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Thema: [ZOOOOOmmxBIES! ] Station 7 - Garden Island Ferry Station

  1. #21
    "Was'n das für'n Ding da in deiner Tasche, Frau Doktor?"
    "Nur ein kaputtes Funkgerät. Ihr habt nicht zufällig Batterien dabei?"
    Das Funkgerät war so klobig, das Ellen, Leo und Ian die selber schonmal eins in der Hand gehabt hatten, es mit Sicherheit erkennen würden. Daher machte sie erst gar nicht den Versuch ihnen was vorzumachen. Aber das sie damit einen oder mehrere Funksprüche absetzen konnte - das würde sie noch eine Weile für sich behalten. Sie wusste nicht so Recht wieso, ausser das Axels letzte Worte ihr kalte Schauer über den Rücken jagten; aber es erschien ihr ungemein wichtig erst mehr über die neun Leute zu erfahren, die um sie herum saßen.

    Sie spürte Yukis fragenden Blick in ihrem Rücken eher, als das sie ihn wirklich sah. Ihr Funkspruch von vorhin fiel ihr wieder ein. Tess blickte zu Boden, ballte die Hand zur Faust und hieb auf den sandigen Boden ein. "Nur damit ihrs wisst, Dani hat Niki hier das Leben gerettet. Hat sich vor nen Scharfschützen geschmissen als die uns aufgespürt hatten. Also wehe dem der was über sie sagt, was ihr Andenken in den Schmutz zieht. Der bekommt meinen Stiefel in den Hintern." Damit wars raus. Sie hasste es Todesbotschaften zu überbringen. Und als sie Dobs Blick sah, ahnte sie das es auch nicht grade eines seiner Lieblingshobbys war über den Tod zu sprechen. "Was ist mit den anderen? Warten wir oder können wir weitergehen?" Tess fragender Blick traf Fawyer und Dob. Denn auch Ethan und Andris waren nicht zurückgekommen. Und sie wollte wenigstens wissen wieso.

  2. #22
    Ian saß in der großen Bibliothek über einem Buch. Er las die Bücher so oft es ging hier durch. Was sollte er zu Hause? Da würde er eh nur dabei zuhören, wie sein Vater sich wieder mit einer seiner neuen Freundinnen stritt. Der Weg zur Bücherei war der einzige, den er in den letzten Wochen gegangen war. Seit seine Mutter nicht mehr da war, hatte er nicht zu viel Lust. Die Schule besuchte er sowieso nicht mehr und er war - in diesem Punkt - froh, dass sein Vater sich so wenig um ihn scherte, ihn nicht entgegen seinem Willen losschickte. Er war unabhängig. Viel zu früh. Weil er durch seine behütete Kindheit nie gelernt hatte, unabhängig zu sein.

    An diesem Tag war - wie den Tag zuvor auch schon - seine Lieblingsabteilung in der Bücherei wegen Umbauarbeiten geschlossen; die mit den tollen Fantasy-Büchern. Sie waren teilweise brutal und seine Mum hätte sie ihn garantiert nicht lesen lassen, aber nichts konnte ihn weiter wegbringen von dieser Welt, die ihn nicht mehr interessierte. Nichts ließ ihn für eine bestimmte Zeit so abtauchen in Geschichten, die traurig sein konnten - aber niemals so traurig wie die Realität.

    Nachdem er das seltsame wissenschaftliche Werk von Howard Gardner, der über multiple Intelligenzen schrieb, weggelegt hatte, griff er recht wahllos nach einem weiteren Buch mit dem einfachen Titel Die größten Zitate. Nach den ersten Seiten, recht langweiligen und - wie er fand - nichtssagenden Zitaten wollte er es eigentlich schon wieder weglegen, als die alte Frau vom Empfangstresen von hinten an ihn herantrat und ihn mit einem warmen Lächeln eine Tasse Kakao auf den Tisch stellte. "Damit du nicht verhungerst!" Er erwiderte das Lächeln. "Danke!" Er stand auf und klappte das Buch zusammen. "Oh, oh... nein, Ian - warte!", sagte sie und grinste vielversprechend. "Was'n, Bücheroma?" "Du solltest das noch mal kurz dabehalten. Da drin ist ein ganz tolles Zitat! Das wird dir bestimmt gefallen." Er sah sie zweifelnd an. "Also bis jetzt..." - "Glaub mir. Das Zitat passt zu dir!"

    Er übergab ihr das Buch und sie schlug zielsicher eine Seite auf, blätterte nur eine weiter. Es war unglaublich, wie gut sie jedes einzelne der Bücher hier kannte, fast unmöglich. Aber so alt wie sie war, hat sie bestimmt auch eine ganze Zeit hier verbracht. Sie legte das Buch zurück auf den Tisch und tippte darauf.

    I am determined to be cheerful and happy in whatever situation I may find myself. For I have learned that the greater part of our misery or unhappiness is determined not by our circumstance but by our disposition. ~ Martha Washington ~


    Ian stand da und blickte auf die Umrisse des Schiffs, welche sich am Horizont abzeichneten. Seine Hand hielt, nach wie vor, die von Clover, fast instinktiv, ohne, dass er sich daran erinnern konnte, nach ihr gegriffen zu haben. Das Zitat aus dem Buch von damals war in seinem Portemonnaie in dem Rucksack, der ihn so lange treu begleitet hatte, den er auf dem Dach lassen musste. Er hatte nichts mehr - und doch so viel. Was hatte ihn hierher gebracht? Was hatte ihn zu dem gemacht, der er war? Nachdem er dieses Zitat gesehen hatte, war alles anders gewesen. Er wurde selbstbewusst und irgendwie auch interessant für andere.

    Die Highschool-Zeit würde bald vorbei sein und es begann die Phase, in der sich die Mädchen tuschelnd in kleinen Grüppchen versammelten und sich irgendwie seltsam verhielten. Auch die Typen waren aufgeregt und redeten unter sich offen darüber, wen sie sich als Begleitung für den Abschlussball wünschen würden und erfanden seltsame Ausreden dafür, warum sie die jeweiligen Mädchen noch nicht gefragt hatten. "Was' mit dir, Burrows? Hast' die Kleine aus'm Debattierklub gefragt?" - "Ach was! Burrows macht sich die Schnecke.. äh, Rebecca... aus'm Cheerleader-Team klar." Vor seiner Nase tanzte Clyde seltsam und stieß seine Fäuste halbrhythmisch in die Luft, als würde er PomPoms in ihnen halten, rief dabei "Iiiiiiii - An.... Iiiiiiiiiiii - An .... Iiiiiiii - An!" Ian grinste und auch Kevin lachte kurz auf, schüttelte dann aber mit dem Kopf. "Ernsthaft, Burrows. Ich versteh' diese Schule nicht. Ich bin im Football-Team, Clyde hat den reichen Dad und DU nimmst uns die Frauen..." - "Ich nehm gar nichts..." - "Ah... psch... ich meine, du könntest, wenn du dir mal Eier wachsen lassen würdest. Keine Ahnung wieso - aber die Frauen hier stehen wohl auf den genialen Superbrain-Typen von nebenan." - "Halt die Fresse, Kev!" - "Ich sag's ja nur." - "Du sagst viel."

    Wenig später saß er im Unterricht und wurde aus seiner Konzentration gerissen, als Rebeccas Fingerkuppen auf seine Schulter tippten und ihm ein kleines, zusammengefaltetes Blatt auf den Rand seines Tischs legten. Er entfaltete das Papier und las. Are you going to ask me? Er neigte seinen Kopf zu der Cheerleaderin und sah sie fragend an. Sie grinste und formte mit den Lippen das Wort prom. "Ich dachte, du gehst mit Eric?" - "Vielleicht... wenn du nicht mit mir gehst!" - "Eh... was?! Ich kann doch Eric nicht..." - "Was jetzt?" - "Ich überleg es mir, okay?"

    Als die Klingel läutete, verließ Rebecca sehr schnell die Klasse. Sie war offensichtlich verärgert. Doch bevor Ian genauer nachdenken konnte, hörte er Shelley, die nun neben ihm stand. "Ich hab' das gerade gehört... du gehst doch nicht wirklich mit ihr, oder?" - "Ehm... ich denke nicht, wieso?" - "Ich dachte, du fragst mich!" - "Achso, ich... ehm... möchtest du?" - "Ja!" Sie lächelte und ging.


    Loyalität. Loyalität war eine Eigenschaft, die Ian sehr schätzte, die er auch an Shelley geschätzt hatte. Und er war selbst so loyal gewesen, wie er konnte. So loyal, dass er sich Gefühle für sie eingebildet hatte, weil er glaubte, dass sie das doch verdient hätte. Gefühle verdienen? Ein Grinsen huschte über sein Gesicht. Für ein Superbrain bist du ein ziemlich großer Idiot. Aber nichtsdestotrotz - er hatte die Zeit genossen, die er gelebt hatte, nachdem er das Zitat las. Er war ein anderer Mensch geworden, ein Mensch, für den sich die Leute interessierten. Bis zu diesem Tag.

