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Thema: Die Erben der Häuser

Hybrid-Darstellung

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  1. #1

    Weidenländer, Falensarano

    [Dreveni]
    Mit wachsendem Entsetzen hörte sie zu, was der Assassine ihr sagte. Er war also nicht nur aus der Dwemerruine entkommen, er hatte auch noch Zeit gefunden, einen offiziellen Mordauftrag gegen sie unterzeichnen zu lassen. Sie saß weit tiefer in der Scheiße, als sie es bis jetzt gedacht hatte. Aber immerhin schien er vorzuhaben, sie gleich umzubringen, und den Teil mit der Folter dieses Mal zu überspringen.

    Den Heiler bemerkte sie nicht, da sie sich ganz auf den Dolch in der Hand ihres Gegners konzentrierte, weshalb auch sein Aufruf, als er die Tür komplett aufstieß, für sie ebenso überraschend kam wie für den Assassinen, der aus Reflex auch noch den Kopf herumriss. Dass er die Robe des Heilers ins Gesicht bekam, irritierte ihn nur kurfristig, aber das genügte. Dreveni war eh schon auf dem Sprung, da sie nur darauf gewartet hatte, dass der Andere endlich auf sie losgehen, und sie nicht mehr nur beobachten würde. Blitzschnell hatte sie den Dolch gezogen und überbrückte die Distanz zu dem Mörder mit wenigen Schritten. Dieser hatte sich allerdings schon wieder gefangen, griff ihr an das rechte Handgelenk und wollte ihr den Arm verdrehen, erwischte sie allerdings nicht ganz so wie geplant. Bevor er selbst mit seinem Dolch zustoßen konnte, hatte sie ihm ebenfalls in den Arm gegriffen, und wollte ihm die Waffe entwinden, da drehte er sie durch ihren eigenen Schwung halb herum, so dass sie mit dem Rücken zu ihm stand, und versuchte ihren Arm mit dem Dolch so zu drehen, dass er ihr die eigene Waffe in den Bauch rammen konnte. Sein Griff um ihr Handgelenk fühlte sich an wie ein Schraubstock, trotz seiner drahtigen Statur war er ziemlich kräftig. Weit kräftiger als Dreveni, und er hatte mindestens genausoviel Ahnung vom Kampf mit Dolchen und Messern, wenn nicht sogar noch mehr. Nachdem ihr gerade nicht viel anderes übrig blieb, trat sie schwungvoll mit dem Fuß nach hinten aus. Sie erwischte den Angreifer von unten am Knie, was ihn schmerzerfüllt aufkeuchen und ihn seinen Griff - wenigstens kurzfristig - lockern ließ. Das reichte ihr, um ihren Arm mit der Waffe wieder freizubekommen.

    Von außen wirkte das Ganze wie ein verschlungenes Kneuel von Armen und Dolchen, und es wäre sehr schwer gewesen, dazwischen zu gehen und dabei nur einen von beiden zu treffen.

    [Tirian]
    Die stinkende Wäsche behinderte den Attentäter leider nicht so sehr wie gehofft. Schnell war er wieder aktiv, aber Lyviani stürmte rasch heran. Mit ihrem Dolch in der Hand ging sie auf ihren Gegner los. Dieser hatte sich allerdings soweit gefangen, dass er die Attacke rasch parieren und kontern konnte. Tirian konnte dem Verlauf des Kampfes nicht mehr folgen, denn viel zu sehr verhedderten sich die beiden Auftragsmörder in einander und versuchten sich gegenseitig abzustechen. Erst nach einigen Augenblicken konnte er sich von diesem interessanten Anblick lösen. "Ich muss ihr helfen": dachte er nur, wandte sich zum Wäschestapel um, um nach seinem Schwert zu greifen. In dieser Balgerei einen Zauber zu versuchen war hochgefährlich. Wenn er die Dunmer traf, dann konnte alles vorbei sein. So ließ er sich gar nicht erst darauf ein und wollte lieber an seine Waffe kommen, um ihr so zu helfen. Er hatte gerade das Heft gepackt und wollte es zu sich hochziehen, als er sich jemand auf die Scheide stellte und ihn so am Herausziehen hinderte.

    Der Blick das Heilers glitt nach oben und fand das Antlitz der Anführerin der Söldner. Mit schief gelegtem Kopf und einem leichten Lächeln schaute sie auf ihn herab. "Ihr wollt eurer Freundin doch hoffentlich nicht den Spaß verderben. Oder mir...": sagte sie und zog nun ihre eigene Klinge hervor und richtete sie auf seine Kehle. Er schluckte und erhob sich ganz langsam aus seiner gebückten Position. Sie schob in die zwei Schritte zurück zur Tür, damit sie auch sehen konnte. Noch immer rollten die Beiden Kontrahenten auf dem Boden, Mordlust im Blick und nur auf den Moment zum Zustechen wartend. "Verflucht was soll das. Sie braucht meine Hilfe": schrie Tirian sie an. Er hatte Angst um seine Begleiterin, denn ihr Gegner schien wirklich fähig zu sein. "Sie schafft das schon allein und wenn nicht dann nicht. In jedem Fall haben wir hier ein schönes Schauspiel": sagte sie genießerisch und leckte sich über ihre Schneidezähne.

    [Dreveni]
    Als Dreveni endlich wieder ihren Arm mit dem Dolch frei bekommen hatte, merkte sie auch schon, wie ihr ein Bein weggezogen wurde. Allerdings stand der Assassine selbst so unsicher, dass er sie nicht so kontrolliert zu Boden bringen konnte, wie es wohl seine Absicht war, und so landeten sie beide zwischen den Waschzubern. Es grenzte an ein Wunder, dass sich im Fallen keiner von beiden einen der Dolche in den Körper rannte, und Dreveni schaffte es sogar, ihm mit ihrem Ellenbogen an die Nase zu schlagen dass sie blutete, wenn auch eher unabsichtlich. Sie selbst rollte unsanft über ihre rechte Seite und wurde so wieder an die Prellung erinnert.
    Dass inzwischen die Altmer Tirian daran gehindert hatte, einzugreifen, bemerkte sie nur am Rande, einzig sein Ruf, dass er ihr helfen musste, drang an ihr Ohr. Du hältst dich da raus. Das geht nur uns beide etwas an., dachte sie sich, als ihr Kontrahent ihr unsanft an den Haaren zog. Sie revanchierte sich mit einem Biss in seine Hand, die sich gerade so schön in Reichweite vor ihrem Gesicht befand. Als sie Blut in ihrem Mund schmeckte, und seinen empörten Aufschrei hörte, registrierte sie befriedigt, wie fest sie gebissen hatte. Da ergab sich auch schon die Chance, auf die sie die ganze Zeit gewartet hatte, und zwar, endlich wieder aufzustehen. Hier am Boden hatte sie wenig Chancen, wenn es ihm gelang, sie richtig festzuhalten, er war ja schon einmal viel schwerer als sie selbst. Keine Sekunden später war der Dunmer ebenfalls wieder auf den Beinen und sie umkreisten sich lauernd zwei, drei mal.
    Sie boten beide einen reichlich ramponierten und zerzausten Anblick, aus seiner Nase lief immer noch Blut und Dreveni hatte einen feinen Schnitt auf ihrer linken Wange abbekommen.
    Als er noch auf eine Reaktion von ihr wartete, griff sie wieder an, täuschte einen Stich von rechts oben an, und als er wie geplant wieder mit seiner Hand in ihren Stich fiel, und mit seiner zweiten ebenfalls ausholte, hob sie ihr Knie und trat ihm kräftig zwischen die Beine. Dieses mal schrie er nicht, sondern stöhnte nur und krümmte sich. Sie schob ihn an die linke Seitenwand des Raumes, die nicht mehr weit entfernt war, schlug seine Hand mit der Waffe dagegen, so dass er seinen Dolch fallen ließ, den er ohnehin nicht mehr sonderlich fest gehalten hatte. Sie hielt ihn ihre eigene Waffe mit der Linken an die Kehle, zog ihr Stilett unter ihrem Ärmel hervor und stach es durch die Rüstung, unterhalb seines Brustbeines, bis die Spitze in seine Haut bohrte. Sie würde den Teufel tun und ihm nun die Kehle durchschneiden, wenn sie genau vor ihm stand.
    "So, du •••••••••.", zischte sie ihm zu und sah ihm in die Augen. Dort konnte sie zur ihrer Enttäuschung keine Angst sehen, nur blanken Hass, gemischt mit Schmerz.

    [Tirian]
    Fasziniert verfolgten sie den Kampf. Auch wenn es stellenweise so aussah, als würde doch der Tong-Attentäter die Oberhand behalten, brachte Lyviani ihn mit einem Tritt in seine Weichteile zum Schwanken und nagelte ihn schließlich an die Wand zu ihrer linken. Die Altmer stieß ihn nun in den Raum hinein und steckte dann ihr Schwert weg. Die Assassine stand nun vor ihrem hilflosen Gegner und kostete den Moment scheinbar voll aus. Der Dunmer hob seinen Kopf und erkannte scheinbar die Altmer. "Was steht ihr da so herum. Helft mir gefälligst": rief er. Die Altmer lächelte nur süffisant. "Ich habe einen Exekutionserlass. Es ist höherer Wille das diese ••••": er unterbrach für einen Schmerzenslaut, denn scheinbar drehte die Dunmer ihr Stilett etwas "Die Tong hat beschlossen sie zu töten. Ihr würdet etwas von der Belohnung bekommen. Wenn ihr ihr helft, dann wird euch der Zorn meiner Brüder treffen. Die Gesetze von Vvardenfell...": faselte er weiter. Die Altmer lachte. "Hier in dieser Festung herrscht allein mein Gesetz und überall dort um mich, wo mein Schwert hinreicht, herrscht auch mein Gesetz. Vvardenfell ist mir ebenso egal wie eure kleine Gilde von kleinen, mordenden Ratten": sagte sie. Lyviani ließ das Gespräch offenbar gewähren, aber ihre angespannte Körperhaltung verriet, dass sie sich nur mühsam beherrschen konnte. "Ihr habt euch in meine Festung geschlichen, euch hier Unterkunft erschlichen und dann entdeckt ihr in einem meiner Gäste zufällig ein Opfer! Ihr seid Nichts weiter als ein Insekt, dass unter einem Stiefel zertreten gehört. Ich habe euch eine kleine Chance gegeben mir einen amüsanten Kampf zu bieten und euer Ziel zu erledigen. Ihr habt versagt und werdet jetzt zerquetscht, wie das Ungeziefer, dass ihr und eure Zunft seid": meinte sie bloß lapidar. "Nur zu. Tötet dieses Wiesel. Ihr habt es euch verdient": fügte die Altmerin selbstherrlich an.

    Tirian sah ihre Mordlust. Ohne Zweifel würde sie es tun. Sie wollte es tun und sie wünschte es sich sogar. Und doch. Auch dies wollte er nicht zu lassen. Nicht noch einen Hilflosen. Nicht das er besonderes Mitleid mit dem Assassinen empfand. Ganz anders als noch mit dem geschlagenen Söldner damals. Aber es war auch nicht richtig ihn jetzt einfach zu töten. Blut musste nicht unbedingt mit Blut vergolten werden. "Lyviani tu es bitte nicht. Lass uns einfach weitergehen": bat der Heiler obwohl er schon ahnte, dass sein Bitten vergebens sein würde. Sie hatte ihn ausgeschaltet. Er war im Moment keine Bedrohung mehr. Sie musste es nicht tun und sich noch mit einem Toten belasten und ihn gleich mit. Seine Begleiterin wandte kurz ihren Kopf um und sah ihn mit eiskaltem Blick an. "Ja, tötet diesen Bastard. Zu einem Sieg gehört auch der Tod und der Geschmack von Blut. Was ist schon ein Leben im Vergleich zu dem Gefühl es jemandem zu nehmen? Das dort ist kein Mer. Das dort ist jetzt nur noch Abfall. Tut es!": stachelte die Altmer die Assassinin an. Ihr Blick war immer noch auf Tirian gerichtet. Ein grausames Lächeln erschien in ihrem Gesicht "Halt dich da raus": sagte sie nur und umfasste den Griff des Stiletts fester. Er wollte nach vorne stürzen, wieder ihren Arm packen, doch wurde er heftig gepackt und schließlich in den Schwitzkasten genommen. Die Söldnerin hatte ihn fest in ihrem Griff. Der Heiler schloss die Augen, um es nicht mit ansehen zu müssen.

    [Dreveni]
    Erst als der Assassine die Altmer und Tirian ansprach, nahm Dreveni deren Gegenwart so richtig wahr. Sie machte sich bereit, zuzustechen, sollte die Söldnerin dem Bastard tatsächlich zur Hilfe eilen, doch die machte glücklicherweise keine Anstalten. Nur Tirian versuchte doch tatsächlich, sie zu überreden ihn laufen zu lassen.
    Trau dich Tirian. Ich nagel deine Hand mit meinem Dolch an die Wand und steche ihn dann ab., dachte sie sich, während sie ihn anfunkelte. Dieses Mal würde sie sich nicht auf lange Diskussionen einlassen, nicht jetzt, nachdem es gerade eben schon um Leben und Tod gegangen war.
    "Dein Zorn wird jedenfalls niemanden mehr treffen. Auch wenn ich dir zu gerne - wie bei Llevas - dein hässliches Gesicht verzieren würde. Und ich würde dich auch wirklich gerne dann so laufen lassen. Nicht ohne noch etwas Salz hinein zu schmieren und dich so in der Wüste auszusetzen, dass du erst wieder auf einen Heiler triffst, wenn du Narben hast, die dich bis auf dein Lebensende jeden beschissenen Tag daran erinnern, wie verflucht dämlich du heute warst.", zischte sie dem Mörder zu, und drehte gleich danach den Kopf weg, denn er wollte ihr glatt ins Gesicht spucken.
    "Leider, leider wird es dazu nicht mehr kommen." Mit diesen Worten stieß sie ihm das Stilett in einem leichten Winkel nach oben in die Brust, und kippte es dann nach unten. Hätte sie nicht das Herz getroffen, würde er jetzt mit Sicherheit innerlich verbluten, wenn sich der Heiler nicht einmischte, und danach sah es nicht aus. Sie sah ihm ins Gesicht, sah seine Augen sich verdrehen. Es machte den Eindruck, als wolle er noch etwas sagen, aber er würgte nur einen kleinen Schwall Blut nach oben, dass ihm über die Lippen lief. Sie zog das Stilett wieder aus seiner Brust und ließ ihn zu Boden sinken.
    Sie schien gut getroffen zu haben, denn kaum lag er, wurden seine Augen auch schon starr und sahen stumpf an ihr vorbei, in Richtung Tür. Sie steckte den Dolch weg, wischte das Stilett an seinem Mantel ab und begann dann die Leiche abzusuchen, bis sie den Erlass fand. Er war tatsächlich auf ihren Namen ausgestellt. Sie hatte gehofft, dass er in diesem Punkt gelogen hatte, um ihr Angst zu machen, aber es war tatsächlich wahr. "Verflucht.", sagte sie leise. Ihr Blick fiel auf seinen Dolch, der noch an der Wand lag, wo er ihn fallen gelassen hatte, und nahm ihn. Auch wenn sie aus der Dwemerruine nichts von den getöteten Assassinen an sich genommen hatte, war das hier doch ihre ganz persönliche Trophäe. Schließlich richtete sie sich auf und sah Tirian an.

    [Tirian]
    Er öffnete erst wieder die Augen, als die Altmer ihn aus ihrem Griff entließ. Der Dunmer lag bereits leblos zu Füßen seiner Begleiterin. Sie fledderte seine Leiche, nahm sowohl ein Stück Papier, vermutlich den Erlass, als auch den Dolch des Attentäters an sich. Fest sah sie ihm ins Gesicht. Er wich ihrem Blick aus und kniete neben dem Toten nieder. Er befühlte dessen Hals. Tatsächlich kein Puls mehr. Der Mann war tot, wie es bei einer ausgebildeten Assassine wie seiner Begleiterin zu erwarten war. Die Altmerin schnippte mit den Fingern und sofort kamen zwei bullige Söldner, ein Rothwardone und ein Nord, in den Waschraum. "Werft das da in die Kanalisation. Sollen sich die Ratten an ihresgleichen gütlich tun": meinte sie und zeigte mit einer wegwerfenden Geste auf den Körper des Toten. Diese Verächtlichkeit widerte den Heiler geradewegs an. Wie konnte man einen Mer nur wie ein Stück Fleisch behandeln. Er schloss die Augen, um sich zu beruhigen, doch brachte die Söldnerin ihn mit ihrer nunmehr ausgelassenen Stimmung noch etwas mehr auf die Palme. Seine Kopfschmerzen, die nun, da die Anspannung abklang, wieder deutlicher zu Tage traten, waren seiner Beruhigung nicht gerade zuträglich. "Kommt. Lasst uns etwas trinken. Wein für das Blut, das ihr vergossen habt. Ich glaube euren Freund brauchen wir damit nicht zu belästigen. Er scheint mir nicht so guter Laune zu sein": meinte sie und lachte wieder. Lyviani verwies noch auf die Kleidung die gewaschen werden musste. Diesem Einwand begegnete das verrückte Frauenzimmer mit einem weiteren Fingerschnippen. Ein weiterer Wachmann brachte zwei sehr müde aussehende Khajiiten herein. "Die Beiden haben im Moment keine sinnvolle Beschäftigung, sodass sie vor Langeweile schon eingeschlafen waren. Die werden das erledigen und euch die Kleidung auf die Kammer bringen, aber nun kommt. Ich gebe euch einen auf diese erfolgreiche Rattenjagd aus." Etwas umständlich und widerwillig ließ sich die Assassine aus dem Raum geleiten. "Du bist wie sie": rief Tirian ihr bitter nach, denn für ihn blieben sich Lyviani und die Altmer im Moment gleich. Er blieb schließlich allein mit den beiden Sklaven im Raum zurück.

  2. #2

    Weidenländer, Falensarano

    Dreveni merkte, wie Tirian ihrem Blick auswich, als er neben der Leiche kniete, und versuchte, noch den Puls des Dunmers zu fühlen. Lass es gut sein. Ihm kannst du nicht mehr helfen., dachte sie sich, da schnippte die verrückte Altmer auch schon ihre Söldner herbei, um die Leiche zu entsorgen. Wo bei Mephala war sie hier nur gelandet? Ausdruckslos beobachtete sie das treiben, auch wie die beiden Sklaven herbeigerufen wurden, auf ihren Einwand hin, dass sie hier noch etwas zu erledigen hatte. Die Altmer schien wild entschlossen, ihr unbedingt einen auszugeben, und ihr viel kein Grund ein, das auszuschlagen. Es wäre ohnehin mehr als schlecht, sie zu verärgern.
    Schließlich wurde sie von der Söldnerin fast aus dem Raum gezogen, da hörte sie, wie ihr der Heiler hinterher rief: "Du bist wie sie!" Sie schloss kurz die Augen, aber es traf sie nicht wirklich. Nein, sie war nicht wie die Söldnerin. Sie war eine Assassine, genau wie der Dunmer, den sie gerade getötet hatte. Und auch wenn Tirian es nicht sehen wollte, wusste er doch seit Vos genau, wer - oder besser was - sie war. Und daran konnte weder er noch sonst jemand etwas ändern, egal, wie oft er noch bat, dass sie jemanden verschonen sollte. Es war einfach ihre Welt, in der galten andere Gesetze als es Tirian gewohnt war.
    Sie hätte ihn gehen lassen sollen.
    Bei diesem Gedanken verzog sich ihr Mund zu einem bitteren Lächeln. Wenn es doch nur so einfach hätte sein können. Glaubte Tirian wirklich, der Assassine wäre auf Knien rutschend von Dankbarkeit aus der Festung verschwunden?
    Über diese Gedanken merkte sie gar nicht, dass sie schon die Gaststube erreicht hatten, und sie von der Söldnerin in einen Stuhl gedrückt wurde. Sie bemühte sich, gute Miene zu dem ganzen zu machen, um die Altmer auf keinen Fall zu reizen.
    "WEIN!", brüllte die Söldnerin einem ihrer Männer in Ermangelung eines Sklaven zu. "Den Guten. Nicht den Dreck, den die Händler und ihr bekommt",rief sie noch hinterher.

    Dreveni zuckte bei dem Gebrüll der Söldnerin kurz und fast unmerklich zusammen, und wurde dadurch endgültig aus ihren Gedanken gerissen. Hier unten brannten immer noch die Öllampen und Fackeln, und von irgendwoher waren auf einmal auch wieder einige der Söldner gekommen. Wurde es schon wieder morgen? Sie hätte es beim besten Willen nicht sagen können.
    Inzwischen waren die Männer mit dem Wein und ein paar Kelchen wieder aufgetaucht, einer davon wurde vor Dreveni auf den Tisch geknallt, die beschlossen hatte, außer einem freundlichen: "Danke", in Richtung er Altmer erst einmal gar nichts zu sagen, und sich statt dessen das mittlerweile geronnene Blut von der Wange zu wischen.
    Die Altmer goss den Wein für beide ein. "Rot wie Blut, schwer Blut, nur nicht so eisern", meinte sie kichernd. "Der hier ist aus Hochfels. Ein gutes Anbaugebiet. Schwere, gute Böden. Das Land dort hat viel Blut gesehen. Man schmeckt diese Note im Wein", sagte sie und nahm einen großen Schluck. "Ah hervorragend. Lasst uns nun auf diesen herrlichen Kampf anstoßen": sprach sie feierlich und erhob ihren Kelch. Sie sah Dreveni auffordernd an.
    Bei den letzten Worten der Altmer waren alle Zweifel ausgeräumt, die Dreveni vielleicht noch zu dem Geisteszustand der Söldnerin gehegt hatte. Die Frau war komplett irre, und schien auch noch einen seltsamen Fetisch zu haben, was Blut anging. Nicht dass Dreveni mit Blut an sich ein Problem gehabt hätte, nur konnte sie auf dessen Geschmack gut verzichten, was sie gerade wieder gemerkt hatte, als sie den Assassinen in die Hand gebissen hatte. Es blieb ihr aber nichts anderes übrig, als das Spiel der anderen mitzuspielen, und so hob sie den Kelch ebenfalls um mit ihr anzustoßen: "Auf den Kampf. Auf den Sieg über diese elende Ratte, möge sie in der Kanalisation verrotten." Dabei schaffte sie es tatsächlich noch, einen leicht fiesen Ton in ihre Stimme zu legen, obwohl sie eigentlich am liebsten nur noch hier raus wollte. Auf das Plateau auf der Festung, ihretwegen auch noch in die Kammer - solange dort nicht Tirian war - nur weg von dieser Verrückten.
    Und weg von diesem Lärm, sie musste nachdenken, und das konnte sie hier und jetzt wirklich nicht.
    Die Altmer lächelte und nahm noch einen kräftigen Schluck. "Ihr seid vom richtigen Schrot und Korn, Dreveni. Das lässt sich über euren Freund nicht gerade sagen", meinte sie. "Warum zieht ihr überhaupt mit solch einem Hasenfuß über Land?": wollte sie wissen.
    Dreveni nippte ebenfalls an dem Wein, der tatsächlich so gut war, wie die Söldnerin versprochen hatte. "Wir haben einen Vertrag, und er zahlt gut.", antwortete sie, ohne konkret zu werden und sah die Altmer dabei wachsam an.
    "Er ist also gar kein Freund von euch? Das ist ja hervorragend, ich wollte auch schon an euch zweifeln. Ein Kunde also? Egal was er euch geboten hat. Ich zahle besser und bei mir müsst ihr euch nicht mit seinem Gewissen herumschlagen. Das wäre ja auch langweilig", sagte die Altmer. "Ich hätte ihm vermutlich schon längst die Zunge rausgeschnitten", überlegte sie laut und schwenkte den Rest wein in ihrem Kelch. "Manche Nord fertigen sich aus den Zungen und Ohren ihrer Gegner Halsketten an...", schweifte sie gedankenverloren ab.
    Halsketten... Das war ein gutes Stichwort, dachte sich Dreveni. Auch wenn sie sich selber auf die Ohren dieser arroganten Ziege beschränken würde. "Es gibt da noch weitere Vereinbarungen...", antwortete Dreveni vorsichtig, während sie mit der Hand den Stiel des Kelches entlang strich. "An was für Aufträge hättet ihr denn gedacht?", fragte sie schließlich noch, während sie überlegte, wie sie sich da am besten rausreden konnte. Da fiel ihr Blick auf einen Dunmer, der sich schräg hinter die Altmer an einen der Tische gesetzt hatte. Er sah ebenfalls zu Dreveni herüber, so konnte sie sein Gesicht voll sehen. Über der rechten Gesichtshälfte zog sich eine Narbe von der Stirn übers Auge bis zum Mundwinkel, aber abgesehen davon sah er nicht schlecht aus. Auch das was sie von seinen Oberarmen unter der kurzärmligen Tunika sehen konnte, wirkte vielversprechend. Sie ließ sich nur kurz ablenken, dann glitt ihr Blick wieder zu der Söldnerin.
    Die Altmer folgte unmerklich Drevenis Blick. "Wenn ihr euch gut macht, sehr viele. Ihr könntet uns begleiten. Im Moment allerdings habe ich eine Diamantenmine an der Grenze zur Molag Amur ins Auge gefasst. Sagen wir, dass wir noch Gelder aus unserem Vertrag von dort erwarten, aber bisher nicht bekommen haben. Natürlich wollen die dortigen Verwalter Nichts davon wissen, dass wir ein Abkommen getroffen haben, behaupten es gäbe keinen Vertrag und solche Sachen. Aber natürlich haben wir die Daedra auch für die ferngehalten und deshalb verlange ich eine entsprechende Entlohnung dafür - natürlich in Naturalien. Stellt euch Schatullen voller Diamanten vor. Da ich natürlich nicht riskieren will, dass wir noch einmal ausrücken müssen, wenn die Raten ausbleiben, wäre es doch gut, wenn ein paar von meinen Jungs dort blieben und sie freundlich an ihre Abgaben erinnerten. Zuvor müssen aber noch ein paar Wachen aus dem Weg geräumt werden, die unberechtigterweise Anspruch auf meine Edelsteine erheben", erzählte sie von dem Auftrag und ballte beim letzten Satz wütend die Fäuste. Dann entspannte sie sich ebenso schnell wieder. "Was auch immer das noch für vertragliche Verpflichtungen sein mochten, ich bin mir sicher, dass der Glanz ein paar schön funkelnder Steinchen, doch sicher eine gute Entschädigung sein dürfte", sagte sie und genoss noch etwas Wein.
    Dreveni hörte dem Angebot der Altmer geduldig zu, und wechselte dabei noch den einen oder anderen Blick mit dem Dunmer hinter dieser.
    Es klang wirklich verlockend, was die andere erzählte, wäre Dreveni eine Söldnerin gewesen. War sie aber nicht, und tatsächlich hatte sie spätestens jetzt den festen Vorsatz gefasst, dass dies der absolut letzte Auftrag dieser Art war, den sie annehmen würde. Von nun an würde sie wieder ausschließlich allein arbeiten, und sich auf das beschränken, was sie konnte und mit Leidenschaft tat, und nichts anderes.
    "Das Angebot klingt in der Tat verlockend.", antwortete sie schließlich, wobei sie der Altmer fest in die Augen sah. "Und ich hoffe ihr habt Verständnis, dass ich euch nicht jetzt sofort eine Zusage erteilen kann.", versuchte sie sich unauffällig aus der Affäre zu ziehen und gleichzeitig die Söldnerin in dem glauben zu lassen, dass sie das Ganze ernsthaft in Erwägung zog, "aber da gibt es tatsächlich noch die eine oder andere Sache mit meinem Begleiter wenigstens zu klären. Ich muss zumindest noch einmal kurz mit ihm sprechen. Später. Wenn sich seine schwachen Nerven wieder etwas beruhigt haben.", fügte sie noch mit einem zynischen Lächeln hinzu, und hielt der Altmer wieder den Kelch zum Anstoßen hin. Vielleicht ergab sich ja Tagsüber die Gelegenheit, unauffällig zu verschwinden. Da fiel ihr Blick wieder auf den Dunmer, der ihr inzwischen mehr als eindeutige Blicke zuwarf. Warum eigentlich nicht?

