema "Entladen" zu sprechen kam, was wiederum der Dunmer vor Tirian mit einem reichlich irritiertem Gesichtsausdruck quittierte, der dem Heiler unmöglich entgehen konnte. Garan beließ es allerdings bei dem Gesichtsausdruck und kommentierte die Szene nicht weiter. Statt dessen sah er kurz zu den Wagen, und dann wieder zu Tirian: "Ihr habt recht. Wir hätten es gleich von Anfang an mit Entladen versuchen sollen, aber wir haben befürchtet, dass die Zeit zu knapp wird. Außerdem haben wir gehofft, dass es doch noch irgendwie geht... Wie dem auch sei. Wir wäre für Eure Hilfe mehr als dankbar."
    Inzwischen hatten die anderen Dunmer die Gruppe erreicht, der Khajiit hielt sich im Hintergrund und schien sich noch Staub aus dem Fell zu schütteln, was dezent komisch wirkte.
    "Natürlich werden wir euch auch angemessen entlohnen.", ergriff nun der Dunmer mit den dunkelbraunen Haaren Wort, Worauf sich Dreveni eine Augenbraue hob. Der giftige Ausdruck in ihren Augen war inzwischen wieder einem neutral-gelangweiltem gewichen. "Wir haben noch mehr als genug Proviant, ebenso können wir euch natürlich in Draken bezahlen, oder in...", er zögerte unmerklich, als fürchtete er, in ein Fettnäpfchen zu treten, ".. Gebrauchsgegenständen."
    Danke., dachte sich die Assassine nur. Ich weiß wie abgerissen ich aussehe. Ihre Augen verengten sich, und es trat ein dumpf-brütender Ausdruck in ihr Gesicht, aber noch hielt sie sich zurück und ließ, wie vereinbart, den Heiler reden. Auch wenn es ihr einiges an Beherrschung abverlangte.

    [Tirian]
    "Das ist sehr freundlich, aber wir benötigen nichts davon": schlug Tirian eine Belohnung aus. "Uns wäre lieb, wenn wir gemeinsam zur Küste weiterreisen könnten. In einer größeren Gruppe ist man ja deutlich sicherer unterwegs": bat der Heiler im Gegenzug. "Wir wollen nämlich am Meer entlang nach Molag Mar weiter. Das erschien uns besser als durch die Amur direkt hindurch zu gehen": log er dann. "Wir müssen die Karren auch nicht ganz entladen. Ich denke ich kriege das hin, wenn die Wagen genug Last los sind, dass sie sich wieder einigermaßen bewegen können. Zusammen packen wir das. Ich bin etwas stärker als man vermuten würde": meinte der Heiler dann und zeigte den Anflug eines Lächelns und streckte dem Dunmer dann seine Hand hin.

    [Dreveni]
    "Das ist sehr freundlich, aber wir benötigen nichts davon."
    Dreveni glaubte, sich verhört zu haben. Nichts brauchen? Er vielleicht nicht. Sie schon. Und wer wusste schon, ob er sie wirklich so entlohnen konnte, wie er behauptet hatte. So sprach sie den Dunmer an, als Tirian fertig gesprochen hatte, noch bevor dieser die Chance zu einer Antwort hatte: "Der Größte Fehler meines Begleiters ist leider seine Bescheidenheit. Wir würden euch wirklich gerne ohne Gegenleistung helfen, aber wie ihr vermutlich schon gesehen hat, zu uns war die lange Reise nicht gerade gnädig."
    Während sie gesprochen hatte, war sie ein paar Schritte nach vorn getreten und stand nun neben Tirian, der gerade die Hand des anderen wieder losließ. Dreveni hielt sich nicht damit auf, ihm ebenfalls ihre Hand anzubieten, sondern starrte den Heiler nur bestimmend von der Seite an.

    [Tirian]
    "Der Größte Fehler meines Begleiters ist leider seine Bescheidenheit. Wir würden euch wirklich gerne ohne Gegenleistung helfen, aber wie ihr vermutlich schon gesehen hat, zu uns war die lange Reise nicht gerade gnädig." Tirian zuckte zusammen als er Drevenis Worte hörte. Er schaute zur ihr hinüber und sah das auch sie ihn taxierte. Er fühlte sich plötzlich sehr unwohl. Tatsächlich waren sie ziemlich heruntergekommen. Die Ereignisse in der Gruft und dazu kam noch ihre überstürzte Flucht aus der Festung. Auch seine Kleidung hatte nicht unwesentlich darunter gelitten. Dennoch wollte er jetzt nicht hinter seine Zusicherung zurück. Er fand es unredlich in so einer Notlage Geld für seine Hilfe zu nehmen. Außerdem war er sich nicht sicher, ob Dreveni hier nicht einfach eine schnelle Drake machen wollte. Er nahm sie kurz zur Seite und flüsterte ihr zu: "Wenn es nur um das Geld geht: Nach Mora Uvirith ist es nicht mehr weit und sobald mein Freund frei ist werden wir euch gebührend für eure Hilfe entlohnen. Wir brauchen das nicht."

    [Dreveni]
    Dreveni warf einen schnellen Blick zu Garan, der sie inzwischen doch schon mehr als nur leicht irritiert ansah, bevor sie Tirian ebenso leise antwortete: "Was heißt hier brauchen? Er hat es von sich aus angeboten. Und ich bin sicher, er stürzt sich damit nicht in den Ruin. Habt ihr ihn mal näher angesehen? ER läuft nicht in Fetzen durch die Gegend.", während sie leicht in Richtung des rothaarigen Dunmers nickte, der inzwischen immerhin mit seinen Brüdern und dem Khajiit begonnen hatte, einen Teil der Güter von den Wagen zu laden. Mit verschränkten Armen stand sie vor Tirian und sah ihm fest und leicht bockig in die Augen. Wenn er darauf bestand, würden sie eben helfen, diese verfluchten Wagen zu entladen. Aber sicher nicht ohne Gegenleistung.

    [Tirian]
    Der Heiler musste zugeben, dass sie an der Stelle einen guten Punkt erwischt hatte. Sie sahen nach der bisherigen Reise wirklich nicht mehr allzu frisch aus und das konnte sogar bei den Wachen von Mora Uvirith zu Problemen führen, denn schließlich hatte er sich ja vor in die Stadt einzuschleichen. Tirian rieb sich die Stirn. Er war hin- und her gerissen, ob er entgegen seinem eigentlichen Willen eine Belohnung für die Hilfe in solch einer tendenziellen Notlage nehmen sollte oder nicht. Sie befanden sich schließlich auch nicht in einer sonderlich exponierten Lage. Schließlich seufzte er. "Wie ihr wünscht": meinte der Dunmer und sprach dann wieder Garan an: "Meine Begleiterin hat leider Recht. Wir haben ja noch einen gewissen Weg vor uns und es wäre wohl nicht gerade die feine Art, wenn wir nackend, weil uns die Kleidung am Körper zerfallen ist, in Molag Mar ankommen. Wenn ihr also ein wenig frische Kleidung unter euren Handelswaren führt, wären wir dafür doch sehr dankbar."

    [Dreveni]
    Dreveni sah Tirian überrascht an, als dieser so schnell einlenkte, während Garan auf die Worte des Heilers nur freundlich nickte und sagte: "Da wird sich sicher etwas finden."
    Schließlich gesellten sie sich zu den anderen und halfen, die Wagen zu entladen. Mit inzwischen sechs Leuten ging die Arbeit überraschend schnell voran, und bald lagen nur noch leichte Dinge auf den Wagen. Dreveni hatte die ganze Zeit lautlos vor sich hingeflucht, auch wenn sie jetzt die berechtigte Hoffnung hatte, bald wieder halbwegs gesellschaftsfähig auszusehen, ging es ihr doch immer noch gehörig gegen den Strich. Was war sie, ein dahergelaufener Tagelöhner? Schließlich stand sie mit verschränkten Armen neben dem vordersten Wagen und sah Tirian herausfordernd an. Wer hatte vorher noch so groß getönt, dass er stärker war, als er aussehen würde? Natürlich hatte sie schon gesehen, wie er in der Gruft einfach mit der Steinbank eine Tür blockiert hatte, aber den ganzen Wagen anzuschieben, war doch noch etwas anderes.

    [Tirian]
    Der Heiler warf während der Arbeit immer wieder Blicke zu Dreveni hinüber. Die Assassine machte, obwohl er bei der Frage der Belohnung nachgegeben hatte, noch immer einer sauertöpfisches Gesicht. Er ließ sich davon nicht irritieren. Sie hatte ja schon klar gemacht, dass sie hiervon nicht soviel hielt. Für ihn war das hier aber eine gute Gelegenheit in der Gruppe sicher bis ans Meer zu kommen. Als sie schließlich die Wagen zum Teil entladen hatten, prüfte er per Augenschein das Gewicht. Die Wagen drückten sich jetzt weniger tief in den Grund und mochten sich jetzt auch wieder bewegen lassen. "Das müsste reichen": entschied er und trat heran. Noch bevor er sich auf die Befreiung des Gefährtes konzentrieren konnte, streifte sein Blick das Gesicht der Dunmer ein weiteres Mal. Eine Herausforderung lag in ihren Augen. Er seufzte und konzentrierte sich stattdessen auf seine Aufgabe.

    Tirian wurde reglos, schloss die Augen und konzentrierte sich auf seine Magie. Das Ausladen hatte ihn zwar angestrengt und auch so steckte die Wanderung in seinen Knochen, aber sein Geist war ausgeruht. Seit sie die Festung hinter sich gelassen hatten, ging es ihm auch wieder erstaunlich gut in dieser Hinsicht. So war es ein leichtes für ihn auf die Kraft in seinem Innern zurückzugreifen. Er ließ die Kraft fließen und lenkte sie in seine Arme, einen Teil aber auch in die Beine, denn diese sollten ihm den nötigen Halt geben. Die feinen Härchen auf seiner Haut stellten sich auf und einem Kundigen musste auffallen, wie schwer und geladen die Luft um ihn herum plötzlich war. Dann als der Zauber seine Wirkung tat traten die Adern an seinen Gliedmaßen deutlich hervor und die Muskeln zuckten leicht als stünden sie unter Spannung.

    Er öffnete die Augen wieder und packte nun den Karren. Mit seiner magisch verstärkten Kraft legte er sich nun dagegen, rammte die Füße in den Boden um sich damit abzustützen und drückte nun nach vorne. Als er merkte, dass sich der Wagen zu bewegen begann. Ließ er zwischendurch immer wieder etwas mit dem Druck nach, sodass die Räder in der Kuhle vor und zurück pendelten. Als es sich flüssig zurückbewegte legte er noch einmal alle Kraft hinein und schob das Gefährt in einer einzigen Bewegung aus dem Dreck heraus.

    Das wiederholte er mehrfach bis schließlich alle festgefahrenen Karren befreit waren. Danach sank er verschwitzt und schwer atmend neben dem Rad eines Wagens zu Boden. Er war erschöpft.

    [Dreveni]
    Dreveni kam nicht umhin, leichte Bewunderung für Tirian und seine magischen Fähigkeiten zu empfinden, die sich sogar - im Ansatz - in ihrem Gesicht zeigte. Immerhin waren die Wagen, obwohl inzwischen entladen, immer noch schwer und steckten tief im weichen Sand. Die vier Brüder und der Khajiit waren nicht weniger sichtlich beeindruckt. Garan flüsterte dem Khajiit etwas zu, der daraufhin dem sichtlich erschöpften Heiler einen Krug mit Wasser brachte. Während Tirian sich erholte, half Dreveni dabei, die Wagen wieder zu beladen, und nebenbei ihre Vorräte zu ergänzen. Sie musste Garan fast etwas dämpfen, denn sie waren zwar mit einem Guar unterwegs, aber soviel konnten sie auch nicht mit sich führen. So blieb es bei Lebensmitteln, Wasser und Kleidung. Was Dreveni von der Ware beim entladen der Wagen gesehen hatte, mussten es tatsächlich Tuchhändler sein. Es waren überwiegend Stoffballen, sowie Bündel mit fertig genähter Kleidung gewesen. Hatte sie bis eben noch gedacht, Stoffballen konnten ja nicht so schwer sein, war sie nun eines besseren belehrt. Schließlich war sie mit zwei zweckmäßigen Tuniken und einer neuen Hose ausgestattet, als ihr Garan noch ein Bündel aus smaragdgrüner, feiner Wolle in die Hand drückte. Als sie es vorsichtig entfaltete, entpuppte es sich als langes Kleid, dessen Säume mit Stickerei verziert waren. Man brauchte kein Schneider oder Tuchhändler sein um zu sehen, dass es ziemlich teuer war.
    "Aber..."
    "Nichts aber. Nehmt es, bitte. Ich denke ihr werdet sicher Gelegenheiten haben, das zu tragen, nach eurer Reise.", sagte Garan mit einem feinen Lächeln.
    "Danke."
    Die Assassine lächelte zurück, und beschloss, nicht weiter zu protestieren. Der Höflichkeit war genüge getan, und sie hätte lügen müssen, würde sie behaupten, es gefiele ihr nicht.
    In der Zwischenzeit hatte Ravin Tirian ebenfalls einige der Bündel mit Kleidung gezeigt, und auch der Heiler musste nun nicht mehr in Fetzen herumlaufen, stellte Dreveni mit einem kurzen Blick in dessen Richtung fest.