    "DU SCHWEEEEEEIIIIIIN... DU WICHRGHGH!!!" Seine Schreie verstummten, als sich zwei Hände ruckartig an seine Schultern legten und er von einem weiteren Paar Armen in den Schwitzkasten genommen wurde. "Ichhhh.... lasst... lasst mich! Er hat... Megchhh.... Megchhhh.... ist Megan...ochhhhhckck?" Das Adrenalin pumpte durch seinen Körper, eine Faust traf ihm im Gesicht, er stürzte zu Boden, lag hyperventilierend da... "Er...ich....ich....ich....ich....muss....ich....musste..."

    Er musste nicht. Er hätte es damals anders regeln können. Er hätte Megan befreien und dem Kerl eine lebenslange Haft bescheren können. Vielleicht wäre das die größere Strafe gewesen. Ian hatte am eigenen Leib erfahren, wie man behandelt wird, wenn man im Knast ist und für einen Pädofilen gehalten wird. Er wusste, was für eine Tortur das sein konnte, welche Qualen man durchleiden musste. Und doch - er hatte es überlebt. Merkst du was, Ian? Das Lächeln schien sein ganzes Gesicht auszufüllen. Er wusste gar nicht, dass in seinem Gesicht so viel Platz war. Butterfly Effect.

    Seine Mutter war gestorben, doch das machte ihn stärker und selbstbewusster.
    Er war seinem Vater egal, doch das machte ihn freier und unabhängiger.
    Er hatte einen Menschen umgebracht, doch entdeckte wertvolle Gefühle wie Reue und Schuld in sich.
    Er wurde verprügelt und missbraucht, war durch die Hölle gegangen, doch es härtete ihn ab.
    Er landete in einer apokalyptischen Welt, sah Menschen sterben und wurde verachtet, doch er wurde auch geliebt. Und er liebte.

    "Hey, wenn wir hier eh krepieren..."

    "Also, die Lage sieht wohl so aus, dass wir sterben werden."

    Nachdem diese Worte eine Weile durch seinen Kopf gegangen waren lachte er. Aus heiterem Himmel. Es ist die Einstellung. Scheiß auf die Umstände. Das pure Glück sprach aus ihm.

    "Leute, ich will euren depressiven Mist nicht hören! Das hier ist nicht das erste Mal, dass wir in der Klemme stecken. Also reißt euch gefälligst zusammen und lasst uns hier verdammtnochmal rauskommen. Es gibt immer einen Weg!" Es war ihm eigentlich egal, was er sagte. So, wie er vor Freude, Lebenslust und Motivation sprühte, hätte er auch mathematische Formeln emotional und tiefsinnig erklären können. Oder Alistair glaubhaft seine Liebe gestehen können. Oder einfach allen. "Ich liebe euch!" Was?

  3. #23
    "Leute, ich will euren depressiven Mist nicht hören! Das hier ist nicht das erste Mal, dass wir in der Klemme stecken. Also reißt euch gefälligst zusammen und lasst uns hier verdammtnochmal rauskommen. Es gibt immer einen Weg!"

    Irgendwie fühlte sich Fawyer wieder etwas besser. Seine Laune war immer noch so grau wie ein Film von Orson Welles, aber ohne die Schmerzen war es ein leicht ausgebleichter Film, wo die Schwartztöne nicht so hervorstachen. Die kläglichen Reste seines Hemdes und Sakkos hatte er abgelegt und saß nur mit nacktem Oberkörper und spürte die frische Morgenbriese von Sydney, frisch im Sinne der Temperatur, der Fäulniss Gestank kratzte an dem Bild etwas. Trotz der Morgenstundes war die Stadt recht hell erleuchtet, teils wegen Bränden in der City, sicherlich Reste des Bombenabwurfs.

    Er fühlte sich gut genug, dass er wieder etwas humor aufbringen konnte.
    "Okay, Boss. Werden ab jetzt optimistisch sein. Ich und Yuki warten dann auf ein magische Funkgerät, dass zufälligerweise genau mit dem Schiff verbunden ist und die dann genau hierfinden. Ich packe schonmal meine Koffer, will ja nicht unvorbereitet von einer Apokalypse in die nächste geraten."

  4. #24
    Clover hatte eine Weile einfach nur dagestanden und stumm aufs Meer hinaugeblickt. Hinter ihnen lag Sydney in Trümmern, aber wenn man in die aufgehende Morgensonne blickte, ein wenig die Luft anhielt um den Gestank nach Verbranntem und Tod auszublenden und die schmerzenden Glieder ignorierte, hätte man meinen können, es wäre ein wunderschöner Morgen. Wie ein Neuanfang.
    Aber da waren keine Schiffe mehr und nichts, das ihren weiteren Weg ebnen hätte können. Trotzdem verspürte die Sängerin keine Angst. Sie hatte Ian angesehen und erkannte kein Anzeichen von Sorge in seinen Zügen. Seine Hand war warm und hatte ihre sanft umschlossen - da war kein Zittern, keine Suche nach Halt. Ian war vollkommen ruhig und das gab ihr genug Zuversicht, um frei von Angst zu sein.

    Nach einer Weile löste Clover sich von Ian, der immer noch vollkommen in Gedanken versunken schien, und zog die unglaublich kratzige Uniform aus. Achtlos ließ sie diese auf den Boden fallen, aber nicht ohne davor noch die Innentasche auszuräumen. Nach einem kurzen, erleichterten Blick auf die Sonnenbrille, die Léo ihr geschenkt hatte, sah sie sich um. Die Menge war überschaubar geworden. Nicht nur Riley, Helena und der Priester waren nicht mehr da. Die Hippie-Frau fehlte, genauso wie Andris und der Typ, der immer bei Isa rumgehangen war.
    Als Tess,die ordentlich mitgenommen aussah, in Sichtweite kam und irgendwas mit Dob und Alistair zu besprechen schien, wurde es fast grausame Gewissheit. Keine der fünf Gruppen fehlte mehr, aber Einzelne blieben verschwunden. So oft sie auch noch durch die Runde blickte, es gab niemanden mehr, der noch hinterherzukommen schien.

    Irgendwann fiel Clovers Blick auf Niki, der etwas Abseits von Léo, Noah und Josh stand, die sich offenbar irgendwoher Lollies organisiert hatten. Gut. Die drei sahen mitgenommen aus, schienen für den Moment aber in Ordnung zu sein. Niki hingegen wirkte vollkommen fertig und er zitterte und schüttelte sich, als würde er weinen.
    "Alles in Ordnung?" Wieder diese dumme Frage. Natürlich war nicht alles in Ordnung. Niki reagierte erst nicht, als Clover an ihn herantrat und starrte nur auf den Boden. "Hey, kann ich irgendetwas-" "...sein sollen." "Was?" Der Junge schien irgendetwas vor sich hinzumurmeln, aber die Sängerin konnte ihn einfach nicht verstehen. "Magst du das nochmal wiederholen?"
    "I-ich..hätte das sein sollen. Warum zum Teufel ist SIE es?" Es war das erste Mal, dass Clover ihn so flüssig und aufgebracht sprechen hörte. "D-Dani... w-warum hat sie...?" Zahlreiche Tränen tropften nun von Nikis Nasenspitze - weil er immer noch nach unten starrte - auf den Boden. Er schluchzte leise noch ein wenig vor sich hin, bis Clover auch wirklich verstanden hatte, worum es ging und schließlich nahm sie den Jungen in den Arm. Er ließ einfach nur schlaff seine Arme hängen und ließ es geschehen.

    "Du darfst traurig sein, aber du darfst niemals denken es wäre besser gewesen, wenn es dich erwischt hätte." Es fiel Clover schwer, die richtigen Worte zu wählen, denn sie selbst würde sich auch nicht anders fühlen als Niki. Es war aber der falsche Weg. "Es war Danis Entscheidung, dich zu retten. Sie hat entschieden, dass du es wert bist, beschützt zu werden. Sie wollte, dass du lebst. Und wenn dich das ärgert, machst du Dani damit traurig." Sie strich Niki übers Haar und lächelte ihn an. "Das willst du bestimmt nicht, oder? Du musst jetzt nicht sofort Luftsprünge vor Freude machen, aber du darfst dir nicht einreden, dass du es nicht verdient hättest, zu leben. Die Sache mit Dani soll dir nicht das Gefühl geben, dass es dich erwischen hätte sollen, sie soll dir das Gefühl geben, dass es Menschen gibt, die dich als wertvoll ansehen." Sie drückte den Jungen nun ganz fest, als würde sie damit ihre Worte besonders untermauern. "Du bist wertvoll!" Und niemand soll umsonst gestorben sein.

    "Leute, ich will euren depressiven Mist nicht hören!"
    Clover hatte den Empfänger des Funkgerätes nicht im Ohr, konnte Ian aber auch ohne noch gut hören, da er ja nicht allzu weit entfernt stand. Offenbar hatte er seine Gedankengänge nun abgeschlossen.
    Das hier ist nicht das erste Mal, dass wir in der Klemme stecken. Also reißt euch gefälligst zusammen und lasst uns hier verdammtnochmal rauskommen. Es gibt immer einen Weg!"
    Das war es. Einer der Gründe, warum sie ihn liebte. Die Fähigkeit, mit wenigen Worten so viel Hoffnung und Zuversicht zu geben, ohne dabei lächerlich zu wirken.
    "Ich liebe euch!" Okay, streich' den letzten Satz.

