-
Mythos
Vvardenfell-Distrikt, Weidenländer, Zainab-Lager
Ein Seitenblick auf Lyviani ließ Tirian erkennen, dass seine Begleiterin von den Zuständen im Dorf der Aschländer ebenso fasziniert war, wie er selbst. Er stammte ja schließlich aus Morrowind, aber da es traditionell lebende Dunmer nur noch unter den Aschländern Vvardenfells gab, war ihm dieses Lebensgefühl, das sich um sie herum in diesem Lager zeigte, auch völlig fremd. Der Heiler war die Zivilisation des städtischen Morrowind gewohnt. Tränenstadt gehörte zu einer der blühendsten Städte in Süd-Morrowind. Dieses Lager hier war dazu Nichts im Vergleich. Die Urtümlichkeit dieses Ortes faszinierte ihn dennoch auf ganz besondere Weise. Etwas verloren standen sie nun inmitten der Zelte. Zunächst nahm man erst keine Notiz von ihnen, erst allmählich, sammelten sich Neugierige und auch Kinder um sie herum. Allerdings interessierten sich diese weniger für den Heiler und seine Begleitung als vielmehr für die heimgekehrten Angehörigen ihres Stammes. Ein Stimmengewirr aus Dunmeri hob an. Den Gesprächen und Satzfetzen konnte Tirian wegen des starken Dialektes, des Durcheinanders und der hohen Sprechgeschwindigkeit nur schlecht folgen. Soviel er mitbekam waren die vier Aschländer, die sie gerettet hatten, auf dem Rückweg von einem Treffen mit einem anderen Stamm gewesen, als sie überfallen worden waren. Auch stellte die Frau, die offenbar nach dem verletzten Mann die Führungsperson der Gruppe war, die beiden Fremden als ihre Retter vor. Während die Älteren wenig mehr als angedeutet anerkennende Blicke zustande brachten, in der Regel eher neutrale Zurückhaltung, interessierten sich vor allem die Kinder für Tirian und Lyviani und begannen an ihren Kleidern zu zupfen.
„Habt ihr es wirklich mit Beinernen aufgenommen?“: fragten manche, andere fragten nach der scheinbar wundersamen Heilung durch Tirians Magie und wollten wissen, ob er eine Weise „Frau“ sei. Er konnte die Fragen gar nicht beantworten, so schnell und vielstimmig wurde er bedrängt. Er warf einen Blick zur seiner Begleiterin hinüber in deren Gesicht sich deutliche Verwirrung und Unwillen ob der jetzigen Situation abzeichneten. Auch von ihr wollten die Kinder wissen, ob sie auch mit den Beinernen gekämpft habe und ob sie eine „Mabrigash“ sei, ein Wort das Tirian vage bekannt vorkam, dem er aber im ersten Moment keine Bedeutung zuordnen konnte. Er wusste nicht, wie die Assassine reagieren würde, wenn die Bedrängung durch die Kinder noch länger anhielt, aber die Sorge verflüchtigte sich in dem Moment, in dem ein hochgewachsener, älterer Dunmer aus einem Zelt trat. Seine Rüstung und sein Auftreten verrieten, dass er über Autorität im Stamm verfügte. Fast augenblicklich erstarben alle Gespräche und respektvoll machten die anderen Aschländer Platz, als er sich auf sie zubewegte. Tirian hielt sich ebenso zurück und hielt es für besser zu schweigen, auch als sich der Mann den beiden Fremden direkt vor ihnen stand und sie beäugte. Er wandte sich dann an die gerettete Aschländergruppe. Da der Mann noch immer bewusstlos war, sprach er nun die Frau an. „Was ist geschehen“: verlangte er zu wissen. Sein Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass diese Frage als Befehl zu verstehen war: „Die Ahemmusa. Hat die Weise Frau zugestimmt?“ Seine zweite Frage beantwortete sie mit einem Ja und dann begann sie noch einmal zu berichten, wie er und Lyviani sie vor den Redoranern gerettet hatten. Als sie geendet hatte, wandte er sich wieder den Beiden zu. Sein musternder Blick wechselte mehrfach zwischen Tirian und seiner Begleiterin hin und her. Sein Blick ruhte einen Moment auf der Assassine. Er zog die Augenbrauen zusammen und musterte sie noch einmal ausführlich.