  9. #9

    Molag Amur, Tel Uvirith, Kerkergrube

    Wenig später brachten die Wachen ihn in den Kerker zurück. Tarrior war versunken in seinen Gedanken, sodass er an seine Umgebung kaum mehr einen Blick verschwendete, sondern seinen Augen sich stur auf den gepanzerten Rücken des Wächters richteten, der vor ihm ging. Die Welt außen nahm er nicht mehr wahr, sein Sein war nach innen gerichtet. Er dachte über die Worte des Telvannis nach und darüber wie viel Recht er wohl damit gehabt haben mochte. Behram war nach wie vor ein anmaßender Hund, den er am liebsten sofort töten würde, schließlich hatten sie noch eine Rechnung miteinander offen, aber was sein Angebot anging, war sich der Dunmer unschlüssig. „Hat er nicht Recht?“: überlegte der Hlaalu: „Ich wäre für das Sechste Haus ebenso über Leichen gegangen. Der Meister hat die Cammona Tong zur Verbreitung der Aschestatuen genutzt, hat Corprus und die Pest geschaffen und verbreitet, hat Träumer wie mich geschaffen. Und ich selbst hatte das alles für nötig und gut befunden und meinen Teil dazu beigetragen, in dem ich Fremdländer tötete. Ich habe die Kolonisten von Herzen verabscheut. Ihr Tod war nicht nur ein kleines Übel, sondern geradezu Befriedigung. Ist Behram da wirklich anders?“ Diese Überlegungen kreisten in seinem Schädel. Nach wie vor hielt er den Plan des Telvannis, oder besser des Dwemers, für absoluten Wahnsinn. Er konnte auch nicht sagen, ob Meradanz einer Wahnvorstellung anhing, wenn er davon sprach, selbst ein Nachfahre der alten Tiefelfen zu sein und doch stand die Frage im Raum, ob das überhaupt eine Rolle spielte. Behram war von der Richtigkeit seines Tuns ebenso überzeugt, wie Tarrior seinerzeit von seinen Handlungen. Was wäre, wenn er sich darauf einließ. Er würde diesem Kerker entfliehen können und hätte womöglich eine Chance sein Haus Dagoth doch noch aufzubauen.

    So gefährlich die Pläne des Hexers für Nirn auch waren, so hatten sie doch einen vernünftigen Kern. Die Umsetzung solcher Pläne war nur möglich, wenn die Gegner dieser Pläne anderweitig bedrängt wurden, zum Beispiel durch eine daedrische Invasion. So konnten sie sich nicht gegen die Mühen wenden. Nach dem Tod des Meisters hatte der Dunmer zwar den Plan aufgegeben eine erneute Reaktivierung des Hauses Dagoth zu versuchen, aber er fühlte sich ihm weiterhin sehr verbunden und wollte seine Identität auch nicht unbedingt vor der Welt verstecken. Während er so dahin schritt und weiter sinnierte, kamen ihm jedoch Erinnerungen an seine Zeit in Cyrodiil in den Kopf, an die vielen Fremdländer mit denen er… Freundschaft geschlossen hatte oder mit denen er viel erlebt hatte. Fremdländer waren sie nur hier. Er hatte sie nie grundsätzlich verabscheut, nur wo sie die Kultur der Dunmer und die Häuser untergruben, wo sie sich das Land, das eigentlich seinem Volk und seinem Haus zustand, untertan machen wollten. So wurde es nötig den Krieg gegen die Besatzer aufzunehmen und durch Morde und Anschläge Terror zu säen um die Besatzer und ihre Unterstützer zu schwächen. Er war da nach wie vor mit sich im Reinen. Es waren notwendige Opfer, er hatte sie dargebracht und hatte ihre Tode für ihre gerechte Sache auch genossen. Doch, so war er sich inzwischen sicher, die Fremdländer wurden auch von den anderen Häusern nur angenommen, wo sie sich den Regeln Morrowinds beugten und im äußerten toleriert aber abgelehnt, wo sie der Selbstbestimmung der Dunmer schadeten. Hier bei dieser Invasion aus dem Reich des Vergessens kämpften auch Truppen aus anderen Teilen des Kaiserreiches um Vvardenfell zu halten und zu schützen. So wollte es die Ironie, dass der Nerevarine, der die Häuser erstmals seit langem vereint hatte, sie mehr noch als die Pläne seines Hauses als Dunmer wieder zusammenschweißte. Auch wenn Vvardenfell seit seinem Verschwinden wieder im Bürgerkrieg versank bis die Daedra einen Burgfrieden erzwangen, so konnte man sich wohl darauf verlassen, dass man zusammenstehen würde, sollte sich ein anmaßender Eindringling das Recht nehmen wollen ohne Rücksicht über Dunmereth zu gebieten. Die Fremdländer waren nicht mehr das große Problem und Haus Dagoth hatte in zwei aggressiven Wiederaufstiegsversuchen bezeugt, dass sie so niemals in den Kreis der Häuser zurückkehren konnten. Tarrior hielt Gewalt inzwischen auch für den falschen Weg und die Pläne dafür waren mit Dagoth Ur ohnehin gestorben. Gleichwohl Meradanz‘ Verheißung unglaublich süß klang sein Haus Dagoth so bald wieder zu seiner alten Stärke zu verhelfen.

    Inzwischen war der Tross bei den untersten Zellen des Kerkers von Tel Uvirith wieder angekommen und jäh wurde der Hlaalu aus seinen Gedanken gerissen, als man ihn unsanft in die Zelle stieß. Gerade als er noch nach vorne auf die Zelle zu stolperte, aus der man ihn zuvor geholt hatte, sah er mit einem Seitenblick endlich auch seinen Zellennachbar, der sich nun neugierig bis vor an das Gitter gewagt hatte und sich nun als Dremora herausstellte. Tarrior war einen Moment lang erschrocken, bis ihn die Tatsache, dass er beinahe gestürzt wäre im nächsten Augenblick davon freimachte und er mit rudernden Armen das Gleichgewicht zurückfand und dann vor der Kollision mit der hinteren Zellenwand noch rechtzeitig abbremste. Hinter ihm verschloss sich sein Gefängnis mit dem bekannten Wurzelgeflecht. Er wollte sich seinen Gedanken, gerade unter dem Eindruck des erneuten Eingesperrtseins, wieder hingeben und seinem Traum von einem wiederhergestellten Haus Dagoth, da ließ ihm die bekannte Stimme aus der Nachbarzelle keine Gelegenheit dazu. „Wir wurden unterbrochen“: erklang die Stimme, die er schon zuvor einem Daedra hätte zuordnen können, wie ihm jetzt auffiel. Er versuchte ihn zu ignorieren. Die Dremoa waren in der Regel Diener Mehrunes Dagons und Tarrior war sich recht sicher, dass sich Meradanz nicht einfach irgendeinen Dremora hier hielt, sondern jemanden der durchaus dem Tross des Daedra-Prinzen entstammte. Auch nach mehreren Versuchen seines Zellennachbars wollte sich der Dunmer zu keinem Gespräch überreden lassen. Mit Geschöpfen aus Oblivion musste er sich nun wirklich nicht auch noch einlassen. Ein wahnsinniger Hexer war schon genug der Probleme. Tarrior legte sich auf das Strohlager und versuchte den Kopf freizubekommen. Doch offenbar wollte der Daedroth nicht aufgeben. „Wir hatten eine Abmachung“: sagte er. Es klang weder wütend noch empört. Es war nur eine Feststellung. Sicher hätte sich der Hlaalu darauf zurückziehen können, dass es keinen Vertrag, keinen Handschlag sondern nur die nebulöse Feststellung gegenseitiger Behilflichkeit gab, Tarrior erwog es sogar, aber er ließ sich doch auf die Diskussion ein. Fühlte sich quasi an seiner Ehre gepackt, aber vor allem sah er sich eher seinerseits selbst getäuscht.

    „Wir haben Nichts vereinbart. Außerdem habt ihr mich getäuscht“: entgegnete er und drehte sich im Stroh auf die Seite, wandte sich genau der entgegengesetzten Zellenwand zu. Das ihr nicht erkennt, mit welchen Wesen ihr hier unten eingesperrt seid, ist nicht meine Schuld. Ich habe nichts gesagt, aber auch nichts geleugnet, Mer“: traf der Dremora einen entscheidenden Punkt. Der Dunmer schnaufte missbilligend ins Stroh und schwieg. „Lasst euch nicht von euren Befindlichkeiten blenden, Mer. Hört mir zu. Ich biete euch noch eine Vereinbarung an, eine fruchtbringende Vereinbarung und diesmal wisst ihr, mit wem ihr sprecht“: bot der Daedra. Tarrior traute ihm kein Stück weit. Entsprechend lustlos fiel auch seine Reaktion aus: „Was habt ihr mir schon anzubieten.“ Er war nicht sonderlich erpicht darauf auf die Seite der Dagon-Verehrer zu wechseln und ohne Intervention des Daedra-Prinzen würden sie hier auch weiterhin festsitzen. Der Dremora konnte nichts für ihn tun. Die Informationen waren zwar zunächst nützlich gewesen, aber jetzt hatte er sich selbst ein Bild vom Turm machen können. Was also konnte ihm diese Kreatur schon noch anbieten. Und was für eine Gegenleistung wollte sie hier außer seiner Seele von ihm verlangen können.

    „Ihr sucht Belastendes, um den Hexer zugrundezurichten. Ich kann euch das liefern, was ihr sucht“: meinte der Daedroth und augenblicklich wurde Tarrior hellhörig. Er war interessiert, sogar sehr interessiert, war aber vorsichtig. Der Diener Dagons konnte ihm alles Mögliche versprechen, ob er es hielt, stand auf einem anderen Blatt. „Und was soll ich für euch im Gegensatz tun? Das Blut eines Unschuldigen vergießen? Eurem Fürst Dagon die Treue schwören? Ihm gar meine Seele verkaufen?“: wollte er nun wissen. Der Dremora lachte laut und schallend. Als er sich beruhigt hatte, antwortete er: „Was euer Verstand für feine Ideen ausbrütet! Aber ich verlange nicht mehr und nicht weniger von euch als nur meinen eigenen Tod durch eure Hand.“ Tarrior war mehr als überrascht und hatte sich im Stroh aufgerichtet. „Ich soll euch töten?!“: fragte er erstaunt noch einmal nach. „Ihr zerstört nur meinen Körper. Mein Geist kehrt dadurch endlich in das Reich des Vergessens zurück und ich bin frei von diesen Fesseln“: erklärte sich der Dremora. Tarrior rieb sich das Kinn. „Bringt euch doch um“: schlug er vor, ihm schien das noch nicht wirklich einleuchtend. „Die Zerstörung des eigenen Körpers ist unehrenhaft. Wir vom Clan der Dremora folgen den Gesetzen des Kriegers. Nicht wir richten uns sondern ausschließlich die Gewalt einer fremden Waffe“: berief sich der Daedroth auf eine Art Ehrenkodex. Tarrior glaubte nicht richtig zu hören, dass diese Kreatur sich auf ein Modell von Ehre berief, wo doch seinesgleichen in Cyrodiil eine ganze Stadt niedergemacht hatte. Er zuckte mit den Schultern. Er musste das nicht verstehen. „Ihr wollt also, dass ich euch töte? Habt ihr die Hoffnung darauf aufgegeben, dass die Truppen eures Meisters es mit den Streitkräften der Telvanni-Magier aufnehmen und dieses Land erobern könnten?“: stellte er eine spitze Frage. Der Dremora ließ nur wieder sein unmenschliches Gelächter vernehmen. „Ihr erkennt offenbar die großen Zusammenhänge noch nicht. Ich hätte geglaubt, dass ihr besser über die Pläne eures ‚Erzfeindes‘ Bescheid wisst. Aber umso mehr, werdet ihr sicher von dem angetan sein, was ich euch verschaffen kann“: sprach sein Zellennachbar in Rätseln.

