Ihm war als würde er durch schwarzen Nebel waten, der sich gallertartig um seinen ganzen Körper und vor allem um seine Beine und Füße spannte, seine Bewegungen fahrig machte, sie blockierte. Tirian war so als würde er gar nicht mehr vorankommen. Glücklicherweise war dort dieser Zug an seinem Arm, der ihn nach vorne trug. Die Bewegung erleichterte sein Gemüt etwas, auch wenn sein Kopf seltsam leer und gedankenlos war, er nur noch die roten Augen vor sich wusste, gefangen war von ihrem durchdringenden Blick. Der Weg führte aufwärts, geradeaus um Kurven und dann wieder geradeaus und dann wieder nach oben. Ein lautes Geräusch und auch ein leises Rauschen wie weit entferntes Klirren drang durch den Nebel. Um sein Gesicht wurde es kalt und plötzlich schoss frische Luft heran und durchbrach die schweren Schwaden. Während er spürte wie ihn eine Kraft zu Boden zog, konnte er wieder richtig atmen. Das bleierne Gefühl wich von seiner Lunge, sie blähte sich auf und er saugte noch mehr davon ein. Die Dunkelheit verschwand langsam zusammen mit dem ergreifenden, karminroten Blick und verblasste, wurde durchscheinend. Verdutzt blickte er in das Gesicht von Dreveni, das plötzlich vor ihm aus dem Dunst auftauchte. Schreckliche Bilder durchfuhren in diesem Moment seinen Schädel. Verzerrte, monströse Gesichter, sein eigenes. Er kniff die Augen zusammen, Schweiß brach ihm aus und sofort bedeckte er den Kopf mit seinen Händen. Der Heiler presste seine Nägel in die Kopfhaut und nach einigen Augenblicken verschwanden die Bilder.

Knacken, Knirschen und Brechen drang nun langsam an seine Ohren. Die Geräusche entstanden direkt über ihm und er füllte Splitter auf sich herabregnen. Nur zögerlich traute er sich die Augen zu öffnen. Wieder Dreveni, doch die Bilder in seinem Kopf blieben aus. Noch etwas verwirrt wo er war blickte er nach oben und sah wieder Bolzen und Pfeile gegen die Wand klatschen und zerbersten, vor der sie offenbar kauerten. Seine Augen tasteten weiter, doch es dauerte noch einen Moment, bevor Tirian den Himmel, das Gebäude vor sich und das große Plateau in einen sinnvollen Zusammenhang stellen und als Falensarano identifizieren konnte. Sein Geist war ausgelaugt, offenbar gestresst. Ein leichter Kopfschmerz quälte seine Nerven und doch versuchte sein Verstand knirschend zu erfassen, was passiert war und warum er und Dreveni sich an diesem Ort befanden. Sein Blick glitt zurück zu seiner Begleiterin. Die Assassine schaute ihn nun seinerseits ungläubig an. „Wir müssen hier weg“: zischte sie. „Weg. Ähm ja der Guar ist im Stall. Öhh aber wir müssen noch Dreveni und ihre Sachen finden“: sagte er. Erst im nächsten Moment kam ihm noch einmal direkt zu Bewusstsein, dass Dreveni ja direkt neben ihm lag. Die Dunmer zog ihn kräftig auf die Beine. Er vermisste etwas. Panisch sah er sich um und erblickte seine roten Augen auf dem Boden liegend. Die Assassine wollte ihn weiterzerren. Mit einem rüden Griff schüttelte er ihre Hand jedoch ab. Während weitere Geschosse über ihre Köpfe hinweg pfiffen, bückte er sich und hob seine Augen wieder auf, nahm sie in den Arm und umklammerte sie fest. Dann schaute er seine Begleiterin wieder an. „Ich dachte wir wollten hier weg“: sagte er und schwankte leicht in Richtung der improvisierten Stallungen. Dreveni packte ihn erneut, drückte ihn in eine gebeugte Stellung hinunter und gemeinsam schlichen sie nun weiter.

