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Ehrengarde
Noahs Augen wurden groß, als Tess ihm das Messer überreichte. "Oh" hauchte er andächtig, "Das ist wirklich wirklich für mich?", er schloss seine kleinen kräfigen Finger darum und hielt es wie einen Schatz. Im nächsten Moment hing er an Tess, die unter dem Gewicht ächzte. Joshua trat dazu und umarmte die Ärztin ebenfalls.
"Vielen Dank für alles! Wir sehen uns dann ja in Irland, nicht? Stimmt doch, oder?" Zu ihrer Überraschung bemerkte Tess, dass Noah weinte. "Ich werde euch alle so vermissen!"
Er hielt sie noch eine Weile fest und raste dann zu Clover, die glücklich neben Ian stand. Clover, die erste Person, die ihn in Sanders Unterschlupf angesprochen hatte. Sie hatten danach keinen Kontakt mehr miteinander gehabt, aber diese freundliche Geste würde er ihr nie vergessen.
Noah umarmte erst Clover und dann der Vollständigkeit halber auch Ian auf Bauchnabelhöhe. "Ich wünsche euch alles alles Gute! Ich hoffe, wir sehen uns wieder!" unter Tränen lächelte er zu den beiden hoch. "Danke für die Schokolade", wisperte er. Dann rannte er wieder zu den anderen.
Josh lächelte Tess dankbar an und wandte sich dann Léo zu, die sich verabschiedet hatte und nun auf die kleine Gruppe um Alistair zuhielt. Sie hatte ihre Spange gelöst und die braunen Locken wehten im Wind wie ein Schleier. In Joshs Kopf formte sich die Erkenntnis, dass sie jetzt wirklich bei ihnen bleiben würde und das erfüllte ihn mit großer Freude. Er nahm ihre Hand und winkte Niki zu, der noch etwas unsicher herumstand. Alistair nahm das Funkgerät entgegen, dass sie hoffentlich alle in Sicherheit bringen würde. Joshua hielt Léos Hand noch etwas fester.
Sie hatten es wirklich bis hier her geschafft. Sie würden nach Irland gehen, mit diesem verrückten, großartigen Kerl, der sich Alistair nannte. Er würde auf sie aufpassen, daran zweifelte Josh keine Sekunde. Auch wenn er sich ein wenig Sorgen darum machte, ob drei Kinder auf Dauer nicht ein bisschen viel waren für einen Mann, der den Großteil seines Lebens in Freiheit und Einsamkeit verbracht hatte. Trotzdem, niemand könnte sie besser verstehen als er und der Ire hatte mehrfach bewiesen, dass er sein Wort hielt.
Und dann waren da ja auch noch Léo und Noah und er. Sie konnten gegenseitig auf sich aufpassen, das hatten sie bewiesen. Noah und er hatten den Weg zu Sanders Unterschlupf ganz alleine bewältig, ja, sie waren schon groß! Und wenn Alistair ihm erst einmal das Kämpfen beigebracht hatte und Noah ein richtiger Handwerker war, dann waren sie noch größer.
Und zur Not würden die drei eben auch mal ein bisschen auf Alistair aufpassen. Auch Erwachsene brauchten das manchmal. Ein bisschen. So, dass sie es nicht direkt als Hilfe erkannten. Eine Umarmung, der richtige Satz im richtigen Moment... machmal musste man sie an Dinge erinnern, die man mit dem Erwachsenenalter vergaß. Wie man aus einem Baum einen Dschungel macht, zum Beispiel, oder einen Kuchen aus Sand. Wie aus einem Stock ein Schwert werden konnte und warum Kuscheltiere trösten können.
Sie würden Alistair daran erinnern, wenn er es brauchte und er würde es verstehen.
Josh spürte, wie Noah seine freie Hand nahm, noch feucht von den Tränen, die er sich aus dem Gesicht gewischt hatte und die Brüder lachten leise, vor Vorfreude, vor Aufregung und vor Hoffnung.
Es war das erste mal seit vielen Tagen.
Geändert von Ty Ni (08.09.2012 um 20:04 Uhr)
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