    "Darüber nachdenken!", rief die Altmer aus und lachte. Dann legte sie ihre Hand auf Drevenis und strich sacht darüber. "Das ist gut, dass ihr darüber nachdenken wollt", sagte sie und lächelte verständnisvoll. Im nächsten Augenblick straffte sich ihr Arm und zog Dreveni überraschend zu sich über den Tisch. Mit verengten Augen schaute sie ihr Gegenüber an. "Vielleicht denkt ihr dabei auch gleich darüber nach, wie ihr besser lügen solltet! Ihr meintet wohl ihr würdet euch mit eurem Begleiter heimlich davonstehlen. Das wolltet ihr doch sagen, oder?! ODER?!", fuhr sie die Assassinin an. Sie ließ ihrem Arm los und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. "Soll euch Zeit zum Nachdenken geben, während ich eurem Begleiter hier die Haut bei lebendigem Leibe abziehen lasse und ihm das kleine naive Herz durchbohre!? Dann gibt es keinen Vertrag mehr zu erfüllen!", fragte sie, nur um sich dann wieder vorzubeugen und ruhig von ihrem Wein zu trinken. "Ich kann euch natürlich nicht zwingen. Ich weiß das nur zu gut. Mein Vater wollte mich auch zwingen Hofmagierin in Summerset zu werden. Stellt euch das vor. Hofmagierin für einen König, der selbst der Magie mehr als mächtig ist!": sagte sie dann wieder mit ruhigerer Stimme. "Ihr seid wie eine Zwillingsschwester. Wir sind uns ähnlich, daher verstehe ich das. Also denkt noch einmal über mein Angebot nach": wechselte sie nun zu einem gönnerhaften Tonfall und lächelte wieder, um dann nochmals die Kelche zu füllen.
    Dreveni hatte, während sie von der Altmer im wahrsten Sinne des Wortes über den Tisch gezogen wurde, die andere Hand fester um den Griff des Dolches des Assassinen geschlossen, welchen sie unter dem Tisch auf ihrem Schoß liegen hatte. Ihr kam langsam der Gedanke, ob ihr der Rest der Söldnerbande nicht dankbar wäre, wenn sie dieses kranke Weib einfach abstach. Hier, mitten in der Gaststube. Sie mochte vielleicht in den letzten Wochen etwas aus der Übung sein, aber sie traute sich noch absolut zu, ihr Stilett in einem Auge der Altmer zu versenken, noch bevor jemand auch nur auf zwei Schritte heran war. Andererseits hatte sie nie selbstmörderische Tendenzen verspürt, wenn es um die Erledigung eines Auftrags ging, und so war ihr das Risiko zu groß, dass ihre Gedanken falsch sein könnte.
    "Es freut mich dass ihr es versteht. Es geht mir auch weniger um meinen kleinen, feigen Begleiter. Ich möchte mir - uns - nur gerne alle Optionen offen halten. An diesem Auftrag hängt nämlich mehr als nur dieser kleine Dunmer. Und falls es sich jemals ergibt, möchte ich uns den Weg in Cyrodiil nicht unnötig erschweren. Was leider der Fall wäre, würde dieses Jüngelchen zu Schaden kommen. Deswegen muss ich mich mit ihm im Guten einigen."
    Sie hoffte ernsthaft, dass diese Irre die Finger von Tirian lassen würde. Andererseits konnte der Heiler sich seiner Haut schon gut erwehren, wenn es sein musste.
    Da merkte sie wieder den Blick des Dunmers auf sich, und sie fragte, auch um das Thema zu wechseln: "Gehört der da zu euch?", und nickte dabei leicht in seine Richtung.
    Die Altmerin zog einen Schmollmund. "Überlegt es euch. Das Angebot steht weiterhin. Cyrodiil ist doch so ein langweiliger Flecken", bedauerte sie. Erst dann folgte sie dem Nicken. "Ihr beobachtet ihn schon eine Weile. Er ist auch ein schönes Stück Fleisch, nicht wahr?", sagte sie und leckte sich über die Schneidezähne. "Ja er gehört zu meinen Männern. Ganz unter uns. Er hat sich regelrecht darum gerissen, euch beobachten zu dürfen. Ich wollte den großen Jungen nicht dadurch enttäuschen, dass ich ihn auf euren Begleiter ansetze", meinte sie und sprach dem Wein weiter zu. "Ich kann ihn nachher auf eure Kammer schicken und dafür sorgen, dass sich euer Kunde eine Weile nicht dort blicken lässt", bot sie gönnerhaft an. "Er dürfte auch schon etwas ausgehungert sein. Von den Sklavinnen sind leider nur noch die Katzen und Echsen da und die sind wohl unter seiner Würde", plauderte sie ganz offen.
    Während Dreveni wieder den Stiel ihres Kelches mit den Fingern entlang fuhr, und der Söldnerin einen Augenaufschlag schenkte, der ihre Zustimmung zu dem "schönen Stück Fleisch" ausdrücken sollte, entstand in ihrem Kopf ein Bild, wie schön sich die Schneidezähne der Altmer zwischen ihren Ohren an der Kette machen würden. Und erst die Eckzähne...
    "Lasst den Kleinen nur in der Kammer schlafen, sonst wird er wieder quengelig wenn er übermüdet ist. Ich denke ich finde schon eine ruhige Ecke mit ihm...", wobei sie wieder leicht zu dem Dunmer hinüber nickte. Um Drevenis Lippen spielte nun ein feines Lächeln und der Blick dem sie der Söldnerin zuwarf, war mehr als eindeutig.
    Jetzt wo sie schon hier war und gezwungen war, das irre Spiel mitzuspielen, konnte sie auch gleich in die Vollen gehen. Warum auch nicht?
    Mit dem Dunmer da hinten würde sie schon fertig werden, sollte es sich anders entwickeln als geplant, und außerdem wurde es verflucht noch mal wieder einmal höchste Zeit, während der ganzen Reise mit Erynn und Arranges, überhaupt schon während der ganzen Sache mit Feryns Auftauchen in Cyrodiil hatte sie nicht einmal auch nur nach einer Gelegenheit Ausschau gehalten. Und sie konnte sich so hoffentlich bald von der Altmer loseisen.
    Wenn alle Stricke rissen, mussten sie es eben doch irgendwie schaffen, zu entkommen. Unsichtbarkeitszauber halfen schon viel, und die Stalljungen bei dem Guar konnte sie immer noch niederschlagen oder meucheln, da sie das Tier nur ungern zurück lassen würde. Und zur Not würde sie Tirian gefesselt und geknebelt hinter sich her schleifen, wenn er wieder Einwände gegen ihre Vorgehensweise hatte.
    "Ich denke ihm wäre auch dieser Tisch hier recht. Zumindest die Bar fand er damals mit einer der Sklavinnen schon sehr einladend. Seid doch so gut und spielt noch etwas die Unnahbare. Er liebt es zu glauben, dass er eine Frau bezwungen hat. Er spielt das dann auch aus. Er mag es dann kräftig und ruppig. Das gibt ihm dabei wohl ein Gefühl von Macht oder was auch immer... Er ist halt ein großer Junge, der seine Bestätigung braucht. Leider hält er nicht gar so lange durch, wie er den Anschein erweckt. Gebt ihm doch bitte das Gefühl, ansonsten ist er wieder grummelig", bat die Altmer und trank den Rest deines Weines direkt aus der Flasche. "Hm danach muss ich für euch wohl einen anderen Wächter suchen", sagte sie dann und lachte. Sie wandte sich zum Gehen. "Ich hoffe euer kleiner Begleiter wird nicht eifersüchtig": lachend entfernte sie sich und legte dem Söldner eine Hand auf die Schulter, bevor sie ging.

    Dreveni sah der Söldnerin mit gemischten Gefühlen nach. Wie hieß sie überhaupt noch mal? Ilucaria, oder etwas in der Art, erinnerte sie sich.
    Sie ließ noch einen letzten Blick zu dem Dunmer schweifen, bevor sie sich wieder dem Kelch vor ihr widmete. Mit jemanden, der sich seine Hände an diesem Miststück beschmutzt hatte, wollte sie an sich nichts zu tun haben. Dumpf brütend starrte sie so eine Weile vor sich hin. Was mochte Tirian jetzt wohl gerade treiben? Sie hoffte wirklich, dass diese •••••••• von Altmer ihn in Ruhe lassen würde. Vermutlich hatte sich die weitere Reise gemeinsam ohnehin erledigt. Sie hatte sehr wohl gemerkt, wie Tirian sie angesehen hatte, und langsam kam ihr der Verdacht, dass das ganze Unternehmen von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Und irgendwie tat ihr das mehr leid, als sie gedacht hatte. Wenn sie sich recht erinnerte, hatte sie nie einen Mer wie Tirian getroffen, höchstens in einem ihrer Opfer, aber wenn, dann hatte sie es nicht erfahren da sie sich nie so lange mit ihnen befasst hatte. Auch wenn er sie einen nicht unwesentlichen Teil ihrer gemeinsamen Zeit genervt hatte mit seiner Einstellung, lag ihr doch mehr an ihm, als gut war.

    Währen sie den Kelch in ihren Händen auf dem Tisch gedreht und die Bewegung des Weines darin beobachtete, hatte sich der Dunmer an ihren Tisch gesetzt. Dreveni war so in Gedanken versunken gewesen, dass sie es erst merkte, als sie mit leiser Stimme, in der der leichte Akzent Vvardenfells lag, angesprochen wurde: "Nehmt euch in Acht."
    Dreveni blickte auf und sah direkt in die Augen des Mannes, den sie vorhin noch beobachtet hatte. Aus der Nähe betrachtet waren sie noch schöner, zwar hatten sie nicht den dunkelroten Ton, der Dreveni sonst so faszinierte, statt dessen waren sie von einem fast stechendem, hellen Rot, mit dem sie einen aber genauso eindrucksvoll ansehen konnten.
    Ihr Blick ruhte einen Moment auf dem scharf geschnittenem Gesicht mit der langen Narbe auf der rechten Seite - er hatte Glück gehabt, dass er nicht sein Auge verloren hatte, schoss ihr durch den Kopf - bevor sie ihm mit abweisender Stimme antwortete: "Wollt ihr nicht lieber der Altmer zeigen, wer der Herr im Hause ist? Vielleicht gleich hier?", dabei deutete sie auf den Tisch neben dem, an dem sie selbst saß.
    Gleich darauf bereute sie ihre Worte, weniger dem Dunmer gegenüber, vielmehr wusste sie nicht, ob er nicht gleich zu seiner Chefin laufen würde. Aber immerhin hatte diese ja mehr oder weniger genau das gleiche gerade selbst von sich gegeben.
    Der Söldner antwortete erst nicht, sondern verzog nur den Mund zu einem bitteren Lächeln. Er sah sich kurz um und sagte schließlich: "Habt ihr mir nicht zugehört? Ich dachte ihr hättet gesehen, wie schnell sie etwas in den falschen Hals bekommen kann."
    Kaum hatte er ausgesprochen, reichte es Dreveni endgültig. Was zum Henker lief zur Zeit eigentlich falsch? Sie nahm den Dolch in die Hand, der immer noch auf ihrem Schoß gelegen hatte, und stach ihn mit Schwung vor sich in die Tischplatte.
    "Ich lasse mir nicht gerne drohen. Und obwohl das schon mehr als einer bereut hat, versucht es zur Zeit irgendwie jeder dem ich begegne aufs Neue.", sagte sie, ohne ihre Augen von dem Dolch zu nehmen.
    "Sie wird euch nicht gehen lassen, und das ist keine Drohung sondern eine Tatsache.", antwortete der Dunmer nur, scheinbar gleichgültig und zuckte dabei mit den Schultern.
    Nun blickte Dreveni doch auf und sah dem Anderen lange ins Gesicht. Sie konnte dort beim besten Willen nichts von dem erkennen, was die Altmer vorhin behauptet hatte. Statt dessen sah sie hellrote Augen, die überraschend intelligent blickten für diesen Ort und seinen Stand, einen immer noch leicht bitteren Zug um den Mund, aber auch etwas wie Stolz in seiner Miene, und keine Spur von Resignation, auch wenn man diese in seine Worte hinein interpretieren konnte. Die feinen Linien um seine Augen und den Mund verrieten, dass er älter war als sie aus der Entfernung zuerst gedacht hatte. Hatte sie tatsächlich gerade den einzigen halbwegs normalen Mer hier in Falensarano gefunden? Natürlich konnte das alles auch Täuschung sein, oder er riss sich nur jetzt noch am Riemen und er war an sich genauso irre wie Ilucaria, aber das glaubte Dreveni irgendwie nicht.
    "Ich habe noch nie eine Erlaubnis gebraucht, wenn ich gehen wollte.", sagte sie schließlich.
    "Das glaube ich gerne, und auch ich war einmal genau derselben Meinung.", antwortete er. "Sie ist genauso verrückt wie sie grausam und schön ist. Und außerdem eine Sadistin. Sie meint ich würde ihr noch etwas schulden, dabei habe ich es ihr schon mit Zinseszins zurück gezahlt. Ihre einzige Antwort war das da.", wobei er auf die Narbe in seinem Gesicht deutete.
    "Eine schöne Geschichte.", antwortete Dreveni schließlich mit leichtem Sarkasmus in der stimme, nachdem sie den Rest des Weines getrunken hatte. "Und sobald ich euch mein Leid und meine Pläne geklagt habe, rennt ihr schnurstracks zu ihr, wo ihr ihr alles erzählt, wenn sie euch dafür nur in ihr Bett lässt."
    "Nur weiter so, man kann hier nicht misstrauisch genug sein.", antwortete er, und strich dabei sanft mit seinen langen Fingern über ihre Hand, die auf dem Tisch neben dem Dolch, der immer noch im Holz steckte, ruhte.
    Zuerst wollte sie ihn wütend anfunkeln, doch er schien seine Bemerkung völlig ernst zu meinen. Und auch seine Hand auf der ihren störte sie jetzt nicht mehr im geringsten, ganz im Gegenteil. Als er so leicht über ihren Handrücken strich, fühlte sie einen angenehmen Schauer ihren Rücken hinunterlaufen. Sie war sich zwar immer noch nicht sicher, was sie von ihm zu halten hatte, aber in einem war sie sich sicher: Was ihr in den letzten Wochen gefehlt hatte. Die Reise durch Morrowind hatte durchaus ihre schönen Seiten gehabt, aber das war einfach nicht ihr Leben. Sie lebte nicht für Straßenkämpfe und auch nicht dafür, um sich durch Gräber und Ruinen zu kämpfen. Ihr Leben war, sich in fremde Gefilde einzuschleichen, sich das Vertrauen anderer zu erschleichen und dabei ständig die Gefahr im Nacken zu haben, das Risiko sich zu verschätzen oder entdeckt zu werden. Dauernd auf der Hut zu sein, sich zu verstellen, hinter jedem das Böse zu vermuten und sich auf niemanden sonst als sich selbst zu verlassen. Es war dumm gewesen, überhaupt mit etwas anderem anzufangen. Und es hätte ihr klar sein müssen, dass es nie und nimmer gut gehen konnte. Vor allem der dauernde Hauch subtiler Gefahr hatte ihr gefehlt. Es war etwas anderes als ob hinter jeder Ecke Banditen lauern konnten, oder ob man sich nicht sicher war, ob einen das Gegenüber nicht schon lange enttarnt hatte. Oder ob man nicht ebenfalls beobachtet wurde, während man sich an das Opfer heran machte.
    Der Dunmer erwiderte ihren Blick fest, und in seinen Augen lag das gleiche Funkeln, dass sich bei diesen Gedanken in die ihren geschlichen hatte. Hatte sie sich nicht die ganze Zeit vorgenommen, zu ihrem alten Selbst zurück zu finden? Welches zwar durchaus vorsichtig und überlegt war, aber andererseits auch jeden Augenblick genoss, denn es konnte buchstäblich ihr letzter sein?

    Gerade als sie etwas erwidern wollte, stand er auf und bedeutete ihr, ihm zu folgen. Sie zögerte keine Sekunde mehr, zog dem Dolch aus der Tischplatte und verließ hinter dem Dunmer die Gaststube. Nun sah sie auch, dass er einen guten Kopf größer war als sie selbst, und zwar eine muskulöse Figur hatte, aber nicht übermäßig breit gebaut war. Alles in allem ganz anders, als der eher schlacksig wirkende Tirian. Bei diesem Gedanken schüttelte sie leicht den Kopf, um ihn so zu vertreiben. Sie konnte nicht die ganze Zeit an den Heiler denken, jedenfalls nicht genau jetzt.
    Sie konzentrierte sich wieder mehr auf den Mann, der vor ihr lief. Als einzig sichtbare Waffe hatte er ebenfalls einen Dolch am Gürtel, sonst trug er nur die einfache Tunika und eine ebenso einfache Hose, außerdem leichte Schuhe. Anscheinend hielt er es nicht für nötig, hier in der Festung voll gerüstet und bewaffnet herumzulaufen. Vielleicht kämpfte er auch ohnehin lieber mit Magie, dachte sie sich, als ihr wieder einfiel, wie weich seine Finger auf ihrer Hand gewesen waren. Unauffällig fuhr sie mit den Fingern über die eigenen Handflächen, auf denen schon der Ansatz zu Schwielen zu fühlen war, die sie wohl den ganzen Schwertkämpfen in den letzten Tagen verdankte. Das ging ihr dann doch etwas gegen den Strich, sie hatte ihre Hände immer gemocht, und vor allem dass man ihnen kaum ansah, mit was sie ihr Auskommen bestritt.

    Ohne ein Wort zu sprechen ging der Dunmer vor ihr her, und sie folgte ihm ebenso schweigend. Schließlich betrat er eine kleine Kammer, in der neben einigen offenbar alten Schwertern, Bögen, sowie kaputten Pfeilen ein Tisch, ein Stuhl und ein Bett stand, dessen Matratze aus nicht mehr als einem mit Stroh gefülltem Sack bestand. Der Dunmer ließ ihr den Vortritt und schob hinter ihr den Riegel von innen vor die Tür. Als er sich umdrehte, stand Dreveni schon vor ihm, schlang ihm die Arme um den Hals, vergrub eine ihrer Hände in dem dichten, dunkelroten Haar an seinem Hinterkopf und küsste ihn stürmisch, was er nach einem kurzen Moment der Überraschung ebenso stürmisch erwiderte. Sie unterbrachen sich nur kurz, um sich gegenseitig der Kleidung und Waffen zu entledigen. Dabei gab er nicht nur den Blick auf ein paar Narben frei, die seinen Oberkörper zierten, sondern auch auf eine Tätowierung, die seine linke Schulter, einen Teil seiner Brust und fast die Hälfte seines Rückens bedeckte und aus einem kompliziertem, ineinander verschlungenem Muster bestand. Sie hatte etwas in der Art noch nie zuvor gesehen, nahm aber an, dass es sich um eine rituelle und/oder magische Tätowierung handelte. So oder so, jetzt war der denkbar ungünstigste Zeitpunkt danach zu fragen, und so begnügte sie sich damit, mit den Fingern darüber zu streichen und die Muskeln unter seiner Haut zu spüren.
    Inzwischen war sie sich auch restlos sicher, dass er zumindest nicht regelmäßig mit einem Schwert kämpfte, so weich wie sich seine sehnigen, schlanken und doch kräftigen Hände anfühlten, als sie den Kurven ihres Körpers folgten.
    Das Bett gab einen protestierenden Laut von sich, als sie sich schließlich darauf fallen ließen, aber es hielt, und auch als sie später in seinen Armen lag, den Kopf auf seiner Brust, war es immer noch nicht durchgebrochen.
    Es war ein rundum friedlicher Moment, als sie so da lagen, Dreveni fuhr sanft mit ihrem Finger die Muster in der weichen Haut auf seiner Brust nach, während er über ihren Oberarm streichelte, und sie immer noch schwiegen. Sie wusste nicht einmal, wie er hieß, und es war ihr auch egal im Moment. Sie befand sich in dieser seltsam gelösten, entspannten Stimmung, die ihr gleichzeitig eine Nähe und Vertrautheit zu dem anderen vortäuschte, die doch nicht existierte.
    Sie konnte sein Herz schlagen hören, ruhig und gleichmäßig, und das machte sie schläfrig. Als sie an die Worte der Söldnerin dachte, musste sie nur leicht lächeln. Dämliche Ziege, wenn du wüsstest... Sie konnte es auch keinem verübeln, wenn er schnell wieder von diesem Weib weg wollte.

    Inzwischen bewegte sich seine Hand auf ihrem Oberarm nicht mehr und seine regelmäßigen Atemzüge verrieten ihr, dass er eingeschlafen war. Es war zu verlockend, mit ihm hier liegen zu bleiben und ebenfalls zu schlafen, aber sie konnte hier nicht die nächsten Stunden selig vor sich hinschlafen während in der Festung sonstwas passieren konnte. Sie genoss noch ein paar Minuten die Ruhe, dann befreite sie sich vorsichtig aus seiner Umarmung und stand leise auf. Sie beugte sich hinunter und küsste ihn noch einmal leicht auf die Stirn, schlüpfte in ihr Kleid, legte ihre Waffen wieder an und sah noch einmal auf ihn herab. Konnte sie ihn jetzt hier so einfach schlafen lassen?
    Sie kam zu dem Schluss, dass es übel ausgehen konnte, würde man - oder vielmehr, die Altmer - ihn hier alleine ohne Dreveni entdecken, und so beschloss sie, ihn wenigstens aufzuwecken. Sie wollte nicht, dass er ihretwegen Ärger bekam, vor allem nicht als ihr Blick auf die Narbe in seinem Gesicht fiel.
    Sie setzte sich auf den Rand des Bettes und strich ihm über die Wange, bis er die Augen aufschlug und anstalten machte, sich aufzusetzen. "Danke.", sagte sie nur leise, und das war das erste Wort seit der Gaststube, das zwischen ihnen gesprochen wurde. Als sie merkte, dass er wach genug war, stand sie auf, nahm den Dolch des Assassinen, der noch auf dem Tisch gelegen hatte, schob den Riegel zurück und verließ schnell die Kammer.
    Geändert von Andromeda (08.06.2013 um 22:36 Uhr)

  3. #3

    Weidenländer, Falensarano

    Tirian schaute noch eine Weile durch die offene Tür hinaus auf den leeren Gang. Lyviani hatte ihn zurückgelassen. „Besser Dreveni“: wie er sich an die Worte des Attentäters erinnerte. Sie hatte ihm nicht einmal ihren richtigen Namen genannt. In ihrem Geschäft war das vermutlich besser und gerade, wenn die Tong hinter ihr her war. Er schüttelte den Kopf. Dieser Attentäter besaß einen Exekutionserlass. Er lief im Raum auf und ab, fasste sich des Öfteren an die Stirn und massierte sich die Augen, um dann schließlich noch mehr umherzuwandeln. Die Sklaven wurden langsam nervös: „Lasst uns unsere Arbeit erledigen. Ihr stört. Wir wollen keinen Ärger.“ Erst jetzt fiel ihm auf, dass er sich noch immer in der Waschküche aufhielt. Der Heiler wollte den beiden armen Häftlingen nicht noch mehr Ärger machen, als sie hier ohnehin schon hatten. So sehr er es sich auch im Moment wünschte sie aus dieser Lage hier zu befreien, so sah er ein, dass dies wohl völlig utopisch war. Er verließ die Waschkammer und wandte sich im Gang nach links. Der Kopfschmerz pochte noch immer in seinen Schläfen, befand sich aber unter seiner Kontrolle. Diese Festung wollte er so schnell wie möglich hinter sich lassen. Sie hatten hier Nichts erreicht außer sich in die Hände einer Irren zu begeben, für die das Leben nur ein Begriff war, um einen Zustand zu beschreiben, über den sie in gottgleicher Weise entscheiden konnte. Sie hingen hier in ihrem Netz. Noch war sie auf ihrer Seite, aber wer konnte schon sagen, wie lange das so sein würde, wann sie ihr langweilig oder lästig wurden. Sie hatte zur reinen Belustigung einen Attentäter auf sie losgelassen. Und das sie auch nicht viel von Attentätern hielt, hatte sie mehr als deutlich gemacht. Was würde also passieren, wenn sie herausfand, dass es sich bei Lyviani, um eine Assassinin handelte. Es wurde Zeit, dass sie von hier verschwanden. Von der Altmer hatten sie Nichts zu erwarten, außer einem Messer im Rücken.

    Von diesen Gedanken beschäftigt lenkte Tirian seine Schritte zurück zu der Kammer, die man ihm zugewiesen hatte. Etwas unschlüssig stand er davor, zögerte. Er konnte nicht einschätzen, wie lange er seinen Gedanken nachgehangen hatte und fragte sich, ob Lyviani inzwischen wieder zurückgekommen war. Schließlich fasste er Mut und drückte die Klinke herunter. Er stieß die Tür auf und stellte fest, dass der Raum leer war. Erleichtert atmete er aus und schloss sie hinter sich wieder. Es wurde Zeit, dass sie die Festung verließen. Darauf konzentrierte er sich jetzt und machte sich daran seine Sachen wieder zusammen zu schnüren. Sein Kräutervorrat war in Ordnung. Wenn seine Begleiterin noch Wert auf Nahrung oder Wasser legen würde, würden sie gewiss auch unterwegs etwas finden. Bei diesen Gedanken machte er sich auch daran, Lyvianis Gepäck zumindest erst einmal zusammen zu schieben, damit es nachher schnell gehen konnte. Er wollte im Laufe des Tages aufbrechen. Noch eine Nacht an diesem Ort schien ihm nicht gerade attraktiv. Eigentlich hätte er es vorgezogen in der relativen Sicherheit von Falensarano etwas auszuharren, gerade nach der Tortur in der Ahnengruft, doch jetzt erschienen ihm das Gras der Weidenländer umgeben von Oblivion-Toren doch sicherer als mit einer Verrückten Söldnerin unter demselben Dach zu schlafen. Zudem war dort draußen die Gefahr geringer auf weitere Agenten der Morag Tong zu treffen, die ihnen ans Leder wollten. Er hielt inne und blickte einen Augenblick zur Tür. Das eigentliche Problem war die Assassine. Vielleicht auch er selbst, wenn man es aus ihrer Sicht betrachtete. Es war wirklich besser, wenn er an seinem Entschluss festhielt. Sie waren mehr als unterschiedlich. Das hatte der Mord in der Waschküche nochmals bewiesen. „Es ist verrückt. Vermutlich würden wir ohnehin nur noch bis Uvirith Mora mit einander auskommen“: überlegte Tirian. Für ihn war die Schlussfolgerung klar. Es wäre gewiss für alle Beteiligten das Beste, wenn sie sich dann nie wieder sahen und er bis dahin den Kontakt mit ihr auf das Notwendige beschränkte.

    Er konnte nicht zulassen, dass sie sich vorher verkrachten. Tarrior war noch immer in Gefahr und er brauchte die Fähigkeiten der Dunmer, um ihn zu retten. Zu zweit war es schon purer Wahnsinn sich in den Turm eines gefährlichen Hexenmeisters zu schleichen, aber er allein… das war praktischer Selbstmord. Und gerade eine Assassinin konnte ihm vielleicht außer einem Dieb am Meisten helfen. Sie wusste sich gewiss leise zu bewegen und würde wenn nötig auch Gegner, die im Weg waren, lautlos außer Gefecht setzen können. Lyviani war die beste und einzige Chance, die er hatte. Außerdem, und das konnte er einfach nicht leugnen, würde er es sehr bedauern, wenn sie sich im Schlechten trennten. Inzwischen hatte er das Gepäck soweit gepackt, dass er sich nun seinem Schwert widmete. Er ging zum Waschzuber. Inzwischen hatte jemand das gebrauchte Wasser entfernt, aber freundlicherweise einen Krug für eine Katzenwäsche bereitgestellt. Als er die Flüssigkeit über die Klinge goss und mit einem Leinentuch den Schmutz und das Blut herunterzuscheuern begann, verbreitete sich ein übler Leichengeruch im Raum. Noch immer klebten die Körpersäfte der Untoten, die er in der Kanalisation erschlagen hatte, an der Waffe. Er wollte diesen ekelerregenden Umstand noch ändern, bevor es unterwegs nicht noch einmal die Ruhe dafür gab. Außerdem war das Silberschwert inzwischen doch reichlich schartig geworden. So oft in kurzer Zeit war es lange nicht benutzt worden. Einen aufmerksamen Schmied und einen Schleifstein konnte das Metall gewiss vertragen. Und Tirian wollte seine Waffe in diesem Zustand sicherlich niemandem anvertrauen, auch wenn er glaubte, dass der bei dieser Söldnertruppe sicher auch Schlimmeres gewohnt war. So hörte der Heiler auch erst auf, als der gröbste Schmutz herunter war. Noch einmal glitt sein Blick prüfend über das Silber, bevor er die Klinge wieder in der Scheide verschwinden ließ.

    In diesem Moment klopfte es an der Tür. Noch bevor er antworten konnte, wurde sie geöffnet und die beiden Sklaven traten in den Raum. Sie hatten die Wäsche geschultert und legten sie dann schließlich getrennt auf den Boden und verabschiedeten sich so schnell wieder, wie sie gekommen waren. Tirian schob den Wäschestapel der Dunmer ungesehen zu ihren übrigen Sachen. Seine eigene Kleidung schnürte er mit dem Anderen Gepäck zusammen. Lyvianis Ausrüstung rührte er lieber nicht an. Er wollte keinen Streit mit der Dunmer provozieren und er wollte auch gar nicht so genau wissen, was die Frau in ihrem Arsenal wohl noch so mit sich führte, mit dem man morden und verstümmeln konnte. Er schaute sich noch einmal im Raum um. Soweit er das sehen und sich erinnern konnte, sollte damit alles soweit für die Abreise fertig sein. Wenn Lyviani zwischenzeitlich nicht noch einmal auftauchen sollte, würde er das Gepäck später auf den Guar laden, damit sie ohne Verzögerungen weiterreisen konnten. Aber inzwischen plagte ihn der Hunger. Seit dem Abendessen war bereits eine ganze Nacht vergangen und wurde langsam Zeit für ein Frühstück. Da Lyviani noch immer nicht aufgetaucht war, wandte er sich allein zur Festungskantine. Er verließ die Kammer und ging nun zum Essen.

