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Mythos
Vvardenfell-Distrikt, Weidenländer
„Ihr seid selbst meilenweit von dem Heiligen entfernt, der ihr wohl gerne wäret!": diese Worte rief Lyviani ihm nach, als er sich dem Verletzten zugewandt und sie stehen gelassen hatte. Er ignorierte diesen Kommentar. Er wollte nie ein Heiliger sein. Und Tirian glaubte auch nicht, dass jemand das ernsthaft konnte, der wirklich lebte. Ihn widerte auch diese Heiligenverehrung des Tempels an. Tirian mochte die Geschichten über die Heiligen und wie sie sich in Demut und Bescheidenheit dem Volk oder dem Tempel hingegeben hatte, aber er verachtete diese Heiligenverehrung. Es waren gute Elfen, die dort verehrt wurden, aber auch diese hatten Fehler, auch sie waren sicherlich einmal wütend, un- oder selbstgerecht, gierig, eigennützig – sie waren einfach normal. Und das ist eigentlich das, was für Tirian auch im Zentrum stand. Perfektion ist gut und schön aber auch kalt und leblos wie eine Marmorskulptur. Man konnte nicht immer gut sein und das war gut so, weil das Leben eben auch beinhaltete Fehler zu machen. Das einzige was er wollte, war ein gutes Leben zu führen. Er wollte kein Heiliger sein, sondern nur ein guter Elf, im Rahmen seiner Möglichkeiten. Er wollte nie perfekt sein, weil er sein Leben nicht durch Perfektion ersetzen wollte, er wollte auch leben, aber versuchte sein Leben so zu gestalten, dass er sich noch in die Augen schauen konnte. „Lyviani“: seufzte er. Während er über den Vorwurf der Assassinin nachgedacht hatte, hatte er auch schon die Wunde des Aschländers freigelegt. Der Knochen war tatsächlich aus dem Arm ausgetreten und schien auch leicht gesplittert zu sein. Eiter begann sich zu bilden. „Der Streitkolben schien verzaubert zu sein. Das scheint eine magische Infektion zu sein“: überlegte der Heiler. Tirian hatte schon diese Vermutung als er das Fieber des Mannes gesehen hatte, denn so schnell entzündete sich normalerwiese eine Wunde eigentlich nicht derart stark.
Die anderen Aschlandbewohner hatten glücklicherweise seine Anweisungen befolgt, ein kleines Feuer geschürt und Wasser in einem Tonkrug, den sie mit sich führten, erhitzt. Er holte den Rest der Kräuter, die er gesammelt hatte, aus seinem Beutelchen und sortierte die aus, die er für den Sud nicht gebrauchen konnte. Die Aussortierten packte er zurück. Die anderen nahm er in die Hand und schaute sie einen Moment nachdenklich an. Tirian begann dann, sie in seiner Hand zu zerreiben. Eigentlich hätte er dafür Mörser und Stößel nehmen sollen, aber die waren noch bei seinem Gepäck und das Gepäck war noch auf dem Guar und bei dem Gepäck und dem Guar saß Lyviani, der Tirian im Moment aus dem Weg gehen wollte. Er fand auch, dass sie nachher noch reden mussten, aber zunächst einmal, musste dieser Patient hier versorgt werden. Als sein Blick beim Zerreiben zu der Dunmer hinüber wanderte, sah er einen leichten Anflug von Trauer in ihrem Gesicht. Es war mehr eine Andeutung als eine wirklich offensichtliche Tatsache und dennoch… „Worüber sie wohl gerade nachdenkt“: fragte er sich. In diesem Moment sah sie auf und direkt zu ihm herüber. Schnell wandte er seinen Kopf wieder dem Topf zu und warf die aufgeriebenen Kräuter hinein. Sie waren frisch und würden sie ihre Öle und Säfte gut freisetzen. Zur Stärkung goss er noch einen kleinen Heiltrank von seinem Gürtel hinein. Nun drehte sich Tirian wieder dem Aschländer zu. Sein Atem ging schneller und er hatte die Augen geschlossen. Drei Paar anderer roter Augen ruhten erwartungsvoll auf ihm. Die Drei machten ihn nicht nervös. Er hatte unter den Augen einer halben Schiffsmannschaft auf hoher See operiert. Er war sich seiner Fähigkeiten sicher, also beunruhigten ihn die Zuschauer nicht. „Könnt ihr mich hören“: sprach er den Verletzten auf Dunmeri an. Dieser öffnete kurz ein Auge und brachte ein schlaffes Nicken zustande. „Ich werde den Knochen jetzt wieder an seine richtige Stelle schieben. Es wird höllisch wehtun. Ich zähle bis fünf, dann werde ich es tun“: erklärte er in der Sprache seiner Heimat weiter und der Mann folgte ihm mit regungslosem Ausdruck. Er griff den ausgerenkten Unterarm und die Schulter des Mannes. Der Heiler nutzte wieder etwas Magie, um seine körperliche Kraft zu erhöhen, damit er den Knochen leichter verschieben konnte und begann zu zählen.