    Clover kicherte leise und drückte Niki noch einmal fest. "Es wird alles gut.", sagte sie nicht nur zu ihm, sondern auch zu sich selbst. Auch wenn hier kein Schiff war und niemand so genau wusste, wie es jetzt weitergehen sollte - sie würden einen Weg finden. Bisher hatte immer jemand einen Weg gefunden und auch diesmal würde es früher oder später dazu kommen. Denn sie alle wussten, dass es nicht umsonst gewesen sein konnte. Alle die ihren Weg bisher begleitet hatten, die für sie gestorben waren und sich geopfert hatten, konnten nicht umsonst umgekommen sein. So grausam konnte nicht einmal das Schicksal sein.

    Geändert von Lynx (08.09.2012 um 00:49 Uhr)

  5. #25
    Danis Tod traf Yuki wie ein Schlag direkt in die Seele. Aber nach außen hin zeigte sie sich weiterhin so souverän, wie eine Frau in dreckiger Rüstung, mit Schrammen im Gesicht, Schnittwunden an den Armen, abgetrennten Fingern, zerschmetterten Rippen und einer Schusswunde in der Schulter eben souverän aussehen konnte. Sie war noch zu emotional distanziert, um die Sache zu verarbeiten. Sie würde sich Zeit nehmen, sobald sie aus dieser Scheißsituation raus wären.

    Doch nun fragte Tess nach Ethan. Fuck. Sie hasste es.
    "Ethan ist höchstwahrscheinlich tot."
    Sie hassste es, Todesbotschaften zu überbringen. Zu oft getan, zu oft dieselben Floskeln, "Hielt bis zum Ende durch.", "Hat alles getan um seine Kameraden zu retten.", "Hat bis zuletzt nur von Ihnen geredet.", alles Bullshit. Sterben war niemals würdevoll, man konnte nur die Umstände anpassen, damit ein Leichnam mit toten Augen und vollgeschissener Hose nicht mehr ganz so abstoßend wirken würde. Es gab kein "Ich hab' dich immer geliebt.", kein "Sag' meiner Frau dass ich heute abend nicht zum Abendessen kommen werde." wie in schlechten (und guten) Hollywoodstreifen - die Kugel trifft, du stolperst ein zwei Schritte vorwärts, kippst nach vorne über und bist tot, plus ekelige Details. Kein Licht, kein Schatten, nur das abrupte Ende eines nichtmal halbwegs erfüllten Lebens. Ethan war wegen seiner Freundin gestorben. Verständlich auf eine romantische Art und Weise. Aber dumm. Sterben aus einem romantischen Grund war dumm. Und der fucking Irish Boy war ebenfalls dumm genug gewesen, um Ethan gehen zu lassen. Doch sie hielt sich zurück, dieses eine Mal würde sie sich zurückhalten und nicht ausfallend werden. Sie schuldete Alistair und den anderen diesen Anstand.

    Tess hatte kurz innegehalten vom In-den-Boden-schlagen, um ihr zuzuhören. "Er hat sich abgeseilt bevor wir das Lager attackiert haben, ging ans Ufer des Flusses zu seiner Freundin.", jetzt warf sie Alistair einen durchdringenden Blick zu. "Ging aus eigenen Stücken. Wir konnten ihn nicht von seinem Vorhaben abhalten.", dann wandt sie sich wieder Tess zu. "Haben ihn danach nicht mehr gesehen. Es tut mir leid, ich... ich übernehme dafür die Verantwortung." Sie blieb ein paar Sekunden lang einfach nur stehen und wartete auf eine Reaktion von Tess. Dob ging herum mit einer Schachtel Zigaretten. Doch jetzt zu schnorren wäre mehr als pietätslos gewesen.

    Geändert von T.U.F.K.A.S. (07.09.2012 um 12:56 Uhr)

  6. #26
    "Ethan ist höchstwahrscheinlich tot. Er hat sich abgeseilt bevor wir das Lager attackiert haben, ging ans Ufer des Flusses zu seiner Freundin. Haben ihn danach nicht mehr gesehen. Es tut mir leid, ich... ich übernehme dafür die Verantwortung." Seine Freundin? Meinte Yuki etwa Isa? Habt ihr Isabelle gesehen? Lebt sie noch?“ Alistairs Blick wurde zu einem düsteren Gewitterhimmel. „Wir hätten ihn nich abhalten können ihr die letzte Ehre zu erweisen. Aber das Mädchen war tot. Angespült. Da war was in seinem Blick, das...“ Er blickte auf Josh und Noah. Und Tess verstand. Sie war traurig. Aber sie verstand. Ethan hatte Isa nicht einfach liegen lassen können. Genau wie Alistair Abby nicht hatte liegen lassen. Die Liebe ist doch eine der machtvollsten Kräfte der Erde. Auch wenn sie uns in den Tod reißt.

    ~*~ Guns n' Roses Patience ~*~

    Tess blickte Ian nach seiner „ich liebe euch“-Nummer nur sprachlos an und langte sich mit entnervtem Stöhnen an den Kopf. Fawyers Worte waren viel sinniger. „Du hast Recht. Fang schonmal an zu packen Fawyer und komplettier deinen Anzug - wenn noch was in die Tasche geht, kannst du n paar weiße Sachen reinpacken? Vielleicht ist Terence mit dem Heli noch da draussen und wir können ein Ausrufezeichen am Boden auslegen oder sowas. Und Leute, selbst wenn wir ein Schiff kriegen – einer ist immer infiziert. Ihr habts im Hotel gesehen. Dann müssen wir vorbereitet sein.
    Tess biss die Zähne zusammen und blickte auf ihr Bein. Sie wollte nur von jemandem zugeflickt werden und schlafen. Aber das würde dauern.
    Als sie wieder aufsah stand Ellen in der Uniform vor ihr und hielt ihr einen Stapel zusammengesuchter Kleider hin. "Die Gardeuniformen sind vielleicht in der jetzigen Situation etwas zu auffällig. Wir wollen ja keinen Schießstand für unsre eigenen Leute bieten. Und die an der Mauer wissen wohl inzwischen das wir nicht zu ihnen gehören." Daran hatte sie gar nicht mehr gedacht. "Danke Ellen. Du hast Recht... schaust du das der Rest auch aus den Klamotten rauskommt?" Ellen nickte mit einem leichten Lächeln.

    ~*~

    Hugh... Clover... Ian und sie selber hatten noch die Uniformen an. Sie musterte Ian nach seiner Liebeserklärung an die Welt nur noch einmal mit abfälligem Blick - seine Stimmungshochlage ging ihr derbst auf den Zeiger. Und nach Yukis Erklärung hatte sie heftig Lust etwas oder jemanden zu schlagen. Ethan und Helena hatten trotz der Waffen nicht kämpfen wollen. Es hatte in dieser Truppe keinen Grund für sie gegeben weiterzumachen - nur einen um zurückzubleiben. Um zu sterben. Und das machte sie wütend.
    Ian, nur damit das klar ist: Für mich bist du das schwache Glied in unsrer Kette. Die Leute, die wirklich für jemanden ins Grab gesprungen sind, sind vielleicht nur deswegen tot weil wir dich hierher mitgeschleift haben. Oder sie sind tot weil sie lieber alleine gestorben sind, als mit dieser Freaktruppe weiterzuziehen. Heb dir das Sonnenscheinchen für dann auf, wenn wir aus der Hölle hier raus sind, Mann. Oder gehen dir die Toten wirklich so am Arsch vorbei wie es scheint?"
    Es widerte sie an das Ian, der selbernannte Anführer, weiter über Leichenberge schritt und dazu noch den Nerv hatte "Hakuna Matata" zu singen. Als wären diese Menschen nie da gewesen. Aber er konnte sie wohl wirklich einfach vergessen, er hatte keinen ihrer Leute sterben sehen. "Mieser Feigling.", zischte sie ihm nur zu. In einem wortlosen Anfall von kaltem Zorn verpasste sie Ian gleichzeitig mit dem Gehstock einen heftigen Hieb auf den Arm, der ihm eine Strieme beschehrte. Obwohl Alistair sie augenblicklich am Arm festhielt, damit sie nicht umfiel, hielt er sie nicht zurück. Von Ian geliebt zu werden stand wohl eher nicht ganz oben auf seiner „Dinge-die-ich-tun-muss-bevor-ich-sterbe“- Liste.

