[Dreveni]
Es wurde langsam eng, und Dreveni war das mit schmerzhafter Klarheit bewusst. Wenn nicht bald irgendetwas geschah, war sie am Ende. Ihr kurzer Blick auf Tirian hatte ihr nur gezeigt, dass er immer noch reglos am Boden lag, und so versuchte sie weiter den vier Armen des Skelettes auszuweichen, was gar nicht so einfach war. Sämtliche verfluchten Gegner, mit denen sie bisher zu tun hatte, hatten nur zwei davon gehabt, und so war sie es einfach nicht gewohnt.

Schließlich hatte er sie so in die Enge getrieben, und sie konnte schon fast fühlen, wie er sie mit seinen Dolchen durchbohrte, da kreischte die Kreatur plötzlich erneut auf. Tirian hatte ihr sein Schwert in den Rücken gestochen, und da war es nun, so ziemlich unerreichbar für den Heiler. Den gleichen Fehler hatte sie bisher mit ihrem Dolch vermeiden können, und doch konnte er das Skelett nur so von ihr ablenken um ihr etwas Luft zu verschaffen. Das bezahlte er darüber hinaus noch mit zwei bösen Schnitten auf seinem Oberkörper.
Es war aus. Da konnte sie auch gleich alles auf eine Karte setzen, schoss es Dreveni durch den Kopf. Sie würden beide nicht mehr wesentlich länger durchhalten, sie waren tot, so oder so. Mit letzter Kraft verstärkte sie den Schildzauber um sich, nahm Anlauf und sprang den Untoten von hinten mit Schwung an. Er reichte aus dass sie beide in einem Haufen Knochen zu Boden gingen, und bis er sich wieder halbwegs gesammelt hatte, konnte ihm Dreveni noch zweimal die Klinge ihres Dolches über die Knochen ziehen, was ihn jedes mal so aufkreischen ließ, dass sie nur schwer dem Drang widerstand, sich einfach die Hände auf die Ohren zu schlagen. Statt dessen rollten sie nun ineinander verschlungen auf dem Boden umher, und ihr gelang es immerhin, zwei der vier Arme halbwegs unter Kontrolle zu bekommen. Ihre Kenntnisse im waffenlosen Nahkampf waren bestenfalls rudimentär, aber auf Technik kam es gerade auch wirklich nicht mehr an. Irgendwie schaffte sie es, Tirians Schwert aus dem Skelett zu befreien und sich von ihm zu lösen, nicht ohne während der Aktion ein paar üble Prellungen und leichte Schnitte zu kassieren, das gröbste hielt der Schildzauber dann doch noch ab.

Sie stand schneller als der Geist und ging einen Schritt zurück, während sie mit Tirians Schwert auf ihn einhieb, dass doch eine beträchtlich größere Reichweite als ihr Dolch hatte. Als sich der Geist wieder halbwegs gesammelt und erhoben hatte, machte er einen geschwächten Eindruck, aber dieses verdammte Ding lebte immer noch. Lauernd stand sie ein paar Schritte von dem Skelett entfernt, und versuchte selber wieder halbwegs zu Atem zu kommen, nachdem sie das Schwert wieder über den Boden zu Tirian geschleudert hatte. Sie hoffte es war eine gute Idee gewesen, das Schwert wieder aus dem Skelett zu ziehen, aber so sehr schien ihn das auch nicht zu stören, und sie konnten nicht ewig warten, bis es dadurch so geschwächt war, dass es tot umfiel. Und Tirian brauchte irgendetwas, um sich wenigstens noch halbwegs zu wehren.

[Tirian]
Der Heiler atmete erleichtert auf, als sich der Skelettfürst von ihm abwandte. Im nächsten Augenblick saß er allerdings mit offenem Mund da, als er beobachtete, wie sich Lyviani mit Inbrunst gegen den Untoten warf, ihn zu Boden zwang und dann auch noch mit seinem Schwert bearbeitete. Schließlich schaffte sie es sich aus dem verwickelten Knäuel, das sie zusammen mit dem Untoten am Boden gebildet hatte, zu befreien und ihm seine Waffe herüber zu schieben. Gerade rechtzeitig, bevor sich der Wiedergänger wieder erhob, seine Dolche drohend erhob. Tirian packte seine Silberklinge fest an und stürzte voran. Das Schwert hielt er seitlich wie eine Lanze und rammte sie mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, in den Leib des Skelettfürsten. Wild kreischte die Kreatur auf. Die Silberklinge war diesmal viel tiefer eingedrungen. Offenbar hatte sich Schild in Wohlgefallen aufgelöst, denn diesmal behinderte ihn Nichts mehr. Das Schwert steckte nun an genau der richtigen Stelle. Er wusste zwar, dass sein Gegner gegen Elementarmagie recht unempfindlich war, aber wenn er den Zauber durch die Klinge direkt in ihn hinein leitete, musste es einfach funktionieren.