„Eins, Zwei...“: zählt er. „Drei“: zählte Tirian weiter und langsam begann sich Mann darauf einzustellen, gleich Schmerzen zu haben. Im nächsten Augenblick schaute Tirian dem Aschländer direkt in die Augen, sagte „Vier“ und mit einem starken Ruck schob er den Knochen in den Arm zurück. Die Plötzlichkeit des Schmerzes ließ ihn erst eine Sekunde später vor Schmerz aufbrüllen. Auch seine Muskeln verspannten sich erst einen Moment später, wie Tirian gehofft hatte, so schob er mit „Fünf“ noch einen kräftigen Ruck nach und brachte damit den Knochen wieder in die richtige Position. Ein weiterer gebrüllter Schmerzenschrei war die Folge, doch jetzt war alles soweit. Ein kräftiger Geruch verbreitete sich. Sein Blick glitt zu dem tönernen Gefäß hinüber. Der Trank hatte eine sehr blasse weiß-blau-grünliche Färbung angenommen. Er war gut. Der Heiler erbat sich von der Aschländerin einen Chitin-Dolch, den sie ihm aushändigen konnte. Es schien halbwegs sauber zu sein. Zur Sicherheit tauchte er die Klinge in den Sud und ließ ihn abtropfen. Aus der Wunde, aus der zuvor der Knochen herausgeragt hatte, quoll nun mit Blut vermischter, bräunlicher Eiter. Die Wunde war eindeutig von mehr als nur reinem Dreck infiziert worden. Tirian nahm den Dolch, setzte ihn an der Wunde an und begann den Arm aufzuschneiden, was der Aschländer mit schmerzverzerrtem Gesicht quittierte. Zum Schreien war er offenbar inzwischen zu schwach. Der junge Dunmer schälte ein Groß Stück Fleisch heraus und legte den Knochen damit nun wieder frei und konnte die Bruchstellen jetzt deutlich besser erkennen und der Arm war offen für den Sud.
Am liebsten hätte er ihn etwas abkühlen lassen, aber Verbrennungen waren nun das kleinste Problem. Er schöpfte mit der leeren Flasche des Heiltrankes den blubbernden Trank, den er gebraut hatte, ab. Tirian legte die Hand auf den Brustkorb des Mannes und drückte ihn nieder, dann goss er die heiße Brühe in die Wunde. Wie geahnt, versuchte sich der Aschländer aufzubäumen, aber der Griff des Heilers war unerbittlich. Der Trank füllte die Wunde auf und brannte vermutlich höllisch. Tirian wartete einen Moment, bis sich die blaue Flüssigkeit, die wie eine Pfütze in der Wunde stand, etwas abgekühlt hatte. Als es soweit war legte Tirian seine Hände darauf und ließ die heilende Magie fließen, die nun von der blauen Flüssigkeit deutlich verstärkt wurde. Der Heilungseffekt war nun deutlich stärker. Unter den Wellen heilender Magie, die er in den Arm schickte, regenerierte sich der Knochen und über dem Knochen bildeten sich neues Fleisch und neue Haut. Als Tirian die Hand herunternahm, war er selbst schwer erschöpft, aber von dem zerschmetterten Arm war kaum mehr etwas zu erkennen. Er würde dennoch Narben vom rechteckigen Einschnitt, den er vornehmen musste, zurückbehalten. Die Gefährten des Mannes hatten inzwischen den Sud vom Feuer genommen und er war deutlich runtergekühlt. Wieder schöpfte der Heiler etwas von der Flüssigkeit ab, aber diesmal gab er sie seinem Patienten zu trinken, um die Infektion zu bekämpfen. Als letzte Maßnahme nahm er den Ärmel des Gewandes des Aschländers, den sie herunter geschnitten hatten, tränkte ihn im Rest der Flüssigkeiten und wickelte ihn um Arm und Oberkörper, sodass beide umwickelt waren und sich der Arm auch nicht mehr bewegen ließ. „Puh“: sagte er. Stützte sich ab, schaute zum Himmel und atmete tief ein und aus.
Der Mann öffnete die Augen wieder und gestützt auf seine Gefährten erhob er sich. „Habt Dank, Fremder“: meinte er mit schwacher Stimme auf Dunmeri. „Ich denke ich schulde euch mein Leben und meine Gefährten euch ihres auch“: fuhr er fort. „Ich bin froh, dass ich euch helfen konnte“: erwiderte Tirian. In diesem Moment schloss der Aschländer wieder die Augen. Besorgt schaute die Frau ihn an. „Keine Sorge. Er ist nur sehr erschöpft. Er muss sich ausruhen, damit sein Körper seine Kraft zurückgewinnen kann“: beruhigte der Heiler sie. „Unser Dorf ist gleich hier in der Nähe. Wir werden ihn dort hinbringen. Habt vielen Dank. Ich möchte euch und eure… Gefährtin einladen uns zu begleiten“: bot die Dunmer an. Tirian machte Anstalten abzulehnen: „Wir haben noch einen langen Weg vor uns und wollen weiterziehen und…“ Doch sie fiel ihm ins Wort: „Ihr würdet uns entehren, wenn er diese Einladung ausschlagt. Ein Nachtlager ist das Mindeste, das wir euch anbieten können. Seht den Himmel. Es wird bald dunkel und auch ihr seht erschöpft aus. In unserem Lager könnt ihr sicher ruhen“: sagte sie. Tirian hatte nicht vor die Frau auch nur im Mindesten zu verärgern und außerdem erschien es ihm am besten, wenn sie die Nacht im Dorf dieser Aschländer verbrachten, anstatt ungeschützt in der Wildnis. Erwartungsvoll schaute die Frau ihn an. „Wir nehmen euer Angebot an“: stimmte der Heiler zu. Lasst mich meine Begleiterin holen, dann können wir aufbrechen.
Er ging schnell zu Lyviani hinüber. „Die Aschländer haben uns angeboten, dass wir in ihrem Dorf die Nacht verbringen können. Abendessen wohl inklusive. Ich hielte es für unklug dieses Angebot auszuschlagen“: berichtete Tirian der Asssassinin und hoffte, dass sie damit einverstanden wäre.
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