    Die Söldnertaverne war auch schon reichlich besetzt. Die meisten von ihnen hatten wieder an dem Tisch Platz genommen, an dem sie schon am vergangenen Abend saßen. Das Kopfende war demonstrativ frei, obwohl sich einige der Gerüsteten bereits auf kleinere Tische im Umkreis verteilten. Auch andere Gäste und Besucher der Festung besetzten einige Bänke. Er schaute sich um. Auch hier war Lyviani nicht zu sehen und der freigehaltene Platz sprach dafür, dass er auch Ruhe vor dieser Verrückten haben würde. Aber er hatte ohnehin nicht vor, sich zu diesen Schlächtern zu setzen. Stattdessen guckte er sich einen Platz am Rand an einem Tisch aus, an dem ein Bretone in normaler Kleidung saß. „Ein Reisender“: hoffte er. Tirian schritt zum Thresen hinüber. Der Nord-Koch unterhielt sich gerade mit einem anderen Söldner, den er allerdings in dem Moment verabschiedete, als der Dunmer heran kam. „Was gibt es zum Frühstück“: fragte der Heiler. Der Koch schaute ihn abschätzig au seinen Schweinsaugen an, schnaufte und stellte eine Holzschale vor ihn hin. „Gebratener Salzreis mit gerührtem Kwama-Ei. Friss es oder lass‘ es bleiben“: meinte er und füllte ihm die Schale aus einem großen Topf, der neben ihm stand, auf. Eine braune, breiige Masse schaute ihn an. Ein Blick in das Gesicht des Nords sagte ihm, dass er sich lieber nicht beklagen sollte und so ließ er es dann auch und setzte sich zu dem Bretonen. Der schaute nur kurz von seinem eigenen Essen auf. Tirian nahm den Löffeln zur Hand, den er sich am Thresen genommen hatte und schob sich etwas zögerlich den Reis in den Mund. Nach dem ersten Kauen lösten sich seine Bedenken. Das Essen sah nicht gut aus und der Koch machte auch nicht gerade einen professionellen Eindruck, aber er musste eingestehen, dass es dennoch gut schmeckte und auch gut den Magen füllte. Kaum war die Schale leer, war er auch schon satt und brauchte nicht mehr. Er erhob sich, ließ die Schale stehen und ging zur Kammer zurück.

    Er verweilte nicht lange dort. Er schulterte nur sein Gepäck und war dann auch schon wieder auf dem Weg nach draußen. Lyvianis Sachen wollte er nach wie vor nicht anrühren, aber zumindest sein eigenes Zeug konnte ja schon einmal für die Abreise auf den Guar geladen werden. So schlug er sich durch die Festung, die inzwischen wieder deutlich belebt war und trat hinaus auf das Plateau. Die Sonne stand bereits am Himmel, doch noch hing die Frische des Morgens in der Luft. Eine leichte Brise ging. Und dicke Rauchwolken, die nahe eines der Zelte aufstiegen und ein verräterisches Hämmern ließen Tirian erkennen, wo er denjenigen fand, der ihm das Schwert erneuern konnte und dorthin lenkte er nun auch seine Schritte. Der Schmied war auch ein Nord. Er trug die braunen Haare militärisch kurz und sein Bart war akkurat bis einen Flecken an seinem Kinn gestutzt. Er bearbeitete gerade ein Hufeisen und schlug es richtig in Form. Der Heiler zweifelte, ob er hier richtig war. Ein Hufschmied war schließlich etwas Anderes als ein Waffenschmied. Er wollte sich gerade abwenden, als er hinter sich ein lautes Zischen und ein mit tiefer Stimme gesprochenes, „Was wünscht ihr?“, hörte. Er wandte sich dem Mann wieder zu, der die hochgeschobenen Ärmel seiner Tunika wieder über die breiten Oberarmmuskeln schob und sich den Schweiß seiner Hände an der ledernden Schürze abwischte, die er anhatte. „Ich brauche einen Waffenschmied, der sich mal mein Schwert anschauen kann“: sagte der Heiler dann. Die Nord lächelte leicht und schloss die Augen. „Keine Sorge, Junge, ich schmiede zwar auch Hufeisen, aber ich bin der beste Waffenschmied, den du in dieser Gegend finden wirst. Aber das ist bei all diesen Magiern, die hier im Umkreis wohnen auch nicht schwer. Die Leute dort interessieren sich mehr für Pergament und schicke Roben“: er schaute etwas pikiert die Kleidung des Heilers an: „als für Schwerter und Äxte. Die Eisen und Nägel mache ich nur, weil es hier keinen Anderen dafür gibt. Also eure Waffe ist gut bei mir aufgehoben“: sagte er. Tirian zog das Schwert aus der Scheide und legte es dem Mann vor. Der Nord griff zu, hob es hoch, wendete und betrachtete es dabei ausgiebig. „Standardkram. Aber eine solide Arbeit. Euer Glück. Wie ich an der Abnutzung der Klinge sehe, schlagt ihr regelmäßig mit nur einer Seite zu. Ein Langschwert ist eine doppelt geschliffene Schlagwaffe. Die Klinge ist dazu gemacht zu beiden Seiten zu funktionieren. Wäre das hier keine gute Arbeit hätte sich die Klinge unter der einseitigen Abnutzung verbiegen oder schlimmstenfalls zerbrechen können. Sie sollten öfters die Schlagseite wechseln. Das täte der Klinge ganz gut. Allerdings werde ich ihr vorher wieder mehr Schärfe und neue Festigkeit verleihen. Gebt mir eine Stunde. Ich kümmer mich darum“: meinte er und legte das Schwert umgehend ins Feuer. Tirian stand noch etwas unschlüssig daneben. „Na los. Ich mach das schon. Ich brauche keine Gaffer“: blaffte der Mann und scheuchte ihn mit einer Handbewegung weg. Der Heiler wollte den Meister bei der Arbeit nicht stören und entfernte sich.

    Stattdessen schlenderte er nun zu den improvisierten Stallungen. Den Guar fand er recht schnell und er war auch froh, als er sein Gepäck abnehmen und dem Tier zur Seite stellen konnte. Er streichelte die ledrige Schnauze. Aufladen wollte er es noch nicht. Das Tier jetzt schon zu belasten, war unsinnig und er brachte es auch nicht übers Herz, vor allem nicht bei dem dümmlich, treuherzigen Blick, den es ihm zuwarf. Er strich noch einmal mit der Hand über die Flanke und ging dann wieder nach draußen. Es war noch Zeit bis der Schmied die Waffe fertig haben würde, also wollte er noch etwas die Morgenluft genießen, stellte sich an die Brüstung und ließ den Blick in die Ferne schweifen.

  4. #4

    Vvardenfell-Distrikt, Weidenländer, Falensarano

    Tirian schaute lange in die Ferne. Sein Blick war starr geradeaus gerichtet. Seine Gedanken hielten ihn gefangen. „Nur noch Tarrior befreien“: sagte er sich immer wieder. Erst ein Donnergrollen in der Ferne ließ ihn zusammenzucken und weckte ihn aus seiner Starre. Er wandte sich um und heftete seine Augen auf den Roten Berg. Noch immer stiegen fette, schwarze Schwaden aus dem Krater auf, wie schon die ganze Zeit, seit er wieder hier auf Vvardenfell war. Es hatte einige Tage gedauert, bevor er es überhaupt bemerkt hatte, dass der alte Vulkan wieder zu rauchen angefangen hatte, doch inzwischen erschien dem Dunmer dieses Verhalten mehr als merkwürdig, geradezu besorgniserregend. Er zuckte mit den Schultern. Dass der Berg wieder aktiv war, mochte etwas bedeuten, aber er war kein Geologe und konnte sich auch selbst nicht sonderlich gut mit dieser Insel und ihren Eigenheiten aus, so fand er es müßig darüber nachzudenken. Doch ihm bleib auch nicht die Zeit sich um darum großartig zu kümmern. Unbemerkt war jemand von hinten an ihn heran getreten und legte eine Hand auf seine Schulter. Er zuckte zusammen und drehte sich ruckartig um. Er hatte schon mit Lyviani gerechnet. Doch das Gesicht, das stattdessen vor ihm auftauchte, war noch wesentlich schlimmer. Es war die Altmer. Ihre Lippen zeigten das von ihr altbekannte herablassende Lächeln. Ihre Augen taxierten seine. Sie nahm die Hand wieder herunter. „Ich habe nie verstanden, was jemand an diesen roten Augen finden kann“: sagte und zuckte mit den Schultern. Es dauerte einen Moment, bis der Heiler seine Stimme zurückgewonnen hatte. „Was wollt ihr?“: fragte er. Sie schmunzelte und zog plötzlich ein Schwert hervor, das sie hinter ihrem Rücken versteckt hatte. Tirian taumelte gegen die Brüstung. Die Spitze des Schwertes zeigte auf seinen Hals.

    Er schluckte und starrte die Frau fassungslos an. Ihr Blick war todernst, doch dann zogen sich ihre Augenbrauen und Mundwinkel nach oben. Die Söldnerin begann wild zu lachen. „Ihr solltet euer Gesicht sehen“: meinte sie dann, als sie sich etwas beruhigt hatte und nahm dann das Schwert herunter. Erst jetzt erkannte er die silberne Waffe als seine eigene. Sie reichte es ihm herüber. Er packte zu und war einen Moment versucht sie gegen sein Gegenüber zu richten. Die Klinge zitterte in seiner Hand. Nur mühsam beherrschte er seinen Arm. Er fixierte sie nun wieder. „Seid ihr völlig verrückt geworden?! Ihr seid ja völlig wahnsinnig!“: schrie er sie an. Sie nahm davon gar keine Notiz. Sie schlenderte zu ihm hinüber. Tirian war noch völlig außer sich. Sie strich mit der Hand über seine Wange und lehnte sich dann über die Brüstung. „So seid ihr jetzt etwas zufriedener?“: fragte sie. Der Heiler stand noch immer unter Strom. Er sah auf ihren Rücken. Ein Stoß und Nirn wäre um eine Last leichter. Er hielt sich zurück. „Und genau aus diesem Grund passt ihr einfach nicht zu Dreveni“: sagte sie auf einmal.

    Tirian wandte sich zu ihr um. „Was wollt ihr damit sagen?“: wollte er wissen. Sie drehte gelangweilt ihren Kopf. „Ich? Nur das ich verstehen kann, dass sie euch nicht mehr ertragen kann. Ihr verhaltet euch wie ein Prinzesschen“: meinte sie beiläufig. „Was meint ihr mit ‚Dreveni kann mich nicht mehr ertragen‘?“: wurde er nun noch direkter. „Nun ja. Ich habe euer Schwert gebracht um euch zu sagen, dass sie euch nicht mehr begleiten will. Sagen wir, dass ihr die Aussicht, mit uns Beute zu machen, viel verlockender erscheint, als von euch ständig ins Gewissen geredet zu bekommen, von euren kläglichen Versuchen sie im Kampf zu behindern ganz zu schweigen“: sagte sie. „Um es kurz machen. Sie kündigt den Vertrag und bleibt hier“: fasste sie noch einmal zusammen. Tirian war wie vom Donner gerührt. „Ach jetzt schaut doch nicht so. Ihr habt doch sicher selbst gewusst, dass sie nicht eure Kragenweite ist. Hier habt ihr euer Schwert. Und euer Gepäck hat den Guar ja schon erreicht. Ihr solltet gleich die Festung verlassen“: legte sie ihm nahe und ihre Hand auf seine Schulter. Sie drückte fest zu und schaute ihn mit einem stechenden Blick an. Sie ließ keinen Zweifel daran, dass er besser verschwinden sollte. „Aber wir hatten eine Abmachung“: wollte der Heiler widersprechen, doch auch das hebelte die Altmer aus: „Ihr tut euch einen Gefallen damit, wenn ihr diese ‚Abmachung‘ vergesst. Ansonsten müsste sie vielleicht durch den Tod eines der Vertragspartner aufgelöst werden und ich denke nicht, dass ihr das möchtet, oder?“ Tirian wandte sich mit hängenden Schultern ab.

    Lyviani ließ ihn im Stich. Aber was hatte er sich auch vorgestellt? Nachdem, was er ihr an den Kopf geworfen hatte, zumal er wusste, worauf er sich einließ, als er sie angeheuert hatte, war es eigentlich nur verständlich, dass sie nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten konnte oder wollte. Er war verwirrt. Eigentlich müsste er sich jetzt nach einem neuen Helfer umsehen und das konnte in Uvirith Mora selbst recht schwierig werden. Doch nahm die Assassinin gerade seine Gedanken ein. Er konnte sich einfach nicht auf kommende Probleme konzentrieren. Seine Gedanken hingen noch an seiner Begleiterin und dem plötzlichen Abschied. „Nehmt es nicht so schwer. Ihr findet schon Ersatz. Dreveni lässt euch auch ausrichten, dass es ihr wegen der Sondervereinbarung leid tut, aber wenn es nun einmal nicht zusammen passt, sollte man sich lieber einen Auftraggeber suchen“: rief die Altmer ihm noch nach. Das war ihm nur ein schwacher Trost. Im Augenwinkel konnte er sehen, wie die Söldnerin wieder zurück in die Festung ging. Er hatte den Stall gerade erreicht, als ihm wirklich zu Bewusstsein kam, was die Verrückte eigentlich zu ihm gesagt hatte. „Was meinte sie eigentlich mit Sondervereinbarung?“: fragte sich Tirian und ging zum Guar hinüber. Er schaute das Tier an. „Lyviani würde mir ihr Reittier überlassen“: überlegte er einen Moment. Der Guar gehörte schließlich auch nicht ihm. Gerade als er das Gepäck auf dem Rücken des Tieres festgezurrt und er sich vom Schock des zurückliegenden Gespräches erholt hatte, kam ihm die ganze Angelegenheit äußerst merkwürdig vor. Von Sondervereinbarungen war zwischen ihm und Lyviani nie die Rede. Er überlegte, was sie sonst gemeint haben könnte, aber kaum auf keine Antwort.

    Anschließend daran stellte sich für ihn dann die Frage, warum die Altmer so etwas sagen sollte. Wenn er an ihr manipulierendes Wesen dachte, traf ihn die Erkenntnis wie ein Hammerschlag. Eventuell wollte die Altmer ihn loswerden und Lyviani wusste gar nichts davon. Oder irgendetwas war mit der Assassinin passiert. Er wusste es nicht, aber er ahnte, dass hier irgendetwas nicht ganz richtig war. Er schaute noch einmal den Guar an. Sein Gepäck war verladen. Das von Lyviani konnten sie noch schnell mit hinaufwerfen, wenn es eng wurde. Und das würde es gewiss. Wenn die Altmer ihn schon loswerden wollte, hatte sie wohl wenig Interesse daran die Assassinin gehen zu lassen. Eine Flucht war im Zweifel wohl die einzige Möglichkeit. Tirian seufzte. Er verließ den Stall wieder und sah sich um. Er konnte keinen Söldner entdecken, der ihn direkt hinauswerfen wollte. Seine Augen verengten sich. Die Altmer machte es nicht allzu offensichtlich. Das gereichte ihm jetzt vielleicht zum Vorteil, denn um Lyviani zu suchen, musste er zurück in das Gebäude. Vom Stall wandte er sich nun ab und der Festung wieder zu. Sein Blick streifte kurz den Rand des Festungsplateaus. Er strich sich über das Kinn, ging in Gedanken kurz seine Zauber durch und entschied dies im Hinterkopf zu behalten. So unaufgeregt wie möglich ging er nun zum Gebäude zurück und trat durch den Eingang. Seine Hand glitt ganz unmerklich zu seinem Schwert, doch die Wache stehenden Söldner zeigten keine Reaktion auf sein Eintreten. Dennoch beruhigte ihn das Gefühl des kalten Silbers an seiner Hand. Seine Finger strichen über den blanken Schwertgriff. Die Wahnsinnige hatte ihn mit seiner eigenen Waffe bedroht. Mit wachsendem Ärger dachte er daran zurück. Umso mehr aber beruhigte ihn das Gefühl die Klinge nun selbst, das Wissen das er sie selbst in der Hand hatte – die Möglichkeit sich zu verteidigen und die Altmerin wenn nötig zu bestrafen.

    Er schlug den Weg zu der Kammer ein, in der sie untergebracht waren und hoffte dort seine Begleiterin anzutreffen. Er begegnete unterwegs einigen Gerüsteten, lief der Elfe dabei zum Glück nicht über den Weg, aber er wurde auch nicht aufgehalten. So erreichte er das Quartier so schnell wie ihm lieb war und das ohne Störung. Als er die Tür öffnete, fand er jedoch weder Lyviani noch ihre Sachen vor. Das Gepäck war weg. „Hat sie mich doch verlassen?“: überlegte eine ganze Weile in der er im Türrahmen stand. Doch dann überlegte er, welchen Grund sie haben sollte, ihr Gepäck hier fortzuschaffen. Eigentlich gab es auch dafür keinen Anlass. Er schüttelte den Kopf. Er traute seiner Begleiterin inzwischen Einiges zu, aber auch wenn sie ein Leben nicht so wichtig nahm, sprach er ihr zumindest so viel Ehre zu, dass sie nicht einfach einen Auftrag aufgeben würde, wenn der Kunde etwas schwieriger wurde. Nein, die Altmer hatte ihn bestimmt belogen. Lyviani war hier irgendwo und er musste sie finden. Er schloss die Tür und lehnte sich kurz zum Nachdenken an die Wand. Er fragte sich, wo sie sein könnte. Eventuell war sie gefangen genommen worden und wurde gegen ihren Willen irgendwo festgehalten. Nach einigem Hin- und Herüberlegen fiel ihm nur ein Ort ein, an dem die Altmerin eine Gefangene in der Festung unterbringen und verstecken konnte. Tirian erinnerte sich nämlich an die beiden verschlossenen Kammern im Keller der Anlage. Dort waren auch die Zellen der Sklaven und eventuell war Lyviani ja dort. Der Heiler setzte einen entschlossenen Gesichtsausdruck auf und richtete seine Schritte schnell in Richtung der Treppe nach unten, wo er seine Begleiterin zu finden hoffte.

  5. #5

    Vvardenfell-Distrikt, Weidenländer, Falensarano

    Als Dreveni die Kammer verlassen hatte, führten sie ihre Schritte wieder in die Richtung der Gaststube. Als sie nach einem vorsichtigen Blick durch die Tür feststellte, dass sich die irre Altmer nicht hier aufhielt, und es auch sonst eher leer war, setzte sie sich an einen der Tische, nachdem sie einen Krug Mazte beim Wirt organisiert hatte. Ihr ging durch den Kopf, dass sie eigentlich nach Tirian sehen sollte, und nahm sich vor, bald in der Kammer vorbeizusehen. Gleich darauf verwarf sie den Gedanken, wenn er sich dort aufhielt, wäre er vermutlich sicher vor den schmierigen Fingern Ilucarias, und wenn sie sich wirklich schon an ihm vergriffen hatte, würde sie dort auch keine Spuren mehr vorfinden. Die Söldnerin mochte zwar irre sein, aber dumm mit Sicherheit nicht. Das machte sie nur umso gefährlicher.
    Sie saß noch eine Weile brütend in der Gaststube, rührte allerdings den Krug kaum an. Er diente ihr mehr dazu, die Hände an etwas anderem als dem Dolch des toten Assassinen festzuhalten. Es war ja irgendwie klar gewesen, dass sie das Ganze noch einmal einholen würde. Und das natürlich Tirian Zeuge des Ganzen wurde. Tirian... Sie horchte in sich hinein, aber sie hatte nicht das geringste schlechte Gewissen, dass sie gerade mit dem anderen Dunmer das Bett geteilt hatte. Wieso auch? Zwischen ihr und Tirian war nichts, davon abgesehen dass der Heiler sie mit seiner Art regelmäßig in den Wahnsinn trieb. Er war zu jung, er war zu weich, er war zu gutmütig. Ganz anders als der Dunmer, dem sie in die Kammer gefolgt war, auch wenn sie noch immer nicht wusste, wie er überhaupt hieß. Als ob das auch eine große Rolle gespielt hätte. Sie waren sich beide einig gewesen und sie war sich sicher, dass er es ebenso wenig bereute wie sie. Im Gegenteil, es hatte ihr gefehlt, in der ganzen Einfachheit und Unkompliziertheit, die es haben konnte. Kein Gesülze von Vertrauen und ähnlichen hohlen Worten.
    Schließlich stand sie auf, um nach ihrem Begleiter zu sehen, und die Lage zu sondieren, wann sie sich unbemerkt davon stehlen konnte. Sie lief für eine knappe Stunde ziellos durch die Festung, bis ihr einfiel, dass sie auf dem Plateau nachsehen könnte.
    Dort angekommen, war von Tirian immer noch weit und breit keine Spur, was sie langsam aber sicher doch leicht nervös machte. Dann wurde ihre Aufmerksamkeit von dem grollenden Vulkan eingefangen, und sie ging zur Brüstung, stützte die Hände darauf und sah zu dem Berg hinüber.

    Langsam, fast unmerklich näherte sich Illucaria der Brüstung. Sie lehnte sich neben Dreveni darüber. "Na war es angenehm für euch? Ich stelle ihn euch gerne weiter zur Verfügung, wenn ihr ihn noch häufiger benutzen wollt. Der Bogenschütze der Wachmannschaft oben auf den Zinnen ist auch nicht zu verachten. Er ist zwar klein wie alle Bosmer, aber seine Finger sind nicht nur geschickt darin einen Bogen zu spannen": bot sie an.
    Dreveni zuckte fast unmerklich zusammen, als sie von der Altmer aus dem Anblick des Berges gerissen wurde, in den sie versunken gewesen war. Sie warf ihr einen Blick zu, in dem sich nichts davon zeigte, wie sehr sie die Andere inzwischen anwiderte. Inzwischen sah sie den Umgang mit dieser •••••••• nur noch auf einer rein professionellen Ebene, und zwar im Verhältnis Mörder zu Opfer. Hatte man es einmal eingekreist, durfte man sich durch nichts verraten, durch keine noch so kleine Geste, einen Blick oder gar ein unbedachtes Wort.
    "Bosmer... Ich glaube ich stehe dann doch eher auf etwas größeres.", antwortete sie mit einem anzüglichen Grinsen. "Über den Dunmer mit der Narbe könnten wir allerdings verhandeln. Ich werde ihn auch nicht überstrapazieren."
    "Oh keine Sorge. Er kann seine Kraft ganz euch widmen. Ich bin schließlich keine ••••. Ich habe immer nur einen Favoriten": sagte sie und schaute einen Moment versonnen in den Himmel. "Und ihr müsst ja jetzt auch keine lästigen Störungen mehr fürchten, wo sich euer schwächlicher Freund davon gestohlen hat. Aber hier bei uns wird es euch ohnehin viel besser gehen": meinte sie. "Der Rote Berg... Er hat etwas von den Totenländern": wisperte die Söldnerin dann Gedanken verloren.
    Langsam hatte die Altmer Dreveni so weit, dass diese ihre Einstellung zur Folter zum reinen Selbstzweck noch einmal überdenken würde.
    Davon gestohlen? Tirian? Du mieses Stück Dreck, sollte ich herausfinden dass du ihn aus dem Weg geräumt hast, dann wirst du dir wünschen dass deine Mutter dich abgetrieben hätte.
    Dass Tirian wirklich verschwunden war, glaubte sie der Anderen keine Sekunde. So weit glaubte sie ihn dann doch noch einschätzen zu können. Oder? Hatte ihn nicht vielleicht doch mehr schockiert was er gesehen hatte, als sie jetzt dachte?
    "Er ist weggelaufen? Das sieht ihm ähnlich. Vermutlich hatte er die Hosen dabei gestrichen voll, oder?" antwortete sie wie beiläufig, während sie ebenfalls den Berg betrachtete.
    "Gestrichen voll?": sie zuckte mit den Schultern. "Ihr kennt ihn besser als ich. Ich dachte er hätte sich bei euch verabschiedet. Ich habe mich auch gewundert, dass er einfach so sang- und klanglos verschwinden wollte. Ich habe bei dem Schmied noch sein Schwert abgeholt und es ihm gegeben und da hat er gesagt, dass er aufbrechen wolle. Ohne euch. Er meinte diese Angelegenheit mit dem Attentäter hätte er nicht ertragen können. Er meinte, das er euch nicht mehr ertragen kann, weil ihr so skrupellos seid und all dieses moralisch, überheblich tuende Geseiere. Auch Priester-Scheiße stinkt!": bei den letzten Sätzen redete sie sich wieder in Rage. "Er hat seine Sachen auf den Guar geladen und ist dann davon. Ich wollte ihn nicht aufhalten. Mir erschien er für euch ohnehin nur eine Behinderung zu sein, die man schnell ablegen sollte": berichtete die Altmer. "In einem Punkt hatte er aber nicht ganz so unrecht. Wir sind uns ähnlich. Und mit mir an eurer Seite braucht euch die Tong auch nicht mehr zu schrecken": sagte sie weiter.
    Dreveni versuchte - während sie der Söldnerin mit einem Ohr zuhörte - immer noch herauszufinden, ob Tirian wirklich ohne ein Wort verschwunden war. Auch wenn sie sich nicht restlos sicher war, sie glaubte es nicht. Und schon gar nicht dass er dabei noch den Guar mitgenommen hatte. Ja, sie kannte ihn besser als die Altmer, und das sah Tirian nun nicht unbedingt ähnlich.
    "Dann haben sich ja meine Probleme in Luft aufgelöst, wenn er verschwunden ist.", antwortete sie schulterzuckend. "Nur dass er meinen Guar geklaut hat, werde ich ihm so schnell nicht vergessen. Das Vieh war teuer. Und was die Tong angeht, ich finde es eigentlich ganz entspannend, meine Klinge ab und an in einem von denen zu versenken". Dabei sah sie die Altmer wieder von der Seite her an und schaffte es tatsächlich, einen mordlustigen Ausdruck in ihre Augen zu legen, der zwar nicht an die Blutgier in den Augen der Altmer reichte, aber ein guter Anfang war. In Gedanken bereitete sich Dreveni schon darauf vor, die Festung auf den Kopf zu stellen, um Spuren von Tirian zu finden. Irgendwann musste das Weibsbild ja auch mal schlafen, und so ein paar Tricks und Zauber die Hilfreich waren, beherrschte Dreveni auch noch.
    "Schön das ihr so denkt. Wo jetzt dieses Problem aus dem Weg ist: Habt ihr über mein Angebot nachgedacht? Noch immer schuldet uns diese Diamanten-Mine unseren Sold und ich fände es schön, wenn wir uns in Naturalien den geschuldeten Betrag holen. Ihr bekommt auch was davon ab. Wäre doch eine gute Feuertaufe für euch": meinte Illucaria. "Wenn ihr bald aufbrechen, könntet ihr vielleicht sogar euren abgelegten Begleiter noch einholen. Ich habe ja das Gefühl ihr hängt noch etwa an ihm. Ein Gespräch oder eine Klinge könnten das zu gegebener Zeit klären": schlug sie vor und lachte dann wieder.
    "Er wird alleine dort draußen ohnehin nicht weit kommen, kein Grund mein Schwert zu besudeln.", meinte Dreveni nur lakonisch und deutete mit einer ausladenden Geste zu der Landschaft die sich vor ihr erstreckte. "Wie viele Leute wolltet ihr denn zu der Mine schicken?" Sie brauchte jetzt vor allem eins, und das war Zeit. Zeit sich zu vergewissern, ob Tirian wirklich aufgebrochen war, oder ihn die Söldnerin irgendwie aus dem Weg geräumt hatte.
    "Da sich meine Redoraner, die sich sonst um die Außeneinsätze bemüht haben, nicht mehr gemeldet haben - vermutlich wurden diese Narren von irgendwelchen Daedra erwischt - werde ich eine Gruppe von sieben Leuten schicken euch inbegriffen, wenn ihr mitkommen möchtet. Die paar Wächter töten und die Minenarbeiter überwachen, damit sie ja auch fleißig weiter Schutzgeld fördern, dürfte wohl kaum so schwierig werden": antworte die Altmer. "Am liebsten würde ich euch noch heute Nachmittag losschicken. Ich möchte nämlich zur selben Zeit noch eines der Tore ausheben. Ein paar Dremora-Sklaven wären für die nächste Zeit ganz gut": fügte sie versonnen an. Dann verhärteten sich ihre Züge ganz plötzlich. "Diese faulen Katzen fressen und schlafen und trotzdem meckern sie die ganze Zeit! Für die harte Arbeit völlig ungeeignet. Wenn wir die nicht bald verkauft bekommen, werde ich mir ein paar schöne Mäntel aus ihnen machen lassen. Dann könnte Himmelsrand das nächste Ziel werden!": ereiferte sie sich und schlug mit der Faust auf die Brüstung. Dann räusperte sie sich. "Kommt nachher doch noch einmal in meine Kammer. Dann können wir noch ein paar Einzelheiten des Auftrages besprechen und über euren Sold verhandeln": bat sie noch und entfernte sich ohne weitere Worte.