„Ilucaria! Zeig dich! Oder sollen wir die gesamte Festung mit Bolzen spicken?!“: rief eine männliche Stimme über die Mauer. Tirian riskierte einen Seitenblick sah die Söldnerin unter zwei Turmschilden auftauchten, die zwei Söldner schützen vor sie gehalten hatten. Sie trat an die Brüstung der Festung heran. „Eure mickrigen Zahnstocher haben offenbar nicht gereicht uns zu stürmen. Deine Leute sind Säuglinge im Vergleich zu meinen kleinen Mädchen hier“: rief sie lachend herunter. „Dafür seid ihr aber schnell in Deckung gegangen wie kleine Wiesel“: dröhnte es herauf. Die Altmer schnippte plötzlich mit dem Finger. Ein Bolzen flog plötzlich von der Seite heran, zischte knapp an ihrem Kopf vorbei und flog weiter nach unten. Ein lautes „Uff“ war zu vernehmen. „Du dreckige ••••“: brüllte die Stimme. „Sei froh, dass ich meinen Scharfschützen nicht auf dich losgelassen habe“: meinte sie bloß. „Das hättest du mal versuchen sollen“: entgegnete ihr Gesprächspartner. „Damit deine stinkenden Hundesöhne ohne Herrchen dastehen? Wen sollte ich denn dann noch zu eurem Herrn zurückschicken. Man kann ja schon froh sein, wenn dieser Pulk, den ihr angeheuert habt überhaupt weis, wie sein Name ist“: spottete die Elfe weiter. „Die Festung ist umstellt, Hexe, wir lassen euch ziehen, wenn ihr freiwillig geht und uns eure Beute überlasst“: forderte der Mann. „Soll das heißen ihr wollt uns hier vertreiben?“: fragte die Altmer nun in einem freundlicheren Ton. „Wir übernehmen jetzt eure Geschäfte hier. Dieses Land gehört nun uns“: stellte der Angreifer klar. „Euch? Natürlich“: sagte sie und begann zu lachen.

Tirian und Dreveni schlüpften derweil in das Zelt, das die provisorischen Stallungen darstellte und gingen zu ihrem Guar hinüber. Der durchlöcherte Stoff zeugte davon, dass auch hier der Pfeilhagel der Angreifer Spuren hinterlassen hatte. Das Tier lag, soweit es mit dem Gepäck möglich war, zusammengekauert im Stroh. Offenbar aber war die Fracht, seine Rettung gewesen. Einige Schäfte ragten aus dem Bündel, das der Heiler aufgeladen hatte, heraus. „So hier ist der Guar. Jetzt müssen wir nur noch springen“: sagte er und schwankte noch etwas. Sein Kopf fühlte sich an als wäre er mit Watte gefüllt. Derweil draußen inzwischen das Lachen endete. „Wie dumm von mir“: meinte die Altmer: „ich vergaß das, dass euer Land hier ist.“ Eine kurze Pause folgte. „Ach Moment. Nein. DAS HIER IST JA MEIN LAND. DU ANMASSENDER HUND. ICH WERDE DICH UND DEINE BASTARDE AUFSCHLITZEN UND DEINEN HÄSSLICHEN SCHÄDEL DEM ZAUBERER ZURÜCKSCHICKEN!“: brüllte sie. Im nächsten Moment erklang wieder Kampflärm. Offenbar ließ Ilucaria ihre Gegner angreifen. Tirian versuchte ihren Worten zu folgen und war einen Moment lang abgelenkt. Dreveni packte ihn an der Robe. „Was verflucht nochmal meint ihr mit springen. Wir müssen hier weg“: rief sie ihm ins Bewusstsein. Er guckte sie erst verdutzt an und streichelte versonnen die Augen in seinen Armen. „Ich sage doch springen. Hast du den Plan etwa schon vergessen?“: sagte er und half dabei ihr Gepäck mit auf den Guar zu laden und zu verschnüren, während draußen bekanntgegeben wurde, dass die Angreifer offenbar Skampe an ihre Seite riefen. Erst als er ihren verwirrten Gesichtsausdruck sah, wandte sich Tirian ab. „Nein“: flüsterte er fast nur noch: „So war es nicht.“ Er hielt sich wieder den Schädel. Wieder packte ihn Dunmer am Kragen. „Was meint ihr?“: fragte sie nachdrücklich und rüttelte ihn ordentlich durch. Die Augäpfel des Heilers zuckten hin und her und konzentrierten sich langsam auf ihren Blick. „Ich.. ich hatte mir einen Plan ausgedacht. Wir springen über die Brüstung und entkommen so. Ich nehme nicht an, dass ihr den Aufweg hinunter wollt, wo jetzt der Kampf tobt“: erzählte er, doch nur wenige Augenblicke später verfiel er wieder den roten Augen in seinen Armen.