    „Spuckt es aus Daedroth!“: forderte der Dunmer. Tarrior war nach wie vor misstrauisch und ihm behagte nicht, dass diese Kreatur nebenan womöglich sogar mehr über Behram wissen konnte, als er selbst. Nur wieder Gelächter. Es ebbte nur langsam ab: „Niemand wird mich hier herausholen, weil unsere Armee diese Stadt und diesen Turm nicht angreifen wird, ganz gleich wen wir hier sonst vernichten.“ Im Hinterkopf des Hlaalu begann sich ein Verdacht zu formen, aber noch war er zu unwirklich, womöglich auch zu schrecklich, um ihn direkt zu fassen. „Ihr meint, weil sich Meradanz euch nicht in den Weg stellt, wäre es kontraproduktiv ihn anzugreifen?“: fragte er, aber kannte innerlich die wahre Antwort schon. „Nein. Fürst Dagon wird ihn nicht angreifen, weil es die Abmachung gewiss vorsieht, wird ihn nicht angreifen, weil er sich offenbar als nützliches Werkzeug erweist. Dieser Turm würde gewiss schon lange brennen, denn das Feuerland ist bereits unser“: offenbarte der Dremora. Tarrior wurde für einen Augenblick schwindlig. „Ihr wollt also sagen, dass Behram Meradanz und euer Fürst Mehrunes Dagon zusammenarbeiten? Woher wollt ihr das denn wissen? Und vor allem, warum sollte Behram einen Diener Dagons dann gefangen halten“: fasste sich der Dunmer wieder. Noch immer hatte er den Verdacht, dass sein Gesprächspartner versuchte, ihn zu manipulieren. Zwar hatte Jonicus ihm mit dem Brief bereits einen Beleg für die Zusammenarbeit des Telvanni mit der Mythischen Morgenröte präsentiert, doch war er bisher davon ausgegangen, dass er damit nur seinen eigenen Zielen diente, die Kontrolle in seinem Fürstenhaus zu übernehmen und wie er zuletzt erfahren hatte, um den Widerstand gegen seinen Plan zu verringern. Das hatte sein Sechstes Haus auch mit der Cammona Tong seinerzeit praktiziert. Ein Pakt mit Dagon passte nicht so ganz ins Bild. Er machte nicht den Eindruck als hätte er viel für die Daedra übrig. Was sollte sich Behram davon versprechen?

    „Bei meiner Ehre. Ich sage die Wahrheit, doch wenn ihr sie nicht glauben wollt, so glaubt sie eben nicht. Ihr seid schließlich derjenige, der hier unten verrottet und nach einem Mittel sucht euren Gegner zugrunde zu richten. Aber falls ihr mir doch Glauben schenken wollt: Ich bin sein Gefangener. Das ist korrekt. Dieser ehrlose Hund schickte seine Krieger ins Aschland. Sie sollten uns jagen, wenigstens einen von uns gefangen nehmen. Doch er schickte sie nicht alleine. Im Zweikampf war sein Pack mir und meinen ehrbaren Brüdern unterlegen. Doch sie kamen mit Maschinen. Seelenlose Wesen aus bronzenem Metall, widerstandsfähig und resistent gegen Magie. Kalt. Nur mit ihrer Hilfe gelang es ihnen uns niederzuwerfen. Doch während meinen Brüdern ein ehrenhafter Tod beschert war und sie als Krieger an die Seite von Fürst Dagon zurückkehren konnten, legte man mich und zwei Andere einer niedrigeren Kaste in Fesseln und brachte uns hierher“: erklärte sich der Daedroth und wurde beim Erzählen schließlich immer wütender, dann pausierte er und schien durchzuatmen. Etwas beruhigter fuhr er fort: „Wir sollten verhört werden und der Meister, der zuvor einzig seine stumpfen Schergen geschickt hatte, kam persönlich. Er versuchte durch Folter unsere Zungen zu lösen“: Dremora stoppte und begann wieder zu lachen: „Er hatte keine Ahnung vom Reich des Vergessens. Schmerzen sind bedeutungslos. Unsere Körper sind bedeutungslos. Einer von uns Dreien erhielt durch diese Dummheit seine Freiheit zurück und konnte in das Reich des Meisters zurückkehren. Leider lernte der Telvanni schnell. Unsere Körper sind wohl nicht verwundbar, doch unser Animus ist es. Ihr kennt diesen Menschen, der stets um ihn herum ist? Er mag jung sein, aber hinter der Fassade eines Kindes verbirgt sich eine gefährliche Stärke. Er hat eine besondere Fähigkeit mit Seelen umzugehen. Er konnte unseren Animus foltern, ihn verstümmeln, ihn gar zerstören. So geschah es mit meinem niederen Bruder. Er wusste gar nicht, wie ihm geschah als sie ihn zerstörten und nur eine Hülle zurückließen.“ Wieder hielt er, doch diesmal schwieg er einige Zeit. Tarrior wünschte sich da nicht nur, dass er endlich fortfahren sondern auch endlich zum Punkt kommen sollte. Was interessierten ihn die Beschwernisse dieser Kreatur. „Ich verriet meine Ehre. Der Mensch brauchte nur in meinen Animus zu greifen und ich war bereit dem Hexer alles zu sagen, was er wissen wollte. Die mir bekannten Pläne für die Invasion, die Kultisten, die uns hierher die Tore öffnen. Ich fürchtete ich würde dadurch die Ungnade des Meisters erlangen, in dem ich seinen glorreichen Sieg durch meine Schwäche behindern würde, doch dann wurden die Fragen ungewöhnlicher. Der Hexer wollte wissen, wie er meinen Meister anrufen müsste, wie es möglich wäre ein Abkommen zu treffen, einen Pakt zu schließen. Und ich verriet ihm auch dies. Ich war überzeugt er würde mir jetzt, da er mich nicht mehr brauchte, die Freiheit schenken, doch er kerkerte mich in diese Zelle ein. Er wollte die Wahrheit meiner Worte prüfen und ich sah ihn erst Wochen später wieder“: brach er wiederum in seinen Ausführungen ab.

    „Und was geschah dann? Kommt endlich zum Punkt!“: verlangte Tarrior. Er wollte endlich wissen, woran er war. „Ich sehe, ich habe nun doch eure Aufmerksamkeit“: freute sich der Deadroth: „Er kam zu mir hier herunter. Ich befürchtete schon, dass er mich noch einmal foltern würde, aber das blieb aus. Er sagte, dass er von mir bekommen habe, was er brauchte und ich in der Form nicht mehr nützlich aber ‚verwertbar‘ sei. Ich sagte ihm, dass er mich töten solle, da er nun hätte, weswegen er mich gefangen gesetzt hatte, doch er lachte nun und ließ mich über diese verfluchten Fesseln, fast völlig aussaugen. Und das geschieht jetzt immer wieder. Wir sind die Kraftquelle für dieses jämmerliche Gewächs, das er seinen Turm nennt.“ Zum Ende hin wurde er wieder wütend. Doch Tarrior wurde nachdenklich. Wenn der Dremora die Wahrheit sprach, dann hatte Behram den Pakt mit Dagon offenbar geschlossen und die Lage war sehr viel ernster, als er geglaubt hatte. Das er die Telvanni ins Chaos stürzte, um den Widerstand gegen die Daedra zu schwächen, um so seine Konkurrenten ausschalten und seine Pläne ungestört vorantreiben zu können, war schon nicht ganz ungefährlich, aber wenn er als Ratsherr eines Fürstenhauses aktiv mit den Daedra zusammenarbeitete, war ganz Vvardenfell womöglich sogar ganz Morrowind in Gefahr. Übernahmen das Reich des Vergessens in Nirn das Ruder dann gab es keine Zukunft mehr für niemanden, vor allem aber für ihn selbst… und Tirian, seinen Sohn. Er musste das nachprüfen. Eventuell hatte nämlich Behram ihn belogen und der verrückte Plan für den Aufstieg des Hauses Dwemer war nur eine Erfindung um ihn an seinen Gefühlen für sein eigenes Haus zu packen und ihn auf seine Seite zu ziehen. Das war allerdings etwas, dass Tarrior auch nicht so ganz verstand, was ihm aber jetzt auch erst so wirklich bewusst wurde. „Wozu braucht er eigentlich meine Hilfe“: überlegte er. Es machte wenig Sinn. Leute mit einem festen Willen konnte er sicher auch leichter finden, als sich einen Todfeind mit ins Boot zu holen. Für irgendetwas Bestimmtes musste ihn der Telvanni wohl auch noch brauchen. Es gab noch viele offene Fragen und es hatten sich auch etliche neue aufgetan und sie verlangten alle nach einer Antwort.

    „Seid ihr nun also an meinen Angebot interes..“: wollte der Dremora wohl auf die Beweise zurückkommen, die er beschaffen könnte, da wurden sie jedoch vom Geräusch schneller, trippelnder Schritte unterbrochen. Tarrior richtete seinen Blick zwischen den Gitterstäben nach draußen. Die sogenannten Bemantelten näherten sich. Die Gefangenen wichen offenbar wieder weit in ihre Zellen zurück. Die Wesen waren klein und gedrungen. Von ihren Körpern war unter den einfachen, dreckigen, dicken, braunen Kutten nichts zu erkennen. Offenbar gingen sie stark zusammengekrümmt, als wären sie verkrüppelt und sonst wie beschädigt. Der Duft von Essen geriet in seine Nase. Er sah zwei von ihnen einen großen Kessel an zwei Holzstangen hängend tragen aus der ein anderer eine breiige Suppe schöpfte, die er dann in die Schalen tat, die ein oder ihm hinhielt und gefüllt an jemanden weitergab, der sie zusammen mit einem Stück kargem Brot durch das Gitter reichte, während noch ein anderer dazu einen Becher Wasser hineinschob. Zuvor aber verlangten sie von den Gefangenen die Eimer mit den Exkrementen und gegebenenfalls gebrauchtes Geschirr durch die Gitter, die sich automatisch etwas ausdehnten, zu reichen. So gingen sie die Zellen ab und wichen nur beim Ogrim von der Prozedur ab, an dem sie ihm anstelle einer Schale einen Metalleimer mit dem Eintopf füllten. So kamen sie zuletzt auch an seine Zelle. Die seltsamen Wesen, Tarrior bezweifelte eigentlich, dass es sich um Menschen oder Mer handeln konnte, schienen zu Boden zu schauen und auch keinen wirklichen Blick auf die Gefangenen zu verschwenden. So waren sie überrascht, nachdem sie ihr Werk bei ihm verrichtet hatten, von ihm angesprochen wurden. Sie zuckten wie bei einem Donnerschlag zusammen. „Euer Meister Meradanz erwartet noch eine Antwort von mir. Ich möchte, dass ich zu ihm gebracht werde, damit er sie erfährt. Ich möchte mit ihm sprechen“: verlangte der Dunmer. Die Wesen zunächst überrascht, kamen nun ganz schnell näher und drängten sich um seine Zelle zusammen. Sie streckten ihre Hände, die völlig bandagiert waren aus. Er wich sofort an die Rückwand seines Kerkers zurück. Ein unverständliches Gemurmel und Gebrabbel setzte ein und Tarrior spürte, auch wenn er es wegen der weitgeschnittenen und tiefgezogenen Kutten nicht sehen konnte, dass sämtliche Augen darunter auf ihn gerichtet waren und das ganze Interesse ihm galt. Dieser für den Hlaalu doch reichlich surreale Augenblick währte aber nicht allzu lang. Die herrische Stimme des Mannes, den Tarrior zuletzt als Kerkerwächter identifiziert hatte, schnitt durch die Luft: „Weg da und zurück an die Arbeit, Pack!“ Mehr als dieses Befehls bedurfte es nicht und die Bemantelten kuschten sich und flohen die Wendeltreppe am Kerkermeister vorbei hinauf. „Ich werde Meister Meradanz euer Begehr mitteilen“: rief der Mann in seine Richtung und ging dann auch.

