Das hier war ursprünglich ne e-mail an meine Mädels, die ich geschrieben hatte als ich vor nem Jahr von nem 2tägigen "Kursfahrt-Ausflug" nach Köln zurückkam... ist leider nicht komplett wahrheitsgetreu geworden, da sich der Bericht nach der ersten Seite verselbstständigte und nun so ziemlich alle negativ-Erlebnisse der Klassenfahrten meiner Schulzeit beinhaltet die mir einfielen... ein Glück, dass das jetzt vorbei ist...
Hallo Mädels, musste die Erlebnisse von Köln irgendwie verarbeiten, und ihr braucht ja auch mal was zu lachen... los geht’s:
Unfaire Zeiten heutzutage, stimmt’s?
Zeugnis: Ja
Ferien : Nein
Is das nicht einfach extremamente Scheiße?
Naja, wenigstens gab es einen kleinen Lichtblick, und zwar von Freitag auf Samstag:
Ich war nämlich mal wieder mit meinem heißgeliebten (haha) Englischkurs unterwegs, und zwar in Köln. Alaaf und so.
Ich hasse Karneval. Ehrlich.
Opfer der Nation vereinigt euch, und zwar... in Köln. Na toll...
Nun folgt eine kurze Beschreibung unserer Unterkunft:
Typ: Jugendherberge
Bevölkerung: Hauptsächlich Holländer, Franzocken (iih!), besoffene Gymnasiasten (wir), außerdem Jugendliche die in einer uns unverständlichen Sprache kommunizierten (lallten, was allerdings auch von diversen leicht entzündlichen Substanzen (Gras) verursacht werden kann). Wir tippten auf Italo-polnische Schweden mit leicht südamerikanischem Einschlag. Last but not least die leisesten Anwohner: diverse Insekten in den sanitären Anlagen.
Na toll.
Verpflegung: Ein Abendessen am Ankunftstag, bestehend aus etwas das aussah wie Pommes, die von einer 3,5mm dicken Salzkruste umhüllt sind. Schmeckten allerdings nur nach Salz, nicht nach Pommes. Außerdem eine frittierte sämige Substanz die von der Kantine mangels passender Betitelung als „Fischfilet“ deklariert wurde.
Verzweifelte Gourmets der schlaueren Sorte (ich) versuchten die Optik dieses wundervollen Mahls zu verbessern (es gab auch Hoffnungen Geschmack und Geruch abzutöten) indem sie es in unbegrenzt zur Verfügung stehendem Ketchup ersäuften. Diese Personen waren dann doch weniger schlau, denn sonst hätten sie sicher darüber nachgedacht warum von dem köstlichen Ketchup noch so viel da ist und warum niemand sonst etwas davon genommen, bzw. auf die gleiche Idee gekommen ist.
Ketchupspender inklusive Füllung standen schätzungsweise seit 1989 in dieser Kantine. Ketchup verabschiedete sich mit unschönen Geräuschen (ungefähr *pfffrrrrrrrt*) und in knetbarer Strangform aus seinem langjährigen Heim. Aus der Schlange der Hungrigen hörte ich hinter mir die Franzosen leise Kichern. Scheiße. Ich hatte unzähligen Salmonellen vieler Generationen ihr wundervolles zu Hause geraubt.
Frühstück, nächster morgen: zwei Brötchen, Aufschnitt, Käse, nach dem Desaster des vorherigen Abends ein wahres Fest, das nur durch anwesende Franzosen in Pyjamas mit morgendlichem Mundgeruch und durch den koffeinfreien (!!!) Kaffee getrübt wurde.
Weiterer Mangel: Riesige Schlange durch gesamten Flur vor der Kantinentheke, ausnahmslos stinkende, ungewaschene (französische) Personen (s.o.) die müde Hessinnen belästigten indem sie ihnen ihren übelriechenden "Guten Morgen"-Atem direkt in den Nacken unweit der Nase röchelten. Igitt. Betroffene Person verlor augenblicklich Appetit auf Frühstück, trat auf dem Rückweg gegen Ketchupspender und stellte sich vor es wäre ein Franzose, um Aggressionen zu kompensieren.
Zimmer: Ausnahmslos 6er-Zimmer. Mangels kompetenter Englischkurs-Teilnehmerinnen von 4 reichlich angeekelten Personen für eine Nacht bewohnt.