    ~*~

    Ian versuchte erst gar nicht auszuweichen oder ihr den Stock wegzuziehen, sein Arm schmerzte von dem Schlag. Aber das Grinsen ließ sich nicht aus seinem Gesicht treiben.
    Na komm, Ian! Sie hat viel getan und musste viel leiden. Sie hat die Wahrheit verdient. "Können wir kurz... ein paar Schritte...?", fragte er, fasste die Ärztin vorsichtig an ihrem Arm, was sie aber mit einem Ellbogenhieb kommentierte und selber neben ihm her humpelte. Bei jedem Schritt keuchte sie schwer und schmerzvoll auf. Als sie auf grasigen Untergrund kamen setzte er sich. "Ich glaube, dass ich Ihnen erzählen kann, was seit einer Woche in meinem Kopf vorgeht. Wollen wir uns setzen? Meine Beine sind... und Ihre wahrscheinlich auch..." Tess legte nur den Kopf schief, abwartend stützte sie sich schwer auf den Gehstock. Sich hinzusetzen tat mehr weh als zu stehen.
    "Also... ich hoffe, Sie können mir folgen!", begann er und ließ die vergangene Woche vor seinem geistigen Auge an sich vorbeiwandern. "Du." Ian blickte kurz auf, als die Ärztin ihm ins Wort fiel. "Junge, wenn du mich nochmal siezt hau ich dir das Ding nochmal auf den Arm. Tess. Nochmal stell ich mich nicht vor. Also... erzählst du mir jetzt nochmal das deine Eltern dich nicht lieb hatten und das dein Heldenkomplex total verständlich ist und das du nur ne Waffe brauchst um den Posten dahinten alleine auseinanderzunehmen?" Er lächelte wieder und fuhr unbeirrt fort. "Ich hatte einen langen Flug hinter mir, war fix und fertig, als ich hier in Sydney ankam und wir uns alle in D52 trafen. Deswegen war ich nicht in der Lage dazu, irgendwelche sinnvollen Entscheidungen zu treffen. Was Isas Wahl angeht - es war blöd, ja, aber ich war nicht der Einzige mit dieser Idee." Er sah kurz hoch, in das Gesicht der Ärztin, als die grade die Augen verdrehte als er wirklich anfing alles von vorne aufzurollen. "Ich wusste nicht, wie gefährlich das alles wirklich war. Aber dann... dann kamen wir zum Schrottplatz. Wir hatten gesehen, was die Bedrohung ist. Die Zeit im Flughafen hat mir genug Möglichkeiten gegeben, um einen Eindruck von der Gruppe zu bekommen, mit der wir unterwegs sind. Als Isabelle dann an ihrem Anführertum zweifelte, wusste ich, was ich zu tun hatte." Er lachte kurz auf.
    "Ich schätze mich selbst viel besser ein, als die meisten - inklusive Ihnen - hier glauben. Ich hatte für diese Gruppe nie etwas zu bieten." Nun... das konnte vielleicht doch ganz interessant werden. Tess Blick schwenkte von "genervt-und-geh-sterben" auf "mach hin und spucks aus" um.
    "Ich bin kein Kämpfer, bin nicht schnell oder wendig und alles andere als geschickt. Ich hab 'nen ungewöhnlich hohen IQ und eine positive Ausstrahlung, die auf manche Menschen wirkt... und manche Menschen abstößt." Tess Hyänenlachen bellte kurz und leise durch die Luft bei den letzten Worten. Ja, das wurde jetzt wirklich interessant.
    "Ich bin viel belangloser als jeder andere aus dieser Gruppe." Das Lächeln auf seinem Gesicht wurde nicht weniger. Warum auch? Wir sind so weit gekommen. "Ich halte nichts von Anführern. Mir war aber bewusst, dass die Gruppe einen haben wollen würde... früher oder später. Also hab ich mich gemeldet. Nicht, weil ich glaubte, jemals ein guter Anführer sein zu können, sondern weil ich wusste, dass keiner der anderen Anführer sein konnte oder durfte. Wir haben beschränkte Haudrauf-Idioten, berechnende Pläneschmieder und Unschuldige. Ich war gar nichts davon, stellte nichts dar und war deswegen aus vielen Gründen am geeignetsten."
    Tess knurrte als er die "Haudrauf-Idioten" erwähnte. Es war ihr egal, wenn er sie beleidigte. Aber die Kämpfer waren es gewesen die sie alle vor allem zusammengehalten hatten und hier raus gebracht hatten. Auch Dob, Abby und Andris hatten soviel für sie alle getan. Geflickt, was zu flicken war. Einen Weg gebahnt, bis einige wenige den Himmel wieder sehen konnten. Ian... er war sich nicht bewusst wie viel er den Toten schuldete. Und je mehr er von sich selbst sprach umso mehr sank er unter ihre Einschätzung von "Idiot" hin zu "Schießbudenfigur".

    Geändert von Viviane (07.09.2012 um 17:23 Uhr)

  7. #27
    Er fuhr sich durch die Haare und warf einen Blick auf die Umgebung. Trotz der vielen Leichen wirkte alles so unbedrohlich und harmonisch im Morgenlicht. "Egal, wer den Posten übernommen hätte. Früher oder später gibt es durch Gruppendynamik immer Teile, die unzufrieden sind und den Anführer los werden wollen."
    Ja, klar die Rebellion der Gartenzwerge oder was? Wir hätten sicher Zeit dafür gehabt das durchzuziehen. Nicht. Idiot. Ich hätte ihn statt Dani vermöbeln sollen. Statt Dob. Beide Male. Ihm hätte das sicher was gebracht. Lebenserfahrung, yeah.
    "Also ist es das einzig Richtige, denjenigen für den Posten zu verpulvern, der sowieso nichts beizutragen hat. Ich habe in der letzten Woche NIE eine wichtige Entscheidung getroffen... weil DAS meine Entscheidung war. Ich wollte die Gruppe vor Entscheidungen schützen, die irgendein Anführer impulsiv aus Wut, Angst oder sonst irgendeinem Motiv treffen würde. Für die einen war ich der Held, ohne wirklich etwas dafür getan zu haben. Aber sie brauchten eine Figur, von der sie glauben können, dass sie ein Held sei. Für die anderen war ich als feiger Kindergärtner ein Feindbild, ohne jemals schlechte Dinge getan zu haben. Aber diese Leute brauchten dieses Feindbild - und ich habe eine Vergangenheit, die mir beigebracht hat, als Feindbild zurechtzukommen, ohne daran kaputtzugehen... auch wenn es natürlich nicht immer einfach ist." Wieder ein kurzes Grinsen. Ja, toll Junge, du kannst dich jetzt weiter selber beschulterklopfen. Aber hei, ohne mich. Tess drehte sich bereits halb um um den jungen Mann einfach sitzen zu lassen. Dann sagte er, worauf sie wirklich gewartet hatte. Und sie blieb stehen.
    "Es sind viele Menschen gestorben - und das tut mir ehrlich Leid."
    Sie blickte ihm in die Augen. Aber er lächelte immer noch, seine Augen lächelten immer noch, er gestikulierte wie wild im sitzen und der kurze Moment dauerte nur zwei Wimpernschläge lang, dann kehrte er wieder zurück zu dem was ihm am wichtigsten schien: "Über-Ich" "Ich" und "Es". Ganz toll.
    "Aber ich kann mich davon nicht runterziehen lassen, weil mich das kaputt machen würde. Menschen sterben immer, in diesen Tagen mehr als sonst. Und diese Menschen waren mir wichtiger als andere - einfach, weil ich sie kannte."
    "Davon merkt man nicht viel.", stellte sie mit Grabesstimme fest.
    "Ich zwinge mich dazu, das Positive zu sehen. Und das Positive ist, dass ein paar der Menschen noch leben und ich mir aus irgendeinem Grund sicher bin, dass wir es hier raus schaffen werden und ein neues Leben an einem Ort anfangen, der von dem ganzen Scheiß unberührt ist."
    Er erhob sich und lächelte wieder. Selbstgefälliges Grinsen, das vergeht dir wenn ich dich hier lasse. Penner. "Vielleicht hört sich das für Sie arrogant an, aber... ich glaube, dass durch die ganze Anführersache - durch meine Entscheidung - die Dinge besser gelaufen sind, als es sonst der Fall gewesen wäre."
    Genug. Tess blitzte ihn wütend an. Und ihr Blick hätte wirklich jemanden töten können. Aber dazu war sie sich zu schade. Sie würde ihn zusammenbinden und hier im Kai verrotten lassen. So ein anmaßendes feiges Jüngelchen. Ihre Hand krallte sich um den Lauf des Gewehrs, bis sie weiß wurde. Sie war stinksauer. Aber Ian redete munter weiter, berauscht von sich, seiner großartigen Arbeit für das Volk und all den Lügen die er solange aufrecht erhalten würde, bis sich die Gelegenheit bot den übrigen seine moralische Flexibilität zu zeigen.
    "Für die Intensität der Situationen, in denen wir uns befanden, sind relativ wenige aufeinander losgegangen. Das sind nur Spekulationen - aber ich weiß nicht, was möglicherweise passiert wäre, wenn Alistair seine Wut nicht an meinem Gesicht hätte auslassen können." Wieder ein spontanes Auflachen. "Oder wenn Sie... ich meine du... nicht meinem Bubbles den Kopf abgeschnitten hättest. Die Umstände sind scheiße - aber meine Einstellung ist: Es hätte schlimmer laufen können. Auch, wenn Miss McAldrin den Glatzköpfigen geopfert hat und... irgendwer Axel auf dem Gewissen hat."
    Ian spürte, wie sich der Blick von Tess veränderte. Sie starrte nachdenklich auf seine Schuhe. wenn Alistair seine Wut nicht an meinem Gesicht hätte auslassen können. Ich hab doch genauso gedacht. Eine Zielscheibe darstellen. Wenn man sonst nichts tun kann, wenigstens die Aufmerksamkeit, die Wut der andren auf sich selber lenken. Wäre, wenn Niki nicht in ihrer Truppe gewesen wäre und Dani zurückgeblieben wäre, sogar das Risiko eingegangen alleine mit Helena den Wachposten zu durchschreiten. Nachdem sie ihr klar und deutlich gesagt hatte, was sie von Verrätern hielt. Damit sie den Krüppel niederschießt und kein unschuldiges Kind. Damit die blinde Wut ein Ziel findet. Hatte Ian wirklich soweit gedacht? Sie blickte ihn mit andren Augen an. Abschätzend.
    "Apropos! Auch ich hätte jemanden sabotieren können. Die Gelegenheiten dazu gab es oft und es wäre einfach gewesen, weil keiner etwas gemerkt hätte. Aber ich hab' es nicht getan, weil ich nur der knuffige, süße Kindergärtner bin, dessen Hemmschwelle durch den Mord damals nicht gesunken, sondern nur noch mehr gestiegen ist. Und ich bin inzwischen ziemlich stolz darauf, dieser Mensch zu sein." Tess Griff löste sich von der Waffe, die um ihre Schulter hing. Sie blinzelte. Einmal. Zweimal. Dann legte sie ihre Hand auf seine Schulter und klopfte dreimal mit Nachdruck darauf. "Das hast du aber fein gemacht. Guter Junge. Komm, vielleicht haben die Kids noch nen Lolli für dich." Sie grinste ihn kurz an, was aber mit dem blauen Auge ziemlich schaurig aussah. Dann humpelte sie zurück zu den andren, vorbei an Fawyer der zwischen den Koffern nach Kleidung suchte und eben einen schicken Anzug fand. Im weggehen redete sie weiter mit Ian, was ihn dazu zwang hinter ihr her zu laufen. "Und Ian? Das nächste Mal wenn du mir deine Gedankengänge aufschwatzen willst, spar dir den Ausflug auf den Grünstreifen und red einfach nur. Mein Bein tut scheißeweh. Nur falls dir das nicht aufgefallen ist, während du dich in deinem Spiegelbild bewundert hast."
    Zurück bei den andren murmelte sie nur. "Alistair wars nich. Ian wars nich. Dob wars nich. Die Sache mit Axel bleibt wohl für ewig ein Rätsel, ausser einer von euch würde gern ne Beichte ablegen. Aber für heute hab ich genug Sherlock gespielt, will wer übernehmen? Und ist noch was von den Schmerzmitteln da oder haben Yuki und Fawyer alles vernichtet?"
    Dob saß megaentspannt mit Sonnebrille und weißem Shirt wie eh und je am Boden. Mit einem Joint. Hölle ja. Tess ließ sich mit dem Rücken an seinem Rücken nieder und griff nach hinten, als er ihr den Joint reichte. "Hallo Doc. Die Spannung zwischen dir und Ian könnte man eventuell nutzen um den Akku von dem Funkgerät aufzuladen. Lässt du mich dran basteln? Die Kutter dahinten taugen nichtmal für Feuerholz." "Vergiss es Dob. Meine Spannungen halten mich über Wasser, was würd ich denn tun wenn ich keinen mehr von euch anzicken könnte?" "Naja, ich wüsste da so einige... Stellungen..." Er verschluckte sich vor dem leise gehaltenen Lachen und klopfte sich grinsend auf die Brust.