    „So haben sie noch bei keinem reagiert“: kommentierte der Dremora lachend. „Schweigt! Ich muss nachdenken“: reagierte er wütend darauf, was mit weiterem Lachen quittiert wurde. Tarrior ignorierte es, denn es hörte auch recht bald wieder auf und widmete sich dann der Suppe. Er hatte wirklich Hunger und hoffte, dass Behram ihn nicht zu sich holen würde, bevor er fertig mit Essen war.
    Geändert von KingPaddy (08.02.2015 um 11:56 Uhr)

  10. #10

    Molag Amur, Tel Uvirith, Kerkergrube

    „Wacht auf, Gildres!“: erreichte ihn eine Stimme in seinen Träumen und sofort schreckte Tarrior aus der Seligkeit heraus auf. Er schlug blinzelnd die Augen auf. Offenbar war er nach dem Genuss des Eintopfes eingeschlafen, nachdem er noch einige Zeit auf die Rückkehr des Kerkermeisters gewartet hatte. Doch es war nicht der Wächter der ihn wachgerufen hatte. Als er sich aus dem Stroh erhob und seinen Blick auf die Höhle jenseits des Wurzelgitters richtete sah er nur Aytor und wieder zwei vollständig gerüstete Wachen in ihren golden glänzenden Dwemer-Rüstungen. „Na endlich. Und ihr wolltet gestern Abend noch mit Meister Meradanz sprechen! Da wäret ihr doch mittendrin weggenickt“: kommentierte Aytor seine verschlafene Gestalt. Tarrior kümmerte es wenig. „Wo ist denn eure Höflichkeit hin verschwunden, Bretone?“: wollte er stattdessen wissen und trat aus der Zelle, die diesmal Aytor selbst mit dem seltsamen Schlüssel, den am Tag zuvor noch der Kerkerherr benutzt hatte, geöffnet hatte. „Meister Meradanz täte gut daran, endlich Nägel mit Köpfen zu machen. Der Ärger den ihr mir beschert habt, sollte endlich vergolten werden“: schnaufte Aytor und war offenbar genervt davon, ihn schon wieder nach oben zu begleiten. Tarrior lächelte in sich hinein. „Offenbar trägt er mir nach, dass ich ihm damals in der Höhle noch gefährlich nahe kam“: freute er sich. Wären die Wachen nicht, die ihn jetzt wieder zwischen sich nahmen, hätte er mit Sicherheit versucht Meradanz‘ Novizen mit bloßen Händen in die Lavagrube zu stoßen, oder ihn zu erwürgen, oder ihm den Schädel an den Felsen zu zerschlagen, oder … Er schweifte gedanklich ab, während sie den gewundenen Pfad am Grubenrand entlang nach oben liefen, wie schon am Tag zuvor.

    Erst als sie wieder die knollenartigen Räumlichkeiten unterhalb des Grubenrandes erreichten, kehrte er von seinen Wunschträumen, wie er dem jungen Bretonen einen möglichst schmerzhaften Tod bereiten konnte, zur Wirklichkeit zurück. Der Kerkermeister war auch hier nicht zu sehen. Aytor hinterlegte den magischen Schlüssel einfach auf der Theke. „Ihr bringt ihn nachher alleine herunter und legt den Schlüssel dort wieder hin. Ich habe nicht die Muße diesen Weg noch einmal für diesen verrückten Dunmer auf mich zu nehmen. Der neue Kerkermeister dürfte noch heute Abend seinen Dienst aufnehmen, sobald ihm der Kerker in Gänze gezeigt wurde. Sollte er bis nachher noch nicht zurück sein, will ich sicher sein, dass er den Schlüsse hier vorfindet“: schärfte Aytor den Wachen ein. Unter den Vollhelmen waren nur dumpfe Schnauflaute zu vernehmen, die auf eine Art von Verständnis hindeuteten. Behrams Schüler gab sich damit aber offenbar zufrieden und sie ließen dann sowohl diese Wachstube als auch die Grube schließlich hinter sich und traten den Tarrior bereits bekannten Weg durch die Wurzelgänge unter dem Turm in Richtung Oberfläche an. Sie kamen auch dieses Mal wieder an den großen Kristallen und dem seltsamen Konstrukt aus Wurzeln, dessen Bedeutung der Dunmer noch immer nicht entschlüsselt hatte, vorbei und erreichten bald darauf die große Eingangshalle des Pilzturms. Die Wachen, die ihn bisher fest zwischen sich eingeschlossen hatten, lockerten ihren Kokon und traten zurück. Dafür kam der Bretone, der bisher Abstand zu ihm gehalten hatte, näher und berührte ihn an der Schulter. Der Dagoth wusste schon, was auf ihn zukommen würde und war diesmal besser gefasst darauf, vom Boden abzuheben, als beim Mal zuvor. Er hielt sich bei Aytor, der ihn erneut an einigen Kammern vorbei nach oben lenkte und auf dem bekannten Absatz halt machte. Tarrior setzte seine Füße auf und war froh um den Boden. „Meister Meradanz möchte allein mit euch sprechen. Ihr kennt den Weg. Ich muss noch eine Expedition vorbereiten. Versucht gar nicht erst an Flucht zu denken. Das einzige, was ihr bei diesem Versuch finden könnt, ist euer sicherer Tod“: sagte Aytor grimmig und schwebte wieder nachten unten.

    Tarrior riskierte einen letzten Blick über die Kante, der ihn schwindeln machte und zog sich dann in den Raum zurück. Auch wenn er sich bemühte, konnte er auch diesmal, obwohl er den Anblick schon einmal genossen hatte, nicht umhin beeindruckt zu sein und den manischen Sammeltrieb des Telvanni, was die Dwemer anging, anzuerkennen. Jetzt wo er weder von Aytor noch von Mechanoiden mit gefährlichen Klingen bedroht wurde, nahm er sich Zeit für einen ausführlicheren Blick über die große Sammlung an Artefakten, die Behram hier in seinem Turm angehäuft hatte. Für einen Forscher wäre das hier das reinste Paradies gewesen, wie er feststellte. Neben Alltagsgegenständen wie Bechern, Tabletts, Karaffen und ähnlichem, die Tarrior selbst kannte und die zu guten Preisen quer durch Tamriel in die Häuser reicher Händler oder die Schlösser von Adligen geschmuggelt wurden, fanden sich auch jede Menge Stücke, die eindeutig Teile von Maschinen seien mussten. Einige kannte er noch aus seiner Zeit in den Zitadellen am Roten Berg, die ja ehemals von den Dwemern bewohnt gewesen waren. Die Zahnräder und auch die verschiedenen metallenen Federn oder gläserne Zylinder waren ihm nicht fremd, doch türmten sich hier noch etliche Bauteile, die zu viel kleineren oder auch viel größeren Maschinen gehörten, wie Tarrior sie selbst in Dagoth Ur nicht gesehen hatte. Werkezugspuren an einigen der Stücke verriet ihm außerdem, dass Behram wohl offenbar damit experimentiert hatte, etwas dadurch bestätigt wurde, dass es ein Bücherregal gab, in dem ausschließlich dicke, unhandliche Folianten standen, die mit Skizzen und Texten in Dwemerschrift überzogen waren und die sich anhand der Bilder wohl um technische Themen drehten. Etliche Anmerkungen auf eingelegten Zetteln zeugten von Behrams Arbeit an der Dwemer-Technologie. So langsam wunderte er sich nicht mehr, wie es der Telvanni geschafft hatte, dieses Luftschiff zu bauen, das ihn seinerzeit nach Cyrodiil gebracht hatte. Auch wenn Tarrior immer noch nicht glaubte, dass Behram wirklich ein Nachkomme der Tiefelfen war, so war aber offensichtlich, dass er mehr von Kultur und Technik der Dwemer verstehen musste, als wohl fast jeder andere Dwemer-Experte, den es auf Nirn geben mochte. Tarior war nun sicher, dass Behram wirklich ernsthaft daran glaubte, das Volk der Dwemer wiederauferstehen lassen zu können. „Das macht ihn umso gefährlicher“: überlegte der Dunmer: „Dann wird er kein Risiko scheuen, um seine Pläne zu verwirklichen… auch einen Pakt mit den Daedra nicht.“ Der Dremora mochte Recht haben, was Behram anbelangte. Er hoffte, dass er dem Hexer weitere Informationen entlocken konnte.

    Er dachte noch einmal darüber nach, was er sagen würde, wenn sie sich gleich in dem Salon am oberen Ende der Wendeltreppe gegenüberstanden. Nach einigen Momenten schüttelte er den Kopf. „Unter Umständen ist es vielleicht besser, ihn direkt zu konfrontieren und seine Reakion abzuschätzen“: überlegte er und betrat dann die Stufen. Er ging die Stiege hinauf und kam wieder in den Raum mit der Vitrine, in der Vholendrung lag, heraus. Ihm fiel sofort auf, dass einer der großen Folianten herausgenommen worden war. Er runzelte die Stirn und hörte plötzlich das Umblättern von steifem Papier. Sein Blick viel auf Behram, der über den Wälzer gebeugt an dem Tisch saß. „Du hast dir unten die Sammlung angesehen, nicht wahr?“: fragte der Telvanni. Tarrior antworte nicht. „Weist du, diese Bücher sind fast die wertvollsten Stücke meiner Sammlung. Dieses Buch hier wird ‚Die Göttliche Metapyhsik‘ genannt und stammt aus der Feder von Kagrenac persönlich. Es beschreibt seine Theorien zum Herzen von Lorkhan“: erzählte der Hexer. Tarrior schluckte. „Ihr könnt das Lesen?!“: fragte er. Er kannte Kagrenacs Notizbücher aus den Zitadellen am Roten Berg. Weder Fürst Dagoth noch die gelehrten Aschevampire konnten viel mit der Dwemer-Schrift anfangen. Er hatte die Versuche diese fremden Runen und die Sprache zu verstehen, auch schnell aufgegeben. Ihr Verständnis des Herzens rührte von ihrer intuitiven Verbindung mit ihm her. Behram machte eine seltsame Kopfbewegung, die scheinbar sowohl Nicken als auch Kopfschütteln gleichzeitig abbilden sollte. „Ich kann es lesen, doch kann ich es nur in Ansätzen verstehen. Es ist nicht nur, weil Kagrenac ein brillanter Techniker war und daher der Text vor Idiomen, Neuschöpfungen und exotischen Begriffen strotzt, sondern auch weil ein derart komplexer Text von einem intuitiven Verständnis der Dwemer-Sprache lebt, die ich zu meinem großen Bedauern nicht besitze, um ihn gänzlich begreifen und erfassen zu können. Nur ein lebender Dwemer könnte dies tun… nur ein lebender…“: Behram versank für einen Moment in Gedanken aber zog sich unglaublich schnell, was die plötzliche Re-Fokussierung seines Blickes andeutete, daraus zurück.

    „Kagrenac beschreibt in diesem Buch aber nicht nur platt seine Erkenntnisse im Bezug auf die Macht der Herzens und seine Theorien zur Kontrolle dieser Macht sondern versucht sich an einer Philosophie der göttlichen Metapyhsik, dem Zusammenspiel unserer Welt und den Kräften der Götter und wie die Wechselwirkungen und Phänomene im Innern sind und in welcher besonderen Verbindungen die Sterblichen mit den Göttlichen stehen. Man mag es kaum glauben, aber er zitiert aus Werken der Altmer und Ayleiden. Man kann nicht sagen die Dwemer wären der Welt gegenüber abgekehrt gewesen. Viel mehr suchten sie in ihrer Abgeschiedenheit eigene Blickwinkel. Ihr kennt vielleicht die Geschichte von Azura und der Kiste? Kagrenac greift sie in diesem Werk auf, um das Sein göttlicher Wesen zu skizzieren. Was ihm vorschwebte war nicht etwa eine reine Herausforderung der Götter, eine Anmaßung durch die Dwemer. Keine Ketzerei, wie der Tempel wohl sagen würde. Vielmehr stellten die göttlichen Wesen aus Sicht Kagrenacs eine höhere Existenzform dar, die die Dwemer auf ihrem Weg zur Perfektion selbst irgendwann erreichen sollten. Transzendenz. Der Weg dahin wäre es den Dwemern, die keine eigenen Götter kannten, einen eigenen, einen technischen, maschinellen Gott nach ihrem eigenen Wesen und Ebenbild zu schaffen, der ihnen diese Transzendenz und Aufstieg ermöglichen sollte und dessen Erschaffung selbst nicht nur metaphysisch-notwendiger Natur wäre sondern auch eine Art wissenschaftlicher Prototyp für den Aufstieg des ganzen Volkes“: erklärte er und schlug das Buch zu, um es vorsichtig, geradezu ehrerbietig anzuheben und zu ihm hinüber zu tragen und wieder in die Vitrine zu legen. „Du willst nicht wissen, was ich alles getan habe, um an diese Bücher zu kommen“: sagte er dann und bat Tarrior sich zu setzen. Diesmal kam der Hlaalu dieser Bitte nach und setze sich gemeinsam mit Behram an den Tisch. „Es ist wohl besser, wenn ich ihn erst einmal reden lasse“: entschied Tarrior.