Draußen wurde der Ton langsam rauer. „Ja schneidet diesen Kötern die Klöten ab. Treibt sie zurück. Ich will Skampenblut!“: ertönte Ilucarias sonore Stimme von draußen. Kurz darauf erklang eindeutig unirdisches Kreischen, gefolgt von irrem Lachen. Tirian klammerte sich derweil weiter an den roten Augen fest. Dreveni packte ihn wieder fest am Arm und zog nun ihn wie auch den Guar hinter sich her nach draußen. „Niemand nimmt mir mein Land ihr Bastarde. ES GEHÖRT MIR!“: erklangen Ilucarias Schreie. Tirians Blick glitt zur Seite. Er sah sie mit einem Dolch, der ihm sehr bekannt vorkam, Skampe und einen Mann in Robe aufschlitzen. Sie war von oben bis unten voll mit Blut. Der Kampf tobte zwar auch auf dem Plateau aber gemessen am Lärm noch mehr vor der Festung. In diesem Getümmel war es ihnen glücklicherweise möglich sich unerkannt zwischen den Zelten hindurch zum Rand der Festung zu schleichen. Der Pfeil- und Bolzenhagel war überstanden so drohte auch keine Gefahr mehr von oben, der Tirian im Moment ohnehin keine Aufmerksamkeit schenkte, da er sich intensiv um die Skulptur in seinen Armen bemühte. Er wusste nicht wieso, aber er konnte sich davon einfach nicht trennen. Der rot-schwarze Vulkanstein, die roten Augen, die seltsame Aura. Es zog ihn regelrecht magisch an. Sein Blick löste sich erst wieder davon, als sie plötzlich anhielten.

Dreveni stand an der Brüstung der Festung und beugte sich hinüber. Sie runzelte ihre Stirn. „Springen?“: schlug der Heiler vor. Die Assassine drehte sich kopfschüttelnd zu ihm um. „Springen? Seid ihr verrückt?! Das Plateau ist zwar geneigt, aber viel zu hoch. Der Heiler schaute die Skulptur an, legte den Kopf schief und lächelte dann. „Der Plan. Vergesst den Plan nicht“: sagte er und trat selbst an die Brüstung heran. „Schaut dort“: sagte er und zeigte mit dem Finger in die Ferne. Die Assassine folgte seinem Zeigefinger und lehnte sich etwas vor. In diesem Moment bildete sich eine leicht blaue Aura um Tirians Hand. Er legte sie der Dunmer auf die Schulter. Sie drehte noch ihren Kopf zu ihm herum, als die Magie übersprang. Mit einem Lächeln, gab er ihr einen Stoß. Um nicht über die Brüstung zu fallen, sprang sie stattdessen von der Kante mit einem überraschten Aufschrei ab. Tirian wirkte den Akrobatikzauber sowohl auf sich als auch den Guar, den er mit leichten Blitzen in der Handfläche ebenfalls zu einem Sprung brachte. Im Moment in dem auch er sich mit einem Sprung von der Brüstung aus der Festung flüchtete, ertönte hinter ihm Ilucarias Stimme. Schon in der Luft drehte er den Kopf und sah die Altmer, mit Blut besudelt wie ein tollwütiger Metzger, zu ihm herüber schauen. „Dreveni! Ihr Bastarde! Niemand verrät mich. Niemand!“: schrie sie. Tirian hielt schon die linke Hand vor sich und legte den Kopf auf die Brust, um sich abzurollen. Der rechte Arm hielt weiterhin die roten Augen umklammert. Wie in Zeitlupe nahm er wahr, wie die Altmer Armbrustschützen heranholte. Sie legten an und schossen. Sie selbst stürmte bereits auf die Brüstung zu. Tirian setzte auf. Er fühlte sein eigenes Gewicht deutlich auf seinem Handgelenk lasten und spürte gleichzeitig die stabilisierende Wirkung seines Zaubers. Andernfalls hätte er sich womöglich etwas gebrochen. Sie konnte er sich einige Meter tiefer auf der Schräge abrollen und noch einmal abstoßen und fiel schließlich wie eine Katze auf die Füße als er unten ankam. Es dauerte einen Moment, bis er sich wieder zurechtfand und er sich versichert hatte, dass der Statuette Nichts geschehen war.