  8. #28
    Alistair zog an seiner Zigarette, wie schon so viele Male in den letzten Tagen, und bließ des Dunst der Sonne entgegen. Gerade kam Tess, gefolgt von Ian, wieder zurück zur Gruppe. Der Ire ging auf letzteren zu und versperrte ihm den Weg mit seiner breiten Schulter. Dann trat er direkt vor ihn.
    "Mit welchen falschen Worten hast du jetzt auch sie infiziert?", knurrte er und fletschte die Zähne.
    Ian lächelte nur und genau das machte Alistair wahnsinnig. Er packte den jungen Mann am Kragen, wie er es schon so oft getan hatte und drängte ihn dabei weiter zurück.
    "Was gibts da zu grinsen?", keifte der Ire und spannte die Muskeln in seiner rechten Pranke an.
    Es war eigentlich keine Fragen.
    Dann plötzlich, kam Ian ins Straucheln, Alistair hatte ihn an die Kante eines Bordsteins geführt, die er nicht gesehen hatte, und beide fielen sie um.
    "Scheiße", fluchte Alistair.
    Ian lag unter ihm am Boden und rang nach Luft, dann stützte sich der Ire auf die Hände, schüttelte sich und packte den Jungen Mann wieder mit einer Hand.
    "Grins nicht so!", forderte er ihn auf.
    Sein Hemd war schmutzig, löchrig. Er war verschwitzt und hier und da lugte die nackte tattoowierte Brust hervor.

    "Fuck! Was zum...?", keuchte er, als der große, eindrucksvoll muskulöse Ire auf ihm lag und ihm sämtliche Luft zum Atmen nahm. "Was ist...?", begann er, doch die Hände an seiner Kehle und die nackte Haut unter dem löchrigen Hemd Alistairs nahmen ihm sämtliche Bewegungsfreiheit und Luft zum Atmen. Die obersten Knöpfe von Ians Hemd standen auf, sodass die behaarte Brust des grobschlächtigen Europäers auf seine drückte.

    So glücklich er auch bis eben noch gewesen war und so schwer es war, das Grinsen aus seinem Gesicht zu bekommen, so sehr wusste er doch auch, dass er ohne Luft nicht mehr lange was zum Lachen hatte. Aber was soll ich machen? Reden? Ohne Luft? Und mit dem? Der hört dir doch eh nicht zu! Der Druck verstärkte sich und Alistair ließ nicht locker. Wegdrücken kannst du ihn nicht. Er ist stärker und geschickter als du. Ob er rechtzeitig aufhört oder bis zum Ende weitermacht? Kurz schüttelte es ihn und eine leichte Gänsehaut bildete sich auf seinem gesamten Körper beim Gedanken daran, dass der Kerl nicht aufhören würde. Ob jemand die Situation rechtzeitig wahrnehmen würde.

    Gerade als der Druck unerträglich wurde, und der Blick des Iren immer wütender, kam ihm eine Idee. Nein, Ian! Das kannst du nicht bringen. Doch würde er nicht bald etwas machen, blieb ihm komplett die Luft weg. Hilflos und ohnmächtig diesem Muskelprotz ausgeliefert zu sein war eine noch beschissenere Alternative. Na, komm schon. Das machten Menschen doch, wenn sie sich bedroht fühlten und keinen anderen Ausweg mehr wussten. Aber doch nicht... ach, Scheiß drauf!

    Mit einem Ruck warf der Kindergärtner seinen Oberkörper nach vorne. Unter dem geballten Druck Alistairs auf seinem Körper platzten noch einige Knöpfe seines feinen Hotelhemds mehr und seine Brust schlug schmerzhaft kräftig an die des Iren, während seine Lippen zielgenau die seinen trafen. Sie waren trocken, spröde und hart, doch Ian spürte wie der Krafprotz etwas zurückwich. Na also!

    Entgegen seinem eigenen Willen presste er seine Lippen fester auf die des Mannes , während sich sein schwacher, zitternder Körper noch immer gegen die tätowierte Brust drückte, um nicht mehr so gefangen zu sein. Die Situation war eklig. Der Geruch nach Männerschweiß, der unsanfte, grobe Druck, mit dem der sichtlich perplexe Ire noch immer halb auf ihm lag - all das gefiel ihm nicht. Aber was ihm gefiel, war die Tatsache, dass er einen Weg gefunden hatte, um die Oberhand über Alistair zu gewinnen. So, Motherfucker! Mach dich bereit für das Highlight!, dachte er in Form eines schäbigen Oneliners und schob seine Zunge nach vorne, direkt zwischen die - inzwischen angefeuchteten - Lippen seines Antagonisten.

    [Was zur Hölle?]
    Der Ire wollte gerade noch ein Stück zurückweichen, als er aufeinmal Ians Zunge spürte, die sich neben seine schob.
    [Der Dreckskerl will mich wohl verarschen!]
    Alistair drückte Ian zurück zum Boden und seinen Kopf mit seinem eigenen nach unten. Es fühlte sich seltsam an, war nicht das, was er gewohnt war.
    Doch sollte er einfach aufgeben? Ian schien aber nicht nachgeben zu wollen und presste seine Lippen auf seine, dann schaute er ihm fest in die Augen. Was hatte der Kerl verdammt nochmal vor? Er stützte sich auf die nun entblößte Brust des jungen Mannes und funkelte ihn feurig an.

    Der Ire konnte einfach nicht und rollte sich von dem jungen Mann und spuckte auf den Boden.
    "Zum Teufel!", entfuhr es ihm und schaute geschockt zu Ian hinüber, "was sollte das?"
    Der Ire richtete sich auf und schaute wütend zu dem jungen Mann hinüber. Er war sprachlos, was sollte er auch sagen.
    "Whisky!", forderte der Ire und drehte sich einfach herum um zu den anderen zu stampfen.
    "Whsiky!", sagte er dann nochmal mit Nachdruck, kurz verwirrt über seine Schulter schauend, zu Ian, der auf dem Boden lag sich über den Mund wischte und ihm breit grinsend hinterher schaute.