    „Ich lese in letzter Zeit wieder häufiger darin, um zu begreifen, wie diese Kultur ihr Ende finden konnte. Ich suche nach Spuren, nach Hinweisen, auch danach wer ich bin. Die Dwemer waren nicht anders als die vielen anderen Völker hier auf Tamriel, die auch nach ihrem Platz, ihrer Bestimmung, nach Wissen und nach Wahrheit suchen – nach Erkenntnis, was das Leben ist und was es noch für sie bereithalten kann. Aus dieser Triebfeder schmiedeten die Menschen ihr Kaiserreich, die Ayleiden ihre Stadtstaaten, die Altmer in der zweiten Ära ihren Bund und die Dwemer erschufen technische Meisterwerke fast gänzlich ohne Magie vor denen selbst die weisesten Gelehrten unserer Zeit mit Erstaunen und Unverständnis stehen, wie auch ich. Und gewiss unterschieden sie sich auch nicht so sehr von dem, was dein Fürst Dagoth noch für Pläne für euer Haus hatte. So finster seine Machenschaften auch waren, strebten deine Leute ja auch nach einem neuen Ideal, einer Wiedergeburt von Morrowind und einer Transzendenz der Dunmer. Zumindest hast du das in deinen Notizen geglaubt“: fabulierte Meradanz weiter. Tarrior interessierte sich nicht wirklich dafür, was der Hexer dachte. Der Vereinnahmungsversuch blieb ihm jedoch nicht verborgen. „Jugendsünden“: antwortete er knapp. Und tatsächlich war es keine ausweichende Antwort. Die Jahre ohne das Haus und ohne das Herz waren Zeit des Nachdenkens für ihn gewesen. So edel Fürst Dagoths Motive auch gewesen sein mochten und wie nötig die Opfer, stand für ihn inzwischen in Frage ob diese Utopie tatsächlich auf einem Berg aus Leichen hätte aufgerichtet werden können. Es ging nicht um die paar Fremdländer, die er selbst gemeuchelt hatte. Der gesamte Tempel hätte in einem Krieg umgeworfen werden müssen. Im Endeffekt war die Vision zu groß für diese Welt. Sowohl Fürst Dagoth, das Haus als auch er hatten sich davon, wie er jetzt in der Nachschau hellsichtig zugeben konnte, blenden lassen. Inzwischen wusste er auch genauer, das es nicht die Vision sondern das Haus hätte sein müssen, um das gekämpft hätte werden müssen. Haus Dagoth hätte seinen Platz unter den anderen Fürstenhäusern zurückerhalten sollen, denn nur hier konnten die entwurzelten Kinder des Hauses, wie auch er eines war, wirklich sie selbst sein und zu sich selbst finden. Doch das war nun mit dem Sieg des Nerevarinen endgültig vergiftet. Sie waren die Dämonen, die Pestbringer, Monster die in der Geschichte zu verschwinden hatten. Er bewahrte sich das Haus im Herzen, doch mit dem anderen Herzen starben ihm auch Ziel und Glaube. Er war müde und wollte nicht mehr. Auf einer gewissen Ebene verstand er Behram aber verstand dann doch soviel mehr als er, doch es kam ihm nicht so recht zu Bewusstsein.

    „Und die Gründe?“: schloss er selbst eine Frage an, als eine kurze Pause eingetreten war. Der Telvanni schaute überrascht, bevor er begriff, dass Tarrior nach dem Untergang dieser ach so hohen Zivilisation gefragt hatte. Der Telvnanni war sich des leicht spöttischen Untertons offenbar bewusst, denn er verzog etwas missgestimmt den Mund. „Der andere Foliant da vorne trägt den poetischen Titel ‚Das Ei der Zeit‘. Die Dwemer waren kein blindes Kollektiv. Kagrenac war unter seinesgleichen nicht unumstritten, ganz im Gegenteil. Diese Schrift führt die Gefahren einer Benutzung des Herzens von Lorkhans aus und beschreibt die möglichen Konsequenzen. Zwar ist der wahre Grund für das Verschwinden meines Volkes nach wie vor nicht absolut geklärt, aber ich fürchte das die Erklärungen des Eis der plausibelste Grund sind, was die völlige Vernichtung der lebenden Dwemer bedeuten würde, weil die Energie nicht richtig kontrolliert werden konnte“: er machte eine Kunstpause und winkte ab. „Technische Details. Hybris oder nicht? Eine schwierige Frage, weil das Herz womöglich im allerletzten Augenblick benutzt wurde als Fürst Nerevar zusammen mit deinem geliebten Fürst Dagoth bereits in der Heimstatt am Roten Berg standen und ihre einstigen Freunde aufgrund ihres Aberglaubens hinschlachteten. Es wäre eine überstürzte Handlung gewesen. Da kann man keinen Erfolg werten. Schließlich ist es egal. Der Titel den das Buch gibt, gibt uns bei der Frage viel mehr. Es ist die Zeit und mit ihr ist es das Schicksal“: eröffnete Behram ihm.
    Geändert von KingPaddy (08.02.2015 um 11:56 Uhr)

  11. #11

    Molag Amur

    [Tirian]
    Sein Herz raste noch immer und der Schwindel machte sich stetig mehr in seinem Schädel bemerkbar. Umso froher war er darüber, dass ihm jemand einen Krug mit Wasser anbot. Er nahm es danken an. Kaum konzentrierte sich sein erschöpfter Geist auf das Schlucken der wohltuenden Flüssigkeit, klärte sich auch sein Kopf. "Ich muss mit der Magie vorsichtiger sein": stellte er fest. Eine derartige Überbeanspruchung des Stärke-Zaubers konnte auch enorm nach hinten losgehen. Die Magie verstärkte nicht nur die Kraft der Muskeln sondern lähmte auch den Schmerz, der unweigerlich die Folge einer solchen Überbeanspruchung sein musste. Man verlor das Gefühl dafür, was der eigene Körper überhaupt noch aushielt und was nicht, weshalb er nach Möglichkeit auf diesen Teil seiner Wiederherstellungsmagie verzichtete oder ihn nur restriktiv einsetzte. Manchmal erforderte es die Situation aber diesmal hatte er es doch überspannt. Er wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht und suchte mit seinen Blicken Dreveni. Seine Begleiterin war offenbar schon dabei sich die vereinbarte Belohnung einzusacken - ein paar Vorräte praktische Kleidung und vor allem ein grünes Kleid. Das es gut gearbeitet und wahrscheinlich sehr wertvoll war, konnte man leicht erkennen. Noch bevor der Heiler aber Gelegenheit hatte sich vorzustellen, wie die Assassine wohl darin aussehen mochte, bot man ihm selbst Kleidungsstücke als Belohnung an.

    Er wählte einfache braune Leinensachen um die verschmutzten Unterkleider zu ersetzen und interessierte sich ansonsten für die Roben, die die Händler dabei hatten. Ein Stück in einer Mischung aus grau und dunkelgrün erschien ihm gut genug. Der Stoff war rau und offenbar auch strapazierfähig. Als man auch ihm zusätzlich noch ein fein gearbeitetes Modell aus teureren Stoffen antrug, lehnte er es ab und bat stattdessen um eine weitere Robe aus dem gleichen Stoff. Er fand dann Gefallen an einem hellblauen Stück das dezent mit einigen eingestickten Sternen verziert wurde. "Ein guter Ersatz": befand er mit Blick auf seine zerschlissene, geflickte und erneut zerschlissene Reiserobe. Eine weitere Prachtrobe brauchte er auch nicht unbedingt. Er hatte für offizielle Anlässe eine solche zwar im Gepäck, aber für das, was sie in Tel Uvirith vorhatten, war die nicht zu gebrauchen.

    Erwartungsgemäß verlief das Wiederbeladen der Karren deutlich schneller als das Entladen und die Karawane konnte sich, mit ihnen als Begleitung, wieder in Bewegung setzen. Tirian prüfte mit einem ausgedehnten Blick den Stand der Sonne. Wenn sie das Tempo hielten und nichts dazwischen kam, konnten sie das sichere Gebiet am Meer, noch bevor es gänzlich dunkel werden würde, erreichen. Dann erst begann, trotz der Ereignisse in der Gruft und der Festung in den Weidenländer, der komplizierte Teil der Reise. Sie mussten zusammen mit Meister Aryons Ring in die abgeriegelte Stadt und dann auch noch in den Turm und die Kerker gelangen. Der Heiler war sich mehr als unsicher, ob er sich auf die Zusage, die er in Vivec abgemacht hatte, tatsächlich zählen konnte. Er murmelte ein stummes Gebet, ohne spezifisch eine Gottheit und damit direkt alle anzusprechen, dass alles nach Plan lief.

    [Dreveni]
    Die weitere Reise verlief ereignislos. Dreveni hatte die Gelegenheit genutzt, als sich Tirian kurz ausgeruht hatte, und hatte sich die neue Kleidung angezogen, ihr Haar gekämmt und geflochten und nun fühlte sie sich fast wieder wie eine Dunmer und nicht wie eine unzivilisierte Wilde. Nur ein Zuber mit Wasser hätte jetzt noch gefehlt. Aber auch das hielt sie nicht davon ab, unterwegs mit den vier Brüdern zu flirten. Sie entstammten einer reichen Kaufmannsfamilie, und wenn Dreveni jemals vorgehabt hätte zu heiraten, wäre das wohl die Gelegenheit gewesen. Immerhin hätte sie dann für alle Zeiten ausgesorgt, und wenigstens Garan war noch Junggeselle.

    Es dämmerte bereits, als sie schließlich die Küste erreichten. Die Assassine hatte das Meer schon riechen können, lange bevor sie es sehen konnte. Der sachte Ostwind brachte Salzgeruch mit sich, und hatte außerdem die allgegenwärtige Asche und den Sand aus der Luft verdrängt. Der Strand an sich war relativ flach, trostlos und schlammig. Auch der Blick aufs Meer hinaus war nicht ganz das, was Dreveni erwartet hatte. Der Weg zum Horizont führte nicht über eine spiegelnde Wasserfläche, die irgendwann mit dem Himmel verschmolz, sondern war unterbrochen von lauter kleinen und kleinsten Inseln.
    Die Verabschiedung war kurz, aber herzlich, und nachdem man sich gegenseitig alles Gute für die weitere Reise gewünscht hatten, verschwand die Karawane schon bald aus Tirians und Drevenis Blickfeld.

    Sie ließ den Blick über die Landschaft streifen, die von der untergehenden Sonne in hellrotes Licht getaucht war. Masser zeigte sich schon als leichte Silhouette am Himmel, und auch Sekunda würde bald zu sehen sein. Schließlich blieb ihr Blick an Tirian hängen, genauer gesagt an dessen Augen, deren tiefrote Farbe durch das Licht fast zu leuchten schien.
    "Und nun?", fragte sie, während sie die linke Hand auf den Griff ihres Schwertes stützte und sich mit der anderen eine kurze Haarsträhne aus dem Gesicht strich, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte.

    [Tirian]
    Die Händler verließen sie schließlich, als sie endlich am Geistermeer angekommen waren. Die Zafirbel-Bucht mit den vielen kleinen Scherbeninsel lag vor ihnen. Der Dunmer wusste, dass sich hier einst noch ein weiterer Teil von Vvardenfell erstreckt hatte, der aber schon vor ewigen Zeiten durch Eruptionen des Roten Berges untergegangen war. Nur noch die höheren, felsigen Hügelkuppen ragten aus dem dem trüben schwarz-blau des Wassers. Einige der Telvanni-Fürsten hatten Türme in der Bucht errichtet. Sadrith Mora, die Ratsstadt der Magier, lag auf größeren dieser Inseln. Tatsächlich schienen die Telvanni Inseln für ihre Türme und Städte zu bevorzugen. Wie er durch Tarrior wusste, waren Meister Aryon und Behram Meradanz die einzigen Fürsten, deren Sitze auf dem Festland Vvardenfells lagen. Und soweit er von Aryon erfahren hatte, hatte Meradanz seinerzeit Tel Uvirith auch nur übernommen, nachdem der früher dort ansässige Magier, ein gewisser Draven, einem Vampir zum Opfer gefallen und der Turm damit freigeworden war. Danach hatte aber wohl schnell der Aufstieg des kleinen Mora Uvirith zu einer größeren Siedlung mit Ausdehnung bis ans Meer und eigenem Hafen begonnen und der Ausbau der Ansiedlung zu einer Festung, in die seit der Krise ohne peinliche Kontrollen nicht mehr hinein zu kommen war.

    Aryon hatte ihm zwar Hilfe und Unterstützung gegen seinen Ratskollegen zugesichert, da er ihm misstraute und die beiden sich auf mehreren Ebenen verabscheuten, aber einen Weg in die Stadt hatte er ihm nicht beschaffen können, ohne das er allzu sehr aufgefallen wäre. Mit dem Vorhaben sich in den Turm einzuschleichen, war das genau das letzte, was er wollte. Aus diesem Grund waren sie nun hier, während die Monde hinter dem Horizont aufgingen und sich immer weiter in die Höhe schoben. Er und Dreveni, die... ihn so seltsam anschaute. Er runzelte die Stirn und wollte schon fragen, ob etwas nicht stimme, als die Dunmer von sich aus sprach: "Und nun?" Der Heiler überlegte. "Mora Uvirith ist nicht weit weg, nachdem, was ich gehört habe. Wir müssen eigentlich nur der Küste in Richtung Süden folgen und sollten dann zwangsläufig auf die Stadt treffen. Anders als in früheren Zeiten soll sie jedoch stark befestigt worden sein, sodass man, wenn man nicht hinein schwimmt, was auffallen würde, nur durch eines der wenigen Tore hinein kann. Die werden scharf kontrolliert und es kommen nur Leute mit entsprechender Berechtigung in die Stadt. Die Reisenden und Fahrenden Händler, sofern sie sich nicht angekündigt haben, müssen wohl außerhalb der Mauern ihre Geschäfte abwickeln": antwortete er. Das war ein Problem, denn sie besaßen einen solchen Wisch nicht. Und genau aus diesem Grund standen sie auch an diesem Strand, während die Monde noch höher stiegen.