Raumaufteilung: 3 Doppelhochbetten, intelligente Person (siehe Gourmet) erkämpfte sich Platz am Fenster, mit der Hoffnung, dass die „Frischluft“ der Kölner Innenstadt den schwer zu beschreibenden Geruch (eine Mischung aus Staub, Schweiß, Moder und Urin) übertünchen würde, der aus den Matratzen aufstieg wie ein Frühlingsnebel, nur eben um einiges ekliger, - unwissend, dass Köln stinkt. Ja, es stinkt sogar erbärmlich. Um nicht zu sagen: es scheint langsam zu verwesen. Das musste einfach mal gesagt, bzw. geschrieben werden.
In den Betten befanden sich außerdem die Haare zahlreicher Vorgänger/innen (vermutlich ausnahmslos Mundgeruch-Franzosen die auch noch an Inkontinenz litten) die hier in diesen Betten geruht (und gestunken) hatten, natürlich nicht ohne dabei ordentlich die Matratzen vollzuschwitzen.
Eine uns bekannte, intelligente Person erwog die Möglichkeit stehend und auf der Fensterbank zu schlafen, um möglichst wenig ekelerregende Fläche des Raumes berühren zu müssen.
Bettwäsche wurde von der Jugendherberge gestellt, modisch grün-weiß gestreift (war sie wahrscheinlich mal 1970 gewesen, als sie neu war, nun war sie einheitlich gelb-beige mit Rückständen von Streifen in einer nicht-definierbaren Farbe) und mit der Konsistenz einer Marmorplatte. Man hatte Angst, dass man sie beim Betten beziehen zerbrach. Außerdem rochen sie nach Keller. Sehr altem Keller. Vermutlich hatten sie auch mehr als einmal Bekanntschaft mit den Bewohnern der sanitären Anlagen gemacht.
Kleidung und Taschen konnten nach Bedarf in abschließbaren (haha) Spinden (hahaha!) untergebracht werden, deren Maße sich auf 12cm breite und 50cm Höhe beliefen. Kurz gesagt, Briefkästen.
Sanitäre Anlagen: Darauf will ich nun nach alledem wirklich nicht mehr näher eingehen...
Unterhaltung: ein sogenannter „Raucherraum“ mit zwei Flipperanlagen, einem Tischfußballspiel und ein paar Colaautomaten. Kontinuierlich nicht völlig zu überblicken, auf Grund von Zigarettenrauch und Rauch von anderen Substanzen (Gras), verursacht von vermutlich italo-polnischen Schweden mit leicht südamerikanischem Einschlag. Vorteil: nach zwei Minuten in diesem Rauch kam einem der Rest der Anlage nicht mehr so schlimm und die Welt nicht mehr so trostlos vor. Außerdem sah man bunte Farben und begann zu schweben.
Nun aber genug von unserer wundervollen Unterkunft, die dem Four Seasons so nahe kam.
Es interessiert euch sicherlich was wir hochmotivierten Gymnasiasten so unternommen haben.
Freitag, 1. Februar: Zuerst Zugfahrt mit dem ICE, hauptsächlich abgekapselt unter Walkman/Discman-Bedröhnung und wechselnd mit KeanuReeves-HeathLedger-IanThorpe-Bildschirmschoner vor der Pupille. Also noch recht angenehm.
Dann Ankunft in Köln. Gruppe von 18 Gymnasiasten wälzt sich aus Zug & Bahnhof, sieht Dom (Zitat: „der sieht ja kacke aus“), kurzer Zustand totaler Verwirrung im Bezug auf den Weg zur Jugendherberge (Lage: die „Kaiserstraße“ Kölns), mit nachfolgendem, orientierungslosen 15minütigem Fußmarsch über den Rhein, durch diverse Straßen usw.
Beginne meine Füße zu verfluchen.
Ankunft Jugendherberge: langzeitiger Schockzustand mit Ausfall der Geruchsnerven.
Eine halbe Stunde später: Wiederinbetriebnahme der Geruchsnerven, kommentiert durch lautes Schreien.
Lagebesprechung, Marsch zum Schokoladenmuseum, kurzzeitige Besserung der Laune, Vorfreude auf Fressorgie.
Schokoladenmuseum: Langes Irren durch viele Räume, auf der Suche nach dem Teil des Museums der sich „interaktiv“ nennt (= Schoki probieren!!!). Überall wundervoller Geruch nach Schokolade, unbändiger Appetit kommt auf.