    Redoraner? Waren das nicht die Typen, die die Aschländer angegriffen haben? Dreveni war sich fast sicher, dass Tirian sie als Redoraner bezeichnet hatte. Würde sie den Heiler jemals wieder sehen, würde sie ihm mit Sicherheit vorhalten, was passiert wäre, hätte er den Gefangenen gehen gelassen. Dann wären sie vermutlich wirklich als Zombiefutter in der Kanalisation gelandet.
    Dreveni sah der Söldnerin nach, als sich diese entfernte. Deren ganze Haltung brachte ihre unsägliche Arroganz zum Ausdruck, genauso wie ihr Blick Bände sprach über ihren Wahn. Es juckte sie wirklich in den Fingern, vor allem jetzt wo die andere ihr Angeboten hatte, später in ihre Kammer zu kommen. Wie viel Zeit würde ihr wohl für eine Flucht bleiben, bis jemand die Leiche fand? Gleich darauf schüttelte sie still den Kopf. So sehr sie es auch wollte, solange sie sich nicht sicher war über Tirians Verbleib konnte sie diesem arroganten Miststück kein Härchen krümmen.
    Sie sah noch eine Weile in die Ebene hinab und bedauerte es ernsthaft, dass sie kein Gift hatte, mit dem sie der Altmer einen netten Abschiedsgruß hinterlassen konnte.
    Dann stieß sie sich von der Brüstung ab und schlug den Weg in ihre Kammer ein, vielleicht konnte sie ja doch einen Hinweis auf Tirian finden.
    Dort angekommen fiel ihr als erstes auf, dass die Wache verschwunden war, was sie mit einem irritiertem Stirnrunzeln zur Kenntnis nahm. Als sie die Tür öffnete, wäre sie bei dem Anblick der sich ihr bot, fast vom Glauben abgefallen. Die Kammer war... leer. Nicht nur Tirians Gepäck fehlte, auch ihr eigenes, inklusive ihres Schwertes, dem Bogen und der Pfeile. "••••.", presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, als sie die Tür schwungvoll ins Schloss warf. Jetzt hast du gerade definitiv dein Todesurteil unterschrieben, du kleines dreckiges Miststück, Altmer-Abschaum, pissgelbe ••••••••..., fluchte sie in Gedanken vor sich hin, als sie die Kammer näher in Augenschein nahm. Sie war tatsächlich komplett leer bis auf die Einrichtungsgegenstände und wirkte sogar noch gereinigt.
    Schließlich blieb sie mitten im Zimmer stehen und versuchte, sich wieder zu beruhigen, da sie vor Wut gerade schon mit den Zähnen knirschte. Sie atmete ein paar Mal tief durch, bis sie sich wenigstens wieder halbwegs im Griff hatte. Sie konnte sich jetzt einfach keine Affekthandlung leisten, und ihr einziger Affekt im Moment wäre, der Altmer bei Sicht ihren Dolch ins Auge zu rammen.
    Schließlich verließ sie die Kammer und fragte sich bei den Söldnern die ihren Weg kreuzten zu der Kammer der Altmer durch. Als sie vor der Tür stand nickte sie den Wachen kurz zu, welche keine Anstalten machten, sie aufzuhalten, rief sie sich noch einmal innerlich zur Ordnung, setzte ein möglichst neutrales Gesicht auf und Klopfte fest und entschlossen an die Tür.

  6. #6

    Weidenländer, Falensarano

    Tirians Weg führte ihn von der Kammer weg direkt wieder in die tieferen Bereiche der Festung. Es schien den Wachen egal zu sein, dass er sich hier aufhielt. Womöglich waren sie von Illucaria noch gar nicht instruiert worden. Egal aus welchem Grund, er war froh darum, dass sie ihn nicht behelligten und er in aller Ruhe nach seiner verschwundenen Begleiterin suchen konnte. Er glaubte wirklich nicht, dass sie ihn für die verrückte Söldnerin sitzen lassen würde. Er glaubte es einfach nicht. Er wusste, dass sie ihren Auftrag nicht so einfach hinwerfen würde. Nicht nur, dass sich ihre ‚Gastgeberin’ sich zuvor verplaudert hatte, Lyviani - Dreveni, verbesserte sich Tirian in Gedanken – hatte zuvor auch mehr als deutlich gemacht dass sie nicht viel von der Söldnerhauptfrau hielt. „Doch wo ist sie jetzt?“: fragte sich der Heiler, als er sich weiter durch die Festung bewegte. In ihrer Kammer war sie nicht mehr anzutreffen, ebenso wenig wie ihre Kleidungsstücke. Bei Tirian machte sich der schreckliche Verdacht breit, dass die Altmer sie womöglich gefangen gesetzt hat und zwingen will, sich ihr anzuschließen. Dies war auch der Grund, warum seine Schritte sich doch allmählich dem Kellergewölbe der Festungsanlage näherten. Dort waren die Zellen der Sklaven. Wenn er an Illucarias Stelle jemanden einzusperren hätte, würde er es auch dort tun. Außerdem befanden sich dort auch nicht nur die Zellen, in denen die Söldnerin ihre Unfreien einkerkerte, sondern auch zwei verschlossene Räume, die dem Dunmer wie gemacht erschienen um dort jemanden gefangen zu setzen. Er hoffe die Assassinin genau an diesem Ort anzutreffen. Aber noch etwas Anderes zog ihn geradezu magisch nach dort unten. Die zwei Gelegenheiten zu denen er an den verschlossenen Räumen vorbei gekommen war, als der Attentäter der Morag Tong seinen Anschlag auf Dreveni verüben wollte, hatten ihm unsägliche Kopfschmerzen bereitet, aber eben nur wenn er sich dort in der Nähe dieser Räume aufhielt, sodass sie auch stärker wurden, wenn er sich ihnen näherte. Ein Gefühl, wie es ihn auch jetzt wieder überkam – ein dumpfes Pochen, das mit jedem Schritt in Richtung Kellertreppe immer mehr im Innern seines Schädels zu klopfen und zu drücken begann. *poch* *Poch* *POCH* *POCH!* Immer kräftiger, bis der Druck nicht mehr nur dumpf war, sonderlich deutlich dröhnender.

    Tirian schüttelte den Kopf und versuchte das Gefühl zu ignorieren, seine Gedanken wieder auf die eigentliche Sache zu fokussieren. Den Kopfschmerz verbannte er für den Moment in einen hinteren Winkel seiner Wahrnehmung. Wieder dachte er an die Kammern im Keller und die seltsame Ausstrahlung die sie hatten und sie scheinbar auch nur auf ihn zu haben schienen. Das Illucaria selbst bei brennendem Kopfschmerz nicht einmal mit der Wimper zucken würde, konnte er noch glauben und sich vorstellen, aber er war sich sicher, dass Dreveni oder zumindest die Khajiit-Sklaven ein Anzeichen gezeigt hätten, wenn ihnen ebenso wie ihm Etwas Pein bereitet hätte. Irgendetwas musste die Altmer dort unten verstecken, an dem er interessiert war. Irgendetwas schien er, Tirian wusste selbst nicht wieso, zu spüren. War es vielleicht etwas Magisches? Auch dies wollte der Dunmer heraus finden und natürlich Dreveni zu befreien, wenn Illucaria sie wirklich am unteren Ende der Treppe festhielt, auf die er nun zusteuerte. Söldner sah er nun nicht mehr. Im funzeligen Fackellicht, das ohnehin bestimmend für das Innere des mächtigen Trutzbaus war, bewegte er sich schnell nach unten. Er mochte sich nicht ausmalen, was passierte, wenn die Altmer feststellte, dass der Guar noch im Stall stand und daran bemerkte, dass er die Festung noch nicht verlassen hatte. Sie wollte Dreveni unbedingt und da konnte er ihr nur im Weg stehen.

    Beim Abstieg merkte er schnell, wie die Schmerzen in seinem Kopf zunahmen, je näher er seinem Ziel kam. Das Pochen ging nun deutlich im Gefühl von Nadelstichen unter. Seinem Willen die Türen aufzustoßen, Dreveni zu finden und auch dem Geheimnis hinter diesem Kopfschmerz auf die Spur zu kommen, tat das keinen Abbruch. Zwar nagte die Pein an seiner Konzentration, aber beirren ließ er sich nicht. Schließlich langte er auch schon unten an und hatte die geheimnisvollen, wie üblich verschlossenen Durchgänge im Blick. Erst als Tirian sie direkt ansteuerte, ging ihm auf, dass er eigentlich keinerlei Ahnung hatte, wie er sie aufbekommen sollte. Schlösserknacken zählte leider nicht zu seinen Talenten und ein entsprechender, praktischer Zauber entzog sich leider auch seinem Wissen. Tarrior hatte ihn seinerzeit darauf hingewiesen, dass derlei Magie auch in allerlei legalen Situationen von Nutzen sein konnte, sei es um in einer Ruine voranzukommen oder einen uralten Schatz zu heben, nicht zuletzt aber um sich Zugang zum eigenen Haus zu verschaffen, wenn man sich dummerweise ausgeschlossen oder den Schlüssel verloren hatte. Der Heiler allerdings hatte auf seinen Freund nicht hören wollen. Natürlich hatte er geglaubt auch nie in eine solche Situation zu kommen. Jetzt ging es allerdings nicht um einen verlorenen Schlüssel oder irgendeinen Schatz, den er zu seiner persönlichen Befriedigung heben wollte. Nein. Hier ging es womöglich um das Leben von Dreveni und das mochte unter anderem davon abhängen, dass er nun diese Türen aufbekam.

    Guter Rat war nun teuer, als der Dunmer seine Hand auf die Klinke legte und sie eher in einem Anflug von Hilflosigkeit als einem bewussten Versuch hinunter drückte. Umso überraschter war er, als sie plötzlich nach innen aufschwang und er ihr stolpernd in einen dunklen Raum folgte. Nur das Fackellicht aus dem Kellergang erhellte in einem breiter werdenden Kegel das Innere der Kammer und enthüllte Berge von Kisten, Tüchern und Körben. Ein betäubender Geruch fasste Tirian ein. Es roch… nach allem möglichen. Der intensive Geruch verschiedener Kräuter, der von frisch würzig bis bestenfalls übel riechend reichte, überdeckt vom schweren Duft exotischer und einheimischer Gewürze, angereichert durch das Aroma mitunter nasser Felle und Tücher, dem Odeur eingelegter Nahrungsmittel deckte sich mit dem Odeur feiner Düfte, die Tirian einem Haufen Kreckenseife und mit farbigen Flüssigkeiten gefüllten Fläschchen zuschrieb. Er war direkt in ein Beutelager dieser Söldner gestolpert. In Anbetracht der Art der hier gelagert waren, waren es aber aus Sicht der Heilers viel eher Banditen. Es war mehr als offensichtlich, dass Illucarias Bande hier allerlei Handelsgüter hortete und die waren gewiss nicht ihr Eigentum. Offenbar war die Altmer sich nicht zu schade auch vorbeiziehende Händler um ihr Hab und Gut zu erleichtern. Er schüttelte den Kopf. „Diese Frau hat kein Gewissen“: stellte er beim Anblick des aufgeschichteten Diebesgutes fest und wandte sich, die Tür hinter sich schließend, ab. Hier war Dreveni nicht und der Dunmer hatte auch Nichts entdecken können, dass irgendwie für seine Kopfschmerzen verantwortlich sein konnte. So wandte er sich der zweiten Tür zu.

    Es passte. Das Stechen wurde nun noch intensiver, als er direkt vor dem massiven Holz dieses Durchganges stand. Diesmal probierte Tirian die Klinke gleich, bevor er sich wieder in Hilflosigkeit verlor, doch diesmal wäre dies angebracht gewesen. Die Klinke ließ sich zwar drücken, aber dem Heiler blieb Nichts als das hilflose Rütteln an der verschlossenen Tür, denn aufdrücken ließ sie sich nicht. Die gleiche Situation wie eben zuvor. Was sollte er nun tun? Noch als er überlegte, wie er sein Ziel am besten erreichen konnte, hörte er schwere Schritte und angestrengtes Keuchen die Treppe hinunter dringen. Der Heiler löste sich rasch von der Tür und eilte den Gang hinunter, um sich in den Eingang zu den Baderäumen zu drücken, in denen sich im Moment glücklicherweise niemand aufhielt. „Packt das Zeug in die vordere Kammer“: hörte er aus seinem Versteck eine raue Männerstimme. Mit einem Poltern wurde deutlich hörbar die Tür aufgestoßen. Ächzen war zu vernehmen. Das ging eine Weile so. Tirian vermutete, dass die Söldner gerade dabei waren irgendwelche Waren zu verstauen. „Was ist in der Truhe?“: hörte er die Stimme wieder. Eine zischende Frauenstimme antwortete: „Schmuck, Perlen und so ein Kram.“ Eine kurze Pause. „Das sind keine Handelswaren. Die kommen in das ‚Schatzdepot’ rein“: meinte der Befehlsgeber daraufhin. Schatzdepot betonte er so, dass es dem Wort einen lächerlichen Klang gab. „Ich schließe auf“: fügte er noch an und das Klimpern eines Schlüsselbundes ließ den Heiler aufhorchen. Er lehnte sich nach vorne und konnte sehen, wie ein Nord in einer abgewetzten Lederrüstung tatsächlich die Kammer aufschloss, in die er hinein wollte. Ein Bretone in seinen Vierzigern und eine adlergesichtige Dunmer mit einem Irokesen drängten sich mit einer schwer aussehenden, beschlagenden Truhe vorbei.

    Der Nord drehte seinen Kopf. Umgehend zog Tirian seinen zurück. Mit klopfendem Herzen hoffte er, dass der Söldner ihn nicht bemerkt hatte. Anscheinend war das auch der Fall. Zumindest näherten sich ihm keine Schritte. „Gut das war es“: zischelte die Frau wieder. Das Klimpern der Schlüssel war wieder zu hören. „Verdammt“: schoss es Tirian durch den Kopf: „nicht abschließen.“ In diesem Moment ertönte die Stimme der Bretonin wieder: „Lass die Tür geöffnet. Ich hab keine Lust nachher noch einmal solange mit ner schweren Truhe zu warten, bis du den richtigen Schlüssel ins Schloss gefriemelt hast. Du kannst ja immer noch abschließen, sobald wir keinen Trupp mehr zurückerwarten.“ Der Nord machte nur einige dumpfe Hmmpf-Geräusche. Erst nach einigen Augenblicken gab er nach: „Du weist ja nicht, was die Chefin mit mir macht, wenn etwas aus dem Lager gestohlen wurde. Aber na schön.“ Bei den ersten Worten klang er reichlich kleinlaut. Illucaria mochte eine noch so fiese Schlange sein, aber eines musste Tirian leider zugeben – ihre Söldnerbande hatte sie wirklich vollends im Griff. Dem Heiler schauderte allerdings bei dem Gedanken daran, wie sie sich solche Kerle gefügig machen konnte. Er schüttelte diese Überlegungen ab und widmete sich seinem eigentlichen Ziel, als diese Banditen endlich abzogen, nachdem ihr Diebesgut verstaut war. Gewiss hatten sie das Zeug, das gerade eingelagert worden war, einem unschuldigen Händler abgenommen.

    Er schlich an die Tür heran, horchte noch einmal die Treppe hoch, ob auch niemand kam und drückte dann die Klinke nach unten. Tirian war kaum über die Schwelle getreten als ihn die Kopfschmerzen abermals mit voller Wucht überkamen und er sich ein leichtes Aufkeuchen nicht verkneifen konnte. Wieder erhellte nur traniges Fackellicht aus dem Gang draußen die Kammer, doch diesmal wollte der Heiler mehr sehen und ergründen, was Illucaria in ihrem „Schatzdepot“ aufbewahrte. Außerdem war es gefährlich die Tür offen zu lassen. Wer wusste schon, wann genau die nächsten Ladungen verstaut werden mussten und ob nicht jemand anders zwischenzeitlich hier entlang kam, die offene Tür bemerkte und noch nachgiebiger seiner Herrin gegenüber wäre und sie direkt über die ungesicherte Schatzkammer informieren würde. So ging er noch einmal kurz nach draußen, nahm sich eine der vielen Fackeln von den Wänden, um damit einen silbernen Kerzenleuchter mit halb herunter gebrannten Leuchtstummeln zu entzünden, den er im Lichtkreis der Tür in der Kammer seitlich des Zugangs auf einem Tisch hatte entdecken können. Die Stummel fingen schnell Feuer. Die Flammen bauten sich schnell zu voller Größe auf und entrissen den Raum der Dunkelheit, auf den Tirian aber kaum einen Blick warf, weil seine Aufmerksamkeit dem Zurückbringen der Fackel und dem nochmaligen Lauschen in Richtung Treppe galt. Erst als er die Kammer hinter sich schloss, war er soweit beruhigt, dass er sich nun – den Leuchter in der Hand haltend – dem Inhalt des Raumes zuwandte. Von Dreveni war keine Spur zu sehen, aber das hatte er auch nicht mehr erwartet, nachdem klar geworden war, dass die Altmer hier ihre Schätze bunkerte. Zwar fragte er sich, wo die Dunmer womöglich sonst festgehalten werden könnte, ohne dabei jedoch auf eine Antwort zu kommen, widmete sich aber unter verstärkten Messerstichen im Kopf deren Quelle ausfindig zu machen.

    Sein Blick folgte dem Licht des Kerzenhalters, das fortwährend neue Kisten und Schalen mit Schmuck, aufwendigen Gefäßen, silbernen oder goldenen Schalen, Körbe gefüllt mit wertvollen Juwelen oder billigeren Halbedelsteinen. Daneben hingen feinsäuberlich auf Rüstungspuppen oder in Ständern Bewappnungen und Waffen feinster Machart oder teures Material wie Ebenerz oder Vulkanglas. Gerade auch hübsche Glasarbeiten als letzterem Material neben der eigentümlichen Bronze einiger mehr oder weniger unförmiger Dwemer-Artefakte, die Tirian nicht beschreiben oder gar einem Verwendungszweck oder einem bestimmten Namen zuordnen konnte. Wiederum etwas prunkvoller ausgestellt, fanden sich offenbar auch einige rituelle Waffen als auch, der magische Hauch war unverkennbar spür- als auch schimmernd sichtbar, ein paar Artefakte. In einer liebloseren Ecke türmten sich offene Kisten mit gemischtem Tand und vor allem Stapeln an Büchern. Die Altmer schien wirklich wie eine Elster alles zusammen zu räubern, dessen sie hier in der Gegend habhaft werden konnte.

    Von den Artefakten aber, die er nun genauer im Verdacht hatten, schienen die seltsamen, peinigenden Schmerzen nicht zu stammen. Vielmehr führte ihn das unangenehme Gefühl in eine dunklere Ecke des Raumes. Das Licht des Kerzenhalters schob sich flackernd über ein voll gestelltes Regal, in dem wertvoll aussehende Keramik untergebracht war. Tirians Blick blieb allerdings bei einer, zwischen zwei hohen Schalen regelrecht eingeklemmten, Steinfigur hängen, die aus einem dunklen, roten Gestein gefertigt war. Der Heiler trat näher heran, um im Kerzenlicht noch mehr Einzelheiten ausmachen zu können. Die Augen der Statue schienen zwei kleine Rubine zu sein. Ein noch größerer, blutroter Stein prangte in der Stirn der Figur, die etwas Gruseliges und Widernatürliches an sich hatte und doch war er so fasziniert von dem Anblick, er wusste gar nicht wieso, dass er sogar seine Kopfschmerzen einen Moment vergaß. Er starrte die Skulptur an, glaubte plötzlich ein leises Rauschen wie das fast unmerkliche wispern von Stimmen im Wand zu hören und verlor sich schließlich gänzlich im roten, stoischen Blick der kleinen Steinfigur.

    Plötzlich fuhr ihm roter Schmerz durch den Kopf. Es war ihm, als würden glühende Eisen direkt in sein Gehirn geschoben und als würden ihm die Augen ausgebrannt und zerrissen. Er konnte nicht einmal vor Schmerz schreien. Der gepeinigte Laut blieb ihm im Halse stecken, während aus seiner trockenen Kehle nur noch ein Krächzen entwich. Schließlich verdrehte er, die Steinfigur immer noch fixierend, seine Augen, bis statt des üblichen tiefen Rots nur noch weiß zu sehen war und fiel schließlich bewusstlos zu Boden. Das Scheppern des Kerzenhalters, als auch dieser auftraf, nahm er schon nicht mehr wahr.

  7. #7

    Weidenländer, Falensarano, Ilucarias Kammer

    Nach ein paar Augenblicken erklang in der Kammer unerwarteterweise eine Männerstimme, die Dreveni hereinbat. Damit hatte sie nicht gerechnet, und es hätte sie fast für einen Moment aus der Fassung gebracht. Schließlich siegte aber ihre hart erarbeitete Professionalität, sie rief sich noch einmal kurz die wichtigsten Zaubersprüche ins Gedächtnis und langte nach dem Türgriff. Als sie die Türe langsam öffnete, hatte sie sich innerlich schon zur Hälfte damit abgefunden, dass eventuell gerade ihr letztes Stündlein geschlagen hatte. Was hatte diese Altmer jetzt schon wieder vor?

    Der Raum der vor ihr lag, war länglich und nicht gerade klein, auch wenn er so wirkte, da er bis unter die Decke vollgestopft schien. Vollgestopft von Dingen, denen Dreveni gerne nicht mehr als einen kurzen Blick gewidmet hätte, und doch konnte sie nicht verhindern, dass sie die Gegenstände mit der Faszination des Ekels weiter betrachtete. Die blutige Trainingsmatte mit den Trainingspuppen waren da noch das Harmloseste. Während sie weiter in den Raum ging und die Tür vorsichtig hinter sich schloss, fielen ihr der abgeschlagene Daedrothkopf auf, der über einem Schreibtisch zu ihrer linken hing. Der Schreibtisch selbst wurde von einem Totenschädel geschmückt, welcher vermutlich von einem Dremora stammte, davon abgesehen füllten die Kammer noch zahlreiche Waffen, an denen teils noch Blut klebte. Aufgrund dieser Tatsache war die Kammer auch von dem leicht metallisch-süßlichen Geruch erfüllt, den Blut so mit sich brachte, vor allem wenn es nicht mehr ganz frisch war. Wenn man sich länger hier aufhalten würde, würde es einem vermutlich gar nicht mehr auffallen, dafür aber umso stärker, wenn man ihn gerade betreten hatte, so wie Dreveni. Schließlich blieb ihr Blick an mehreren Säcken hängen, wovon einer offen und bis zum Rand voll mit Draken war. Alles in allem wirkte die Kammer mehr als beeindruckend, und die Dunmer fragte sich zum wiederholten Male, wo sie da bloß hinein geraten waren. Die Karten von verschiedenen Regionen Tamriels zeugten jedenfalls davon, dass sich die Bande tatsächlich nicht alleine mit Morrowind zufrieden gab.
    Schließlich blieb ihr Blick an dem kleinen, runzligen Bosmer hängen, der auf einem der beiden Stühle vor dem Schreibtisch saß und eine Messer polierte, das verdächtig nach Ebenerz aussah.
    "Ich nehme an, dass ihr Dreveni seid. Setzt euch bitte", sagte die ungepflegt wirkende Gestalt zu ihr und deutete auf den zweiten Stuhl. Dreveni ließ noch einen kurzen Blick durch den Raum schweifen, der mehr einer Schatzkammer als den Gemächern der Irren glich, und folgte schließlich seiner Aufforderung. Als sie ihm gegenüber saß, begnügte sie sich damit, ihm als Antwort kurz zuzunicken und ansonsten zu schweigen.

    Der Alte lächelte freundlich und fuhr mit seiner Tätigkeit fort. Schweigend saßen sie einige Minuten nebeneinander. Dann hielt er das Messer gegen das Licht und betrachtete zufrieden das Funkeln auf der spiegelglatten, schwarzen Oberfläche. Dann erhob er sich und steckte die Klinge in die Scharte im Dremora-Schädel zurück. Dann ließ er sich mit einem hörbaren angestrengten keuchen wieder neben Dreveni nieder. "Verzeiht, dass ihr warten müsst, aber die junge Herrin wird sicherlich bald hier sein. Möchtet ihr etwas zu trinken? Einen Tee oder einen Wein?": fragte der Bosmer mit sanfter Stimme.

    Dreveni hatte den Bosmer die ganze Zeit ebenso schweigend beobachtet, und als er sie endlich ansprach, wurde auch ihre Hoffnung zerschlagen, sich so bald nicht mehr mit der Altmer abgeben zu müssen. Als er ihr etwas zu trinken anbieten wollte, war sie schon kurz davor abzulenken, das Erlebnis mit dem Ashkhan war noch zu frisch, aber dann wollte sie der anderen wiederum keine Gelegenheit zu noch größerem Unmut geben. "Wein, wenn ihr so freundlich wärt.", sagte sie schließlich, wobei ihr neutraler Tonfall und Ausdruck in ihrem Gesicht in Kontrast zu den freundlichen Worten standen. Nur weil sie etwas Wein nahm, mußte sie ja noch lange nicht davon trinken.
    "Wie ihr wünscht. Das wird euch die Wartezeit hoffentlich etwas verkürzen": sagte der alte Bosmer und erhob sich abermals keuchend und wanderte zum abgetrennten Bereich der Kammer hinüber. Er tat dies langsam und gemächlich. Es war mehr als deutlich, dass ihm das Gehen schwer fiel. Es dauerte eine ganze Weile bis er mit einer verkorkten Flasche und einem Tonbecher zurückkehrte, den er Dreveni dann vor die Nase stellte. Dann entkorkte er mithilfe des Obsidian-Messers den Flaschenhals und schenkte hellen Wein ein. Er roch kurz verträumt an der Flasche und atmete dann zufrieden aus. "Aus der alten Heimat. Ach wenn das Mädchen doch nur wieder nach Hause zurückkehren würde": meinte er und wirkte plötzlich betrübt und setzte sich wieder auf seinen Platz.
    Dreveni tat der alte Mann fast ein bisschen leid, als er so keuchend hinter der Abtrennung verschwand, aber sie sagte nichts. Schließlich erschien er wieder und als er fertig mit Einschenken war, nahm sie den Becher und roch ebenfalls an dem Wein, schwenkte in leicht hin und her, aber trank noch nicht, sondern hielt ihn wie beläufig in der Hand, während sie weiter den Alten betrachtete und sein plötzlich betrübtes Gesicht studierte. Was hatte dieses Weibsbild nur mit ihm gemacht, dass er von ihr fast wie von einer Tochter sprach? "Ihr kommt nicht aus Valenwald?", fragte sie den Bosmer schließlich, um die Stille zu unterbrechen. Interessieren tat es sie nicht wirklich.

    "Nein. Meine Familienzweig stammt ursprünglich von dort, aber ich bin geboren und aufgewachsenen in Summerset. Das ist schon sehr lange her. Aber es kommt mir inzwischen auch so vor, als wäre ich eine Ewigkeit nicht mehr dort gewesen. Ich wünschte, ich könnte bald dorthin zurück. Die dichten Wälder, die Sonne und das Meer. Die kristallnen Türme und die stolzen Ritter und Paladine in ihren schimmernden Rüstungen...": erzählte er und der betrübte Blick verschwand allmählich. "Schmeckt euch der Wein? Er stammt von einem Weingut in der Nähe von Erstburg. Ein Hügel mit perfekter Sonnenlage - fruchtige, schwere Trauben": fragte er.
    Die Dunmer hörte den Ausführungen des Alten geduldig zu, war sie doch selbst nie in Summerset gewesen. Nicht dass es sie dorthin gezogen hätte, aber es gab auch sonst nicht unbedingt viele Möglichkeiten, etwas über die anderen Länder zu erfahren. Auf seine Frage hin überlegte Dreveni kurz, ob ihm überhaupt aufgefallen war, ob sie schon getrunken hatte oder nicht, hob aber dann doch den Becher zum Mund und tat zumindest so, als ob sie trinken würde. Tatsächlich merkte sie den Geschmack des Weines, und ja, er war wirklich gut, aber noch war ihr Mißtrauen nicht vergessen. "Er ist ausgezeichnet.", sagte sie schließlich. "Ihr wart die ganze Zeit mit Ilucaria unterwegs? Ihr müsst sie schon sehr lange kennen...", fragte sie ihn, immer noch mehr im Plauderton als ehrlich interessiert.
    "Natürlich. Meine Familie dient seit Generationen den Camorern. Die Herrin kenne ich seit ihrer Geburt. Sie war schon damals ein richtiger Wirbelwind - das völlige Gegenteil zu ihren Schwestern. Es war abzusehen, dass sie den Wünschen seiner Lordschaft nicht folgen würde. Sie raufte lieber mit den Söhnen der anderen Adligen, als sich um das Lernen der Hofetikette und ihr magisches Studium zu kümmern": breitete er seine Erinnerungen aus. Dann seufzte er. "Als sie sich mit seiner Lordschaft überwarf und der alten Heimat den Rücken kehrte. Begleitete ich sie natürlich. Es ist schließlich meine Pflicht auf die junge Herrin Acht zu geben und ihr zu Diensten zu sein. Ich darf meiner Familie keine Schande machen, auch wenn ich mit dem Tempo der jungen Herrin nicht mehr so gut mithalten kann, wie früher": erklärte der Alte selbstvergewissernd.

    Ein Höfling, sie hätte es ahnen können. Jetzt war ihr auch klar, warum er so fast schon devot zu seiner Herrin stand. Dreveni kannte die Sitten zumindest an den Fürstenhöfen in Cyrodiil, war sie doch gelegentlich rein beruflich dort. Wenn er meinte, die Altmer hatte ihre magischen Studien vernachlässigt, hieß dass dann, dass es um ihre Zauberkünste nach wie vor schlecht bestellt war? Im Umgang mit der Klinge stand sie Dreveni sicherlich nicht im geringsten nach, aber Dreveni war wiederum in Teilbereichen eine ganz passable Magierin, auch wenn sie sich selbst überhaupt nicht so sah und niemals als Magierin bezeichnet hätte. Tatsächlich war es ihr auch nie darum gegangen, eine Schule der Magie komplett zu meistern, sondern nur ausgewählte Teilbereiche, die ihr nützlich erschienen. Dazu kam, dass ihr der Zugang zur Magie relativ leicht fiel. Sie hatte sich nie so abmühen müssen, wie sie es an Erynn gesehen hatte, als sie ihre erste und vorerst letzte Übungsstunde abgehalten hatten.
    "Ich bin sicher, dass ihr eurer Familie keine Schande bereitet habt.", sagte Dreveni zu ihm und prostete ihm mit dem Becher zu, und nippte wieder ohne wirklich daraus zu trinken.