Seine Aufmerksamkeit wurde schnell von einer wütenden Dreveni wieder auf sich gezogen. Doch bevor sie etwas sagen oder tun konnte, flogen auch schon die ersten Bolzen nach unten. Dreveni griff so nur nach seinem Arm und schleifte ihn hinter sich her, auf direktem Weg weg von der Festung. Hinter ihnen tobte Ilucaria auf den Wällen, wilde Drohungen und wüste Beschimpfungen ausstoßend. Sie ließ ihre Schützen feuern, aber offenbar waren ihre besten Männer noch mit den Angreifern beschäftigt. Die wenigen Bolzen verfehlten sie, wenn auch nur knapp. Irgendwann waren sie außer Reichweite der Armbrüste. „DREVENI!“: brüllte sie immer wieder. Doch, sie befanden sich beinahe außer Sichtweite, erklang eine andere Stimme. Auch sie rief den Namen der Dunmer, doch es handelte sich dabei um eine Männerstimme. Dreveni blieb wie vom Donner gerührt stehen und wandte sich um. Von dem plötzlichen Halt wieder aufgeschreckt, riss sie Tirian von der Betrachtung seiner Augen los und er wandte sich ebenfalls wieder nach Falensarano um. Klein sah er die Altmer mit ihrem Dolch auf dem Plateau stehen. Sie hielt die Klinge einem hochgewachsenen Dunmer an die Kehle. „Dreveni! Hast du nur einen Moment gedacht, dass dein Liebhaber damit durchkommen würde? Niemand hintergeht mich. NIEMAND! Fühl dich nirgendwo auf Vvardenfell sicher. Die Morag Tong wird dein geringstes Problem sein. HÖRST DU!“: brüllte sie schäumend für Wut in die Ebene. Einen Moment später zuckte ihr Arm schnell zur Seite und der Dunmer ging zu Boden. Dreveni schaute dem ungerührt zu. Tirian kümmerte sich lieber weiter um die Statue, als die Attentäterin ihn weiter mit sich zog. Noch eine Weile klang das irre Lachen der Söldnerin im Wind nach. Sie selbst liefen und liefen, hielten sich von den Wegen fern und machten auch keine Pause als es zu dämmern begann, sondern erst als die Dunkelheit schon hereingebrochen war.

Der Heiler lehnte sich, völlig erschöpft an einen Baum, an dem sie vorbeikamen, ließ sich zu Boden sinken und blieb sitzen. Selbst Dreveni forderte ihn nicht mehr dazu, wieder aufzustehen, sondern setzte sich ebenfalls zu ihm. „Wir sollten kein Feuer entzünden“: entschied die Assassine. Tirian war es egal. Er hatte die roten Augen. Er hatte alles, was er brauchte.