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Legende
Immer noch an den Schranken, mit dem Rücken zur Deckung bietenden Mauer
Alistair stand ganz in ihrer Nähe und durchsuchte die Toten, die sie schon gefleddert hatte. Alistair war mit Axel da draussen gewesen. Alistair... wusste vielleicht wie der Mann gestorben war, dessen letzte Worte „Verräter“ gewesen waren. Sie blickte den Iren mit dem Herz für Tiere und Kinder und Alkohol nun mit andren Augen an. Kalkulierend. Kühl. Was er wohl vorm Flughafen gemacht hatte? Mit den Händen würde er wohl locker gegen Axel ankommen... und für einen Hieb von hinten brauchte es keine Muskelkraft. Nur ein durchtriebenes abgekartertes Spiel.
Fawyers Funkspruch unterbrach ihre Gedanken. "Hey, wenn wir hier eh krepieren kann mir vielleicht jemand helfen. Hat jemand hier Schmerzmittel?" Sie sah ihn nicht, aber seine Stimme klang ungewohnt gedrückt. Trotzdem, solange er noch sprechen konnte... diverse Schmerzmittel in drei Dosierungen lagen im Erstehilfekasten den Alistair hatte. Naja, immerhin das konnte sie durchgeben. "Schmerzmittel hat Alistair. Der Koffer mit den harten Sachen ist auf dem Dach geblieben. Ich hab nur noch Schnippelbesteck und Verbände. Schluck am besten kein blutverdünnendes Zeug, sondern die Dinger in der gelben Pillendose wo 800 draufsteht." Sie ächzte. "Und ich häng hier noch eine Weile an der Mauer ab, wenns genehm ist. Lasst mich in Ruhe Leute, mein Bein brennt auch wie Hölle." Und fühlt sich an, als würde der Teufel mich mit seiner Forke reinstechen. Yeah, stark.
Yukis Funkspruch. „Hat irgendwer Tess gesehen? Dani? Irgendwen?" Klang so, als würde die Westernheldin einfach nur nen neuen Verband brauchen. Tess schüttelte den Kopf und fletschte die Zähne zu einem bitteren Hyänenlächeln. Sie hatte Yuki drüben aufgezogen – der Arm war nicht so schlimm verletzt das er ernsthaft gefährdet war. Ein glatter Durchschuss, die Austrittwunde war nur minimal größer als der Eintritt. Aber geschont hatte sie sich nicht, obwohl Frau Dr ihr gesagt hatte, das sie es ruhig angehen sollte. Ihr Pech wenn sie jetzt aussah als hätte jemand sie in eine Autopresse gesteckt. Ausserdem hatte Alistair noch die beiden Erstehilfe-Sets. Soll doch der Kindergärtner ein paar Pflaster da draus kleben und draufpusten. Keiner lag blutend am Boden - sie würde nicht gebraucht werden.
Sie widmete sich also ächzend ihrem eigenen pochenden Bein, rollte Sanders durchgebluteten Verband vorsichtig ab und war froh das die Klemme noch saß wo sie sitzen sollte. Der Krater von einer Wunde hingegen sah aus wie aus dem „misslungene Operationen“-Katalog, der in ihrem Klo daheim lag. Mit zusammengebissenen Zähnen legte sie einen neuen Druckverband an – der aber nicht wirklich so fest war, wie sie ihn gern gehabt hätte.
Dann hoffte sie, dass entweder ein Uboot auftauchen würde, ein Rudel Tierschützer hier Robben ins Meer schieben wollten oder sie einen der Müllcontainer als Floß zweckentfremden konnte, sobald sie wieder stehen konnte und eine 3m lange Stange zum Staken finden konnte. Aber da ihr Kreislauf sich sowieso grade verabschiedete, entschloss sie sich an der Mauer sitzen zu bleiben. Vielleicht zu schlafen. Vielleicht... ihre Hand fiel auf etwas weiches. In einer Stofftasche links neben ihr lagen Bücher. Sie wusste nicht wieso, aber sie zog den Beutel zu sich heran. Ein russisch-englisch Lexikon, ein Tolstoi und „Der Meister und Margarita“. Sie blätterte. „Fühle doch, daß mit mir etwas passiert ist... Komm, komm, komm!“ / „Ja graue Haare hast du bekommen... Vor meinen Augen bedeckt sich dein Kopf mit Schnee... Ach du mein armer Kopf, der soviel ausgestanden hat! Was du für Augen hast! Leer sind sie... und deine Schultern, eine Bürde liegt darauf... verkrüppelt haben sie dich, verkrüppelt...“ / „Alles endete, und alles endet... Ich küsse sie auf die Stirn, dann wird bei Ihnen alles so sein, wie es sein muß...“
Und dann, als sie so übers Küssen nachdachte blätterte sie im Lexikon.
Nitstsa nogi – Schöne Beine.
Ein grimmiges Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht als sie ihr verkrüppeltes Bein anschaute. Das Schicksal war doch ein Penner. Aber mit dem krummen Zinken in ihrem Gesicht und der Schusswunde im Bein hatte sie zwei Andenken an zwei bemerkenswerte Menschen. Zwei Menschen, wegen denen sie einiges an ihrem Lebensentwurf würde überdenken müssen. Vielleicht. Ihr Blick fiel auf das Funkgerät. Vielleicht auch nicht.
Alistairs Blick fiel auf sie aber sie schüttelte nur wortlos den Kopf, als er sie nach dem Funkgerät fragte. "Hier, die kannst du haben.", murrte sie nur kurzangebunden. Man merkte ihr an, das sie keine Lust zu reden hatte. Ein haufen roter Lollies, den sie in einem rosa Prinzessin Lillifee Rucksack gefunden hatte, landete vor seinen Füßen. Tess hingegen versuchte Terence mit dem Funk zu erreichen, wollte aber einen Anflugort ausserhalb der Reichweite der Geschütze der Nationalgarde ausmachen. Sie wusste nicht wie, aber sie musste eine Art Floß basteln – das war zumindest ihr nächster Plan. Josh und Noah hatten es bereits einmal hinbekommen. Vielleicht schafften sie es wieder? Und wen sie noch weiter an ihrer Seite wollte, würde sie sich noch ganz genau überlegen.
Geändert von Viviane (06.09.2012 um 21:48 Uhr)
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