    "Habt Dank für euren Zuspruch. Aber ich kann sie auch verstehen. Wer würde sich schon von einem alten Greis noch etwas sagen lassen, wenn man einem Daedroth mit einem Axthieb den Kopf abtrennen und jeden Mann und jede Frau dieser Unternehmung hier im Zweikampf besiegen kann": sagte er und seufzte. "Wäre seine Lordschaft damals nur nicht so streng gewesen und hätte ihr gestattet...": er wurde unterbrochen: "Getso, das reicht. Nerve Dreveni nicht mit deinem Geschwafel. Ich habe mit der Familie gebrochen. Ich brauche sie nicht. Und nun entferne dich." Illucaria war inzwischen in die Kammer getreten. So schnell es dem altem Bosmer möglich war, entfernte er sich. Die Altmer wartete, bis er hinaus war und trat dann an das vergitterte Fenster. "Schenkt den Worten dieses rührigen, alten Narrs kein Gehör. Er ist nicht mehr klar bei Verstand. Ich hätte ihn längst erlösen sollen": meinte sie streng. "Die Familie und die Heimat, pah. Der Name Camoran ist Nichts weiter als eine Last": sprach sie und ging dann zu ihrem Thronstuhl hinüber, doch anstatt sich zu setzen, stützte sie sich nur auf die Lehne. Ihr Gesicht schaltete umgehend von ernst auf freundlich lächelnd um. "Verzeiht die Verspätung, aber ein Spähtrupp war zurückgekehrt": entschuldigte sie sich für die Verspätung.

    Erlöst wird hier früher oder später sicher jemand, ich glaub nur dass es nicht derjenige ist, an den du gerade denkst...
    Bei dem Namen Camoran klingelte bei Dreveni etwas, oder sie hatte zumindest das Gefühl, dass es das sollte. Nur leider wußte sie weder wo, noch ob überhaupt sie diesen Namen schon gehört hatte. Was interessierten sie auch die Altmer? Sumerset war weit. Und doch überlegte sie, während sie der Hochelfe zuhörte und ihr Blick auf den Sigelsteinen ruhte. Hatte sie ihn beiläufig in einer Taverne gehört? Oder hatte jemand von einem Namen gesprochen, der diesem nur im Klang ähnelte? Hatte sie ihn gelesen?
    "Manche Dinge haben einfach Priorität.", nahm Dreveni lächelnd die Entschuldigung an. "Für mich zum Beispiel der Verbleib meines Schwertes. Ihr wisst nicht zufällig etwas davon? Ich bezweifle dass der kleine Heiler es gewagt hat, sich an meiner Waffe zu vergreifen. Sowie an meinen anderen Sachen. Da wären noch mein Bogen, und etwas Gepäck" Ihre Stimme war nach wie vor freundlich und sie schaffte es den selben Plauterton wie vorher dem Waldelf gegenüber beizubehalten.
    "Priorität hätte eigentlich das Oblivion-Tor, dass sich in der Nähe der Festung geöffnet hat": überlegte die Altmerin laut, während sie an Dreveni vorbei zum Fenster hinüber sah. Doch dann, als hätten sie die Worte der Assassine erst einen Moment später wirklich erreicht, antwortete sie: "Ich habe das Gepäck in eine kleinere Kammer mit einem besseren Bett verlegen lassen. Da euer Begleiter abgereist ist, müsst ihr nicht einen Raum mit zwei Betten in Anspruch nehmen. Ehrlich gesagt, hat uns eure Unterbringung das Geld von Händlern gekostet, die wir an eurer Stelle dort hätten einquartieren können. Es geht ja auch ums Geschäft." Dann wandte sie ihren Blick zur Seite. "Ihr habt die Sigil-Steine betrachtet, nicht? Jeder steht für ein Tor, das ich und meine Männer geschlossen haben. Stein Nummer drei war sehr blutig erkämpft, danach musste ich meine Reihen mit neuen Freiwilligen füllen. Stein Nummer 2 bescherte mir die Trophäe, die ihr an der Wand sehen könnt. Es ist ein unglaubliches Gefühl nach diesem Stein zu greifen und ihn aus dem dämonischen Feuer zu ziehen. Es ist als würde das All um einen herum einem leicht werden": schweifte sie schließlich ab.

    Dreveni reichte es jetzt definitiv. Es interessierte nicht wie leicht es der Altmer bei was auch immer wurde, und auch nicht, wieviele Obliviontore sie geschlossen hatte. Seit sie mit Erynn und Arranges nur zu dritt duch das Tor war, hatten diese viel von ihrem Schrecken für die Dunmer verloren.
    "Ich wäre gerne dabei, wenn ihr euch um das Tor hier kümmert. Dremoras abzuschlachten hat etwas befriedigendes.", sagte Dreveni. "Wie auch immer, wir wollten über meinen Sold und über die Diamantmine sprechen." Sie würde dieses hinterhältige Weib in Sicherheit wiegen, und sobald sie ihr etwas von der Pelle gerückt war, hatte sie hoffentlich genug Gelegenheit, nach Spuren von Tirian zu suchen.
    "Ah ja die Mine. Eigentlich ist es nichts Aufregendes. Wir gehen in der Gruppe rein, überwältigen die Wachen, nehmen die Minenarbeitet gefangen. Dann nehmen wir uns das, was sie dort gelagert haben und stellen sicher, dass die Arbeiter auch weiterhin ihren Dienst für uns tun und brav und fleißig weitere Edelsteine schürfen. Die gehen dann an die Festung solange wir uns noch hier aufhalten. Allzu lange wird das wohl nicht mehr sein. Wir werden wohl noch vier Tore schließen und die Gegend von versprengten Daedra säubern. Danach dürfte die Region auch gut ausgeblutet sein. Um den Rest darf sich dann gerne Meister Aryon selbst kümmern": erklärte Illucaria. "Aber ich schweife ab. Zu eurem Sold: Täglich erhaltet ihr 20 Draken. Für Missionen gibt es pauschal 300 Draken. Für Missionen ins Reich des Vergessens 500": bot die Altmer an und setzte sich nun doch auf den Thronstuhl.

    Die Dunmer hatte nicht die geringste Lust zu verhandeln, als ihr die Söldnerin das Angebot vorlegte. Dabei hätte sie fast laut gelacht, 20 Draken? Dafür dass sie sich mit diesem Abschaum hier den Hintern platt saß? Niemals. Andererseits wäre es vermutlich auch aufgefallen, wenn sie nicht gefeilscht hätte.
    "In Ordnung. Fürs Erste jedenfalls.", sagte sie gedehnt. "Mit der Option auf neue Verhandlungen, nachdem wir die Leute in der Mine wieder auf Kurs gebracht haben." sagte sie und sah die Altmer herausfordernd an.
    Illucaria lachte. "Verhandlungen? Ihr gefallt mir": meinte die Altmer. "Ich weise euch aber nur darauf hin, dass andere Söldner fürs Nichtstun gar nichts bekommen. Ich bin schon wie eine verdammte Mutter zu diesen Nichtsnutzen hier": wobei sie beim letzten Satz wieder etwas lauter wurde. "Ihr bekommt hier kostenlose Unterkunft und kostenloses Essen und dürfte die Dienste unseres Schmieds ebenfalls kostenlos in Anspruch nehmen und Aufträge für mehr Geld haben wir auch genug. Da dürfte ein kleiner täglicher Sold angemessen sein. Aber wir können gerne noch einmal über eine kleine Erhöhung sprechen, wenn ihr mir die Diamanten hierher bringt": meinte sie und überging den herausfordernden Blick einfach. "Ihr könnt euch jetzt entfernen. Euer Zimmer wird noch hergerichtet. Ich lasse euch dann informieren, sobald die Sklaven damit fertig sind": sagte sie noch und wandte sich dann dem Buch vor ihr zu.
    Dreveni war egal, was die Andere von ihrer Forderung hielt, besser sie hielt die Dunmer für unverschämt als dass es ihr suspekt vorkam, wenn Dreveni überhaupt nicht versuchte zu verhandeln. Mehr störte sie im Moment ohnehin, dass ihr die Altmer das Zimmer noch nicht zeigen wollte, in welches ihre Sachen angeblich gebracht worden waren. Sollte sie überhastet aufbrechen müssen, wollte sie auf keinen Fall ihr Schwert und ihren Bogen zurücklassen müssen. Vor allem ohne das Schwert wäre es Wahnsinn gewesen, sich weiter - und eventuell noch alleine - durch Vvardenfell zu bewegen.
    Sie nickte der söldnerin noch einmal kurz zu, sagte: "Es wäre nur schön wenn die Sklaven fertig sind, bevor wir aufbrechen, ich brauche mein Schwert.", und verließ dann das Zimmer.
    Ilucaria ließ sich nicht mehr zu einer Antwort herab, sie schien schon wieder anderweitig beschäftigt zu sein, und so stand Dreveni wieder vor der Tür im Gang und überlegte, wie sie möglichst planvoll nicht nur nach Tirian, sondern auch nach ihren Sachen suchen sollte.

  8. #8

    Weidenländer, Falensarano, Schatzkammer

    Er schlug seine Augen auf. Wo war er? Sein Blick taxierte die Umgebung. Er sah die Steinwände von Falensarano. Er befand sich nicht mehr in der Kammer, in der er… er versuchte sich zu erinnern. Rote Augen. Die Erinnerung versagte ihm den Dienst. Langsam richtete er sich auf und wusste nicht so ganz, wo in Ilucarias Festung er sich befand. Der Raum hatte schmale, nur oberhalb in die Wand eingelassene, vergitterte Fenster, durch die fahles Zwielicht nach innen drang, als wäre der Himmel draußen eine Mischung aus Grautönen, die Sonne selbst nur eine seelenlose, weiße Scheibe. Die Kammer selbst war auch nicht sonderlich lebendiger. An den Wänden zeugten Rußflecken, von lange schon verloschenen Fackeln, ansonsten war sie leer. Langsam trat er an die Tür heran, die mehr windschief als wirklich massiv in den Angeln hing. Er versuchte sie aufzustoßen und zu seiner Überraschung schwang sie knarrend und knarzend aber ohne Fisimatenten zu veranstalten nach draußen auf. Verwunderte schaute er sich vorsichtig in dem Gang davor um. Es war niemand zu sehen. Auch hier sorgten schmale Gitterfenster in dem schier endlosen Gang dafür, dass er zumindest zwielichtig beleuchtet war. Von Fackeln waren auch hier nur noch die Rußreste auf dem Stein zu erahnen. Tirian versicherte sich noch einmal, ob auch wirklich niemand kam und verließ den Raum wieder und ging den Gang nach rechts entlang. Offenbar mussten sich Kammer und Gang an der Außenwand der Festung befinden, ansonsten könnte ja auch kein Licht herein scheinen. Er musste noch immer Dreveni finden, sodass sie gemeinsam von diesem verfluchten Ort entkommen konnten.

    Mit der Zeit wurde ihm aber langsam seltsam zu Mute. Der Gang schien kein Ende zu nehmen. Wenn er auf Türen traf, so waren diese verschlossen und langsam wurde ihm auch unheimlich, dass er keinen anderen Menschen oder Mer antraf. Es war zudem gespenstisch still in der Festung. Keine Stimmen von fern her, keine Schritte, nicht einmal das Tönen von Türen, die geöffnet oder geschlossen werden. Eine unsägliche Ruhe lag über der ganzen Festung. Auch durch die Fenster drang kein Laut – nicht das Rauschen des Windes, nicht ein noch so leises Vogelzwitschern. Wären da nicht wenigstens seine eigenen Schritte, die hin und wieder widerhallten, hätte er sich schon für taub gehalten. Der ganze Ort wirkte geradezu bedrückend still und unlebendig. Der Dunmer wollte schnellstmöglich heraus und begann nun zu rennen da es offenbar keine Wachen hier gab, die ihn hätten aufhalten wollen, auch wenn er das Gefühl hatte, dass er einfach nicht vorwärts kam, weil der Gang sich schlicht und ergreifend nicht veränderte. Die gleiche endlose Flucht. Eine Tür und eine Rußstelle nach der Anderen- Auch wenn er rannte, meinte er sogar inzwischen nur noch auf der Stelle zu treten. Seine Muskeln brannten, sein Atem ging stoßweise, als er schließlich stehen blieb und sich gegen die Wand der Festung lehnte und die Hände vor die Augen schlug. Ein Zeichen seiner Verzweiflung. Wie verflucht lang mochte dieser Gang noch sein. Er wollte hier endlich raus.

    Bei diesen Gedanken ertönte ein lauter Knall weiter vorn im Korridor. Er sprang schleunigst auf und sah, doch in einigen Metern eine offen stehende Tür. Sie musste aufgeschlagen sein. Tirian stürmte zu ihr hinüber. Vielleicht war das der Ausweg, nach dem er gesucht hatte. Schließlich stand er vor dem offenen Durchgang. Der Raum dahinter war jedoch nur ein einziges Schwarz. Nur ein winziger Lichtkegel verriet, dass es überhaupt einen Boden in der Düsternis gab. Da es keine andere Möglichkeit gab, nahm der Heiler allen Mut zusammen und trat in die Kammer ein. Mit einem lauten Knall schloss sie sich plötzlich hinter ihm. Der Dunmer zuckte zusammen und saß nun in absoluter Dunkelheit fest. Er versuchte umgehend die Pforte wieder zu öffnen, aber sie blieb verschlossen. Schweiß trat auf seine Stirn und sein Herz klopfte wie wild, während er sich tastend nach vorne bewegte. Als er die Augen zusammenkniff, um vielleicht doch wenigstens ein paar Konturen erkennen zu können, wurde er in grelles rotes Licht getaucht. In der Finsternis vor ihm schwebten, Leuchtfeuern gleich, zwei rubinrote Augen. Sein Blick wurde sofort von dem Anblick gefesselt. Er spürte, wie sich der Raum um ihn herum zu drehen begann und dann gab der Boden nach. Er fiel noch tiefer in die Dunkelheit hinein, während sein Blick noch immer von den starrenden, roten Augen gefangen war. Langsam wurde ihm schwindlig. Vor den Augen verschwamm es ihm zunehmend. Schließlich fühlte sich Tirian am Rand der Bewusstlosigkeit. Langsam löste sich der dämonisch-rote Blick auf und er schloss seine Lider, um sich zu sammeln. Im nächsten Moment spürte er wieder Boden unter den Füßen.

    Als er die Augen vorsichtig wieder öffnete, war die Szenerie eine gänzlich andere. Der dunkle Raum war verschwunden. Er befand sich zwar immer noch in der Festung, doch kam ihm dieser Teil bekannt vor. Er stand direkt vor dem Speisesaal, wie er erkannte. Tirian zog es dort hinein. Mittlerweile war ihm egal, wenn er einem Söldner begegnen sollte, inzwischen wollte er einfach nur einen anderen Menschen oder Mer sehen, damit er sich sicher sein konnte, nicht das einzig verbliebene Wesen auf dieser Welt zu sein. Er fühlte sich im Moment unsäglich verlassen und einsam. Zitternden Schrittes betrat er die Kantine der Festung… und wünschte sich im nächsten Moment, dass er lieber draußen geblieben wäre. Es wirkte als wäre er in Dagons Reich gelandet. Der Raum war erleuchtet von umherstehenden Kohlebecken aus denen die Flammen gierig und breit nach oben und zu den Seiten züngelten. Von der Decke hingen Ketten und Haken an denen man einen ausgewachsenen Guar hätte aufhängen können. Die Küche war neben grobschlächtigen Beilen und Hackmessern auch mit allerlei Folterinstrumenten ausgestattet. Tirians Augen weiteten sich, als er sah, wer an Stelle des dicken Nords nun von oben bis unten mit Blut besudelt ein rostiges Fleischerbeil schwang. Ihre goldene Haut verriet die Altmer sofort. Ilucaria drehte sich zunächst um, sondern ließ das Metzgerwerkzeug weitere Male schwingen und Blut in die Höhe spritzen. Erst dann drehte sie sich um. Lächelte gewohnt süffisant aus einem mit feinen aber auch breiten Blutspritzern gesprenkelten Gesicht. Sie leckte Blut von der rostigen Klinge und tat einen Schritt zur Seite. „Ihr kommt gerade rechtzeitig. Der Braten ist bereits fertig zerlegt“: sagte sie und deutete mit ausgestrecktem Arm auf einen zerstückelten Mann, den Tirian erst nach etlichen Schreckensmomenten als den Attentäter der Morag Tong identifizierte. Mit offenem Mund stand er da. „Den hat unsere Kleine doch fachgerecht erlegt“: meinte sie und deutete auf einen tiefen Schnitt an der Kehle des Mannes etwas oberhalb der Stelle, wo sie den Kopf vom Torso abgetrennt hatte.

    Noch bevor Tirian auch nur in der Lage war die Sache zu begreifen und soweit entfernt war von der Frage, wen die Söldnerin mit ‚unsere Kleine’ gemeint hatte, wie Elsweyr von Himmelsrand, erklang nun seitwärts von ihm: „Tirian, du hast nach mir gesucht?“ Er kannte die Stimme. „Dreveni!“ Zunächst überglücklich fuhr er zu ihr herum, doch schreckte er sofort vor ihr zurück, als er ihres Anblicks gewahr wurde. Er blickte nicht in das kühle Gesicht der Assassinin sondern in die schreckliche Fratze einer Dremore. Spitze, gefährliche Reißzähne, ein böser Ausdruck in den Augen aber ein Lächeln das nicht dazu passte und das ganze geziert von brennenden Augen und zwei mächtigen Hörnern, die ihr aus der Stirn wuchsen. Dies kam ihm auf ungeheure Art bekannt vor, doch als er diesem Gedanken weiter folgen wollte, blitze kurz wieder der stechende, rote Blick in seinem Kopf auf. Schnell ließ er die Überlegungen fallen. Vielmehr drängte sich nun die Assassinin, besser ihr dämonisches Zerrbild, an ihn heran. „Warum so geschockt? Gefalle ich dir denn immer noch nicht?“: säuselte sie. Ilucaria leckte sich derweil mit bluttropfender Zunge über ihre verstörend weißen Zähne. Tirian schluckte, während sich die daedrische Dreveni auf seinen Rücken lehnte und den Kopf auf seine Schulter legte. „Du kannst es einfach nicht leugnen. Ich weis doch, was du willst, mein kleiner, naiver Tirian“: meinte sie. Der Atem des Heilers setzte aus. Er fühlte sich wie von einem Raubtier gepackt und hatte Angst, dass ein falscher Atemzug zu einem Angriff führen würde. Mühsam kämpfte er gegen die Panik, die in seinem Innern zu toben begann. Ihre Finger glitten an seinem Hals entlang. Sein Blick war stur geradeaus gerichtet, doch seine Lider zuckten nervös und eine Ader an seinem Hals pochte immer stärker. Ihre Hand glitt hinunter, streifte seine Hüfte und mit einem schnellen Zug zog sie ein Messer von ihrem Gürtel. Als er das bemerkte, setzte sein Fluchtreflex unaufhaltsam ein. Er riss sich aus Drevenis Umarmung los, stieß sie zur Seite und begann zu rennen. Vor ihm dehnte sich die Kantine in die Länge. Von einem begrenzten Raum verwandelte sie sich in eine lange, schier endlose Säulenhalle, dessen Ende nicht mehr abzusehen war. Umso mehr er rannte, umso länger dehnte sich die Räumlichkeit in die Ferne, wie in die Länge gezerrt. Er lief Slalom um die Säulen und Kohlebecken, verlor langsam sowohl den Eingang als auch Dreveni und Ilucaria aus den Augen, büßte allerdings auch jedwede Orientierung ein.

    Tirian irrte eine Weile im unendlichen Raum umher, verloren irgendwo zwischen der von ihm geschätzt hundertsten und zweihundertsten Säule. Dann tat sich etwas. Er rieb sich die Augen, als die Säulen langsam näher rückten und sich die ausgedehnte Kammer plötzlich in erbarmungsloser Geschwindigkeit verkleinerte und sich schließlich ein gänzlich anderer Raum um ihn herum bildete. Der Blick nun nur noch von wenigen Pfeilern verstellt, kam ihm diese Örtlichkeit seltsam bekannt vor. Er hörte ein leises Röcheln. Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend trat er hinter einem der Pfosten hervor. Entsetzen befiel ihn nun erneut, als er einen schwarzhaarigen, ausgeweideten, schwach röchelnden Dunmer an Ketten von der Decke hängen sah. Von der Faszination des Schreckens gefangen, stolperte er wie ein Zombie an die bemitleidenswerte Gestalt heran. Ein stechender Schmerz fuhr durch seinen Kopf. Die rubin-roten Augen tauchten wieder in seinen Gedanken auf, doch diesmal erschienen ihm auch Erinnerungsfetzen vor seinem geistigen Auge. Die Szene war ihm vertraut – der Raum, die Ketten, der Mann und … Dreveni ... das Monster! „Dieser arme Kerl. Dreveni hat ihm das angetan“: wie er sich nun erinnerte. „Das Monster“: ergänzte er fassungslos, leise flüsternd. „Das Monster“: ertönte seine Stimme plötzlich erneut. Er blickte überrascht auf. „Was war das?“: fragte er laut und sah sich um. Er war sich sicher, Nichts gesagt zu haben. „Magst du wirklich so erhaben urteilen?“: vernahm er erneut sich selbst. Wieder sah er sich um. Von wo kam das bloß? „Was soll das heißen?“: fragte er zurück. Vielleicht konnte er den Sprecher ja in einen Dialog verwickeln und ihn so enttarnen, doch die Stimme schien von überall aus dem Nichts heraus zu kommen. „Wo du doch selbst genau weißt, was du wirklich bist“: redete dieses körperlose Ding weiter. „Was weis ich?“: frage Tirian seinerseits wieder zurück. „Du kannst es nicht verleugnen. Die Wahrheit ist dir so bewusst wie mir“: sprach es weiter ohne eine direkte Antwort zu geben. Tirian war sichtlich verunsichert und wich in die Mitte des Raumes zu der aufgehängten Gestalt zurück. „Was soll mir bewusst sein. Sag’s mir“: warf er herausfordernd in den Raum. „Das was du in deinem Innern hinter deiner moralischen Fassade verbirgst. Das, was du qua Geburt immer schon warst und auch immer sein wirst“: kam prompt die Antwort direkt hinter ihm. Tirian erstarrte und drehte sich geradezu in Zeitlupe um. Voller Schrecken schaute er zu, wie die Ketten langsam länger wurden und den gedärmlosen Körper langsam zu Boden ließen. Er blickte hinauf und sah den zerschnittenen Mund unter den filzigen, schwarzen Haaren des Mannes zu einem triumphierenden Grinsen verzogen. „Derjenige der wütet, der hasst, der tötet bist du“: sprach der Tote weiter, während und nachdem er herabgelassen war. „Du bist ein Mörder“: warf er ihm vor. „Du weist es“: wiederholte er. Tirian traten Erinnerungen vor Augen an seiner Ausbrüche und an seinen Handabdruck, der sich seinem Opfer in das Gesicht hinein gebrannt hatte.

    Die Bilder fingen an ihn zu quälen. Er schloss die Augen und hielt sich den Kopf, wollte nichts mehr sehen und nichts hören. „Mörder, Mörder“: drang die Stimme weiter in seinen Kopf vor. „Nein!“: rief er und versuchte dem ausgeweideten Körper entgegen zu treten, ihn zu fixieren. Da fiel ihm auf, dass der Raum um ihn herum verschwunden war. Nur er und der Gefolterte waren da und schwebten geradezu im Nichts. Über den Ausruf konnte sein Gegenüber nur weiter hämisch lächeln. „Ich bin kein Mörder“: widersprach Tirian noch entschiedener. „Ach mein kleiner, naiver Tirian. Natürlich bist du das und noch viel mehr“: hörte er nun die vertraute aber zugleich boshaft verzerrte Stimme Drevenis. Sie trat in ihrer dämonischen Form neben dem Ausgeweideten einfach aus dem Nichts. „Nein, Nein, Nein“: schüttelte der Heiler den Kopf: „Das Alles ist nur ein Alptraum. Das ist nicht real“: versuchte er sich zu beruhigen und selbst zu vergewissern. „Dann ist unsere Verwandtschaft also nicht real, kleiner schwacher Abkömmling?“: hörte er eine weitere, bekannte Stimme. „Tarrior!?“: keuchte der Dunmer auf und tatsächlich schälte sich nun auch noch sein Vater in schrecklich entstellter Art und Weise aus dem leeren Raum. „Wir sind vom selben Blut. Du bist wie ich. Das was in mir ist, steckt auch in dir“: redete nun auch er auf ihn ein. „Nein, Nein, das ist nicht echt… das ist nicht echt“: widersprach Tirian immer wieder. „Dasselbe Blut und dieselbe Mordlust. In dir steckt das gleiche Monster wie in mir“: beharrte Tarrior. Inzwischen waren die Widerstandsversuche des Heilers nur noch kläglich. „Du konntest weder Hand an deine Begleiterin legen, obwohl du wusstest, dass sie ein Monster ist, weil du genau weist, dass du von derselben Art bist und spürst du nicht die Furcht so deutlich, so zu sein, wie dein Vater ist? Warum diese Angst, wenn an ihr nichts Wahres ist?“: sprach der Ausgeweidete nun wieder mit seiner Stimme zu ihm. „Verleugne nicht, was du tief in deinem Innern bist“: sagte er. Tirian schüttelte den Kopf. „Sieh mich an!“: forderte der Gedärmlose. Zögerlich richtete der Dunmer seinen Blick wieder nach oben. Sie waren wieder allein. Die Hand seines Gegenübers fuhr nach oben und schob dann quälend langsam die Haare zur Seite.

    Am Rande des Wahnsinns blickte Tirian nun in sein eigenes, zerstörtes und schrecklich verzerrtes Gesicht mit dem dämonischen Lächeln. Mit aufgerissenen Augen und offenem Mund starrte er sich selbst an. „Wir sind uns gleich. Du und ich. Wir sind eins. Ich bin ein Teil von dir. Du kannst mich nicht verleugnen. Ich bin du und du bist ich. Ich bin das, was wahrhaft unter deiner Oberfläche lauert“: verkündete der zweite Tirian. Auf den Schultern des diabolischen Spiegelbildes bildeten sich plötzlich Geschwüre und im nächsten Moment brachen die dämonischen Fratzen Tarriors und Drevenis aus dem Fleisch und wanden sich zuckend neben dem entstellten Gesicht. „Auch wir sind du“: sagten sie. Er spürte das Winden und das Zucken selbst körperlich sah an sich herab. Tiefstes Entsetzen befiel ihn, als er sah, dass die Fratzen tatsächlich aus seinem eigenen Körper kamen. Er versuchte die zuckenden Tumore mit den Händen herauszureißen, erntete aber nur das höhnische Gelächter der aufgerissenen Münder. Sein Spiegelbild riss die Arme nach oben, packte den Heiler am Kopf und zog ihn zu sich heran. „Ich bin du. Du bist ich. Wir sind uns gleich. Ich bin ein Monstrum und DU. BIST. ES. AUCH!“: sagte es und um Tirian wurde es endgültig schwarz.


    Schreiend schoss der Dunmer in der Schatzkammer von Falensarano in die Höhe. Sein Schrei war ohrenbetäubend und markerschütternd. Es war kein einfacher Hilfeschrei sondern ein Laut der aus der reinen, nackten Panik geboren war.