    Geändert von Streicher (07.09.2012 um 19:58 Uhr)

  9. #29
    Gerade noch hatte Clover auf Niki eingeredet, als auf irgendeine merkwürdige Art und Weise die Situation eskalierte und Alistair plötzlich damit beschäftigt war, Ian auf den Boden zu drücken. "Verdammt." Konnten die beiden sich nicht aus dem Weg gehen, musste es denn gerade jetzt auch noch zu einer Eskalation kommen? Sie war schon drauf und dran loszulaufen, ihr Fuß hatte sich ein paar Zentimeter erhoben und war gerade im Begriff, mit dem Rest ihres Körpers in Richtung des Kampfes zu stürmen, als etwas Unaussprechliches geschah.
    Clover versteinerte mitten in ihrer Bewegung und starrte mit offenem Mund auf die beiden Männer, die gerade auf dem Boden lagen und... nun, wie gesagt, es war unaussprechlich.

    "Was sagen wohl die Zuschauer dazu?" Tess kommentierte das Geschehen und redete und redete - man hatte sie selten besser gelaunt gesehen. Clover brachte kein Wort heraus, aber ihr war klar, dass es ohnehin nur irgendein piepsiger Laut gewesen wäre.
    "Whisky! Whisky!" Aus irgendeinem Grund lösten genau diese Worte Clover aus ihrer Starre. Als erstes kehrte das Leben in ihre Finger zurück, die die kleine Whiskyflasche aus dem Hotel aus ihrer Tasche holten. Als zweites setzten sich ihre Füße in Bewegung, die etwas steif auf Alistair zumaschierten. "Hier.", piepste ihre Stimme und mit einer forschen Handbewegung drückte Clover dem Iren das Fläschchen in die Hand. Er sah sie etwas verwirrt an. "Danke.", murrte er dann dankbar. "Tut mir leid, falls du dich erschreckt hast. War aber auch kein Fest für mich, das kannst du mir glauben."
    "Du bist selbst schuld, wenn er sich wehrt. Wenn ich nicht genau wüsste, dass es mir mehr weh tun würde als dir, würde ich dich wirklich gerne schlagen." Sie lächelte ihn zum Zeichen, dass sie es nicht ganz ernst meinte, an, aber ihre Lippen zuckten ein bisschen verräterisch.

    Das Lächeln verschwand auch sofort wieder, als sie den Iren hinter sich ließ und auf Ian zuschritt, der sich gerade vom Boden aufrappelte. Sie reichte ihm zum Aufstehen die rechte Hand, und als er wieder aufrecht stand, holte sie mit der Linken aus und verpasste ihm eine Ohrfeige. Natürlich war sie schwach und es knallte nicht einmal richtig, aber sie war schon froh, überhaupt sein Gesicht getroffen zu haben. "Idiot." Clovers Stimme hatte sich nun etwas beruhigt und befand sich wieder in angenehmen Gefilden des hörbaren Spektrums. "Hätte ich gewusst, dass man nur versuchen muss dich umzubringen, um mit dir zu knutschen, hätte ich mir irgendwann mal eine Waffe besorgt." Was redest du da?
    Irritiert und leicht beschämt drehte sie sich weg. Das klang ja nun gar nicht nach ihr.
    Fieberhaft sah Clover sich um. Sie suchte irgendetwas, was sie tun konnte, um die peinliche Szene zu verlassen. Und zu vergessen. Sollte sie den Kindern einen Lollie abschnorren? Oder doch noch einmal den Whisky von Alistair zurückholen? Nein, er hatte ihn wahrscheinlich längst leer getrunken.
    Schließlich machte die Sängerin einen großen Schritt, um über Tess zu steigen, die lachend am Boden lag und kehrte zu Niki zurück. Diesmal stellte sie sich etwas hinter ihn in der Hoffnung, dort einfach für eine Weile unsichtbar zu werden.

    Geändert von Lynx (08.09.2012 um 00:49 Uhr)

  10. #30
    "Hei. Was machen die beiden da? Leute passt auf den Gehsteig... Oh. Zu spät. Aber hei, der Ire ist echt einfach atemberaubend! So nen Koloss auf sich zu haben ist sicher nicht so wirklich... na dann läuten wir doch mal die erste Runde ein Jungs!“ Tess imitierte lachend das Geräusch eines Kampfgongs. „Und beide liegen im Staub, der Ire Mjöllnir haushoch überlegen, lässt unsrem Neuzugang Chickenwing keine Chance. Doch was ist das? Schiedrichter! Das geht eindeutig unter die Gürtellinie! Aber... interessant, in der Tat. Ian liegt also gerne oben, hm? Jedenfalls... grade als der Wettkampf entschieden war, der Gegner festgenagelt - da ... oh my... mit Zunge. Junge, Junge. Was sagen wohl die Zuschauer dazu?“ Tess hielt ein imaginäres Mikro in Richtung von Clover und „kommentierte“ munter weiter. „Aber wies scheint liegt auch Alistair gerne oben. Nun... was sagen die Kontrahenten nach dieser spannenden ersten Runde? Ians Grinsen ist wohl so zu deuten das es ihm gefallen hat... aber unser Champion sieht ganz und gar nicht erfreut aus.

    Dob neben ihr kicherte verhalten in Ellens Hand, die sich fest auf seinen Mund presste. Er lief knallrot an und einzelne Lachtränchen sammelten sich in seinen Augen. Das machte die Situation nur noch lustiger. Auch ohne Drogen. Es war einfach... zu gut.

    "Whisky!" Seine Stimme klang auch ganz und gar nicht erfreut.
    Tess kringelte sich vor Lachen, als der Ire zurück zur Gruppe stapfte. Für sie war das einer der Höhepunkte dieses abgefahrenen Trips. „Muhahaha... Alistair, hast du nen Frosch geküsst? Der Zungenschlag Mann, irre, einfach nur... baaah. Hihihihi.“ Sie kullterte glückselig am Boden herum, während Lachtränchen über ihre Wangen flossen. "Ihr macht doch sicher noch ne Runde zwei, oder Ire? Na komm, das kannst du doch nicht auf dir sitzen lassen Großer. Tihihi."

    Geändert von Viviane (07.09.2012 um 20:27 Uhr)

  11. #31
    Dob hatte sich schon erhoben, um Alistair einen Kinnhaken zu verpassen, den dieser nicht vergessen würde. Irgendwann reichte es auch, immer auf dem schwächsten Glied herumzutrampeln, nur weil man es konnte. Ian war ein cooler Typ und Alistair konnte es auch sein, wenn er die Laune dazu hatte... aber diese dämlichen Raufereien gingen Dob verdammt nochmal auf den Keks.
    Aber dann machte Ian etwas, das ihn innehalten ließ. Und dann lachte er auf. Blitzschnell reagierte Ellen und hielt ihm die Hand vor den Mund, damit sie keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen würden, doch auch ihr war den Kinnladen herunter gefallen.
    "Whiskey!", rief der Ire immer wieder, als er schließlich davonstolperte. Dobs Gesicht lief rot an und er kämpfte mit den Tränen.

    ~

    Tess trat schließlich wieder zu Yuki. Es gab da noch diese eine Sache. "Also, Ethan und Dani... haben es nicht geschafft. Ich würde sie gerne auf deine Uniform schreiben. Einfach, damit die Liste vollständig ist." In Gedanken fügte sie hinzu: Und weil es mir irgendwie wichtig ist, sie da zu sehen, obwohl es nur eine Uniform mit ein paar Namen darauf ist.
    Yuki verstand. Sie zog den Stift hervor und reichte ihn Tess. "Ich fürchte zwar, die Uniform wird's nicht mehr lange machen, so ramponiert wie sie ist, aber bis dahin..."
    Tess beugte sich hinunter zu Yukis Oberkörper.

    Mit verschränkten Armen und schiefem Grinsen beobachtete Dob das Schauspiel. Ah, Frauen, die einander befummelten. Was brauchte man mehr. Naja, vielleicht noch mehr Frauen. Wenn da noch Ellen und Clover hinzukämen...
    "Du siehst ja echt kaputt aus, Süße. Die Verletzungen kommen sicher davon, als du vom Himmel gefallen bist, oder?" Grinsend ging Dob auf Yuki zu.
    Tess seufzte leise und verdrehte die Augen flehend nach oben. "Dob, das macht nicht einmal Sinn als Kompliment."
    "Stimmt, es war auch nur'n dummer Spruch. Aber dass ich gerade da drüben stand und mich an dem Anblick kaum sattsehen konnte, das ist kein dummer Spruch, das ist einfach die Wahrheit." Er zwinkerte den beiden zu, immer noch grinsend.
    Die beiden Frauen sahen ihn nur stumm und mit missbilligendem Blick an.
    "Okay, also... ich hab auch einen Namen, den ich hier gern draufsetzen würde", stammelte Dob schließlich an Yuki gewandt, um die Pause zu überbrücken. Diese nickte mit hochgezogenen Augenbrauen. "Alles klar, Dob. Was immer du sagst."
    Tess reichte ihm den Stift, während er mit der linken Hand Anstalten machte, über Yukis Brust zu fahren. "Ehehe... also, hier hin? Ich muss das nur ein bisschen festhalten..."
    Yuki starrte ihn nur bedrohlich an und schob die Hand mit Nachdruck von sich. Wenn der Kerl sie nicht ein wenig an Willy erinnern würde, hätte er sich gerade einen Tritt in die Eier eingefahren, der da unten nur Ödland hinterlassen hätte.
    Sollte er irgendetwas machen, das sie noch mehr an Willy erinnerte, würde ihn das gleiche Schicksal ereilen.

