Hm. Ich sehe den prinzipiellen Punkt, aber wenn ich mich auf ein Drama einlassen muss, ist es imho kein gutes Drama. Bestes Beispiel aus dem Anime-Bereich sind die letzten Glühwürmchen, die ich total lächerlich finde, weil man ihnen eben anmerkt, wie sie es darauf anlegen.
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Das finde ich hier gerade gar nicht so. Ich fand die Erzähl- und Präsentationsweise des Films die meiste Zeit über relativ wenig manipulativ für so eine Geschichte; schon zu Beginn hat man das Ende des Films gesehen, und ich persönlich habe den Film die ganze Zeit über als sehr ehrlich empfunden. Allerdings muss ich sagen dass bei mir die emotionale Wirkung auch nicht so stark beim Gucken eingesetzt hat, sondern noch stärker erst danach (ich glaube auch erst beim zweiten Gucken, und auch dann erst einen Tag später). Ausschlaggebend für schlechtes Drama finde ich, dass eine emotionale Situation stattfindet, bei der der Zuschauer merkt, dass es ihn berühren sollte, er aber noch gar keine Beziehung zu den Charakteren aufbauen konnte. Das passiert in sehr vielen Animes, da wird schon in der ersten Folge mit irgendwelchen dramatischen Extremsituationen und Standardphrasen um sich geworfen, die zu diesem Zeitpunkt noch keine Berechtigung haben. Oftmals ist es auch so, dass emotionale Momente dann noch künstlich in Szene gesetzt werden. Das mag ich eigentlich nur dann, wenn ich wirklich in der Geschichte drin bin und eine Verbindung zu den Charaktere aufgebaut habe.
In Die letzten Glühwürmchen habe ich das aber überhaupt nicht so empfunden, eher im Gegenteil: Die wirklich emotionalen Szenen wurden meist recht kurz dargestellt. Die Ausnahme bildet vielleicht die Szene kurz vor dem Ende, wo dann nochmal mit Flashbacks gearbeitet wird. Das war natürlich nicht besonders subtil.
Japanese drama in two words: Exposition dumps. Ausnahmen bestätigen hier die Regel.
Ah ja, und now watching: PSYCHO-PASS
Karl meint, der Anime wäre so gut wie "Ghost in the Shell" - und ich muss sagen, dass sich "Psycho-Pass" von Folge zu Folge mehr zu einem meiner Lieblings-Cyberpunk-Werke mausert die ich in letzter Zeit gesehen habe. Das beginnt bei dem endcoolen 80er-Gedächtnis-Soundtrack der herrlich Carpenter/Vangelis'esk durch die Boxen pumpt, geht weiter mit der Tatsache dass es sich hierbei mehr um ein Crime-Thriller-Werk als um noch eine schnöde Actionserie handelt (und wenn Action passiert, ist sie sehr cool in Szene gesetzt), mit den wunderbaren Charakteren (vor allem Akane sagt mir als Protagonistin sehr zu, und Kougami mausert sich langsam vom Spike Spiegel-Klon zu etwas was man verdammt guten Hardboiled-Detective-Charakter nennen darf), den zahllosen Anspielungen auf andere Sci-Fi-Werke (Johnny Mnemonic <3) und endet im Endeffekt mit der arschgeilen Prämisse, die sich irgendwo einpendelt zwischen Snow Crash (Kriminelle in einem Internet-artigen Konstrukt, die auch in der realen Welt extrem viel Scheiß bauen), Blade Runner (Mix von Noir-Detective Stories und Sci-Fi) und Minority Report (von wegen "Erkennen von Kriminellen bestenfalls bevor sie was kriminelles anstellen" anhand ihres Stimmungs-Ablese-Geräts, dem titulären Psycho-Pass). Und dann noch dieser Spritzer Spaghetti-Western mit dem ganzen Enforcer-Ding, die eigentlich "Kriminelle" sind aber trotzdem der Polizei helfen (müssen), Verbrecher zu jagen. Und der Dominator dürfte wohl mit Abstand eine der coolsten Waffen sein die bis jetzt in einem Anime aufgetaucht sind - dominiert sowohl die Kriminellen als auch die, die die Kriminellen richten sollen. Und dazu dann noch der visuelle Stil, FUCK wie guuuuuuuuuuuuuuuut!