    [Dreveni]
    Sie hörte Tirian schweigend zu, während ihr Blick weiterhin auf seinen Augen ruhte. Das klang alles nicht gut, aber nun waren sie schon so weit gekommen, da würde sie sich nicht von einer Stadtmauer aufhalten lassen.
    "Schwimmen ist vermutlich tatsächlich keine gute Idee.", sagte sie leise und nachdenklich, als der Heiler nicht mehr weitersprach. "Aber vielleicht findet sich irgendwo ein kleineres Tor. Eines das nur durch ein oder zwei Mann bewacht wird? Die wir... Die ich dann im Dunklen einfach aus dem Weg räumen könnte. Das würde uns natürlich etwas Zeit kosten, die Wachen und ihre Wachablösungen zu beobachten, zu welchen Zeiten mehr und weniger Betrieb herrscht und ähnliches... Oder wir nehmen uns jemanden vor, der so eine Berechtigung hat. Eine Zweiergruppe, deren Identität wir annehmen können, nachdem..." Sie ließ den letzten Teil des Satzes offen, und ihr war auch bewußt, dass der Heiler davon nicht viel halten würde, so schickte sie noch hinterher: "Es sei denn, ihr habt einen besseren Plan. Die Berechtigungen lassen sich sicher auch fälschen, oder? Wenn man die richtigen Leute kennt."

    [Tirian]
    Der Heiler schüttelte innerlich den Kopf. Er hatte auch solche Methoden erwogen, wie Dreveni sie vorschlug. Nicht nur aus moralischen Gründen hatte er sie verworfen, sondern auch weil sie ihnen höchstens im Turm nutzen konnten. Verschwänden die Wachen von den Toren wäre die ganze Stadt in Alarmbereitschaft und Schwimmen kam nicht in Frage. Kaum etwas mochte mehr auffallen, als zwei klatschnasse Dunmer, die aus dem Hafenbecken stiegen. Er versuchte den Blicken seiner Begleiterin auszuweichen, auch wenn es ihm nicht so recht ohne Verrenkungen gelang. "Wenn man die richtigen Leute kennt, kommt man unter Umständen auch an ein Original heran": sagte er und schaute sich aufmerksam aber auch misstrauisch um, als könnten sie belauscht werden. "Mein... Freund kennt jemanden, der ihm noch etwas schuldet. Der wird uns voraussichtlich in die Stadt bringen können. Ich sollte ihn am Strand hier treffen. Und der Magierfürst des Gebietes aus dem wir gerade gekommen sind, also diesen Weidenländern, der sollte uns dann schließlich aus der Stadt herausholen, wenn alles geschafft ist.

    Das das um den Preis geschah, dass sie Beweise gegen Meradanz fanden, war ein Detail, dass er dabei ganz vergaß. Vielmehr waren seine Gedanken immer noch auf den Passierschein gerichtet. Die Sonne versank immer mehr hinterm Horizont und es würde bald Nacht werden. "Hier an der Küste soll es ein Aschländerzelt geben, dort sollen wir uns hinbegeben, ein Feuer entzünden und warten": erklärte er den Plan. Vielmehr wusste er allerdings auch nicht und Vieles hing davon ab, dass der Kerl aus Vivec sein Wort hielt.

    [Dreveni]
    Dreveni entging nicht, wie sich Tirian wand, um ihrem Blick auszuweichen. Innerlich grinsend vertiefte sie ihren Blick noch, doch leider verlor sie den Augenkontakt zu ihm gleich darauf endgültig, als er sich suchend umblickte.
    Alles in allem klang es nach einem Plan was der Heiler erzählte, auch wenn die große Unbekannte die Zeit war, die sie zu warten hatten.
    "Dann sollten wir wohl zu den Neun beten, dass der Bekannte Eures Freundes hier tatsächlich auftaucht." Und zu den Daedra.
    Etwa zweihundert Meter weiter den Strand hinauf konnte man tatsächlich im Dämmerlicht die Umrisse von etwas ausmachen, das ein Zelt sein konnte. Auf dem Weg dorthin sammelten sie totes Holz, und als sie vorsichtig die letzten Meter zu dem Zelt überwanden, bestätigte sich glücklicherweise ihre Hoffnung, dass es von niemandem anderen okkupiert war.
    Kurz darauf hatten sie das Gepäck von ihrem Guar geladen und ein Feuer entfacht, neben dem sie jetzt saßen, und sich über einen Teil der vorräte hermachten.

    [Tirian]
    Der Heiler kam nicht umhin die Wegfindungsfähigkeiten seiner Gefährtin zu bewundern. Sie hatten das Aschländerzelt ohne große Umschweife etwas weiter die Küste entlang gefunden. Es lag am Strand aber mit einer Felswand im Rücken, sodass es gut geschützt war. Die einzige Gefahr hätten unter Umständen Klippenläufer dargestellt, aber wie jeder wusste, waren diese durch den Heiligen Jiub längst aus Morrowind vertrieben worden. Auch in seiner Heimat waren diese Flugechsen eine wahre Plage gewesen, doch laut Tarrior war Vvardenfell in der Vergangenheit wohl eine wahre Brutstätte dieser Biester, "Den Göttern sei Dank, dass wir uns mit diesem Problem nicht auch noch befassen müssen": befand Tirian gedanklich.

    Während Dreveni das Holz, das sie unterwegs gesammelt hatten, langsam für ein Feuer aufschichte, warf der Heiler einen Blick in das Zelt. Die Feuerstelle darin war erloschen und schon lange verwaist, wenn gleich sie so aussah, als würde sie von Zeit zu Zeit noch benutzt. Doch das restliche Inventar - zerbrochene Tonkrüge und löcherige, angegammelte Körbe und nach Feuchtigkeit und Muff riechende Teppiche - ließ keinen Zweifel daran, dass hier lange niemand mehr regelmäßig wohnte. Vermutlich hatte man ihm deshalb genau diesen Ort als Treffpunkt genannt. Er wandte sich wieder ab. Es glommen bereits kleine Flammen in der Feuerstelle, die die Assassine hergerichtet hatte. Noch während er hinüber ging und sich ebenso wie die Dunmer hinsetzte, begannen die Flammen das alte Holz richtig in Besitz zu nehmen und schlugen immer höher, bis das Feuer mit einer beachtlichen Größe in die Luft züngelte. Tirian unternahm keinen Versuch es zu zügeln. Wenn das das Signal sein sollte, war es das beste, wenn es gut sichtbar brannte.

    Er hing seinen Gedanken nach und ließ ab und an Entladungen von einem Finger zum anderen springen, während er ins Feuer starrte. Der schwere Rauch des alten kohleartigen Holzes, das sie verbrannten, stieg ihm in die Nase. Es war als atmete er die erstickende Schwere von Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten. Die Flammen in ihrem chaotischen Rauschen schienen plötzlich Formen anzunehmen. Er presste die Augen zusammen. Er sah zwei Elfen gemacht aus Feuer umhüllt von Rauch. Rauchige Körper, Augen und Haare aus Flammen. Ein Fiepen schwoll in seinen Ohren an und wurde immer lauter. Sie umarmten sich, küssten sich, berührten sich. Die Gewänder aus Rauch schwanden und gaben den Blick auf brennende Körper frei. Tirians Augen wurden glasig und leer. Das Geräusch löste sich langsam in harmonischere Töne auf, blieb fordernd, nahm aber langsam die Gestalt einer nicht zu beschreibenen Melodie an, die ihm wie das Rauschen eines Baches und zugleich wie das Knistern einer Feuerstelle durch den Kopf drang. Der Rauch war inzwischen gänzlich geschwunden. Die beiden Flammen-Mer, bisher nur durch den grauen Mantel in zwei Subjekte getrennt, vereinigten sich nun zu einem Wesen. Die Melodie in Tirians Kopf wurde zu einem leichten Gesang der sowohl fremdartig, alt aber zugleich unheimlich vertraut klang. Ein tiefes Flüstern lag darin. Eine Geschichte. Ohne sein Zutun bewegten sich seine Lippen, formten ein fast tonloses Flüstern, während sich die Feuerbilder weiter lustvoll vereinigten, die Konturen ekstatisch zuckten und langsam zu einer einzigen Flamme verschwammen: "ald card de mer. Bruder und Schwester eine Liebe, ein Schicksal. molag molagae." Die vereinte Flamme, nun mehr gänzlich zu einem Wesen geworden, explodierte vor seinen Augen, in seinem Schädel dröhnte der Gesang. Er war vertraut, doch spürte er eine Bosheit darin. Er begann sich zu wehren. Er versuchte zu erwachen. Verdrehte die Augen. Die Flammenleiber gingen nun in Szenen blutiger Massaker, in denen feuriges Blut aus erschlagenen rauchenden Leibern quoll, auf. "molag molagae. tython ae acra. Eine Liebe ein Schicksal. Der süße Tod. Tod. tod. tod. tot. to-th.": kamen die Worte unter hörbaren Zwang aus seinem Mund.

    Ein scharfes Brennen durchzog sein Gesicht. Er riss die Augen auf. Die Flammen waren verschwunden ebenso die Melodie in seinem Verstand. Er schaute gegen den Widerschein des Feuers in die Augen der Assassine. Dreveni stand mit besorgtem Gesicht über ihm. Er schaute sie an, verlor sich einen Moment im Spiel der Flammen auf ihrer Haut und dachte an die Vision zurück und errötete. "Ihr seid eingeschlafen und habt geträumt. Jedenfalls sah es so aus, und ich hoffe es für euch. Oder seid ihr wieder kurz vorm Freidrehen wie bei der Festung?": fragte sie. Er hielt sich den Kopf. Sein Schädel schmerzte schlimmer als seine Wange. "Ich... eingeschlafen?": er konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern eingenickt zu sein. Er stand auf und wandte sich zum Wasser. Er spürte den noch immer besorgten Blick der Dunmerin in seinem Rücken. "Ich dachte ich...": wollte er ansetzen doch da sah er in der äußersten Reflexion des Lichtscheins draußen auf dem Wasser, wie sich es sich an kräuselnden Wellen brach. Kaum einen Augenblick später schob sich der Ansatz eines Bootes in sein Sichtfeld.

    [Dreveni]
    Die Assassine beobachtete Tirian skeptisch. Sie hatte noch immer nicht die geringste Idee, was mit ihm los sein konnte, und was das Gefasel von Liebe und Tod nun wieder sollte. Sie hoffte nur, dass er in entscheidenden Momenten seine fünf Sinne bei sich behalten würde. Ihre Grübeleien wurden jedoch von dem Auftauchen des Bootes unterbrochen, und mit zwei schnellen Schritten stand sie so hinter dem Zelt, dass sie zwar den Strand im Blick hatte, selbst aber vom Wasser aus nur schwer zu sehen war. Als sie sah, dass das Boot noch nicht angelegt hatte, huschte sie schnell in das Zelt wo ihr Gepäck lag, bekam ihren Bogen und die Pfeile zu fassen und spannte ihn, als sie sich wieder auf ihre vorherige Position zurück gezogen hatte. Wer konnte schon sagen, wer da über das Wasser kam.

  12. #12

    Molag Amur, Tel Uvirith, Artefakt-Salon

    Tarrior runzelte überrascht die Stirn. Der Telvanni bemerkte seine Überraschung und kicherte etwas. Tarrior konnte sich nur schwer vorstellen, dass jemand, der die technisch-rationale Welt der Dwemer für sich selbst erklärte, an so etwas wie Schicksal glauben konnte. Behram setzte, nach dem er sich beruhigt hatte, zu einer Erklärung an: „Ihr habt den Begriff sicher auch schon gebraucht ohne das ihr damit sagen wolltet, dass ihr euch wie ein Puppe an Fäden auf ein Ziel zubewegt, dass ein anderer euch bereits gesteckt hat.“ Tarrior nickte. Er verstand worauf der Hexer hinaus wollte. Er glaubte nicht an Vorbestimmung, aber er glaubte schon, dass jedes Wesen seinen eigenen Pfad des Lebens hatte, dass es schicksalshafte Verbindungen gab, die man aber stets selbst schmiedete und umschmiedete. „Kagrenac sah es als Schicksal der Dwemer nach immer größerer Perfektion zu streben, weil es in ihrer Art und ihrer Persönlichkeit lag. Es war etwas das ihnen eigen ist. Alles was der Zeit unterliegt ist einem Pfad des Lebens unterworfen. Wir können uns nicht entscheiden den Weg nicht zu gehen, wie wir uns entscheiden können, wie wir ihn gehen wollen. Das was das Schicksal der Zeit ausmacht ist der Umbruch und der Zusammenbruch irgendwann und mit ihm stets die Entstehung von etwas Neuem. Die Reiche der Ayleiden gingen unter, das Kaiserreich zerfällt nun unter den Hammerschlägen der Daedra - Ordnungen von denen man dachte, sie währten ewig. Es ist nur eine Zeitfrage. Wir Nachgeborenen oder Überlebenden dieser Zusammenbrüche können aber am Wegesrand die Trümmer der alten Zeit finden. Es liegt an unserer Entscheidung die Brocken aufzuheben und der alten Zeit eine neue Chance zu geben. Das Schicksal der Dwemer kann zwar nicht umgeschrieben aber neu geschaffen werden und das ist mein Schicksal. Es ist das was ich bin“: philosophierte Behram und Tarrior fühlte den Stich. Er wusste nur allzugut was geschah, wenn man sein Schicksal verlor – die Leere, die Müdigkeit. Er hatte den Blick gesenkt nun hob er ihn wieder und fixierte den Telvanni.