„Eine würdige Kriegerin“: befand er auf Dunmeri und fasste Tirian nun wieder ins Auge. Sein Gesicht, das zuvor sehr verschlossen gewesen war, hellte sich deutlich auf. „Habt dank, dass ihr unsere Stammesbrüder und Stammesschwestern gerettet habt. Ama wird euch bei sich unterbringen. Ihr Mann schuldet euch sein Leben und das Gesetz der Gastfreundschaft gebietet es, dass sie euch dafür versorgen“: beschloss der Mann einfach. Ama so stellte sich nach kurzer Verwirrung heraus, war eben jene Frau, die gerade neben ihnen stand. Der autoritäre Dunmer reichte nun Lyviani und Tirian die Hand. „Willkommen bei den Zainab. Ich bin Ashkhan Kaushad. Genießt für diesen Abend und die kommende Nacht die Gastfreundschaft meines Stammes. Ich muss euch jedoch bitten, dass ihr uns am Morgen verlasst. Die Diener des Zerstörers suchen das Land unserer Ahnen heim und wir können in Anbetracht dieser Gefahr nicht für eure Sicherheit sorgen“: stellte er sich vor und schränkte die Gastfreundschaft seines Volkes sogleich auch wieder ein. Der Name Zainab sagte dem Heiler etwas. Er kannte die Aschländer aus Tarriors Geschichten und er hatte ihm auch etwas über die Zainab erzählt. „Wir danken euch Kaushad. Wir wollen auch sobald wie möglich weiter und werden eurem Volk nicht länger als nötig zur Last fallen“: bestätigte Tirian. Kaushad nickte und wandte sich dann ab. Ama sprach die Beiden nun an: „Mein Bruder bringt euch zu meinem Zelt. Dort könnt ihr heute Abend schlafen. Ich und mein Mann werden noch die Weise Frau aufsuchen. Sobald wir dort waren, werden wir nachkommen und ich werde euch ein Abendessen bereiten.“ Lyviani schaute noch immer verwirrt drein. Offenbar verstand sie kaum ein Wort von dem, was hier gesprochen wurde, sodass Tirian stattdessen bestätigte.
Die Aschländer im Lager zerstreuten sich wieder und gingen ihren Tätigkeiten nach. Ama verschwand mit ihrem verletzten Mann in einem etwas abseits stehenden, großen Zelt, währenddessen der zweite Mann, der in der Gruppe war, die sie gerettet hatten, sie durch das nicht allzu große Lager hindurch führte. Die Assassine schwieg die meiste Zeit. Tirian hätte zu gerne gewusst, worüber sie nachdachte. Es dauerte kaum drei Minuten da hatten sie ein etwa mittelgroßes Zelt erreicht, dass sich zusammen mit einigen anderen zwischen einige Felsen duckte. Der Dunmer bedeutete ihnen, es zu betreten. „Das ist das Zelt von Ama und Hamsur. Ihr könnt hier warten“: sagte der Aschländer. „Ich werde nun zu meiner Familie zurückkehren“: verabschiedete er sich und ging einfach. Tirian wechselte mit Lyviani einen Blick und schob eine Plane aus Guarleder, die den Eingang des Zeltes bildete, das auch aus dem Leder dieser Tiere bestand, zur Seite und warf einen Blick hinein. Es war niemand zu sehen. Im Innern war es recht dunkel. Lyviani band ihren Packguar noch an einen kleinen Strauch beim Zelt, dass sie dann nach einander betraten. Es dauerte einen Moment, bis sich die Augen an das Zwielicht im Innern gewöhnt hatten.
Im Zeltdach war ein kleines Loch durch das schimmerndes Dämmerlicht in die archaische Behausung direkt auf eine mittige Feuerstelle viel, die nicht entzündet war, über der aber ein Topf hing. Der Heiler ließ seinen Blick schweifen. Er sah zwei Bettzeuge aus dicken Decken und Matten aus Guarleder, die etwas abseits der Feuerstelle lagen. Um die Feuerstelle herum lagen einige sehr große Kissen in verschiedenen Formen, die man zum Sitzen benutzen konnte. So etwas wie ein Tisch fehlte völlig. Das Geschirr, zumindest hielt Tirian die Ansammlung an tönernen Bechern und Schüssel dafür standen sorgfältig aufgestapelt bei einer Ansammlung von Körben, die scheinbar Vorräte enthielten und Kisten, in denen der Hausrat der Familie untergebracht war. Der Boden selbst war mit grob gewobenen Teppichen oder aus Pflanzenfasern geflochtenen Matten bedeckt und schirmte das Zelt gegen die Kälte und den Schmutz der Erde ab. Mit einem Seufzen ließ sich der Heiler auf eines der großen Sitzkissen sinken. „Sieht hier doch wirklich besser aus, als ein Nachtlager in der Wildnis. Es muss zumindest niemand von uns Nachtwache halten. Und gekocht bekommen wir nachher auch etwas“: dachte er laut und ließ seinen Blick noch einmal schweifen. Es war nicht das Tiber Septim Hotel, aber besser als Vieles andere. Während sie warteten, dass ihre Gastgeber wieder auftauchten, trat wieder Stille zwischen die beiden Reisenden, zumindest bis Tirian das Wort ergriff. „Lyviani, ihr scheint seit vorhin so nachdenklich. Beschäftigt euch etwas?“: fragte der Heiler ehrlich interessiert.
Berechtigungen
- Neue Themen erstellen: Nein
- Themen beantworten: Nein
- Anhänge hochladen: Nein
- Beiträge bearbeiten: Nein
-
Foren-Regeln