  9. #9

    Weidenländer, Falensarano

    Dreveni war gerade auf dem Weg in die untere Etage der Festung, da sie - genau wie Tirian - zu dem Schluss gekommen war, dass man dort am besten Leute gefangen setzen konnte, die man verbergen wollte, gerade wenn immer wieder Händler und andere Reisende hier einkehrten, als ihr der Dunmer über den Weg lief, mit dem sie vorhin das Bett geteilt hatte.
    Eigentlich wollte sie gerade weitergehen, nachdem sie sich beide einen kurzen Blick zugeworfen hatten, aber nachdem der Gang gerade bis auf sie beide ziemlich leer zu sein schien, überlegte sie es sich doch anders.
    "Wisst ihr, wo Ilucaria meine Sachen hingebracht hat?"
    Anstatt ihr zu antworten, wandte er sich jedoch ab und wollte schon weitergehen.
    "Typisch.", murmelte Dreveni, der es inzwischen wirklich reichte mit diesem Pack hier. "Es wundert mich überhaupt nicht, dass sich Ilucaria hier so aufführen kann, wenn ihr sogar buckelt wenn sie weit und breit nicht zu sehen ist."
    Das schien zu wirken, denn er hielt inne und drehte sich um. Allerdings bedachte er sie mit einem Blick, bei dem wohl nicht wenige auf der Stelle tot umgefallen währen. Doch Dreveni wäre nicht Dreveni, würde sie sich durch so etwas aus der Ruhe bringen oder auch nur Beeindrucken lassen. So starrten sie sich ein paar Augenblicke gegenseitig an, bis er ihr schließlich antwortete: "Ihr wart auf dem richtigen Weg, den Gang runter und noch drei Türen, wenn sie dort nicht sind, weiß ich es nicht." Danach wandte er sich zum gehen ohne noch einmal zurück zu schauen, auch nicht als sie ihm noch leise sagte: "Kommt mit. Wenn ihr jemals flüchten wolltet, dann wäre jetzt die Gelegenheit."
    Es war nicht so, dass sie unbedingt wollte, dass genau er mitkam, denn nur weil sie mit ihm geschlafen hatte, hieß es nicht dass sie den Rest ihres Lebens mit ihm verbringen wollte, aber momentan wäre jede Hilfe willkommen.
    Schließlich setzte sie ebenfalls ihren Weg fort, bis sie vor der dritten Tür stand. Natürlich war sie verschlossen, was ihr ein Griff zur Klinke verriet. Sie sah sich kurz um, konnte aber immer noch niemanden sehen, dann konzentrierte sie sich und legte ihre Hand auf das Schloss. Es leuchtete kurz auf unter ihrer Handfläche, dann hörte sie das leise Klicken, mit dem sich das Schloss entriegelte. Kurz kam ihr in den Sinn, was ihr Tirian über Fallen hier erzählt hatte, aber darauf konnte sie jetzt keine Rücksicht nehmen, auch wenn Ilucaria tatsächlich verrückt genug war, die Türen hier derart abzusichern. Von Vertrauen schien diese noch wesentlich weniger zu halten als Dreveni selbst, und das wollte etwas heißen.
    Jedoch geschah nichts, als sie die Tür öffnete, und dahinter in einer kleinen Abstellkammer fand sie tatsächlich ihre Sachen. Sie überlegte kurz, ob sie sie noch hier lassen sollte, entschied sich dann aber dagegen. würde sie den Heiler finden - was voraussetzte dass er tatsächlich gefangen gehalten wurde und nicht verschwunden war - und sie ihn befreien, würden sie wohl eher schneller als langsamer fliehen müssen, und dann noch einmal hier her zurückkehren zu müssen wollte sie nicht riskieren.
    Sie packte die Sachen so gut es ging zusammen, schlang sich den Schwertgürtel um die Hüfte und hängte den Köcher auf den Rücken. Es würde schon gehen das alles zu tragen, den Rest nahm sie so, dass sie es im Falle eines Kampfes schnell fallen lassen konnte.

    Als sie alles hatte, ging sie wieder den Gang zurück, bis sie an der Treppe nach unten stand. Kaum hatte sie den Fuß auf der ersten Stufe, erstarrte sie. von unten erschall ein Schrei, der kaum noch etwas menschliches an sich hatte. Er ging ihr durch Mark und Knochen und konnte einem das Blut in den Adern gefrieren lassen. Sie brauchte ein paar Augenblicke um sich wieder zu fassen, allerdings gelang ihr das noch bevor der Schrei verklungen war. Was tat dieses Weib hier unten? Betrieb sie dort ihre private Folterkammer? Aber auch die Söldnerin war nicht so dämlich, Leute derart hier zu foltern dass man die Schreie durch halb Falensarano hörten konnte. sie rannte die Treppe nach unten, vorsichtig musste sie jetzt wirklich nicht mehr sein, andere mussten ebenfalls diesen infernalischen Lärm gehört haben, und so würde es hier vermutlich bald vor Söldnern wimmeln.
    Unten angekommen, sah sie nur eine Reihe geschlossener Türen rechts und links des Ganges. Sie hielt sich immer noch nicht mit übermäßiger Vorsicht auf, und so drückte sie einfach nacheinander die Klinken herunter, bis sie eine Tür fand, die sich öffnen ließ. Das innere der Kammer dahinter war von Kerzenlicht erhellt, und es schien eine Art Schatzkammer zu sein. Für die ganzen Schätze hier hatte die Dunmer aber keinen Blick, denn da sah sie schon Tirian mitten im Raum stehen, im Gesicht das nackte Entsetzen und vor Panik geweiteten Augen, die doch nichts zu sehen schienen.
    Sie hielt sich auch nicht lange mit der Frage auf, warum zum Henker in die Altmer hier eingesperrt hatte - auch über die Tatsache dass die Tür gar nicht verschlossen war, dachte sie gerade nicht nach - genauso wenig versuchte sie zu ergründen, was sie mit ihm gemacht hatte. Statt dessen ließ sie ihre Tasche fallen als sie den Heiler erreicht hatte, legte beide Hände auf seine Schultern und schüttelte ihn kräftig. "Tirian, reißt euch zusammen, wir müssen hier raus!"

    Der Heiler reagierte allerdings nicht, sondern starrte an ihr vorbei ins Leere, immerhin schrie er inzwischen nicht mehr so grausam. Sie unternahm noch einen letzten Versuch ihn wieder zur Besinnung zu bringen, und gab ihm eine kräftige Ohrfeige, was ebenfalls leider nicht den gewünschten Effekt brachte.
    "Scheiße.", fluchte sie halblaut, raffte ihre Sachen zusammen, packte Tirian am Handgelenk und zog ihn hinter sich her aus der Kammer heraus. Immerhin ging er widerstandslos mit, ihre Freude darüber währte aber nur so lange, bis sie Schritte oben an der Treppe hören konnte, zweifellos hatten die Söldner und vermutlich sogar Ilucaria den Lärm ebenfalls gehört und kamen nun nachsehen.
    Hektisch sah sich Dreveni um, aber es gab keine Möglichkeit zur Flucht. Sich in einer der Kammern zu verbarrikadieren würde ihr unweigerliches Ende nur herauszögern, sie war hoffnungslos unterlegen, selbst wenn Tirian nicht dermaßen kampfunfähig gewesen wäre. Ein kurzer Blick zu dem Heiler überzeugte sie davon, dass sich sein Zustand immer noch nicht geändert hatte.
    Kurz schoss ihr der Gedanke durch den Kopf, ihn einfach stehen zu lassen, aber auch alleine und mit einem Unsichtbarkeitszauber stiegen ihre Chancen kaum. Zwar würde sie aus Falensarano entkommen zu können, aber dann? Ohne Guar, ohne Orientierung?
    Die Schritte auf der Treppe kamen unweigerlich näher, und sie wandte sich um, da ihr die Idee sich zu verbarrikadieren gerade doch nicht so schlecht erschien - vielleicht würde ihr ja so noch etwas einfallen - da erscholl von oben ein infernalisches Gebrüll. Allerdings nicht so panikerfüllt wie Tirian eben noch geschrien hatte, es hatte mehr von Kriegsgeschrei.
    Was bei den Höllen Oblivions...?
    Die Schritte verstummten kurz, dann wurden oben ein paar herrische Befehle gebrüllt, wobei Dreveni meinte, Ilucarias Stimme zu erkennen, dann entfernten sich die Schritte wieder. Lediglich zwei der Söldner erschienen unten an der Treppe, da hatte die Dunmer aber schon Tirian wieder in die Schatzkammer geschubst, ihre Sachen fallen gelassen und schleuderte dem ersten einen Schockzauber entgegen, noch bevor dieser wusste, wen er vor sich hatte. Als dieser sich noch am Boden wälzte holte sie mit dem Schwert aus und stach ihm damit durch die Kehle. Mit Schwung zog sie es zurück und holte gerade nach dem anderen aus, als dieser seinen Schreck überwunden hatte und ihren Hieb parierte. Er legte etwas zu viel Schwung in die Abwehr, so dass Dreveni mit dem Knauf des Schwertes nachsetzen konnte und ihm das Nasenbein zertrümmerte. Als er vor Schmerz aufheulte und sich hektisch die Tränen aus den Augen blinzelte, hatte sie schon zu einem weiteren Hieb gegen seinen Hals ausgeholt. Blut spritze und auch der zweite Gegner ging zu Boden. Schwer atmend hielt sie einen Moment inne und versuchte, die inzwischen komplett geänderte Situation zu überblicken. Von oben ertönte eindeutig Kampfeslärm - Schwertklirren, Schmerzensschreie und dazwischen immer wieder die jetzt schrille und laute Stimme Ilucarias. Wurde die Festung angegriffen? Nun ja, ihr sollte es recht sein, wenn sie es geschickt anstellte und der Heiler keine Zicken machte, konnten sie es in dem Tumult eventuell aus der Festung schaffen. Erfahrungsgemäß hatten alle Kämpfenden einen leichten Tunnelblick, und solange man sich selbst nicht einmischte, hatte man gute Chancen, durchzukommen. Man musste sich nur in Acht nehmen, um nicht versehentlich einen Klinge in die Seite zu bekommen.
    Dreveni ging noch einmal zurück in die Schatzkammer, in der Tirian immer noch stand, mit der Hand eine kleine Statue umklammert. Gut, sollte er sie mitnehmen, ihr war es momentan reichlich egal, das Ding wirkte nun wirklich nicht schwer und sollte sie nicht behindern. Hatte er die kleine Figur vorhin schon in den Händen gehalten? Sie hätte es nicht sagen können, hatte sie doch auf andere Dinge geachtet.
    "Kommt.", sprach sie ihn noch einmal an, woraufhin er wieder nicht reagierte, und zog ihn wieder am Handgelenk hinter sich her, sammelte im Gang wieder ihre Sachen auf, und stieg vorsichtig über die Leichen. Der Heiler wäre fast darüber gestolpert, aber ansonsten schien sein Gang halbwegs sicher zu sein.
    Vorsichtig bewegte sie sich die Treppe nach oben, und es war wie sie gedacht hatte, niemand interessierte sich wirklich für sie. Es standen noch ein paar verlorene Gestalten an die Wände gedrückt herum, offenbar Reisende, die genauso wenig Lust hatten, zwischen die Fronten zu geraten, wie Dreveni. Auch Ilucaria war nicht zu sehen, dafür aber immer noch gelegentlich zu hören. Schließlich erreichten sie das Plateau, von dem aus man die Festung wieder verlassen konnte, und trat ins Freie. Hier oben war es noch lauter, auch wenn man jetzt sehen konnte, dass hier nur vereinzelte Kämpfe statt fanden. Dafür zischte haarscharf über ihrem Kopf ein Pfeil hinweg, der offenbar von der Ebene unten abgeschossen worden war. Dreveni duckte sich an die Wand der oberen zwei Stockwerke, wobei sie Tirian mit sich unsanft auf die Knie zog. Dort verharrte sie kurz, um sich zu orientieren. Außerdem warf sie dem Heiler einen Blick zu, auch wenn sie wenig Hoffnung hatte, dass er wieder zur Besinnung gekommen war.

  10. #10

    Vvardenfell-Distrikt, Weidenländer, Falensarano

    Ihm war als würde er durch schwarzen Nebel waten, der sich gallertartig um seinen ganzen Körper und vor allem um seine Beine und Füße spannte, seine Bewegungen fahrig machte, sie blockierte. Tirian war so als würde er gar nicht mehr vorankommen. Glücklicherweise war dort dieser Zug an seinem Arm, der ihn nach vorne trug. Die Bewegung erleichterte sein Gemüt etwas, auch wenn sein Kopf seltsam leer und gedankenlos war, er nur noch die roten Augen vor sich wusste, gefangen war von ihrem durchdringenden Blick. Der Weg führte aufwärts, geradeaus um Kurven und dann wieder geradeaus und dann wieder nach oben. Ein lautes Geräusch und auch ein leises Rauschen wie weit entferntes Klirren drang durch den Nebel. Um sein Gesicht wurde es kalt und plötzlich schoss frische Luft heran und durchbrach die schweren Schwaden. Während er spürte wie ihn eine Kraft zu Boden zog, konnte er wieder richtig atmen. Das bleierne Gefühl wich von seiner Lunge, sie blähte sich auf und er saugte noch mehr davon ein. Die Dunkelheit verschwand langsam zusammen mit dem ergreifenden, karminroten Blick und verblasste, wurde durchscheinend. Verdutzt blickte er in das Gesicht von Dreveni, das plötzlich vor ihm aus dem Dunst auftauchte. Schreckliche Bilder durchfuhren in diesem Moment seinen Schädel. Verzerrte, monströse Gesichter, sein eigenes. Er kniff die Augen zusammen, Schweiß brach ihm aus und sofort bedeckte er den Kopf mit seinen Händen. Der Heiler presste seine Nägel in die Kopfhaut und nach einigen Augenblicken verschwanden die Bilder.

    Knacken, Knirschen und Brechen drang nun langsam an seine Ohren. Die Geräusche entstanden direkt über ihm und er füllte Splitter auf sich herabregnen. Nur zögerlich traute er sich die Augen zu öffnen. Wieder Dreveni, doch die Bilder in seinem Kopf blieben aus. Noch etwas verwirrt wo er war blickte er nach oben und sah wieder Bolzen und Pfeile gegen die Wand klatschen und zerbersten, vor der sie offenbar kauerten. Seine Augen tasteten weiter, doch es dauerte noch einen Moment, bevor Tirian den Himmel, das Gebäude vor sich und das große Plateau in einen sinnvollen Zusammenhang stellen und als Falensarano identifizieren konnte. Sein Geist war ausgelaugt, offenbar gestresst. Ein leichter Kopfschmerz quälte seine Nerven und doch versuchte sein Verstand knirschend zu erfassen, was passiert war und warum er und Dreveni sich an diesem Ort befanden. Sein Blick glitt zurück zu seiner Begleiterin. Die Assassine schaute ihn nun seinerseits ungläubig an. „Wir müssen hier weg“: zischte sie. „Weg. Ähm ja der Guar ist im Stall. Öhh aber wir müssen noch Dreveni und ihre Sachen finden“: sagte er. Erst im nächsten Moment kam ihm noch einmal direkt zu Bewusstsein, dass Dreveni ja direkt neben ihm lag. Die Dunmer zog ihn kräftig auf die Beine. Er vermisste etwas. Panisch sah er sich um und erblickte seine roten Augen auf dem Boden liegend. Die Assassine wollte ihn weiterzerren. Mit einem rüden Griff schüttelte er ihre Hand jedoch ab. Während weitere Geschosse über ihre Köpfe hinweg pfiffen, bückte er sich und hob seine Augen wieder auf, nahm sie in den Arm und umklammerte sie fest. Dann schaute er seine Begleiterin wieder an. „Ich dachte wir wollten hier weg“: sagte er und schwankte leicht in Richtung der improvisierten Stallungen. Dreveni packte ihn erneut, drückte ihn in eine gebeugte Stellung hinunter und gemeinsam schlichen sie nun weiter.

    „Ilucaria! Zeig dich! Oder sollen wir die gesamte Festung mit Bolzen spicken?!“: rief eine männliche Stimme über die Mauer. Tirian riskierte einen Seitenblick sah die Söldnerin unter zwei Turmschilden auftauchten, die zwei Söldner schützen vor sie gehalten hatten. Sie trat an die Brüstung der Festung heran. „Eure mickrigen Zahnstocher haben offenbar nicht gereicht uns zu stürmen. Deine Leute sind Säuglinge im Vergleich zu meinen kleinen Mädchen hier“: rief sie lachend herunter. „Dafür seid ihr aber schnell in Deckung gegangen wie kleine Wiesel“: dröhnte es herauf. Die Altmer schnippte plötzlich mit dem Finger. Ein Bolzen flog plötzlich von der Seite heran, zischte knapp an ihrem Kopf vorbei und flog weiter nach unten. Ein lautes „Uff“ war zu vernehmen. „Du dreckige ••••“: brüllte die Stimme. „Sei froh, dass ich meinen Scharfschützen nicht auf dich losgelassen habe“: meinte sie bloß. „Das hättest du mal versuchen sollen“: entgegnete ihr Gesprächspartner. „Damit deine stinkenden Hundesöhne ohne Herrchen dastehen? Wen sollte ich denn dann noch zu eurem Herrn zurückschicken. Man kann ja schon froh sein, wenn dieser Pulk, den ihr angeheuert habt überhaupt weis, wie sein Name ist“: spottete die Elfe weiter. „Die Festung ist umstellt, Hexe, wir lassen euch ziehen, wenn ihr freiwillig geht und uns eure Beute überlasst“: forderte der Mann. „Soll das heißen ihr wollt uns hier vertreiben?“: fragte die Altmer nun in einem freundlicheren Ton. „Wir übernehmen jetzt eure Geschäfte hier. Dieses Land gehört nun uns“: stellte der Angreifer klar. „Euch? Natürlich“: sagte sie und begann zu lachen.

    Tirian und Dreveni schlüpften derweil in das Zelt, das die provisorischen Stallungen darstellte und gingen zu ihrem Guar hinüber. Der durchlöcherte Stoff zeugte davon, dass auch hier der Pfeilhagel der Angreifer Spuren hinterlassen hatte. Das Tier lag, soweit es mit dem Gepäck möglich war, zusammengekauert im Stroh. Offenbar aber war die Fracht, seine Rettung gewesen. Einige Schäfte ragten aus dem Bündel, das der Heiler aufgeladen hatte, heraus. „So hier ist der Guar. Jetzt müssen wir nur noch springen“: sagte er und schwankte noch etwas. Sein Kopf fühlte sich an als wäre er mit Watte gefüllt. Derweil draußen inzwischen das Lachen endete. „Wie dumm von mir“: meinte die Altmer: „ich vergaß das, dass euer Land hier ist.“ Eine kurze Pause folgte. „Ach Moment. Nein. DAS HIER IST JA MEIN LAND. DU ANMASSENDER HUND. ICH WERDE DICH UND DEINE BASTARDE AUFSCHLITZEN UND DEINEN HÄSSLICHEN SCHÄDEL DEM ZAUBERER ZURÜCKSCHICKEN!“: brüllte sie. Im nächsten Moment erklang wieder Kampflärm. Offenbar ließ Ilucaria ihre Gegner angreifen. Tirian versuchte ihren Worten zu folgen und war einen Moment lang abgelenkt. Dreveni packte ihn an der Robe. „Was verflucht nochmal meint ihr mit springen. Wir müssen hier weg“: rief sie ihm ins Bewusstsein. Er guckte sie erst verdutzt an und streichelte versonnen die Augen in seinen Armen. „Ich sage doch springen. Hast du den Plan etwa schon vergessen?“: sagte er und half dabei ihr Gepäck mit auf den Guar zu laden und zu verschnüren, während draußen bekanntgegeben wurde, dass die Angreifer offenbar Skampe an ihre Seite riefen. Erst als er ihren verwirrten Gesichtsausdruck sah, wandte sich Tirian ab. „Nein“: flüsterte er fast nur noch: „So war es nicht.“ Er hielt sich wieder den Schädel. Wieder packte ihn Dunmer am Kragen. „Was meint ihr?“: fragte sie nachdrücklich und rüttelte ihn ordentlich durch. Die Augäpfel des Heilers zuckten hin und her und konzentrierten sich langsam auf ihren Blick. „Ich.. ich hatte mir einen Plan ausgedacht. Wir springen über die Brüstung und entkommen so. Ich nehme nicht an, dass ihr den Aufweg hinunter wollt, wo jetzt der Kampf tobt“: erzählte er, doch nur wenige Augenblicke später verfiel er wieder den roten Augen in seinen Armen.

    Draußen wurde der Ton langsam rauer. „Ja schneidet diesen Kötern die Klöten ab. Treibt sie zurück. Ich will Skampenblut!“: ertönte Ilucarias sonore Stimme von draußen. Kurz darauf erklang eindeutig unirdisches Kreischen, gefolgt von irrem Lachen. Tirian klammerte sich derweil weiter an den roten Augen fest. Dreveni packte ihn wieder fest am Arm und zog nun ihn wie auch den Guar hinter sich her nach draußen. „Niemand nimmt mir mein Land ihr Bastarde. ES GEHÖRT MIR!“: erklangen Ilucarias Schreie. Tirians Blick glitt zur Seite. Er sah sie mit einem Dolch, der ihm sehr bekannt vorkam, Skampe und einen Mann in Robe aufschlitzen. Sie war von oben bis unten voll mit Blut. Der Kampf tobte zwar auch auf dem Plateau aber gemessen am Lärm noch mehr vor der Festung. In diesem Getümmel war es ihnen glücklicherweise möglich sich unerkannt zwischen den Zelten hindurch zum Rand der Festung zu schleichen. Der Pfeil- und Bolzenhagel war überstanden so drohte auch keine Gefahr mehr von oben, der Tirian im Moment ohnehin keine Aufmerksamkeit schenkte, da er sich intensiv um die Skulptur in seinen Armen bemühte. Er wusste nicht wieso, aber er konnte sich davon einfach nicht trennen. Der rot-schwarze Vulkanstein, die roten Augen, die seltsame Aura. Es zog ihn regelrecht magisch an. Sein Blick löste sich erst wieder davon, als sie plötzlich anhielten.

    Dreveni stand an der Brüstung der Festung und beugte sich hinüber. Sie runzelte ihre Stirn. „Springen?“: schlug der Heiler vor. Die Assassine drehte sich kopfschüttelnd zu ihm um. „Springen? Seid ihr verrückt?! Das Plateau ist zwar geneigt, aber viel zu hoch. Der Heiler schaute die Skulptur an, legte den Kopf schief und lächelte dann. „Der Plan. Vergesst den Plan nicht“: sagte er und trat selbst an die Brüstung heran. „Schaut dort“: sagte er und zeigte mit dem Finger in die Ferne. Die Assassine folgte seinem Zeigefinger und lehnte sich etwas vor. In diesem Moment bildete sich eine leicht blaue Aura um Tirians Hand. Er legte sie der Dunmer auf die Schulter. Sie drehte noch ihren Kopf zu ihm herum, als die Magie übersprang. Mit einem Lächeln, gab er ihr einen Stoß. Um nicht über die Brüstung zu fallen, sprang sie stattdessen von der Kante mit einem überraschten Aufschrei ab. Tirian wirkte den Akrobatikzauber sowohl auf sich als auch den Guar, den er mit leichten Blitzen in der Handfläche ebenfalls zu einem Sprung brachte. Im Moment in dem auch er sich mit einem Sprung von der Brüstung aus der Festung flüchtete, ertönte hinter ihm Ilucarias Stimme. Schon in der Luft drehte er den Kopf und sah die Altmer, mit Blut besudelt wie ein tollwütiger Metzger, zu ihm herüber schauen. „Dreveni! Ihr Bastarde! Niemand verrät mich. Niemand!“: schrie sie. Tirian hielt schon die linke Hand vor sich und legte den Kopf auf die Brust, um sich abzurollen. Der rechte Arm hielt weiterhin die roten Augen umklammert. Wie in Zeitlupe nahm er wahr, wie die Altmer Armbrustschützen heranholte. Sie legten an und schossen. Sie selbst stürmte bereits auf die Brüstung zu. Tirian setzte auf. Er fühlte sein eigenes Gewicht deutlich auf seinem Handgelenk lasten und spürte gleichzeitig die stabilisierende Wirkung seines Zaubers. Andernfalls hätte er sich womöglich etwas gebrochen. Sie konnte er sich einige Meter tiefer auf der Schräge abrollen und noch einmal abstoßen und fiel schließlich wie eine Katze auf die Füße als er unten ankam. Es dauerte einen Moment, bis er sich wieder zurechtfand und er sich versichert hatte, dass der Statuette Nichts geschehen war.

    Seine Aufmerksamkeit wurde schnell von einer wütenden Dreveni wieder auf sich gezogen. Doch bevor sie etwas sagen oder tun konnte, flogen auch schon die ersten Bolzen nach unten. Dreveni griff so nur nach seinem Arm und schleifte ihn hinter sich her, auf direktem Weg weg von der Festung. Hinter ihnen tobte Ilucaria auf den Wällen, wilde Drohungen und wüste Beschimpfungen ausstoßend. Sie ließ ihre Schützen feuern, aber offenbar waren ihre besten Männer noch mit den Angreifern beschäftigt. Die wenigen Bolzen verfehlten sie, wenn auch nur knapp. Irgendwann waren sie außer Reichweite der Armbrüste. „DREVENI!“: brüllte sie immer wieder. Doch, sie befanden sich beinahe außer Sichtweite, erklang eine andere Stimme. Auch sie rief den Namen der Dunmer, doch es handelte sich dabei um eine Männerstimme. Dreveni blieb wie vom Donner gerührt stehen und wandte sich um. Von dem plötzlichen Halt wieder aufgeschreckt, riss sie Tirian von der Betrachtung seiner Augen los und er wandte sich ebenfalls wieder nach Falensarano um. Klein sah er die Altmer mit ihrem Dolch auf dem Plateau stehen. Sie hielt die Klinge einem hochgewachsenen Dunmer an die Kehle. „Dreveni! Hast du nur einen Moment gedacht, dass dein Liebhaber damit durchkommen würde? Niemand hintergeht mich. NIEMAND! Fühl dich nirgendwo auf Vvardenfell sicher. Die Morag Tong wird dein geringstes Problem sein. HÖRST DU!“: brüllte sie schäumend für Wut in die Ebene. Einen Moment später zuckte ihr Arm schnell zur Seite und der Dunmer ging zu Boden. Dreveni schaute dem ungerührt zu. Tirian kümmerte sich lieber weiter um die Statue, als die Attentäterin ihn weiter mit sich zog. Noch eine Weile klang das irre Lachen der Söldnerin im Wind nach. Sie selbst liefen und liefen, hielten sich von den Wegen fern und machten auch keine Pause als es zu dämmern begann, sondern erst als die Dunkelheit schon hereingebrochen war.

    Der Heiler lehnte sich, völlig erschöpft an einen Baum, an dem sie vorbeikamen, ließ sich zu Boden sinken und blieb sitzen. Selbst Dreveni forderte ihn nicht mehr dazu, wieder aufzustehen, sondern setzte sich ebenfalls zu ihm. „Wir sollten kein Feuer entzünden“: entschied die Assassine. Tirian war es egal. Er hatte die roten Augen. Er hatte alles, was er brauchte.

  11. #11

    Vvardenfell-Distrikt, Weidenländer

    [Dreveni]
    Ihre Flucht war absolut irre, und selbst wenn sie nicht getroffen werden sollten, war immer noch das Problem, wie sie samt Guar vom Dach kommen sollten. Als Tirian sie einfach schubste, wäre sie fast durchgedreht, aber schließlich kam sie doch unverletzt unten an, nachdem sie ein paar unelegante Saltos gedreht hatte auf dem letzten Stück Schräge des untersten Geschosses. Sogar der Guar schaffte es unverletzt. Auch die Drohungen der Söldnerin ließen sie kalt, hatte sie doch selber oft genug ähnliches von sich gegeben und es drohte ihr nun wirklich nicht das erste Mal jemand. Das war doch meistens mehr heiße Luft als ein Grund, wirklich Angst zu bekommen. Darüber hinaus hatte sie eh langsam aber sicher die Schnauze voll von Vvardenfell, lange würde sie hier ohnehin nicht mehr bleiben. Und sollte sich diese •••••••• nur nach Cyrodiil trauen...
    Einzig als Ilucaria dem Dunmer die Kehle durchschnitt, musste sie kurz schlucken, zeigte aber nichts von ihren Gedanken auf ihrem Gesicht. Er hätte einfach mitkommen sollen, so aber hatte er sein Schicksal selbst gewählt und es lag wirklich nicht in ihrer Verantwortung. Außerdem regte sie der Heiler mit seiner dämlichen Statue langsam aber sicher auf, an die er sich klammerte, als würde sein Leben daran hängen. Darüber hinaus gab sie ihm überhaupt die Schuld an allem, hätte er nicht geschrien wie abgestochen wären sie sicher einfacher entkommen. So hatte ihnen nur das pure Glück in die Hände gespielt, wäre die Festung nicht angegriffen worden, wären sie verloren gewesen.

    Schließlich waren sie weit genug von allem entfernt, dass sie Tirian nicht weiterzog, als er sich erschöpft an einen Baum setzte. Sie setzte sich neben ihn und sagte: "Wir sollten kein Feuer entzünden." Der schien sie jedoch gar nicht zu hören, und sie betrachtete ihn skeptisch. Sein Blick machte immer noch einen leicht abwesenden Eindruck, und er hielt nach wie vor die Statue in den Händen.
    Langsam kam ihr der Gedanke, dass Tirian ganz andere Probleme hatte, dagegen war die Morag Tong Kleinkram.
    Sie rutschte ein Stück, so dass sie Tirian fast gegenüber saß und sagte mit scharfer Stimme und mühsam unterdrückter Wut: "Was zum Henker ist das", und deutete auf die kleine Statue, "und was war das vorhin?"
    Sie hatte gerade noch soviel Beherrschung, ihm nicht erstmal die längst überfällige Ohrfeige zu geben oder ihrer Frage gleich mit ihrem Dolch an seinem Hals Nachdruck zu verleihen.

    [Tirian]
    Tirian strich noch immer über die Statuette und konnte seinen Blick nur mühsam auf die Dunmer, die ihm jetzt plötzlich gegenüber saß richten. Er schaute sie an, als hätte sie etwas Dummer gefragt. "Das sind meine Augen": sagte er. "Und was meint ihr? Ich dachte wir wären aus der Festung gesprungen? Sind wir das nicht?": stellte er Gegenfragen und rieb sich das Kinn. "Oder waren wir gerade bei den Aschländern?": überlegte er laut. "Ahja ich habe euch vor dem Ashkhan gerettet. Genau!": sagte er. "Also vorhin habe ich mich mit dem Ashkhan geprügelt. Komisch. Ich dachte aber ich hätte mich dabei verletzt": beantwortete er ihre Frage und wandte sich dann wieder seinen Augen zu und schaute direkt in die Rubine.