    Dob verstand die Geste und schüttelte traurig den Kopf. Doch schließlich begann er zu schreiben, und sein ganzes Gebaren veränderte sich schlagartig. Er wirkte nun ernst und sorgfältig. Er schrieb mit angestrengtem Blick und hatte den Mund leicht geöffnet. Ein paar Mal blinzelte er schnell hintereinander, als er den Namen "Andris" auf die Uniform setzte.

    Tess sah ihn verwundert an. Er sah mitgenommen aus. Wie viel von seinem Verhalten wohl nur Fassade war? Manchmal war sie sich nicht ganz sicher. Dass Andris nicht durchgekommen war, hatte sie sich bereits gedacht, doch Dob hatte bisher immer ausweichend reagiert, wenn sie das Thema angesprochen hatte.
    Sanft und traurig fragte sie nun: "Was ist geschehen?"
    Dob blinzelte wieder ein paar Mal, seine Stimme zitterte ein wenig. "Nichts ist geschehen. Er... er hat einfach nur nicht durch das Ende des Schachtes gepasst."
    "Also ist er zurückgegangen?"
    Dob atmete laut aus und blinzelte wieder, dann sagte er: "Nein."
    Tess wusste, dass sie nicht weiter fragen sollte. Es war ungerecht, nachzuhaken und weiterzufragen. Aber sie musste es einfach wissen. "Warum nicht?"
    Er starrte eine Weile nur auf den Namen auf Yukis Brust. Dann antwortete er:
    "Weil der Schacht hinter ihm eingestürzt war. Und ich bin wahrscheinlich mit meiner gottverdammten Actionnummer Schuld daran gewesen."

    Er wandte sich ab. Yuki und Tess standen noch eine Weile stumm da und gedachten der drei Menschen, die nun auch auf Yukis Uniform verewigt worden waren:
    Ethan, ein australischer Schüler.
    Dani, eine deutsche Coffeeshop-Inhaberin.
    Andris, ein lettischer Ingenieur.

  12. #32
    Tess kugelt sich immer noch am Boden und rang lachend nach Luft, während Alistair den Whisky öffnete, ansetzte und mit dem ersten Schluck kräftig den Mund ausspülte und dann auszuspeien.
    "Ihr macht doch sicher noch ne Runde zwei, oder Ire? Na komm, das kannst du doch nicht auf dir sitzen lassen Großer. Tihihi."
    "Darauf kannst du Gift nehmen, in der zweiten Runde zeig ich ihm wo der Hammer hängt."
    Auch wenn er noch so ernst schaute, Tess musste nur noch mehr lachen und versuchte dabei so leise wie möglich zu sein.
    "Ich kann nicht mehr", presste sie piepsend hervor und wischte sich Freudentränen aus dem Gesicht.
    "Wa...?", wollte der Ire Fragen als es ihm dann selbst auffiel, "Jaja, schon gut."
    Alistair konnte darüber nicht lachen. und trank grimmig einen Schluck aus der kleinen Flasche, die damit schon zu dreivierteln geleert war.

    BGM

    Dann stapfte er zur Hafenbucht und kippte sich auch den Rest in den Hals, um dann die leere Flasche ins Wasser fallen zu lassen.
    "Blöder Penner", murmelte er als jemand an seiner Hose zog.
    "Alles ok?", hörte er Noah sagen.
    [Oh gott, hoffentlich hat das Spektakel keiner von den Jungs gesehen.]
    Es schien zumindest so, als interessiere es die beiden nicht.
    Joshua stand hinter seinem Bruder und rieb sich müde die Augen. Der Ire räusperte sich und setzte sich dann auf die Kante der Bucht.
    "Klar, alles in Ordnung. Ihr seht müde aus."
    "Josh schon."
    Noah lächelte seinen Bruder an, der schläfrig zurücklächelte.
    "Wir habens fast geschafft", ermutigte der Ire die beiden, "ab hier wird uns nichts mehr aufhalten."
    Ja, fast war es soweit. Die Rettung der beiden war zum greifen Nahe. Abby konnte unbesorgt sein, wo immer sie jetzt auch sein mochte.
    Leos Stimme unterbrach ihn in seinem Gedankengang. Sie kam auf die beiden Jungs zu und fragte sie, ob sie ihr helfen wollten, bei was genau, bekam er nicht mit. Jedoch lächelte Alistair der kleinen zu und sah den dreien dann fröhlich hinterher, als sie abzogen.

    Abby. Auch wenn ihr Tod ihn am meisten schmerzte, war sie nicht die einzige, die sie zurücklassen mussten. Die ersten unter ihnen waren ein Weißrusse, Nikita wie er später erfuhr, der Kerl, dem er am Flughafen geholfen hatte, indem er den Amerikaner von ihm runter geholt hatte und Mike, ein weiterer Amerikaner. Er kannte ihn nicht wirklich. Aber er war seine Wahl für einen Anführer gewesen. Auf dem Schrottplatz kamen dann drei weitere auf die Liste. Travis, Ryan, Kekoa. Alle hatten sie sich für die Gruppe geopfert, damit sie überlebt. Dann die Kanalisation und ... Abby. Er wünschte er hätte sie besser kennen lernen können. So eine Frau hatte er schon lange nicht mehr gesehen. Alistair lächelte. Eine Frau die ihn aus dem Latschen zu hauen vermochte. Im Hotel lief es deutlich glimpflicher für alle ab. Wie ein Paradies, über das eine höhere Macht schützend seine Hand zu halten schien. Immerhin hatte es selbst ein betrunkener Suparman geschafft ohne auch nur einen Kratzer durch die frei umherlaufenden Gruppen von Untoten zu laufen. Der Ire grinste. Vielleicht hatten sie ihn auch einfach nicht als Mensch identifizieren können, so wie Tess, die ins Lagerhaus ging und dort das Geld fand, mit dem sie sich dann dank Ellen die LKWs besorgen konnten.
    Das Militärlager war eine andere Sache. Den Tod von Michail hatte er nicht wirklich mitbekommen, aber er schien sich für das andere Team geopfert zu haben, während Alistair zusammen mit Riley und Axel für ihre Gruppe den Weg freiräumten. Axel, umgebracht von einem Verräter. Alistair hatte Tess seine hilfe versprochen. Als ob es nicht schon genug gewesen wäre forderte die Flucht aus der Militärbasis, die Rettung vor der Bombardierung auf die Boote, ein weiteres Opfer. Isabelle, ihre alte Anführerin, ein noch so junges Mädchen. Und dann diese verdammte Mauer. Ethan, Dani, Andris. Alle drei tot. Der Ire biss die Zähne zusammen. Und dann waren da noch Riley, Cyrillus, Helena und Sanders, die für sie zurückgeblieben waren. Was aus ihnen wurde, wusste er nicht. Jedenfalls schien es vorerst ein Ende zu haben. Fast. Eine Sache gab es noch die getan werden musst ...
    Er blickte zu Tess hinüber. Das Funkgerät. Verdammt nochmal, er würde dafür sorgen, dass es keine Toten mehr gibt. Er würde der ADF die Chance geben sich zu revanchieren!

    Geändert von Streicher (08.09.2012 um 00:54 Uhr)

  13. #33
    "Was?"

    Bevor Ian irgendwie reagieren konnte, war Clover schon wieder gegangen. Na klar - nur sie konnte es schaffen, das Grinsen aus seinem Gesicht zu wischen. Mit einer Ohrfeige und einem - für ihre Verhältnisse - ungewöhnlichen Spruch. "Ich versteh' hier gar nichts mehr.", murmelte er, während er langsam in Richtung des Wassers lief. "Mich selbst am weni... we.. oh shit!" Er war gerade am Kai angelangt, als er sich in hohem Bogen in das Wasser übergab und auf die Knie sank, sich dabei mit den Händen gerade so am Rand abstützte, um nicht hineinzufallen.

    Erst nach einer gefühlten Ewigkeit beruhigte sich sein Magen wieder und ein erschöpftes Grinsen setzte sich auf sein Gesicht. "Selber Schuld, Alter! Nichts essen und 'nen Grizzly küssen." Einige Meter weiter suchte er sich eine Stelle, an der das Wasser einigermaßen sauber schien, schöpfte es, halb über dem Land hängend in die Hände und spülte sich mehrere Male den Mund aus. Als er wieder aufstand, sah er sich um.

    Da hinten, irgendwo halb versteckt hinter Niki, stand sie. Und er fühlte sich danach, zu ihr gehen zu müssen, ihr irgendetwas zu sagen. Also stapfte er in ihre Richtung, erblickte dabei einen Alistair, der eine Whiskyflasche ins Wasser warf und danach zu den beiden Kindern vom Dach stapfte, sowie eine Tess, die sich vor Lachen nicht wirklich einkriegen konnte. Warum, wusste er nicht - aber er konnte es sich denken. Schließlich erreichte Ian Clover.