Alles in allem: Geiles Konzept, soweit (bin bei Episode 7) extrem gute Ausführung.
Edit: OH GOTT GIALLO! DIE SERIE VERWANDELT SICH GERADE IN SUSPIRIA! WIE GÖTTLICH!
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Geändert von T.U.F.K.A.S. (29.01.2013 um 19:18 Uhr)
word. Im kleineren Rahmen kann man auch schon in existenten Gesellschaftsformen seltsame Sachen beobachten. Das fängt schon bei Mobbing auf offener Straße an. Ich glaube, das ZDF hat mal einen Versuch gemacht und an einer belebten Einkaufstraße vier Männer den Rucksack einer Frau (alles Schauspieler natürlich) herumwerfen lassen. Es war ganz klar als Mobbing und kein Akt unter Freunden dargestellt. Es hat an die sieben Minuten gedauert, bis jemand etwas gesagt hat. Gestarrt wird natürlich da und dort trotzdem.
Oh und dann gab es Kitty Genovese.
Zitat
On March 13, 1964, Kitty Genovese was assaulted as she made her way from a parking lot to her apartment in Kew Gardens. When he was arrested, Mr. Moseley confessed to the police that he had set out that night to find a woman to kill, that he had stalked Miss Genovese and that, after sticking a knife into her 17 times, he had returned to sexually attack her.
It soon became clear that any number of neighbors had heard the woman's screams or seen her attacker, and it became a widely accepted fact that no one had so much as telephoned the police. Thus, the outrage over the murder itself eventually was dwarfed by the sense of regret and embarrassment about a city's collective failure of will. The Kitty Genovese Syndrome became an entry in sociology textbooks.
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Zitat von csg
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Ich kann dir da nur zustimmen. Shit is going down.
Others have uncovered that this incident was likely inspired by the murder of one of Urobuchi’s colleages at Nitroplus who was tragically murdered in an Osaka street at 1 in the afternoon, all while crying for help.
Eigentlich sind das keine seltsamen Sachen, sondern ganz normales Verhalten(sonst wäre es ja nicht überall so und würde nicht so oft auftreten). Ich kannte das als Bystander-Effekt, im dt. auch Zuschauereffekt. Genau das, was oben auch als Genovese-Syndrom bezeichnet wird. Da gibt es in der Sozialpsychologie Erklärungen dafür.
Others have uncovered that this incident was likely inspired by the murder of one of Urobuchi’s colleages at Nitroplus who was tragically murdered in an Osaka street at 1 in the afternoon, all while crying for help.
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Oh, das ist definitiv interessant! Danke fürs Posten.
Zitat von Luthandorius2
Eigentlich sind das keine seltsamen Sachen, sondern ganz normales Verhalten
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Ich meinte "seltsam" im Sinne unserer gesellschaftlichen Erwartungen. Es erscheint doch grauenhaft zu glauben, dass Leute so ignorant sind. Sicher meinen die meisten, die von solchen Fällen hören, dass es ihnen anders ergangen wäre. Dass sie eingegriffen oder wenigstens die Polizei gerufen hätten. Die Nachbarn im Genovese-Fall wurden danach natürlich hart von anderen verbal angegriffen.
Eigentlich sind das keine seltsamen Sachen, sondern ganz normales Verhalten(sonst wäre es ja nicht überall so und würde nicht so oft auftreten). Ich kannte das als Bystander-Effekt, im dt. auch Zuschauereffekt. Genau das, was oben auch als Genovese-Syndrom bezeichnet wird. Da gibt es in der Sozialpsychologie Erklärungen dafür.
Ich halte es da mit Terry Pratchett und nenne es den "Somebody Else's Problem"-Effekt: Je lauter und auffälliger eine Sache passiert, desto eher findet im Gehirn die Assoziation statt: Das hier ist öffentlich, also ist die Öffentlichkeit verantwortlich. Da aber jeder Bestandteil der Öffentlichkeit ist, ist es niemandes Problem allein.