    [Dreveni]
    Tirian hatte Dreveni schon des öfteren während ihrer gemeinsamen Reise Sprach- und Fassungslos gemacht, aber dieses Mal übertraf er alles. Was immer die Altmer mit ihm gemacht hatte, nun war er völlig und komplett übergeschnappt. Noch immer brachte sie seinen Zustand nicht mit der Statue in Verbindung, auch wenn sie das dämliche Teil am liebsten in hohem Bogen in die Pampa geschleudert hätte.
    Nachdem ihr die Statue nicht als das primäre Problem erschien, konzentrierte sie sich wieder auf den Heiler, dem sie nun doch kräftig mit der flachen Hand ins Gesicht schlug, um ihn gleich darauf unsanft am Kragen zu packen und ihn so zu ihr her zu ziehen. Inzwischen war sie halb in die Hocke gegangen und hielt ihm mit der anderen Hand die Spitze ihres Dolches an die Kehle. Noch nicht so fest, dass man die ersten Blutstropfen sehen konnte, aber viel fehlte dazu nicht mehr.
    "Ihr habt jetzt genau eine Chance, mir eine vernünftige Antwort zu geben, sonst wird wirklich jemand verletzt.", zischte sie ihm zu, und ihre Stimme ließ keinen Zweifel daran, dass sie mit ihrer Geduld bis jetzt noch nie so am Ende gewesen war seit sie unterwegs waren, wie jetzt in diesem Moment.

    [Tirian]
    Der Schlag saß und riss den Heiler unsanft aus der Betrachtung. Seine Augen zuckten kurz zwischen Dreveni und dem Dolch in ihrer Hand her. Ein sengender Schmerz fuhr durch seinen Kopf und plötzlich schmolz das Gesicht der Dunmer und gerann erneut einer monsterhaften, den Daedra nicht unähnlichen, Fratze. Erinnerungen kamen hoch. "Nein, ich bin kein Monster. Ihr seid es": schrie er voller Verzweiflung und riss ganz reflexhaft die Skulptur nach oben. Dreveni fiel zur Seite. Tirian wusste nicht, ob er sie getroffen hatte, war aber froh dem Griff und dem Messer entkommen zu sein, wusste er doch, was als nächstes passiert wäre. Die Augen hatten es ihm gezeigt. Er sprang auf lief einige Meter, bevor er dann plötzlich stehen blieb und weinend ins Gras sank. "Nein. Ich bin ein Ungeheuer. Es steckt in mir": stammelte er und krallte seine Finger so fest in den Stein der Statue, dass unter einigen Nägeln bereits Blut hervorquoll. "Ich bin ein Monster": wiederholte er immer wieder, während er mit leeren Augen ins Nichts stierte und vor und zurück wippte.

    [Dreveni]
    "Nein, ich bin kein Monster. Ihr seid es", hörte sie Tirian plötzlich, scheinbar ohne Zusammenhang, sagen. Sie sah noch, wie er die Statue hochriss, und dann für einen kurzen Moment nichts als Sterne. Sie verlor das Gleichgewicht und als sie sich wieder aufgerappelt hatte, war Tirian schon aufgesprungen und machte Anstalten, wegzulaufen. Sie ignorierte das Blut dass ihr aus einer Schramme an der Schläfe lief, wo Tirian sie mit der Statue getroffen hatte, und setzte ihm nach. Lange dauerte die Verfolgungsjagd nicht, da er sich nach wenigen Metern schon ins Gras sinken ließ, die Figur umklammerte und wie ein Irrer wackelnd sitzen blieb. Sie betrachtete ihn ein paar Augenblicke und wusste beim besten Willen nicht, wie sie ihn wieder zurück in die Spur bringen sollte.
    Sie hatte jedenfalls nicht vor, sich noch einmal die Steinfigur über den Kopf ziehen zu lassen, so zog sie ihr Schwert und hielt die Spitze auf Augenhöhe so vor Tirians Gesicht, dass auch jemand der von Schwertkampf nicht den Hauch einer Ahnung hatte sehen konnte, dass es die ideale Position war, um blitzschnell zuzustechen.
    "Du bist höchstens völlig übergeschnappt.", blaffte sie ihn an. "Und jetzt leg endlich diese beschissene Statue weg." Dass sie die Ansprache jetzt zum vertrauteren Du gewechselt hatte, entsprang mehr ihrem Zorn als freundschaftlichen Gefühlen für Tirian. Zorn gemischt mit Hilflosigkeit, wie sie sich widerstrebend eingestehen musste. Sie hatte wirklich keine Ahnung, wie sie mit dieser Situation umgehen sollte, geschweige denn dass sie überhaupt wusste, was zum Henker mit dem Heiler los war.

    [Tirian]
    Die Klinge hing direkt vor seinem Gesicht in der Luft. Er sah die Waffe fast ebenso hypnotisiert an, wie seine Augen, die Tränen versiegten. Das Wippen stellte er ein. Durch Dreveni selbst schaute er einfach hindurch. Er nahm eine Hand von der Statue und packte die Spitze der Waffe plötzlich fest mit der blanken Hand. Aufkommenden Schmerz, als die Assassine am Griff zu rucken begann, drang gar nicht zu seinem Bewusstsein vor. Vielmehr führt er die Waffe nun an seine Kehle. "Die Augen haben mir alles gezeigt. Töte mich du Monster": sagte er zornig, dann wieder weinerlich: "Ich will kein Monster sein." "Die Augen sie sehen mit brennender Klarheit alles": faselte er und die Tränen liefen ihm erneut über die Wangen.

    [Dreveni]
    Dreveni nahm gerade dazu Anlauf, ihm die Spitze ihres Schwertes aus der Hand zu ziehen, da setzte er sie von allein an seine Kehle. Aus dem Gefasel, was dann folgte, wurde sie nicht eben schlauer, sie verstand nur was er von ihr wollte, nicht warum. Diesen Gefallen würde sie ihm allerdings nicht tun.
    "Monster? Du sitzt da und heulst wie ein Kind und hast Angst ein Monster zu sein?", sagte sie mit Abscheu in der Stimme. Dann zog sie mit einer schnellen Bewegung an ihrem Schwert und befreite es aus Tirians Griff. Dass sie ihm dabei wohl in die Hand schnitt, war ihr egal. Vielleicht würde ihn der Schmerz ja wieder zur Besinnung bringen, auch wenn sie daran nicht wirklich glaubte. "Du solltest dieses Ding da wirklich weg legen.", sagte sie schließlich und klopfte mit der Schwertspitze gegen die Statue. "Es scheint dir nicht zu bekommen." Sie sah ihn lauernd an, und überlegte, wie sie ihm diese elende Figur am besten aus der Hand schlagen konnte.
    Warum gab sie sich überhaupt noch mit ihm ab? Es war nicht allein die Tatsache, dass sie hier mitten im Nirgendwo war, und Tirian sich wenigstens auskannte. Hatte sie sich doch schon so sehr an ihn gewöhnt? Wieso ließ sie ihn nicht einfach sitzen, wo er doch offensichtlich endgültig übergeschnappt war?

    [Tirian]
    Nur widerwillig ließ er zu, dass sie das Schwert zurückzog. Doch als sie mit dem Schwert auf seine Augen schlug, verengte er selbige. Aufmerksam beobachtete er Dreveni. Sie wollte ihm offenbar die Augen nehmen. Das durfte sie nicht. Sie waren das Einzige was ihm Halt und Wärme gab. Ohne sie fühlte er sich leer. Ohne ihre Wahrheit wollte sein Kopf nicht mehr funktionieren. Er brauchte die Bilder und Stimmen, die ihm seine Augen zeigten. Sie sollte es nicht wagen sie ihm zu rauben. Es mochte ihr Ende sein, wenn sie, sie antastete. Er drehte sich von ihr weg. "Wagt es nicht sie anzufassen, Monster": sprach er und hielt für den Fall der Fälle Magie bereit, um zu reagieren.

    [Dreveni]
    Also doch, es schien irgendwie mit dieser komischen Figur zusammenzuhängen. Jedenfalls sah ihr Tirians Reaktion ganz danach aus.
    "Dann eben nicht.", murmelte sie und ließ das Schwert fallen - nur um gleich ihr Stilett zu ziehen um es dem Heiler nötigenfalls in die Hand zu stechen, sollte er dieses Ding nicht freiwillig loslassen. Ihr Dolch lag leider noch an der Stelle, an der er ihr die Statue über den Kopf gezogen hatte. Dieses Mal würde sie jedenfalls vorsichtiger sein. Mit einem Satz warf sie sich mit ihrem ganzen Gewicht auf Tirian und wollte versuchen an seine Hand zu kommen, die immer noch die Figur umklammert hielt

    [Tirian]
    Er hatte sich vorbereitet, war dennoch überrascht, als sich das Monster auf ihn stürzte. Ihr ganzes Gewicht versuchte ihn zu bändigen. Ihre Klauen griffen nach seinen Augen. "Nein sie darf sie nicht bekommen": befand er in Gedanken. Er stemmte sich mit aller Kraft gegen ihren Körper. Sie hatte seine unverletzte Hand gepackt und wollte ihr die Statue entwinden. Tirian griff mit der Verletzten herüber und versuchte die Klaue abzuwehren. Gerade hatte er die Hand erhoben und wollte die gegen die dämonifizierte Assassine damit vorgehen, da spürte er auch schon einen schweren Stich darin. Er schrie auf, sah die schmale, runde Klinge von Drevenis Stilett darin stecken. "Monster": zischte er, ließ die Statuette los und holte mit der anderen Hand aus. Die Energie des Schockzaubers knisterte dabei schon gefährlich in der Luft. Er erwischte sie an der Schulter und wischte Dreveni wie ein Insekt von seinem Rücken. Mit einem Aufschrei rollte sie sich von ihm herunter.

    Die Statue blieb im Gras liegen, während er sich erhob und sich nun gänzlich Dreveni zuwandte. Blut troff von seiner Hand, doch er machte keine Anstalten die Waffe herauszuziehen. Stattdessen bildete sich eine Aura aus Blitzen um die Andere herum. Die Zähne gefletscht ging er nun seinerseits auf Dreveni los.

    [Dreveni]
    Es war nicht so, dass sie es darauf angelegt hatte, Tirian das Stilett durch die Hand zu stechen, aber es hatte sich eben so ergeben. Gleich darauf fühlte sie einen stechenden Schmerz an ihrer Schulter, der ihren Arm sofort taub werden ließ. Mit einem Aufschrei ließ sie von dem Heiler ab und landete unsanft im Gras. Sie war immer noch leicht benommen und auch ihre Muskeln in ihrem linken Arm gehorchten ihr noch nicht. Dazu gesellte sich ein brennender, fast schon lähmender Schmerz, durch den direkten Kontakt mit dem Schockzauber hatte sie außerdem noch eine böse Brandwunde davon getragen.
    Kaum hatte sie ihr Gesicht wieder dem Heiler zugedreht, sah sie ihn auch schon auf sich zukommen, und der Anblick war nun wirklich kein angenehmer. Neben dem Stilett dass noch aus seiner Hand ragte, und dem blauen Leuchten des Zaubers um seine andere Hand war es vor allem der Ausdruck blanken Hasses und Mordlust den sie in seinem Gesicht sah, der sie erschauern ließ.
    Wenigstens war somit auch die Frage beantwortet, wo sich ihre Waffe befand. Das Schwert war ebenfalls gerade außerhalb ihrer Reichweite. Und trotzdem würde sie nicht so einfach aufgeben.

    Sie biss die Zähne zusammen und versuchte sich auf einen Zauber zu konzentrieren. Sie musste ihn nur für kurze Zeit ablenken, bis sie wenigstens wieder an ihr Schwert gekommen war. Sie wählte einen Stillezauber, nicht weil sie den Heiler nicht verletzen wollte, sondern weil sie sich nicht sicher war, ob er in seiner Rage überhaupt merken würde, wenn sie mit etwas anderem auf ihn zielte. Im Moment ging es um Leben und Tod, das war ihr klar.
    Schließlich bildete sich ein grünliches Leuchten um ihre rechte Hand, und mit einer schnellen Bewegung schleuderte sie es Tirian entgegen, um sich gleich darauf über den Boden zu ihrem Schwert zu rollen. Sie hielt sich nicht damit auf zu beobachten, ob sie überhaupt getroffen hatte oder ob der Zauber auch wirklich wirkte.
    Es ging um Sekunden, da blieb für so etwas keine Zeit. Auch war ihr bewusst, dass es wesentlich einfacher war, einen ungerüsteten mit dem Schwert zu töten als ihn bloß handlungsunfähig zu machen. Andererseits würde sich dieses Problem auch erübrigen, wenn Tirian nur endlich wieder zur Besinnung kommen würde.

    [Tirian]
    Mit Befremden stellte er fest, dass sich der Zauber in seiner Hand plötzlich auflöste und seine Magie überhaupt nicht mehr zusammenfand. Kein Zauber war mehr möglich. Wie konnte diese Kreatur es nur wagen. "Ich werde dieses Monster erschlagen": entschied er und das notfalls mit bloßen Händen. Er stürzte weiter in ihre Richtung. Sie versuchte nach ihrem Schwert zu greifen, doch er hatte die Augen, die ihm die Wahrheit zeigten. Er musste dieses Monster töten. Das Schwert konnte ihn nicht aufhalten. Es würde ihn nicht aufhalten. Sie brachte die Waffe zwischen sich und ihn, doch er ließ sich nicht beirren, wollte in die Waffe fassen und sie zur Seite rücken, doch stattdessen zog sie das Glasschwert einfach zur Seite. Er stolperte an ihr vorbei und kassierte einen Schlag in den Rücken, der ihn zu Boden schickte. Doch anstatt sich zu fügen, sprang er umgehend wieder auf, um den Angriff wieder aufzunehmen.

    [Dreveni]
    Sie schaffte es gerade noch das Schwert zur Seite zu nehmen, als der Irre schon wieder mit der blanken Hand in die Klinge greifen wollte. Noch dazu hatte sie kaum Kraft in ihrem linken Arm, es wäre also durchaus möglich gewesen, dass sie ihre Klinge nicht mehr so schnell hätte befreien können.
    Auch der Schlag in seinen Rücken, bei dem sie das Schwert noch so gedreht hatte, dass sie mit der flachen Seite zuschlug, war nicht mit voller Kraft geführt, reichte aber, um den Heiler von den Füßen zu holen, jedoch rappelte er sich sofort wieder auf und ging erneut auf sie los.
    Dreveni ging ein paar Schritte rückwärts, weg von der Statue, die immer noch im Gras lag, das Schwert vor sich haltend und mit der Spitze auf den Dunmer zeigend. Sie hoffte dass Tirian nicht zu einem neuen Zauber ausholen würde, sonderlich lange konnte der Stillezauber nicht anhalten. Für einen kurzen Augenblick fragte sie sich, warum sie die Klinge überhaupt im letzten Moment noch gedreht hatte, und dem Heiler so noch eine Chance gegeben hatte, wieder anzugreifen. Er schien es jedenfalls überhaupt nicht zu honorieren, dass sie ihn verschont hatte.
    "Tirian, hör auf.", unternahm sie einen letzten Versuch, wobei man die Erschöpfung und den Schmerz in ihrer Stimme hören konnte. "Du bist sonst kein Stück besser als ich."

    [Tirian]
    Drevenis Worte drangen an seine Ohren. Er blieb stehen und schaute die Elfe an. Es war als würde ihre Monsterfratze zerfließen. Er rieb sich die Augen. Das Gesicht der Dunmer waberte wie Nebel. "Was ist das?": fragte er sich. Für einen Moment sah er wieder ihr altes Gesicht. Sah einen sanfteren Ausdruck in ihren Augen, bevor sich der Nebel wieder schloss und die abscheulichen Hauer das Bild wieder dominierten. Sein Schädel tat weh. Er fasste sich an den Kopf. Ihm war schwindlig. "Die Augen... die Wahrheit. Du, Monster. Ich, Monster": brüllte er. Mühsam unterdrückte er den Reflex wieder auf Dreveni loszugehen. "Wo... sind... meine... Augen": sagte er. Inzwischen war ihm der kalte Schweiß ausgebrochen. Seine Augen tasteten das Gras ab und suchten nach der verlorenen Statuette.

    [Dreveni]
    Diese verfluchte Statue, dachte sich die Dunmer nur, als sie Tirian ansah. Es war ihr absolut schleierhaft, warum er sie die ganze Zeit als 'seine Augen' bezeichnete, aber das war ihr jetzt auch egal.
    Wäre hier ein See oder das Meer hätte sie das Drecksteil schon längst versenkt, so war sie sich nicht einmal sicher, wie weit sie es hätte werfen können, noch dazu mit ihrer verletzten Schulter. Sie wusste nicht einmal, wie schwer das Ding war. So ging sie kurzerhand auf Tirian zu, seine Verwirrung ausnützend, legte ihm die Schneide des Schwertes von hinten an die Kehle, und packte ihn mit dem anderen Arm, während sie ihn mit sich zog, weg von der Steinfigur die immer noch im Gras lag.
    Beiläufig registrierte sie, dass er immer noch ihr Stilett in der Hand hatte, und wunderte sich abermals in was für einem Zustand er sich befand. Ihre eigene Verletzung schmerzte inzwischen tierisch, aber Brandwunden fand sie selbst bei weitem schlimmer als Stiche oder Schnitte.
    Als Dreveni schließlich meinte, dass sie sich weit genug von der Statue entfernt hatten, drehte sie den Heiler mit dem Gesicht zu ihr und schüttelte ihn kräftig und anhaltend. "Werd endlich wieder normal, verflucht noch mal.", sagte sie dabei, allerdings mehr zu sich selber.

    [Tirian]
    Er befand sich wenig später wieder in ihrem Würgegriff. Wäre da nicht sein schmerzender Kopf und das Verschwinden seiner Augen gewesen, hätte er sie spüren lassen, dass er sich keinem Monster ergab. Doch er fand die Statue nicht. Sie war seinem Blick entglitten und er fand sie auch nicht, als Dreveni ihn weiter wegzerrte. Dann plötzlich schaute er sie wieder an. Sie schob ihr Gesicht vor seines, verstellte ihn den Blick und schüttelte ihn. "Werd endlich wieder normal, verflucht noch mal": sagte sie zu ihm. "Ich bin normal, du Monstrum. Durch die Augen der Wahrheit sehe ich die Wirklichkeit. Wo sind meine Augen. Wo sind Sie?!": wollte er wissen.

    [Dreveni]
    "Wo deine Augen sind? WEG! Du hast sie verloren! Und zwar da hinten!", wobei sie in eine ganz andere Richtung zeigte, als dort, wo die Figur tatsächlich lag. Dreveni platzte der Kragen, und es fehlte nicht viel, da hätte sie es an dem Heiler ausgelassen. Mit dem letzten Rest Beherrschung wandte sie sich ab und ging mit schnellen Schritten zu der Stelle, an der die Statue im Gras lag und kniete sich vor die Figur. Sie nahm ihr Schwert mit dem Knauf nach vorn an der Parierstange und der Fehlschärfe und begann mit damit auf die rotleuchtenden Augen der Statue einzuschlagen. Diese lag so in einer Kuhle, dass sie sich kaum bewegte, und es dauerte nicht lange, da splitterte der erste der Steine, und schließlich der zweite. Sie wunderte sich noch dass es so leicht ging, da sie gedacht hatte, dem Stein ohnehin nichts anhaben zu können, andererseits legte sie auch alle Kraft der Wut und des Schmerzes in ihre Hiebe. Außerdem war das Vulkanglas wirklich erstaunlich hart, auch wenn sie meinte, ein paar Splitter abplatzen zu spüren. Es geschah nicht oft, aber sie war gerade wirklich kurz davor, komplett die Beherrschung zu verlieren und auf alles einzuschlagen, was sie in diesen Zustand versetzt hatte, namentlich diese Statue und Tirian. Tirian. Kaum dachte sie an ihn, hörte sie auch schon seine panischen Schreie, als er auf sie zugestürzt kam...

    [Tirian]
    Sie ließ ihn los und wies in eine Richtung. Er lief sofort los, um seine verlorenen Augen zu suchen. Doch konnte er an der gewiesenen Stelle Nichts im Gras liegen sehen. Er schaute sich auch noch genauer um, aber entdeckte auch so Nichts. Stattdessen hämmerte plötzlich rhythmisch Schmerz durch seinen Schädel. Begleitet wurde er von Schlaggeräuschen im selben Takt. Er wandte sich der Assassine wieder zu. Sie schlug auf etwas ein. "Meine Augen!": entfuhr es ihm, als er die Statue erkannte. Das erste der Augen gab unter den brutalen Schlägen der Dunmer nach. "NEIN!!!!": brüllte Tirian in Panik seine Augen zu verlieren und blind zu sein. Doch noch bevor er sie erreichen konnte, zersprang auch das zweite Auge. Mit einer Pein, als hätte jemand ihm einen glühenden Speer in den Schädel getrieben, brach der Heiler schreiend und sich den Kopf mit beiden Händen haltend in die Knie. Die Qualen hielten einige Momente an um dann plötzlich zu verschwinden und nur noch sein gequältes Selbst zurückzulassen. Blinzelnd öffnete er die Augen und sah die monsterhafte Dreveni über sich knien, doch im nächsten Moment löste sich das Antlitz der daedrischen Bestie auf und er blickte wieder in das vertrauten Augen. Der Schleier des Traums lichtete sich vor seinen Augen. Der Träumer erwachte. "Dre... Dreveni?": sagte er und ein unendlich glückliches Lächeln zeigte sich in seinem Gesicht: "Ich habe... euch... endlich gefunden." Dann konnten allerdings nicht einmal mehr die brennenden Schmerzen in seiner Hand verhindern, dass er in Ohnmacht fiel.

    [Dreveni]
    Noch bevor Tirian sie erreichte, brach er schreiend in die Knie, die Hände vorm Gesicht. Zuerst wollte sie nicht zu ihm gehen, weniger aus Angst dass er wieder auf sie losgehen würde, sondern mehr deshalb, weil ihr immer noch danach war, irgendetwas oder irgendwen zu erschlagen. Als er aber dann still wurde, stand sie doch auf und beugte sich über ihn.
    Seine Worte klangen ganz danach, dass er endlich wieder bei Verstand war, aber gänzlich sicher war sie sich noch nicht, es klang immer noch irgendwie verwirrt. Bevor sie ihn aber fragen konnte, was das Ganze gewesen war, wurde er bewusstlos.
    "Wunderbar."
    Dreveni sah sich um, aber bis auf den Guar, der scheinbar verwundert in ihre Richtung blickte, konnte sie niemanden sehen. Das Geschrei, dass sie beide veranstaltet hatten, hatte offenbar niemanden angelockt. Sie sah wieder auf Tirian, der arg mitgenommen wirkte, und das nicht nur wegen der Klinge in seiner Hand. Sie überlegte kurz, das Stilett herauszuziehen, andererseits war ER hier der Heiler und sie wollte nicht dass er jetzt noch verblutete.
    Jetzt wo alles vorbei war, merkte sie den Schmerz in ihrer verbrannten Schulter um so mehr, und so blieb sie einfach neben Tirian sitzen und wartete, dass er wieder wach werden würde. Viel mehr blieb ihr ohnehin nicht übrig, außer nebenbei ihre Wunde mit dem kalten Glas ihres Schwertes zu kühlen, und davon abgesehen war sie selbst inzwischen auch ziemlich fertig.
    Geändert von Andromeda (02.09.2013 um 21:38 Uhr)

  12. #12

    Vvardenfell-Distrikt, Weidenländer

    [Tirian]
    Übergangslos schlug Tirian die Augen auf. Er blickte in den sternenklaren Nachthimmel und sah das endlose Leuchten am Firmament über sich. Sein Kopf fühlte sich viel leichter an, als noch zuvor. Das seltsame Gefühl wie von Watte und der seltsame Schleier in seinen Gedanken waren verschwunden, dennoch blieb seine Erinnerung bruchstückhaft. Er versuchte sich daran zu erinnern, wie er hierher gelangt war, doch das letzte, dem er sich entsinnen konnte, war der Einbruch in das Schatzlager in der Festung, danach war alles... merkwürdig. Während er regungslos lag und weiter in den Himmel starrte, versuchte er die Bilder zu ordnen. Dort waren Aufnahmen eines Sprunges von der Mauer als auch einer mordenden Ilucaria und doch erschien ihm dies wie aus einem Traum zu stammen. Viel mehr noch verstörten ihn die Gedanken an eine ambivalente Dreveni mit dem normalen herb-schönen Dunmergesicht einerseits und andererseits der schrecklichen Fratze einer Dremore. Auch kehrte langsam die Memoria an die Träume der letzten Zeit wieder. Er zuckte dabei zusammen und schüttelte sich. Ein Monster sollte er sein. Er schloss für einen Moment die Augen. Eine Träne lief ihm bei den Gedanken an das Monster, das sein Vater vielleicht war, über die Wange. "Es steckt in mir": wiederholte er etwas aus dieser alptraumhaften Begegnung. Er fürchtete sich davor. "Mag das die Wahrheit sein?": er zweifelte und der Zweifel wurde ihm zur Qual. Was wenn er so wirklich sein sollte. Sein Talent galt der Zerstörungsmagie. Er war wie sein Vater dazu geschaffen zu töten und zu zerstören. Er dachte an den Dunmer zurück, dessen Gesicht er regelrecht weggebrannt hatte und erkannte die Parallele zu Tarrior, kaum weniger zimperlich mit Gegnern umsprang. Tirian ekelte sich vor sich selbst.

    Er ballte die Faust zusammen. Ein anderer Gedanke befiel ihn, als Schmerz seine Hand und seinen Arm durchzuckte. Er riskierte einen Blick zur Seite und sah das Stilett von Dreveni aus seiner Hand ragen. Sie war damit durchstochen. "Zerstörungsmagie": kam es ihm in den Sinn. "Oh nein. Dreveni!": dachte er panisch und setzte sich auf. Noch immer knirschte sein Verstand bei der Aufgabe Traum und Wirklichkeit der letzten Stunden zu rekonstruieren, in Verbindung zu setzen und zu ordnen, doch beim Anblick des Stiletts kamen ihm immer eindrücklichere Bilder hoch, wie er die Dunmer verletzt hatte. Er sah sich schnell nach ihr um. Seine Augen tasteten wild umher. Er hoffte inständig, dass er ihr Nichts angetan hatte. Das hätte er sich niemals verzeihen können. Sein Herz beruhigte sich jedoch, als er die Assassine im Dunkeln an den Baum gelehnt sitzen sah. Schnell ging er zu ihr hinüber. Es schien als wäre sie eingenickt. Er wollte sich vergewissern, dass es ihr gut ging, kniete neben ihr nieder und schaute sie an. "Dreveni, geht es euch gut?": fragte er zögernd.

    [Dreveni]
    Dreveni hatte sich in den letzten Stunden immer wieder vergewissert, dass Tirian noch lebte, ansonsten hatte sie nicht viel getan. An Schlaf war kaum zu denken, aber immerhin tat die Kühle der Nacht gut. Schließlich hörte sie, wie sich aus der Ecke in der der Heiler lag, etwas rührte. Sie hatte nicht wirklich geschlafen, aber immerhin war sie etwas zur Ruhe gekommen.
    "Dreveni, geht es euch gut?"
    Der Heiler klang zwar wieder normal, was aber nichts heißen mußte. Noch zu gut war ihr sein Gehabe von vorhin im Gedächtnis. Sie hob den Dolch, den sie inzwischen wieder eingesammelt hatte und der auf ihrem Schoß gelegen war, und hielt ihn Tirian entgegen.
    "Zwei Schritte zurück. Und dann habt ihr genau eine Chance mir klarzumachen, dass ihr wieder normal seid."
    Sie hatte sich in den letzten Stunden genau überlegt, wie es weitergehen sollte. Würde Tirian nicht mehr zu sich selbst zurückfinden, würde er ihr keine Wahl lassen. Ihn hier zurücklassen in diesem Zustand wäre grausam, und ihn weiterhin mitzunehmen, wäre zu gefährlich. Was sollte sie auch mit ihm tun? Zu einem Heiler bringen? Würde Dreveni selbst einmal dem Irrsinn so anheimfallen, würde sie sich jedenfalls wünschen, dass sie jemand erlösen würde.

    [Tirian]
    Überrascht von der Klinge, die sich plötzlich vor ihm befand, stolperte er zurück und fiel mit einem plumpen Ton auf den Boden. "Wieder normal?": sagte er und schluckte. Er überlegte fieberhaft was wirklich vorgefallen war und schüttelte dann den Kopf. Noch mochte sein Verstand den Schleier des Traums nicht ganz zerreißen. "Ich hatte gehofft, dass ihr mir erklären könntet, was passiert ist und wie wir hierher kommen. Ich kann mich nur noch an die Festung erinnern. Der Rest erscheint mir geradezu wie ein... Alptraum. Alles ist so seltsam unklar und vernebelt": gab er sich ahnungslos. Er hob seine Hand, in der immer noch brennend das Stilett steckte. "Ich hatte hiervon geträumt und ich dachte": er schluckte wieder und wich ihrem Blick aus: "ich hätte euch verletzt." Was war nur passiert. Tirian wollte es wissen. "Aber bitte nehmt den Dolch herunter": wer wusste schon, ob Dreveni nicht einfach auf ihn losgehen würde.