Er packte noch einmal das Heft und nutzte sein restliches Mana dafür einen Schockzauber durch die Waffe hindurch in den Skelettfürsten hinein zu leiten. Der Untote kreischte und schrie und wurde geschüttelt. Tirian versuchte die Magie solange wie möglich aufrecht zu erhalten, doch erschöpfte sich seine Reserve zu schnell und er brach zusammen. Der Wiedergänger allerdings sank langsam in sich zusammen. Er war schwer angeschlagen und hatte auch keine Kraft mehr zu schweben, sondern stand nun mit knöchernen Füßen wieder auf dem Boden. Boshaft funkelte ihn das gespenstische, grüne Licht in den ansonsten leeren Augenhöhlen an. "Lyviani, den Kopf": rief der Heiler, als die Kreatur nun den bronzenen Dolch erhob, um zu einem finalen Stich gegen ihn auszuholen. Der Stärkungszauber war inzwischen auch dahin und es bestand für ihn keine Möglichkeit mehr auszuweichen. Er schloss die Augen und erwartete das Schlimmste, doch es blieb aus, stattdessen ertönte ein wahrhaft schriller Schrei, der seinen Ohren geradezu betäubte.

Tirian schlug die Augen noch rechtzeitig wieder auf, um zu sehen wie die Assassine ihren daedrischen Dolch bis zum Heft in den Schädel des Monstrums gerammt hatte und es grün strahlend, offenbar sein Unleben aushauchte. Der Körper zerfiel in seine Einzelteile, der bronzene Dolch landete neben ihm auf dem Boden, und dazwischen sah er, wie sich der Ahnengeist, der sie besessen hatte, auflöste und schließlich zu einer grünlich schimmernden Pfütze am Boden zerlief. Im gleichen Momente fühlte er den Fluch von seinen Beinen weichen und beide versiegelten Türen sprangen umgehend auf. "Wir haben es geschafft": keuchte der Heiler. Er rappelte sich auf zittrige Beine hoch. Er konnte nicht mehr. Sobald sie hier heraus waren, würde er schlafen und wenn es direkt neben dem Eingang der Gruft wäre. Allerdings gebot ihm seine Profession sich noch einmal schnell der Pfütze zuzuwenden und mit der leeren Manatrank-Flasche ordentlich etwas abzuschöpfen. Ektoplasma war für seine Verhältnisse eine seltene Zutat und so eine Gelegenheit durfte er nicht verstreichen lassen. Als er es schnell abgefüllt und verkorkt hatte, fiel sein Blick auch noch auf den Dolch, den der Skelettfürst über gelassen hatte. Er sah besonders aus. Tirian steckte ihn sich ein. Es wurde nun Zeit zu gehen.

[Dreveni]
Dreveni hatte gehofft, mit ihrer gewagten Aktion mehr zu erreichen, aber immerhin hatte sie sich nicht völlig kampflos in ihr Schicksal ergeben. Auch wenn das niemand mehr mitbekommen würde, wenn keiner von ihnen hier lebend herauskam. Da packte Tirian auch schon sein Schwert und stieß es der Kreatur wieder in den Leib, und einen Augenblick später erkannte sie auch, was der Heiler damit bezweckte, was ihr Anlass zu vorsichtigem Optimismus gab. Als der Heiler zusammenbrach und der Untote ebenfalls kurz vor seinem endgültigen Ende zu stehen schien, hörte sie Tirian nur noch schreien: "Lyviani, den Kopf!"
Das brauchte er ihr nicht zweimal zu sagen, und schon versenkte sie mit einer geübten Bewegung ihren Dolch bis zum Heft im nun brüchigem Schädel des Skelettes. Mit einem schauerhaften Kreischen das langsam verhallte und einem letzten hellgrünen Leuchten hauchte ihr Gegner nun endlich sein untotes Leben aus und nichts als eine Pfütze von Ektoplasma blieb übrig. Dreveni stand leicht zittrig mit ihrem Dolch in der Hand da und konnte es kaum glauben. Sie hatten es tatsächlich geschafft? Da sprangen auch schon beide Türen mit einem Knall auf, und sie ein Schwall Frischluft kam durch die Ritzen der Tür herein, die nun nicht mehr durch die magische Barriere abgehalten wurde. Sie war herrlich kühl und roch nach Freiheit, so dass sie tief einatmete, bis ein gemeines Stechen in ihren Rippen sie an den unsanften Kontakt mit dem Untoten erinnerte. Er hatte ihr irgendeinen Teil seiner Knochen in die Seite gestoßen als sie über den Boden rollten, dieses mal allerdings in die rechte. Doch das war ihr egal. Sie stützte die Hand in die Seite, und suchte ihre Waffen zusammen. Das Stilett fand sie schließlich bei einem Haufen Knochen, gerade als Tirian mit der Pfütze Ektoplasma fertig war.

Sie ging zu ihm hinüber, und nachdem er genauso unsicher auf seinen Beinen stand, wie sie sich fühlte, legte sie ihm ohne eine Wort den Arm um die Taille um ihn so etwas zu stützen, während er das gleiche tat. "Nichts wie raus, bevor es sich die Pfütze anders überlegt.", sagte sie leise, während sie erst durch einen langen Gang, in dem ebenfalls Urnen in Nischen an den Wänden standen und dann eine kurze Treppe hinaufgingen, der Frischluft folgend. Schließlich standen sie vor der Tür, durch die bereits Dämmerlicht fiel. Morgendämmerung, Abenddämmerung? Dreveni wusste es nicht, sie hatte jedes Zeitgefühl verloren. Sie sah Tirian an, nachdem sie sich immer noch stützten, war nicht viel Abstand zwischen ihren Gesichtern. "Meint ihr jemand war so hinterhältig die Eingangstür auch noch mit einer Falle zu sichern?"