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Mythos
Weidenländer, Falensarano, Kanalisation
Ein Schütteln holte ihn langsam ins Bewusstsein zurück - erst langsam und dann immer fest, bis Tirian endlich die Augen aufschlug. Für den ersten Moment kam Panik in ihm auf, als er Nichts sehen konnte, doch als die erster Anflug abgeklungen war und ein stechender Schmerz in seinem Schädel einsetzte, nahm er auch mehr Konturen in der Dunkelheit war. Es war nicht völlig dunkel, sondern nur sehr, sehr zwielichtig an diesem… Tirian versuchte sich umzuschauen. Wo befand er sich eigentlich. Er drehte Anhaltspunkte suchend den Kopf und entdeckte Lyviani, die neben ihm saß. Erst jetzt bemerkte er ihre Hände, die ihn gepackt hielten. Sie hatte ihn wachgerüttelt. „Wo sind…“: wollte er ansetzen, doch da legte sie ihm schon eine Hand auf den Mund. Er konnte erkennen, dass sie mit ihrem Zeigefinger vor dem Mund andeutete, dass er leise sprechen sollte. Dann nahm sie langsam ihre Hand aus seinem Gesicht. „Wo sind wir“: flüsterte der Heiler eine Frage. Sie zuckte mit den Schultern. Es roch muffig, es stank sogar leicht und es war feucht, sehr feucht. Er stand langsam auf. Zwar verlor sich sein Blick in einigen Metern bereits in tieferer Dunkelheit, aber in der Nähe konnte er alte Kisten und Fässer ausmachen, halb oder ganz zerbrochen und an- bzw. verschimmelt. Ebenso sah und roch er Speisereste und kleineres Ungeziefer, das sich darüber hermachte. Er tastete etwas und fand eine Wand und etwas Metallenes. „Sprossen“: schoss durch seinen Kopf, als er es näher betastete. „Hier ist eine Leiter“: zischte er zu seiner Begleiterin hinüber und stieg dann hinauf. Tatsächlich befand sich oberhalb davon eine Luke. Er versuchte sich aufzustemmen, doch sie schien blockiert. Auch als er etwas Magie in seine Arme fließen ließ und seine Muskelkraft verstärkte, ließ sich die Klappe nicht aufstoßen. Sie musste verriegelt worden sein.
„Verflucht“: zischte der Dunmer das verdammte Ding an und stieg wieder hinab. „Und?“: hörte er Lyvianis Flüsterstimme hinter sich. „Der Weg ist versperrt. Da kommen wir nicht raus“: wisperte Tirian: „Die müssen uns hier hinuntergeworfen haben.“ Wieder fuhr ein stechender Schmerz durch seinen Kopf. Seine Hand glitt reflexhaft zu der schmerzenden Stelle. Er zuckte zurück, als sie unter Berührung noch mehr schmerzte. Er fühlte verkrustetes Blut. „Wir sollten…“: wieder unterbrach ihn die Hand der Assassine, die sich schnell auf seinen Mund legte. „Horcht“: zischte sie. Erst hörte Tirian Nichts, doch dann ein Schaben, ein Kratzen. Von der Lautstärke war es zu groß für irgendwelches Ungeziefer. Es bewegte sich. Tirian verengte die Augen, versuchte noch mehr zu erkennen, doch da war Nichts, das flüsterte er ihr auch zu. „Ich denke mal, dass das hier die Kanalisation der Festung ist. Womöglich gibt es noch einen anderen Zugang, durch den wir entkommen können. Wir sollten danach suchen“: schlug er vor. Entgegen Lyvianis Willen nahm er sich eine erloschene Fackel von der Wand und zündete sie mit einer kleinen Portion Magie an. Qualmend erfüllte sie die Kanalisation mit funzeligem Licht. Offenbar benutzten die Bewohner der Festung sie wirklich als Müllhalde. Überall lag Abfall herum und das Wasser, das noch im Kanal stand, war trüb und sah ekelhaft aus. In der Entfernung konnte der Heiler einige Abzweigungen ausmachen und kleinere Brücken, die über die Kanäle führten. Wenigstens würden sie vorankommen, ohne durch diese Brühe waten zu müssen. Da auch er nicht wusste, wohin sie gehen sollten, wählte er den Weg, der ihnen am nächsten lag. Möglichst leise schritten sie voran. Das Flackern der Fackel warf unruhige Schatten an die Wand. Rastlos irrten Tirians Augen umher. Bei jedem Mal, bei dem ein Windzug den Schattenriss verzerrte, war es für ihn als würden Monster an die Wand gezeichnet, die mit Klauen nach ihm zu greifen versuchten. Ein ums andere Mal zuckte er zusammen, blieb kurz stehen und schaute sich um.
Auch Lyviani erging es scheinbar nicht besser. Auch sie sah sich desöfteren um. Sie rückten enger in den Lichtschein der Fackel zusammen. Trotz des unnachgiebigen Gefühls, dass sie hier unten nicht alleine waren, setzten sie ihren Weg fort, kamen aber nur langsam voran. Das Echo ihrer eigenen Schritte hallte vielfach gebrochen, geradezu unnatürlich verzehrt im Gang wieder. Tirian hatte oft das unbestimmte Gefühl, als sei jemand hinter ihnen, doch wenn er sich umdrehte, war dort niemand. „Vielleicht bilde ich mir das alles nur ein“: überlegte er und versuchte sich zu beruhigen. Er wusste auch nicht, was ihn so beunruhigte. Es war geradezu ein irrationales Gefühl von Bedrohung, das er hier unten verspürte. Wenn er zu ihren Schatten sah, glaubte er dort Monster zu erkennen, die nach ihm griffen, lauschte er auf ihre Schritte, war dort jemand hinter ihnen, schaute er ins trübe Brackwasser, dachte er eine Bewegung dort auszumachen. Und doch war da Nichts. Er blieb kurz stehen und stützte sich einen Moment an der feuchten Wand ab. Noch immer tat ihm sein Kopf weh. „Lyviani, ich…“: doch dann hörte er ganz eindeutig ein Schaben, ein Kratzen, etwas das klang als würde etwas über den Boden geschliffen. Das Geräusch war nicht nah, nein, es schien an den Wänden entlang durch den Kanal zu schallen. „Was ist das bloß?“: fragte sich der Heiler laut. Allerdings war er sich mit der Assassinin darin einig, dass sie es nicht unbedingt herausfinden wollten.
Sie irrten weiter. Inzwischen hatte Tirian auch schon völlig die Orientierung verloren. Da er sich an den letzten Abzweigungen mehr auf die vermeintliche Gefahr in seinem Nacken konzentriert hatte, hatte er gar nicht darauf geachtet, in welche Richtung sie schließlich gelaufen waren. Inzwischen kamen ihm die Gänge, die Brücken und der Abfall, der allgegenwärtig war, nur allzu sehr bekannt vor. Tirian glaubte langsam, dass sie im Kreis liefen. Die Orientierung hatte er längstens verloren. Als sie schließlich wieder an eine Kreuzung gelangten, die er wieder erkannte. Allerdings waren sie schon vor einer gefühlten Ewigkeit an genau dieser Stelle vorbeigekommen. Der Heiler wusste nicht weiter. „Verflucht“: stieß er hervor. Lyviani trat vor ihn und sah ihn auffordernd an. „Ich habe keine Ahnung wo wir sind. Wir haben uns verirrt“: gab er schließlich zu. Wieder war das Kratzen zu hören.
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