    [Dreveni]
    Die Dunmer war sich inzwischen fast sicher, dass Tirian - wenigstens im Moment - relativ normal war. Aber wer wußte schon wie lange das anhalten würde.
    "Ihr habt mich verletzt, aber ich denke wir sind quitt.", sagte sie und deutete auf Tirians Hand. Den Dolch senkte sie, hielt ihn aber immer noch in der Hand. "Und ich hoffe ihr wollt mir nicht ernsthaft weismachen, dass ihr nichts mehr wisst? Nichts von dieser dämlichen Statue? Euren... 'Augen'?" Sie beobachtete ihn lauernd, allerdings war es zu dunkel, um wirklich etwas in seinem Gesicht lesen zu können. "Ihr habt euch aufgeführt wie ein Irrer, und erst recht als ich sie euch wegnehmen wollte, und rumgeheult dass ihr kein Monster sein wollt.", fügte sie noch an. Dreveni war immer noch leicht angefressen ob der vergangenen Ereignisse, und es war ihr dabei egal ob Tirian etwas für sein Verhalten konnte oder nicht.

    [Tirian]
    Jede Aussage von Dreveni kam einem Hammerschlag gleich, der durch seinen Schädel dröhnte und das Getriebe, das sein Verstand war, wieder in Schwung brachte. Er hielt sich wieder den Kopf. "Nein... ich will euch garnichts weismachen": sagte er, während es in seinem Schädel dröhnte. "Augen!": das war das richtige Stichwort. "Meine letzte klare Erinnerung ist an dieses Schatzlager und eine seltsame Skulptur, besetzt mit roten Rubinen und dann wurde... allles... so merkwürdig. Ich sah euch, doch ihr wart nicht ihr und ich sah meinen Vater. Ihr beiden wart schrecklich entstellt, als wäret ihr zu Daedra mutiert. Es glich Träumen, die ich zuvor hatte, aber es schien so, so, so schrecklich real": versuchte er zu beschreiben, woran er sich noch erinnern konnte. Er konnte das Gesicht der Assassine im Dunkel nicht sehen und konnte nicht erkennen, wie sie seine Worte aufnahm. Sein Verstand arbeitete ruckend weiter. "Doch das Schlimmste, auch ich verwandelte mich in so eine Kreatur. Es war als würde ein Teil tief in mir, zu mir sprechen. Er meinte, dass mein wahres Ich ein Monstrum wäre": sprach er und wurde dabei immer leiser. Er packte im nächsten Moment das Stilett, das noch immer in seiner Hand steckte und zog es mit einem kräftigen Ruck heraus und steckte es dann in den Boden.

    Ein schwacher Heilzauber stillte nur die Blutung und beschleunigte das Nachwachsen des Fleisches, doch ganz heilen, wollte er sie nicht. "Und ich bin mir nicht sicher, ob die Stimme nicht Recht gehabt hat. Wenn es stimmt was ihr sagt, dann ist auch der Angriff auf euch wahr und war kein Traum. Ich hätte euch sonst etwas antun können. Es tut mir schrecklich leid": sagte er und schlug die Hände vor das Gesicht. Ihm war nach weinen zumute, doch es kamen keine Tränen.

    [Dreveni]
    Dreveni sah Tirian skeptisch und leicht abweisend an, während sie ihm zuhörte. Als er ihr frisch geschliffenes Stilett einfach in den Boden rammte ohne Rücksicht auf eventuelle Steine, kam außerdem noch ein missbilligender Ausdruck in ihren Augen dazu.
    "Bei den Neun.", murmelte sie genervt, als er fertig war und wieder den Eindruck machte, als würde er gleich anfangen zu weinen. "Ja, ihr hättet mich mit Sicherheit getötet, hätte ich euch die Gelegenheit gegeben, und das nur weil ich euch diese dämliche Statue wegnehmen wollte. Ich euch übrigens auch fast.", sagte sie schließlich kühl. "Und man kann sich sicherlich streiten, ob der Begriff 'Monstrum' so passend ist, aber ja, ihr habt definitiv das Potential zu töten. Wie übrigens fast jeder, es ist nur eine Frage der richtigen... Motivation." Langsam reichte es ihr. Sie griff nach ihrem Stilett und schob es wieder in die Halterung an ihrem linken Arm, nachdem sie es an ihrem Kleid, dass sie immer noch trug, abgewischt hatte. Dabei keuchte sie kurz vor Schmerz als die Reste des Stoffes an der Brandwunde rieben. "Und im Austeilen von Schockzaubern seid ihr ohnehin nicht schlecht. Hört endlich auf herumzuheulen und akzeptiert was ihr seid, und zwar alle Teile davon." Inzwischen war sie aufgestanden und streckte sich vorsichtig, den Dolch immer noch in der Hand haltend.. "Was ist das überhaupt für eine Statue? Hattet ihr solche Aussetzer schon mal?" Ihre Stimme klang nach wie vor abweisend, was auch damit zu tun hatte, dass sie noch immer nicht sicher war, dass Tirian nicht im nächsten Moment wieder auf sie losgehen würde.

    [Tirian]
    "Natürlich hat man das Potenzial zu töten. Doch es ist schändlich wenn sich Leidenschaft in Blutrausch verwandelt. Man tötet nicht mehr der Notwendigkeiten wegen, sondern für das Töten an sich. In einem Zustand, in einer Situation in der man in der Lage sein könnte, über das Lebens eines anderen zu verfügen, die Kontrolle über sich zu verlieren ist Verachtung. Man verachtet das Leben des Anderen und gibt sich damit völlig ignorant dem Rausch hin zum Schaden des Anderen": widersprach er der Assassine. Eine Erinnerung kam ihm hoch. Wieder schüttelte er sich angewidert vor sich selbst. In diesem Moment hörte er das Keuchen seiner Begleiterin. Ihre Hand wollte kurz zu ihrer Schulter hochfahren, doch unterließ sie es. Sie redete, doch er fixierte sich auf ihre offenkundige Verletzung. "Lasst mich das bitte anschauen und behandeln": sagte er. Er wollte seinen Aussetzer zumindest an ihr wieder gut machen, auch wenn das nur eine schwache Entschuldigung war. "Schockzauber, ja. Wäre es nach meiner Mutter gegangen, wäre ich ein Kampfmagier geworden und hätte mich vielleicht den Ordinatoren angeschlossen": sagte er. Sein Blick zeigte, dass er nicht gerne daran zurückdachte. Allerdings war er womöglich doch nur ein Werkzeug, das zum Töten geschaffen war.

    [Dreveni]
    Was kümmern mich schon die Anderen?, wollte Dreveni dem Heiler erst Reflexhaft antworten. Sie selbst hatte nie bestritten, dass man gewisse Charakterzüge brauchte, um zum bezahlten Meuchelmörder zu werden. Natürlich ging es um Macht, sicher auch um Rausch, wenn auch nicht gerade um Kontrollverlust. Es war eher das Gegenteil für sie, sie hatte in diesen Momenten nicht nur ihr eigenes Leben unter Kontrolle, sondern auch noch das ihres Opfers.
    Mein eigenes Leben? Sicher?, hörte sie eine Stimme in ihren Gedanken. Sie schüttelte unmerklich den Kopf und sah den Heiler mit kalten Augen an. Inzwischen waren die beiden Monde durch die Wolken gebrochen und tauchten die Landschaft in geisterhaftes Licht, in dem sie nun immerhin wieder Tirians Gesicht erkennen konnte. Da wurde ihr auch bewußt, dass er wohl immer noch auf eine - wie auch immer geartete - Antwort von ihr wartete. Wieso schockierte es ihn nur so, dass er nicht nur gute Seiten hatte? Für Dreveni war das nun wirklich nichts neues, seit ihrer Kindheit hatte sie unter Elfen und Menschen gelebt, für die das Morden tägliches Geschäft war. Natürlich hatte sie einen gewissen Respekt und einen Berufsethos von Mordan vermittelt bekommen, und sie hatte sich im Griff, im Gegensatz zu dem Dunmer vor ihr, der dauernd zwischen Selbstvorwürfen und Blutrausch schwankte. Würde er nur akzeptieren, wie er nun einmal war, dann...
    Was wäre aus ihr selbst geworden, wäre sie nicht von Mordan aufgezogen worden? Wäre sie dann ebenfalls so innerlich zerissen wie Tirian? Sie wischte diese Gedanken mit einer ärgerlichen Geste ihrer rechten Hand beiseite und sagte schließlich gedehnt:
    "Kampfmagier.", während sie immer noch nach Worten suchte. "Vielleicht wäre das nicht einmal so verkehrt gewesen. Dann hättet ihr vielleicht eure 'dunkle' Seite akzeptiert und gelernt, sie zu beherrschen. Ich sagte doch schon, ihr könnt nicht gewinnen. Ihr seid wie ihr seid." Sie versuchte den Blick seiner Augen einzufangen, während sie sprach, und meinte dass sie sogar im fahlen Mondlicht deren glutrote Farbe sehen konnte. Widerstrebend mußte sie sich eingestehen dass es mit ihrem Plan, sämtliche Gefühle die sie vielleicht für ihn hegte zu verdrängen, nichts wurde, je mehr sie sah, wie gefährlich er werden konnte. Etwas dass sie auch schon bei Feryn so angezogen hatte...
    Nein.
    "Meinetwegen schaut es euch an, so kann ich ohnehin nicht kämpfen, und hier rennen Daedra durch die Gegend.", antwortete sie auf seine Bitte, ihre Verletzung behandeln zu dürfen. "Aber vorsichtig. Mit der Rechten bin ich vermutlich immer noch schneller als ihr. Und ihr habt meine Frage nach der Statue noch nicht beantwortet."

    [Tirian]
    "Meinetwegen schaut es euch an, so kann ich ohnehin nicht kämpfen, und hier rennen Daedra durch die Gegend": gestattete Dreveni die Behandlung. Er bat sie den Arm frei zu machen und setzte dann ein ernstes Gesicht auf, als er im aufkommenden Mondlicht einen Blick auf die Wunde warf. Die Haut war von seinem Blitz ziemlich verschmort worden. Es brachte Nichts die Wunde vorzubehandeln. Hier half nur pure Magie, alles andere war vergeudete Zeit. Er hob seine Hände an, sodass sich die beiden Handflächen leicht gekrümmt gegenüber lagen. "Ich hatte sie lange Zeit akzeptiert. Etwas zu kontrollieren heißt, sich auch im Klaren darüber zu sein, was man kontrolliert. Niemand es nur gut, ich sagte es schon. Das Gute in uns ist daher zu einem Großteil die Fähigkeit unsere dunkle Seite zu kontrollieren. Wir mögen ihr manchmal erliegen, aber sie darf uns nicht bestimmen. Und wenn ich ehrlich bin, ist wohl das... Wenn ich an diese Träume denke... Mich schreckt die Vorstellung das es nicht Ein Teil von mir, sondern Der Teil ist. Das ich nicht gut sein kann, weil ich die dunkle Seite gar nicht kontrolliere, sondern dass alles was ich vermeintlich Gutes tue nur eine Fassade ist, hinter der ich mich verstecke": erklärte er und versuchte eigentlich seine Träume und Gefühle mehr selbst zu verstehen, als dass er sie der Assassine begreiflich machen wollte. Sein Blick glitt einen Moment hinauf zu den Sternen, wurde jedoch schnell wieder von seinem Zauber gefangen.

    Langsam bildeten sich Energiefäden zwischen den Fingern, die sich immer schnellen zu drehen begannen. Die einzelnen Fäden flossen in die Breite und langsam bildete sich eine leicht blau-leuchtende Sphäre in seinen Händen, eine Kugel rotierender Heilmagie. "Wisst ihr. Als Kind zeigte sich die Zerstörungsmagie bei mir besonders stark ausgeprägt. Ich war wie dazu geschaffen mit einer kombinierten Ausbildung aus Kampfzauber und Klinge in den Kampfmagier-Verbänden Morrowinds zu dienen. Zumindest dachte meine Mutter das. Sie schickte mich zur Ausbildung an die Akademie und ich war gut darin und ich mochte sehr was ich tat. Ich liebte es im Trainingskampf einen Gegner nach dem anderen zu besiegen. Ich war einer der besten Novizen meiner Gruppe. Schaffte ich es nicht mit dem Schwert, dann schaffte ich es mit der Magie. Es war ein erhebendes Gefühl über den eigenen Trainingspartner zu triumphieren. Und doch...": er brach ab und schloss für einen Moment die Augen. Vor seinem Geist blitzten Bilder eines Dunmer-Jungen mit schmerzverzerrtem Gesicht auf. Ein hoher Schrei gellte in seinen Ohren nach. Er schüttelte den Kopf. Der Zauber brach kurz ab. Er schaffte es geradeso die Sphäre intakt zu halten und weiter aufzuladen.

    [Dreveni]
    Dreveni hörte Tirian schweigend zu, wobei sie immer wieder einen skeptischen Blick auf seine Hände warf. Solange sie nicht genau wußte, was ihn vorhin in diesen Zustand versetzt hatte, traute sie ihm in dieser Richtung einfach nicht. Vermutlich war es die Statue gewesen, aber ganz sicher konnte sie sich noch nicht sein.
    Nach Tirians Logik müsste sie das personifizierte Gute sein, schaffte sie es doch so gut wie immer, ihre dunkle Seite zu beherrschen, jedenfalls das, was sie selbst dafür hielt. Immerhin zog sie nicht durchs Land und tötete wahllos, auch nicht im Affekt. Tatsächlich hatte sie sich was das anging, ziemlich gut im Griff.
    Sie wollte ihm gerade ihre Überlegungen mitteilen, da fing er an über seine Ausbildung zum Kampfmagier zu erzählen. Es steckte also doch mehr in dem jungen Heiler als man auf Anhieb sehen konnte.
    "Und doch?", fragte Dreveni leise und fast sanft nach, als er nicht weitersprach. Sie hatte sein Gesicht, dass dem ihren gerade ziemlich nahe war, genau beobachtet, und für einen kurzen Moment hatte sich die Weichheit seiner Züge verloren, als er die Augen geschlossen hatte.
    "Ihr habt die Ausbildung nicht beendet, oder?"
    Sie musterte den Heiler weiterhin mit einem jener Blicke, von denen der Kaiserliche in Skingrad einmal gemeint hatte, man wüßte nie ob sie einem im nächsten Moment um den Hals fallen oder den Dolch ins Herz rammen würde.

    [Tirian]
    "Ja, ich habe sie nicht beendet. Ich... habe sie hingeworfen": sagte er knapp und konzentrierte sich wieder auf die Heilsphäre. Inzwischen war das Rotieren nicht mehr zu sehen. Die Energie bewegte sich so schnell, dass nur noch eine glatte Oberfläche für das Auge zu sehen war. "Perfekt": überlegte er. "Achtung. Das wird jetzt etwas ziehen, aber sonst nicht weh tun": warnte Tirian die Assassine vor. Er rückte die Handflächen nun oberhalb der Kugel zusammen und drückte sie langsam nach vorne. Sie drang mühelos durch Drevenis Schulter hindurch. Die Magie durchfloss Haut und Gewebe. Tirian konnte im blauen Licht seines Zaubers sehen, wie das versehrte Fleisch sich selbst von der schweren Brandwunde in Windeseile erholte. Er wurde nachdenklich. Erinnerungen kamen ihm wieder hoch bei diesem Anblick.

    "Wisst ihr. In den Gruppen waren wir damals mehrere Leute. Man kannte sich, stammte vielleicht sogar aus befreundeten Familien und war nicht selten auch selbst befreundet, aber man war sich natürlich auch in Rivalität zugetan. Mein bester Freund, Sero, war auch in unseren Novizengruppe. Er war nicht so gut wie ich mit der Zerstörungsmagie aber konnte es mit der Klinge mit mir aufnehmen. Heute mögen meine Schwertkünste nicht viel hermachen, aber unter den Novizen war ich auf unserem Trainingsniveau einer der Begabtesten. An jenem Tag trainierten wir Novizen in Zweikämpfen gegeneinander unsere Fähigkeiten mit dem Schwert. Mein letzter Gegner sollte Sero sein. Zuvor hatte ich bereits drei andere Gegner nieder gerungen. Von ihren Fähigkeiten her, sehr begabte Novizen, eine Herausforderung aber kein Problem. Ich fühlte mich geradezu als Tagessieger und so ging ich auch ins Gefecht mit meinem besten Freund. Wir umkreisten uns, arbeiteten die Grundtechniken an einander ab, prüften unser Kampfverhalten auf Lücken und Fehler, die wir nutzen konnten und gingen dann schnell aufeinander los": begann Tirian noch zu erzählen, während sich die Blitzwunde regenerierte.

    Nach einer kurzen Atempause fuhrt er fort: "Unsere Waffen klirrten, wir drückten und warfen uns gegeneinander, versuchten die Klinge des Anderen beiseite zu schlagen, um eine Lücke für den finalen angesetzten Streich oder Stich zu öffnen und unseren Gegner zur Kapitulation zu zwingen. Ich geriet immer mehr in die Defensive. Meine Kräfte ließen nach. Ich konnte nur noch abwehren nicht mehr angreifen. Dann machte ich einen Fehler, war zu langsam. Er konnte mein Schwert mit seinem eigenen zur Seite schieben und verpasste mir einen Schlag in den Magen. Eigentlich war ich in dem Moment erledigt, doch ich wollte gewinnen und das um jeden Preis. Ich hatte mit meinen Gegnern zuvor den Boden gewischt und wollte schon gar nicht meinem besten Freund unterliegen. Ich musste einfach gewinnen. Ich weis nicht mehr genau, wie es geschah. Ich kann mich nur noch an diese Wut und diesen Rausch erinnern. Der Sieg sollte mein sein. Ich merkte nur noch, wie sich die Magie in meiner Hand zusammenballte. Und gerade als sich die Spitze des Schwertes vor mir positionierte, brach die Hölle über Sero herein." Inzwischen beendete Tirian den Heilzauber. Im Mondlicht hob sich die regenerierte Haut hell gegen die dunklere Umgebene ab. Von der Wunde war nichts mehr zu sehen. "Als ich schwer atmend wieder zur Vernunft kam, stand ich über ihm. Ich... ich sehe noch heute dieses schmerzverzerrte Gesicht vor mir und die Augen...": Tirian schluckte: "voller Entsetzen. Und dieser unmenschliche, schrille Schrei... Ich hatte ihm mit einem Blitz die rechte Seite seines Oberkörpers völlig verbrannt. Von der Schulter quer über die Brust bis zum Hals und habe schließlich noch das Kinn gestreift. Der Blitz musste quer darüber gegangen sein. Ein Stück steiler und er wäre womöglich...": Tirian brach ab und schlug mit der Faust auf den Erdboden.

    [Dreveni]
    Sie hatte ihm schweigend zugehört, während er ihre Schulter behandelt und erzählt hatte. Sie hatte schon halb befürchtet, er hätte seinen Trainingspartner ins Jenseits befördert, aber er hatte ihn anscheinend nur verletzt.
    "Ihr seid also weggelaufen. Vor dem was ihr getan habt und vor dem zu was ihr fähig seid. Ihr seid Heiler geworden in der Hoffnung, nicht mehr mit Situationen konfrontiert zu werden, in denen ihr die Kontrolle verlieren könntet. Ihr kontrolliert nichts, ihr lauft davon. Ist es nicht so?", fragte sie schließlich, mit leichter Kälte in der Stimme und doch ohne jeden Vorwurf. Während sie das sagte, formte sich in ihrem Kopf der Ansatz einer Erkenntnis. Tat sie nicht gerade das selbe? Warum lief sie hier durch Morrowind, auf einer Mission die eindeutig Söldnerarbeit war, wenn nicht um vor dem zu fliehen was sie zuhause in Cyrodiil getan hatte? Tatsächlich entkam sie hier den Gedanken daran, und somit auch dem Zwang zu akzeptieren was nicht mehr zu ändern war, aber nur weil sie hier fast ständig abgelenkt war.
    Kurz kam ihr in den Sinn, ob sie nicht einfach Angst davor hatte, wie alles über sie hereinbrechen würde, wenn sie nicht mehr abgelenkt war. Und diese Tatsache machte ihr ebenfalls Angst. Und wenn sie bisher etwas kaum gekannt hatte, dann Furcht oder Angst. Vorsicht, ja, aber sie hatte schon viel zu früh gelernt, dass Angst einen verletzlich machte und einem das Genick brechen konnte. Sie wollte aber diese Verletzlichkeit, die sich auch kurz in ihrem Gesicht zeigte, nicht fühlen, und so konzentrierte sie sich wieder auf Tirian: "Sero hat überlebt? Habt ihr noch einmal mit ihm gesprochen?"

    [Tirian]
    Tirian holte Luft. Es fiel schwer sich zu erinnern und es tat weh. "Ich stand daneben als sie ihn wegtrugen. Ich konnte in dem Moment kaum begreifen, was ich und vielmehr warum ich es getan hatte. Ich hatte meinen besten Freund schwer verletzt, nur weil ich unbedingt gewinnen wollte. Geradezu wie in Trance folgte ich unserem Ausbilder und den Männern, die Sero wegtrugen. Meine erste Sorge galt, und das macht mich auch heute noch fassungslos, nicht Sero selbst sondern vielmehr der Frage, ob sie mich von der Akademie werfen würden": erzählte er und schüttelte dabei über sich selbst den Kopf. Nach einer kurzen Pause fuhr er fort und scharrte dabei mit seinem Finger etwas im Erdboden: "Fremdländer witzeln ja häufig darüber, dass es in Morrowind alle 200 Meter einen Tempel geben würde. In diesem Moment war ich froh, dass einer der Akademie benachbart war. Der Priester war schnell zur Stelle. Sie hatten Sero inzwischen auf einem Steintisch aufgebahrt, als dieser alte Mann in der blauen Robe mit den gold-gelben Spruchbändern hinzutrat. Er richtete zwar zuvor ein schnelles Gebet an die Almsivi aber tatsächlich war es wohl die Magie die Sero rettete. Er legte seine Hand auf und ein intensives, blaues Leuchten hüllte den ganzen Raum ein. Ich trat interessiert näher und sah geradezu mit Erstaunen, wie sich die Wunden einfach wie von Geisterhand schlossen. Allerdings kostete es den alten Mann sehr viel Kraft. Er konnte die Wunden schließen aber nicht völlig verheilen lassen. Es bliebe noch einige fiese Brandnarben zurück. Sero hatte inzwischen aufgehört zu brüllen und schlief. Die anderen verließen den Raum. Ich blieb noch einen Moment an seiner Seite und dann..." Tirian stoppte. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen. Dreveni sah ihn fragend an. "Ich rannte dem Priester nach": erinnerte sich der Dunmer.

    "Er sollte mir erklären, was er darin gerade gemacht hatte. Er erzählte mir von den Künsten der Heilmagie und der Berufung eines Heilers. Ich dachte an das, was er mit Sero gemacht hatte. Er erzählte mir von der Verantwortung als letzte Barrikade zwischen Leben und Tod zu stehen. Wenn dem Körper seine eigenen Kräfte nicht mehr halfen, waren die Heiler das letzte Hindernis für den herannahenden Tod im Ernstfall. Ansonsten linderten sie das Ungemach ihrer Mitmenschen oder -elfen. 'Dein Freund', sagte er, 'hat wie du den Weg des Kriegers gewählt. Auch wenn es wie ein Kampf gegen Windmühlen erscheint, ist es auch unsere Aufgabe, den Leuten, die selbst den Tod bringen, zu helfen, denn auch sie sind Kinder des Lebens. Wir beenden keine Kriege und bezwingen nicht Tod und Verfall, wir sind hier um im Namen des Lebens die Auswirkungen zu lindern.' Ich glaube es war jener Moment in dem ich begriff, wie sinnlos der Kampf und das Töten eigentlich sind. Sicher ist es nötig sich verteidigen zu können, wenn man angegriffen wird und auch zu töten, wenn es so nötig ist. Aber wie viele Tode werden aus niederen Gründen vollstreckt, wie viele Kriege wegen Nichtigkeiten vom Zaun gebrochen?": berichtete Tirian.

    Der Heiler richtete seinen Blick wieder zum Himmel. "Ihr habt gefragt, ob ich noch einmal mit Sero gesprochen habe. Ja, das habe ich. Er kam zwei Tage später wieder zu sich, solange hatte er gebraucht, um sich zu erholen. Ich hatte jede freie Minute an seinem Bett in der Akademie verbracht, war allerdings nicht zugegen, als er aufwachte. Ich hatte Kehrdienst in den Schlafsälen. Ich wurde aber bald hinzugerufen. Sero hatte, nachdem man ihn noch einmal untersucht und ihm etwas zu Essen gebracht hatte, nach mir gefragt. Schließlich waren wir dann auch allein im Schlafsaal. Wir saßen eine ganze Weile schweigend nebeneinander. Ich war wohl der Erste der sprach, "Es tut mir leid, Sero, ich wollte das nicht, ich...' Er allerdings winkte ab. 'Ist schon gut, Tiri, du wolltest mich bestimmt nicht so schwer treffen', meinte er. Ich war beruhigt. Schließlich war Sero immer noch mein Freund. Allerdings waren es seine nächsten Worte, die mich mitten ins Herz trafen. 'Wir sind nun einmal Kämpfer, Tiri, und du wolltest gewinnen. Ich hätte in einer ähnlichen Situation wohl das Gleiche getan. Wäre es ein richtiger Kampf gewesen, hättest du auch nicht zögern dürfen', sagte er mit einem verständnisvollen Lächeln. Er meinte es aufmunternd, aber ich musste an die Worte des Priesters denken. Kämpfen, Verletzten, Töten und das nur für einen Sieg. Und den Gegner betrifft dies ebenso. Und die Heiler versuchten ihr möglichstes, um den Leuten zu helfen, Verletzungen zu kurieren und sie vor dem Tode zu retten, nur dass sie wieder in den Kampf ziehen konnten. Ein Kreislauf, nur das der Kampf an sich noch unsinniger war, denn die Heiler versuchten in ihrer Funktion zumindest das Leben zu schützen. 'Danke, Sero. Ruh dich bitte aus. Ich muss weg', sagte ich ihm und ließ ihn dann allein": erzählte Tirian von dem Gespräch mit seinem Freund.

    Er wurde nachdenklich. "Es war, denke ich, dieser Moment, in dem ich beschloss Heiler zu werden. Nicht um wegzurennen, sondern weil das Kämpfen als Selbstzweck für mich seinen Sinn verloren hatte. Ich dachte daran, wie der Priester Sero gerettet hatte. Wie sich die Wunden, die ich geschlagen hatte, unter der heilenden Hand des altes Mannes einfach schlossen und das es ihm zu verdanken war, dass ein Leben, das Leben meines besten Freundes gerettet war. Ich beschloss den Leuten ebenso helfen zu wollen. Nicht, um etwas gut zu machen oder meine Tat zu verleugnen. Nein, ich wollte es tun. Ich wollte meinem Leben einen Sinn geben, einen Sinn den ich bei den Kampfmagiern nicht mehr finden würde. Ich verließ die Akademie nur wenige Tage später und trat dem Tempel als Adept bei. Und mit der Zeit wusste ich, dass es genau das ist, was ich immer werden wollte, auch als ich den Tempel verließ und meine Ausbildung auf eigene Faust fortsetzte, war mir klar, dass ich ein Heiler sein sollte": sagte Tirian und wirkte plötzlich seltsam glücklich. "Was ich sein sollte": er wiederholte seine Worte noch einmal andächtig.

    [Dreveni]
    "Sero hatte Recht.", antwortete die Dunmer. "Vielleicht ist die ganze Übung ...etwas... aus dem Ruder gelaufen, aber prinzipiell hatte er Recht. Man darf keine Gnade walten lassen, und auch ich bin euch nicht böse, immerhin war das ein fairer Kampf vorhin.", wobei sie leicht schief lächelte. "Für euch wäre es übrigens auch um ein Haar weniger glimpflich ausgegangen, meine Klinge war mehr als ein Mal an eurem Hals."
    Sie sah kurz überlegend an Tirian vorbei, bevor sie weitersprach: "Man kann sich viele Dinge überlegen, die man sein sollte. Beeinflussen kann man es letzten Endes doch nicht. Irgendetwas holt einen ein, oder man tut etwas, mit dem man nicht so zurecht kommt, wie man sollte."
    Sie sah den Heiler noch einmal kurz an und schüttelte ärgerlich den Kopf, als hätte sie viel zu viel gesagt. "Wir sollten weiter gehen."

    [Tirian]
    Tirian nickte. Das war es vielleicht. Er hatte sich entschieden Heiler zu sein. Und er spürte jetzt wieder instinktiv, wie vor Jahren zuletzt, dass er das auch sein sollte. Die Erinnerungen waren schmerzlich, doch sie zeigten ihm zugleich auch wieder, warum er Heiler geworden war. Er mochte von Tarrior die Zerstörungsmagie geerbt haben und er mochte sein Sohn sein, auch mochte er hier mit einer Assassinin durch Vvardenfell ziehen, die er tatsächlich auf gewisse Weise mochte und doch hatte er sich zum Guten entschieden. Er hatte wie jeder Mer oder Mensch seine dunklen Seiten, doch wusste er jetzt wieder, dass sie ihn nicht kontrollieren würden, wenn er sich daran erinnerte, was er für sein Leben eigentlich entschieden hatte. Er wollte ein Heiler sein und er war sich sicher, dass es auch das war, was er sein sollte. Es fühlte sich einfach nur richtig an. "Danke, Dreveni": sagte der Heiler und lächelte erst ihr und dann dem Mond entgegen. "Ich bin Tirian Morvayn, ein wandernder Heiler. Das ist das was ich bin. Alles andere ist nur ein Teil von mir": rief in er in Gedanken aus. "Ich bin Tirian Morvayn": vertraute er leise der Nacht an.
    Geändert von KingPaddy (10.09.2013 um 12:43 Uhr) Grund: Vvardenfell-Distrikt, Weidenländer

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