    „Kagrenacs Artefakte sind verschollen. Vielleicht hat sie der Nerevarine noch, vielleicht auch nicht. Aber das wird alles bald keine Rolle mehr spielen“: wechselte Behram das Thema, stand auf und ging zu einem der schmalen Fenster hinüber: „Tarrior du wolltest mir deine Entscheidung mitteilen.“ Der Hlaalu lehnte sich auf dem Stuhl etwas zurück, um die verkrampfte Haltung loszuwerden, in der sich befand. Nach Meradanz‘ Einlassungen fiel es ihm ausgesprochen schwer, ihm allzu sehr zu widersprechen, doch drängte sich der Verdacht, den der Dremora aufgemacht hatte, mit neuer Macht in seinen Geist. „Der Dwemer und die Daedra – ein Treppenwitz der Geschichte mochte man nach dem langen Gefasel über die göttliche Metaphysik meinen. Wie passt das in eure Weltordnung mit den Dwemern? Seit wann verehrt ein Dwemer die Herren des Reichs des Vergessens“: machte er ihn auf diesen Widerspruch aufmerksam, um mehr über die Beziehungen zwischen ihm, der mythischen Morgenröte und ihrem Meister herauszufinden. Meradanz lachte wieder, aber es klang kalt. „Niemand verehrt die Daedra. Mit der Mythischen Morgenröte habe ich paktiert um den Rat ruhig zu stellen und Chaos zu säen, wie du weißt. Sie sind mir nicht mehr als Mittel zum Zweck“: widersprach der Telvanni. „Und eure Liaison mit Dagon?“: hakte Tarrior weiter nach. Behram schwieg einen Moment. „Das könnt ihr unmöglich von Jonicus wissen“: sagte er nach einer gemessenen Pause, doch dann als hätte ihn ein Geistesblitz im wahrsten Sinne getroffen, stellte er fest: „Dieser Wurm unten in den Kerkern hat geplaudert, nicht wahr?“

    Tarrior verschränkte die Arme vor der Brust. „Es ist also wahr?“: fragte er. „Und wenn es so wäre?“: forderte ihn Behram heraus. Tarrior ging nur zu gerne darauf ein: „Dann sehe ich einen jämmerlichen Heuchler vor mir. Ein Möchtegern-Erbe der Dwemer, der Abkommen mit Daedra-Prinzen schließt und sich an sie verhurt. Wenn ihr wirklich vom Geblüt der Tiefelfen seid, würden sich eure Vorfahren gewiss für euch schämen.“ Behram stürzte, noch bevor Tarrior seinen Satz ganz beendet hatte, vom Fenster zu ihm herüber und krallte die Hand in seine Schulter. Augenblicklich fühlte er ein unmenschliches Brennen an seinen Handgelenken. Die Sklavenfesseln schienen aus flüssigem Eisen zu bestehen. Er spürte wie das Fleisch unter den Bändern aufplatzte. Er war vom Schmerz so betäubt, dass er nicht einmal schreien konnte. „Haltet den Mund bei Dingen, von den ihr nicht die leiseste Ahnung habt“: brüllte Behram ihn an, dann ließ er seine Schulter wieder los und der Schmerz ebbte von der einen Sekunde auf die andere völlig ab. Ruhiger sprach Meradanz weiter, während sich Tarrior noch erholte: „Es ist notwendig. Es muss leider sein. Mehrunes Dagon ist die einzige Macht, die in dieser Situation helfen kann.“ Er klang selbst sehr bitter darüber. „Und der Preis? Was ist mit dem Preis, Meradanz? Dagon wird euch ja wohl kaum einfach so helfen“: wollte Tarrior wissen. „Das Kaiserreich verliert diesen Krieg ohnehin. Warum das Unausweichliche nicht beschleunigen und seinen Vorteil daraus ziehen?“: gab der Hexer ganz offen zu. „Das Kaiserreich mag einerlei sein, aber ihr weiht damit das Volk von Morrowind der Sklaverei und dem Tod!“: warf ihm Tarrior vor. Der Telvanni zuckte nur mit den Schultern.

    „Es ist nicht mein Volk da draußen. Ein kleines Opfer für die Rettung eines größeren Volkes, einer größeren Kultur aus dem Dunkel der Geschichte. Ein Volk gegen ein anderes Volk, wer mag das ermessen? Ich tue was getan werden muss. Die Anderen können sich in den Dienst der Sache und damit unter meinen Schutz stellen“: trug sich Meradanz ganz offensichtlich nicht mit dem mindesten moralischen Problem. Eine Haltung die Tarrior, das erschreckte ihn ein wenig, nicht selten selbst an den Tag legte. Aber selbst zu Zeiten des Sechsten Hauses stand es nie zur Debatte die ganze Welt dem Daedra-Prinzen der Zerstörung auszuliefern! „Außerdem endet meine Rolle in dieser Geschichte hier auf Vvardenfell. Wenn das Kaiserreich zerfällt dann nicht wegen des Verlustes einer Insel in einer östlichen Provinz, sondern durch die Niederlage, die ihm die Mythische Morgenröte im Herz zugefügt hat mit der Ermordung der Septime“: fügte er dann noch ebenso kühl an. „Dennoch tut ihr euren Teil für den Fall das Reiches und vor allem für den Untergang unseres - wenn ihr euch auch einbilden mögt es sei nicht eures – Volkes. Sind es diese Kreaturen, die ihr – nur die Götter wissen wie - heranzüchten wollt, wert die Dunmer dieser Insel zu opfern? Ihr erschafft vielleicht Dinger, die aussehen wie Dwemer, aber ihr selbst versteht nicht einmal die Sprache der Dwemer in Gänze, wie sollen diese Wesen echte Dwemer werden, wenn die Kultur, die sie irgendwie annehmen sollen, seit Jahrhunderten verloren ist und nur noch relikthaft existiert? Sind diese Kunstwesen ein ganzes Volk, vielleicht eine ganze Welt wert?“: hielt Tarrior dagegen und war von sich selbst überrascht, dass er sich so für Vvardenfell einsetzte und schob es darauf, dass er ja genauso unter der Knechtschaft der Daedra enden würde und sich deshalb so wehrte. Ja das musste es sein.

    „Ihr erkennt den Kern meines Problems und habt euch damit die Antwort zur Hälfte schon selbst gegeben. Verlasst euch darauf. Ich werde schon sehr bald, Aytor bereitet im Moment alles vor, im Besitz der Mittel sein, die ich brauche um die Rasse physisch auferstehen zu lassen. Doch ihr Geist bleibt vage. Aus diesem Grund brauche ich die Hilfe der Daedra“: erklärte sich Behram. „Wollt ihr sagen, dass sie dieses Wesen etwa beseelen sollen?“: spottete Tarrior. „Nein. Was sie brauchen werden, ist der dwemerische Geist. Die Kultur, die Kunst, die Wissenschaften. Der Ertrag der Generationen des Volkes – das Wissen, die Geschichte, quasi die Essenz des Volkes. Sie sollen nahtlos anknüpfen können. So sind sie vollständig physisch wie psychisch, körperlich wie identitär“: widersprach Behram, doch Tarrior schüttelte deutlich sichtbar den Kopf. „Es ist aber auch nicht so, dass so etwas wie der ‚dwemerische Geist‘ einfach so auf der Straße herumliegt“: kam sein nächster Einwand. Meradanz schaute ihn mit einem wissenden Lächeln an. „Auf der Straße wohl nicht, aber was sind uns Bibliotheken anderes als Speicher von Wissen und Kultur. Woher lernt ein Kaiserlicher was Kaiserliche Kultur ausmacht? Zuvorderst von seinen Eltern? Aber bringen die ihm die jahrhundertealte Geschichte seines Reiches näher? Unwahrscheinlich. Er wird, wenn er dafür geeignet ist, auf eine Schule geschickt und erlernt dort dieses Wissen von einem Lehrer, der es sich wiederum aus dem erlesen hat, was die vorderen Generationen tradierten. Ebenso tun es die Eltern, wenn sie das Wissen, dass sie von ihren Vorfahren erworben hatten, an ihre Kinder weitergeben“: erklärte er auch dies.

    „Ich kann auch die Schriften der Altmer studieren, werde aber wohl nie Altmer werden“: erhob Tarrior die nächste Gegenrede, doch Behram antwortete schnell: „Freilich nicht, weil ihr eure Identität als Dunmer bereits anerzogen bekommen habt. Ihr wäret bereits ein Dunmer. Die neuen Tiefelfen wären wie Rohlinge, die frei geformt und geschmiedet werden können. Sie sind unbeeinflusst und entwickeln ihre Identität nicht anders als neugeborene Kinder und werden somit zu Dwemern werden.“ Doch noch immer war der Dunmer nicht überzeugt: „Ihr werdet es ihnen einpauken wie ein Lehrer seinen Schülern. Ihr schafft damit nicht mehr als Pseudo-Dwemer.“ Der Hexer jedoch winkte ab.

    „Wisst ihr, auch schon bevor ich erfuhr, dass es eine Möglichkeit gibt die Dwemer physisch neu zu schaffen, habe ich überlegt, wie es wohl zu bewerkstelligen wäre dieses Volk zumindest geistig auferstehen zu lassen. Ich hatte gar die Idee mit ein paar Gleichgesinnten eine alte Dwemer-Stadt zu beziehen und quasi nach Art der Dwemer dort zu leben, sodass unsere Kinder dann womöglich zu Dwemern mit dunmerischen Aussehen würden. Ich bin lange, bevor ich hier in Tel Uvirith Stellung bezog, für meine Forschungen über die Dwemer durch ganz Tamriel gereist und habe gleichwohl auf meinen Reisen die Menschen und Mer ausgiebig beobachtet und studiert, wie sie sich entwickeln, wie sie ihre Geschichte und altes Wissen, wie sie Normen und Umgangsformen tradieren. Kinder sind wie ungeprägte Münzen. Erst der Druck der Zeit und der Umgebung prägen die Muster in sie ein. Kleine Kinder kennen zum Beispiel keine bestimmten Grußformeln. Sie schauen sie sich von ihren Eltern ab und lernen sie, doch sie vergessen, dass sie es dereinst aktiv gelernt haben. Irgendwann ist es so in Fleisch und Blut übergegangen, dass es ihnen so ist, als wäre es etwas, dass ihnen von Natur aus bereits eigen ist. So verhält es sich mit allem, was zur Ausprägung der eigenen kulturellen Identität dient. Es kommt also maßgeblich darauf an, dass das Wissen der Dwemer so umfangreich wie möglich vermittelt wird, damit sich das Wesen so nah wie möglich ausprägen kann. Natürlich lässt sich das Wesen und Wissen der Dwemer, vor allem all das viele informelle, nicht bis ins Detail kopieren. So einiges wird unter dem Schleier des Nichtwissens auch auf Dauer verborgen bleiben. Die Lücken werden sich improvisatorisch lösen und ja es wird nicht völlig korrekt sein, aber darauf kommt es schlussendlich nicht an, denn wie wir wissen, können sich auch Sitten und Gebräuche im Laufe der Zeit ändern. Selbst das Haus Dres soll seine sehr traditionell verankerte Einstellung zur Sklaverei inzwischen überdenken. Das dies Dinge sind, die sich ohnehin im steten Umbruch befinden, ist es also unschädlich für uns, wenn die neuen Dwemer sich darin unterscheiden. Es ist der Geist auf den es hier ankommt. Ah ich sehe in euren Augen, wie sich erneut Widerspruch regt. Es ist selbstverständlich, dass sich diese Natürlichkeit, die sich im Lauf der Geschichte erst über Generationen hinweg einschleift, bei der ersten Generation von Dwemern, die ich schaffen werde, nicht einstellen wird. Mit eurem Schülervergleich habt ihr da nicht so ganz unrecht. Sie werden sich unter Umständen noch etwas fremd darin vorkommen, weil selbst ich diese Natürlichkeit eben nicht vermitteln kann, weil ich auch nur ein Dunmer bin. Aber sie selbst werden diesen Geist an ihre Kinder und diese wiederum an ihre Kinder weitergeben und dies schließlich mit wachsender Selbstverständlichkeit“: gab er dazu eine lange Erklärung.