Magenknurren.
Lautes Magenknurren.
Noch lauteres Magenknurren, einige kleine Kinder nehmen ängstlich mehr Abstand.
Beschleunigung des Tempos.
Ankunft „interaktiver Teil“.
Enttäuschung, kurzer Anfall tiefer Depression.
Fand nämlich heraus, dass jeder nur ein mini-wini-winziges Wäffelchen mit einem Marienkäfer-großen Schokoladenkleckschen bekam, dafür war dies um so leckerer und man kaufte nachher den halben Souvenirshop leer.
Danach: Übelkeit, als Folge von übermäßigem Schokoladenkonsum.
Danach: „Freie Zeit“ = orientierungsloses Herumirren in der Altstadt, starke Übelkeit.
Danach: Abendessen (siehe oben!!!)
Abends: gemeinschaftlicher Pub-Besuch. Sehr gut: Musik zu laut um belangloses Gelaber der anderen zu hören. Musik sehr gut. Long Island Ice Tea: noch besser. Nicke nur noch wenn irgendjemand den Mund aufmacht. Kurzzeitiges Glücksgefühl. Auslachen der anderen, die besoffen durchs Pub tanzen. Very amused.
Heimweg: Desaster. Verfluche Füße, Blase gelaufen, besoffene „Klassenkameraden“ haben U-bahn-Haltestelle verpaßt. Wiederholtes Herumirren durch Köln, diesmal um halb eins und in vollkommener Dunkelheit.
Ankunft Jugendherberge, nachts: Will schlafen. Bett stinkt, Luft stinkt, Zimmernachbarn grölen, vermutlich Elefant in oberer Etage (trampelt ziemlich laut). Hinwegdämmern.
Nächster morgen. Aufwachen. Augen wieder schließen. Kurze Orientierungslosigkeit ( wo bin ich, was mach ich hier...wer/was bin ich??? Scheiß Long Island Ice Tea)
Wunsch, dass es hier keine Spiegel gibt. Hoffen, dass alle anderen über Nacht blind geworden sind, durch irgendeine mysteriöse Salmonellenvergiftung (Fischfilet) die ihnen klammheimlich auf die Augen gehüpft ist, damit niemand mich sehen kann.
Warten.
Aufstehen.
Ins „Bad“ wanken.
Kontaktlinsen einlegen.
Schreien.
Haare total verknotet, dunkle Ränder/Balken/ABGRÜNDE unter den Augen.
Restaurationsarbeiten, Zähne putzen, kurzzeitiges Abschweifen in die Midlife-crisis. Tiefe Depression.
Danach: Frühstück, Erleichterung, die anderen sehen genauso Scheiße aus wie ich.
Alptraum. Überall Franzosen. (siehe oben!!!)
Stadtführung: Endlose, qualvolle Langeweile, Stadtführer = häßlicher Ökochrist der alle 12 Sekunden die Wörter „im Grunde“ und „letztendlich“ gebraucht.
Abschweifen ins Koma, suche Walkman.
Gräßliche, furchtbare Langeweile der schlimmsten Sorte.
Danach: Mittagessen beim Libanesen. Falaffel. Sehr lecker. Inhalt unbekannt, aber lecker. Inhalt egal, hauptsache nicht so salzig wie Pommes-Erlebnis.
Außerdem noch: Picasso-Ausstellung.
Feststellung meinerseits: Picasso war verdammt nochmal ein ekliger, alter Stelzbock! Bäh!
Danach: Shopping. S H O P P I N G!!!!!!! Na ENDLICH!!!
Shopping sehr interessant. Haben uns verlaufen. Suchen Dom. Suchen Treffpunkt mit Klasse. Spüre Füße nicht mehr. Suchen immernoch Dom. Es wird dunkel. Keine Füße mehr. Suchen Dom, finden Oper. Nicht schlecht für den Anfang.
Machen pause um zu checken ob Füße noch vorhanden.
Suchen immernoch Dom.
Finden Oper nicht mehr.
Sehe Spitze von Dom hinter Häuserecke, kurzer Moment von Euphorie, längerer Moment der Enttäuschung beim nächsten Fuß-Check: Füße eindeutig noch vorhanden, tun jetzt nämlich sauweh!
Danach: Marsch zur Unterkunft, Gepäck abholen und zum Bahnhof pilgern. Diesmal mit Super-Orientierung. Man, war ich froh als ich zu Hause ankam...
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