    Tarrior schüttelte ein weiteres Mal den Kopf – innerlich wie äußerlich. Offenbar war der Hexer schon lange wahnhaft vom alten Volk der Tiefelfen besessen. Es hatte wohl keinen Sinn noch großartig mit ihm darüber zu diskutieren. Der Plan war gereift und er würde ihn umsetzen… und dafür alles opfern, wenn es nötig war, wenn man ihn nicht aufhielt. Er fühlte plötzlich so etwas Verantwortung. „Er muss gestoppt werden“: ging es ihm durch den Kopf und dachte dabei nicht zuerst an sich sondern zuvorderst an Morrowind und Tamriel. „Ein seltsames Gefühl“: befand er und verzog dabei das Gesicht. Das wiederum nahm der Hexer offenbar falsch auf. „Ihr glaubt mir nicht, aber das macht rein gar nichts. Euer Verständnis der gesamten Zusammenhänge ist ohnehin nur reichlich begrenzt“: reagierte der Hexer darauf, forderte damit aber doch noch einen Kommentar von Tarrior heraus: „Nur sind von eurem dwemerischen Geist kaum mehr als ein paar verschimmelte Bücher oder kryptische Skizzen und ein Haufen rostiger Artefakte in verfallenen Städten übrig. Genauso gut könntet ihr etwas guten Weingeist hernehmen.“ Behram schlug in diesem Moment voller Elan auf den Tisch. „Und genau das ist der Grund, wofür und warum die Daedra ins Spiel kommen. Ich sagte ja schon vorhin, dass ihr das Problem erkennt, doch ich habe auch die Lösung dafür gefunden! Es gibt einen Ort an dem alles Wissen der Dwemer gespeichert ist – ihre Kultur, ihre technischen Fortschritte, die Geschichte ihrer Staaten. Es war das letzte und das wohl grandioseste ihrer gemeinsamen Großprojekte über die Zwistigkeiten ihrer einzelnen Stadtstaaten hinweg“: schwärmte Meradanz und präsentierte auf einen fragenden Blick Tarriors hin auch die Lösung: „Ich spreche natürlich vom legendären Omnicon.“

    Der Hlaalu stutzte. Legendär traf wirklich zu, wenn man bedachte, dass es diesen Ort nicht gab. Er war ein wildes Gerücht unter Dwemer-Forschern. Es war so wildwuchernd, dass sich selbst einige Aschevampire seinerzeit in ihrem Bestreben Kagrenacs Artefakte noch besser zu verstehen, damit beschäftigt hatten, ob es dieses Omnicon gab und wo man es finden könnte. Und Tarrior wusste noch sehr gut, dass die Meister diesen Wahnwitz irgendwann aufgegeben hatten. Es gab kein Omnicon und das sprach er auch aus. Behram schüttelte mitleidsvoll den Kopf als wäre sein Gegenüber ein Narr, der die Wahrheit nicht erkennen konnte. „Es stimmt schon, dass das Omnicon in all den Jahren nicht gefunden wurde, aber diese Idioten wussten auch nicht, wonach sie suchten. Das tat ich zugegebenermaßen auch nicht, aber ich war dann zumindest in der Lage die Hinweise zu erkennen und richtig zu deuten, die verstreuten, überlieferten Berichte und den Austausch über das Projekt. Es gab Listen an Beiträgen einzelner Kolonien, den Beitrag von Schmieden und Ingenieuren aus dem gesamten Bereich des Rates von Bamz-Amschend verteilt über unzählige Fundstellen und immer wieder tauchte der Name einer Dwemer-Stadt namens Alezxardanz auf. Alle Hinweisen deuten daraufhin, dass sich dort das Omnicon befindet, der große Wissensspeicher der Dwemer“: erklärte Meradanz und bezeichnete in einem kurzen Atemzug sämtliche anderen Koryphäen auf dem Gebiet der Dwemer-Forschung als Idioten. Tarrior interessierte sich zwar nur am Rande für die Tiefelfen aber unter den Forschern, die er kannte, gab es nicht einen, der das Omnicon für mehr hielt als eine Spinnerei. Von dieser Dwemer-Stadt hatte er zudem noch nie gehört, aber das musste nichts heißen. Er kannte kaum alle Ruinen auf Vvardenfell denn geschweige von ganz Tamriel.

    „Wenn es das Omnicon wirklich gäbe, warum wurde es dann noch nicht gefunden? Und wenn es in Alezxardanz liegen soll, warum ist dann bisher keine Expedition dahin aufgebrochen? Wenn es diesen Ort gibt, heißt das natürlich“: fragte der Dunmer kritisch nach. Behram ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen, sondern lächelte nur allzu überlegen. „Meine geschätzten Kollegen glauben nicht an das Omnicon oder Alezxardanz, weil sie auch meinen, dass es keine Stadt dieses Namens geben würde. Sie irren. Es gab diese Stadt dereinst. Morrowind war zur Zeit der Dwemer-Staaten noch größer. Heute fehlt ein nicht unwesentlicher Teil des Landes“: gab der Telvanni zu bedenken und deutete mit seiner Hand aus dem Fenster… auf das Meer. Tarrior fiel es wie Schuppen von den Augen: „Das innere Meer! Morrowind wurde seinerzeit durch das Tribunal geflutet, wodurch das innere Meer entstand!“ Der Hexer nickte nun. „Ob durch das Tribunal oder durch eine Erdverschiebung aber gesichert ist, dass einige Teile Morrowinds damals versanken und dazu eben auch viele Dwemer-Ruinen, die sich auf dem heutigen Gebiet der Inneren See befunden hatten. Ihr seht endlich das Problem?“: wollte der Telvanni wissen. „Dann liegt eure Bibliothek tief unter Wasser, aber warum benutzt ihr nicht…“: antwortete er, doch Behram vollendete seine Frage: „Wasseratmung? Ich habe alte Dwemer-Berichte studiert und musste mich schließlich quer durch uralte Privatarchive auf den Summerset-Inseln wühlen um an alte altmerische Reiseberichte zu kommen, um den Standort Alezxardanz‘ zu ermitteln. Ich war dort mit einer kleinen Expedition und doch reichte die Wasseratmung nicht aus. Die Leute, die ich angeheuert hatte, starben beim Tauchversuch an inneren Blutungen. Die Stadt ist weit abgerutscht. Sie liegt tief im Meer, zu tief“: stellte Behram das Problem dar. Tarrior zog die Augenbrauen zusammen. So langsam begriff er endlich, worum es hier eigentlich ging: „Mehrunes Dagon soll die Stadt für euch anheben, damit ihr in den Besitz der Bibliothek gelangen könnt.“ Es war offensichtlich, dass nur ein Gott in der Lage wäre eine solche Verschiebung in die Wege zu leiten.

    Der Telvanni ging zu seinem Schreibtisch hinüber und wühlte etwas in seinen Unterlagen. „Was glaubt ihr, was ihr nach all den Jahrhunderten dort unten noch für Wissen bergen könnt? Das wird alles zerfallen sein! Dafür wollt ihr das Schicksal Morrowinds und Tamriels aufs Spiel setzen?! Dafür wollt ihr den Daedra den Weg ebnen? Um als Belohnung Matsch zwischen zwei Buchdeckeln in Besitz zu nehmen?“: ereiferte sich Tarrior. Behram kam nun wieder zu ihm hinüber und legte ein schmutziges, eingerissenes und offensichtlich sehr altes Pergament auf den Tisch vor ihn. Zu sehen war die technische Skizze eines in einem verzierten Würfel befindlichen Dodekaeders in dessen Inneren sich wiederum ein überaus großer Diamant, wenn Tarrior die Skizze in Originalgröße deutete, befand. Es gab mehrere Löcher in dem Konstrukt und Einplanungen für speziell geschliffene Linsen. Komplexe Formeln und einige Notizen an den Rändern bedeckten die Skizze. „Ein weiterer großer Fehler, den meine nicht sonderlich geschätzten Kollegen machen, ist in ihrer beschränkten Kleingeistigkeit von der Technik auszugehen, die sie kennen. Das Omnicon ist keine Bibliothek, wie wir sie kennen. Das, Tarrior, hier vor euch ist das Omnicon. Das ist eine der wenigen Zeichnungen davon, die ich auf den vielen, vielen Reisen entdecken konnte, die ich unternahm. Es ist auch die beste, die ich habe, weil sie zeigt, wie diese ‚Bibliothek‘ funktioniert. Kennt ihr die alten Observatorien der Dwemer?“: fragte der Hexer. Tarrior konnte nur nicken. Er war von der Wucht der Enthüllungen in diesem Moment erschlagen.

    „Die Dwemer experimentierten lange vor ihrem Sturz mit Licht, Linsen und Projektionen. Das Omnicon sollte die Krönung dieser Technik werden. Es war, soviel konnte ich aus den wenigen erhaltenen Dokumenten rekonstruieren, die Krone dieser Technologie. Man hatte bereits Erfolge damit erzielt Informationen – Bilder und Texte – in Kristalle zu gravieren und sie über bestimmten Lichteinfall an Wände projizieren zu können. Je kleiner und ausgefallener die Gravuren, umso mehr Informationen konnte man somit quasi speichern. Stellt euch nun einen Diamanten vor: Ein Material, das unglaublich widerstandsfähig ist. Was wäre besser geeignet, um das Wissen eines ganzen Volkes aufzunehmen? Dieser etwas mehr als faustgroße Diamant hier auf der Skizze war wohl eine Gabe der Kolonien am Roten Berg, Die besten Dwemer-Schmiede fertigten aus den hochwertigsten der stabilen, bronzenen Legierungen das Gehäuse, die besten Linsenschleifer, die auch die Teleskope für die Observatorien bestückt hatten, sollten die Linsen auch für das Omnicon erstellen und die besten Feinarbeiter waren Tag und Nacht damit beschäftigt Muster und Schriftzeichen dicht an dicht in den Diamanten zu gravieren – den gesamten Geist der Dwemer. In Alezxardanz dann entstand wohl das Observatorium, mit dem man das Omnicon mittels Licht lesen konnte. Das ist nicht irgendein Haufen schimmliger Bücher sondern das Wissen einer ganzen Zivilisation, seine Kultur, seine Geschichte konzentriert auf die Größe einer Schatulle“: erläuterte der Hexer.

    Zum ersten Mal empfand Tarrior tatsächlich so etwas wie Anerkennung, in gewisser Weise auch Ehrfurcht vor der Arbeit seines Feindes. Der Telvanni mochte diese Informationen jetzt sehr strukturiert zum Besten gegeben haben, aber er konnte sich kaum vorstellen, wie lange und mit welcher fanatischen Besessenheit Behram nach jedem noch so kleinen Fitzel an Informationen gesucht haben musste, um sie zu diesem Gesamtbild zusammenfügen zu können. Er hatte es wahrlich nicht einfach mit einem Verrückten zu tun, sondern mit jemanden der wusste was er tat und in seinem Fanatismus bereit war, alles für seine Ziele zu opfern. Inzwischen hatte der Hexer die Skizze fein säuberlich wieder weggelegt und goss sich und ihm ein Glas Wein ein, bevor er sich nun wieder mit der zuvor fallengelassenen falschen Freundlichkeit zurück zu ihm an den Tisch setzte. „Du siehst, dass es hier nicht um Kleinigkeiten geht, sonder tatsächlich um die Rettung und Wiederauferstehung eines untergegangenen Volkes. Das es mehr als nur möglich ist, die Dwemer, mein angestammtes Haus zurückzubringen. Ich bin ihr Erbe und es ist daher nicht nur mein Wille sondern auch meine Pflicht es zu tun. Wer könnte das besser verstehen als du? Welcher Preis wäre zu hoch, um das zurückzubringen, dem wir uns zugehörig fühlen? Die Daedra etwa? Verflucht seien die Daedra. Hätten euer Kult und der Nerevarine nicht dazwischen gefunkt, hätte ich die Macht des Herzen von Lorkhan nutzen können, doch das ist mir nun nicht mehr vergönnt. So müssen es leider die Daedra sein. Doch es ist ein Opfer für einen höheren Zweck. Haus Dwemer und Haus Dagoth, Tarrior. Wir sind die Erben der Häuser. Mein Angebot steht noch. Du hilfst mir und ich werde auch dir helfen. Du musst dich nur entscheiden meine Hand zu nehmen, statt sie zurückweisen und deine eigene verdorren zu lassen“: erneuerte Behram noch einmal sein Angebot.

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