    Er begann, etwas dahinzustammeln. "Okay... also... ich weiß... dass das komisch war... aber... ich... was... ich hab ja keine Chance gegen den... und ich wusste auch gar nicht, was er hat... und ich dachte... also... ich habe mir gedacht, dass das vielleicht die einzige Möglichkeit ist... weil... der hätte mich vielleicht... also... es hat ja auch geklappt." Er sah sie fast etwas verzweifelt an. "Bitte sei mir nicht böse... das wäre echt... das ist das Einzige, was ich nicht kann... und..." - für einen Moment dachte er nach. Was wollte sie überhaupt? Er wusste, was er wollte. Aber wie hatte sie sich die Zukunft vorgestellt? Und wäre es nicht fair, wenn sie wüsste, worauf sie sich mit ihm einlassen würde?

    "Können wir kurz unter vier Augen reden? Mir liegt was Wichtiges auf dem Herzen! Und ich weiß, wie schnell das hier alles gehen kann... also... würde ich das gerne so früh wie möglich machen."

  14. #34
    Joah und Noah hatten sich mit Léo über einen zerflederten Block aus dem Fundus der Brüder gebeugt und kritzelten mit einer spärlichen Sammlung aus Stiften darauf herum. Die kleinen Gesichter waren durchaus ernst und man hörte das gedämpftes Gemurmel der drei, während sie sich eingehend berieten. Drei Köpfe wurden erhoben, die Sache schien entschieden. Léo diktierte Worte, die Joshua mit höchster Konzentration niederschrieb. Er zeigte ihr fragend das Blatt und sie las, nickte ein paar mal, schüttelte dann energisch den Kopf, dass die Locken flogen und ließ ihn einige der Worte verbessern.
    Schließlich schienen die drei zufrieden mit ihrem Werk zu sein. Sie stiefelten zur Hafenbucht, wo Alistair, der ebenfalls dort saß, gerade noch einen flüchtigen Blick auf das Werk erhaschen konnte, bevor Noah mit geschickten Fingern ein Papierschiff daraus faltete und es Léo reichte, welche es feierlich den Wellen übergab. Andächtig standen die drei Kinder am Ufer und sahen dem Gebilde nach, wie es auf der Spiegelung des Sonnenaufganges aufs Meer hinausgeschwemmt wurde.



    Noah unterbrach die Schweigeminute als erster. Er umarmte überschwendlich Léo und seinen Bruder und begab sich dann an Alistairs Seite, wo er seinen kleinen Kopf an ihn lehnte und lächelnd aus großen blaugrünen Augen zu ihm aufsah. Joshua sah Léo erst fragend an, nahm dann ihre Hand und führte sie stumm an Alistairs andere Seite, wo er sich wie ein Gargoyle niederließ. Der Junge war ausgezehrt vom Fieber und den Strapazen der vergangenen Tage, sah aber schon bedeutend besser aus. Das Fiebermittel von Tess hatte offensichtlich angeschlagen und der fiebrige Glanz seiner Augen war einem wachen, intelligenten Blick gewichen.

    Alistair blickte schmuzelnd erst an seine linke, dann an seine Rechte Seite. Es war erstaunlich, wie unterschiedlich die beiden Bruder waren. Joshua strahlte etwas Ruhiges, Beherrschtes, fast schon Berechnendes aus und trug Abbys Zuversicht und Stoizismus in sich, während Noah vor Energie und Leben nur so überquoll, die Welt mitsamt allen Menschen zu lieben schien und gedanklich nie lange an einem Ort blieb. Er hatte Andris zurücklassen müssen, hatte ihm noch vor wenigen Sekunden gedacht und jetzt lächelte er bereits wieder.
    Joshua regte sich und riss den Iren damit aus seinen Gedanken.
    "Alistair. Wenn wir in Irland sind, bring mir das Kämpfen bei." Es klang nicht direkt wie eine Bitte. Eher wie die Erinnerung an den Absatz eines ungeschriebenen Vertrages. Alistair drehte stirnrunzelnd den Kopf und begegnete wie erwartet Joshuas durchdringendem Blick, der ihm direkt in die Augen sah.
    Der Ire betrachtete den älteren Bruder eingehend. Es gab keinen Zweifel daran, dass Noah einmal den größeren, kräftigeren und robusteren Körper besitzen würde. Joshua würde immer schmal, schlank und sehnig bleiben. Andererseits war er flink und fokussiert und vom Wesen her viel eher eine Kämpfernatur, als sein Bruder es war. Und es schien ihm wirklich ernst zu sein.

    Geändert von Ty Ni (08.09.2012 um 00:46 Uhr)

  15. #35
    Oh Mist. Es hatte wohl nicht viel gebracht, sich möglichst unsichtbar zu fühlen. Ian war auf sie zugetreten und stammelte irgendetwas vor sich hin, doch Clovers Blick konzentrierte sich irgendwie mehr auf seine Lippen, die gerade noch vorhin...
    Sie schüttelte den Kopf. Schluss damit.
    "Können wir kurz unter vier Augen reden? Mir liegt was Wichtiges auf dem Herzen! Und ich weiß, wie schnell das hier alles gehen kann... also... würde ich das gerne so früh wie möglich machen."
    Die Sängerin nickte stumm und sah sich um. War schwierig hier einen Ort zu finden, an dem man wirklich unter vier Augen war. Die beiden entfernten sich langsam von dem Rest der Gruppe und Clovers Herz pochte ungewöhnlich schnell. Unter vier Augen reden. Das bedeutete wahrscheinlich nichts Gutes.
    Es war die Ohrfeige. Oder nein, der dumme Spruch. Ganz bestimmt war es der Spruch. Sie hatte damit bestimmt alles versaut.
    "Also, worüber möchtest du reden?", fragte sie mit nicht zu überhörender Nervosität in der Stimme.

    Geändert von Lynx (08.09.2012 um 01:01 Uhr)

  16. #36
    "Ich möchte über uns reden", sagte Ian und auch er konnte die Nervosität kaum verbergen, die ihn in den letzten Sekunden übermannt hatte. "Können wir uns setzen? Mir geht's... im Stehen ist mein Magen gerade...", murmelte er und setzte sich. Ein kleiner Stein fiel von seinem Herzen, als auch Clover sich setzte, wobei die Nervösität nicht verschwand. Aber das hatte wohl auch gute Gründe.

    "Ich... hab' mich gefragt, wie die Zukunft aussehen kann... oder wird. Ich weiß ja nicht, was noch kommt und wo wir hingehen werden, aber... also... was ich weiß ist, dass - egal wo das sein wird - ich dich in meiner Nähe haben will... immer! Das muss total bescheuert klingen, weil wir uns doch erst eine Woche oder so kennen... aber ich wünsche mir einfach Nichts mehr als das... du bist der Mensch, den ich niemals verlieren will... und... ich frage mich eben, ob du das genau so siehst oder...?!" Er holte einmal tief Luft und spürte, dass das seinem Magen ganz gut tat.

    "Aber bevor du deine Entscheidung fällst, möchte ich, dass du weißt, wer ich bin. Weil du verdient hast, das zu wissen und ich keine Antwort von dir erwarten kann, wenn es irgendein Geheimnis gibt." Er streckte seinen Arm langsam aus und schloss seine Hand um ihre, akribisch darauf achtend, ob sie das überhaupt wollte. Wieder entspannte er sich ein kleines bisschen, als er bemerkte, dass sie nichts dagegen zu haben schien.

    "Ich bin in Houston, Texas geboren." Wie belanglos, Ian. Warum sollte sie das wissen wollen? "Als ich zwölf war, ist meine Mutter ermordet worden." Na, viel besser. Gleich mit der Tür ins Haus fallen. "Das hat mein Leben verändert... ich bin damit zuerst nicht klar gekommen. Aber... nach einer Weile wurde ich selbstständiger und unabhängiger, auch weil mein Vater eigentlich nie großes Interesse an mir hatte." Er versuchte, keine zu große Emotionalität in seine Worte zu legen. Er wollte kein Mitleid oder irgendetwas in die Richtung. Er wollte nur, dass sie möglichst viel über ihn wusste.

    "Als ich die High School beendet hatte, wusste ich nicht genau, in welche Richtung ich gehen möchte. Aber ich hatte die Vermutung, dass ich Kinder mag und sie mich. Also hab' ich für eine ganze Zeit in einem Kindergarten gearbeitet - und es war toll." Kommst du jetzt endlich zum Wesentlichen?

    "Aber das hier ist das, was ich dir eigentlich erzählen möchte. Damit du weißt, wer ich bin und die Chance hast, ohne mich weiterzuleben, wenn es dich zu sehr schockiert... und ich verstehe, wenn du mit so einem Menschen nichts zu tun haben willst." Er sah sie an und bemerkte, dass ihr Gesichtsausdruck immer fragender und neugieriger wurde.

    "Ich war mit den Kindern und Kollegen für ein paar Tage in einem Camp. An... einem Abend saß ich als letzter am Lagerfeuer und hab' darauf gewartet, dass die Flammen ausgehen und einfach noch ein bisschen dagesessen und die Ruhe genossen. Als ich Schreie hörte, bin ich ihnen gefolgt... und... am Ende sah ich Megan - eines der Mädchen aus meiner Gruppe - mit einem Kerl da stehen. Ich... wusste, was er vorhatte. So, wie er sie ansah und... naja. Ich hab' ihn überwältigt und sie weggeschickt. Und dann... dann war da dieser Hass. Ich konnte nicht verstehen, wie jemand einem kleinen Mädchen... ich... ich hatte mich nicht unter Kontrolle und hab' ihn umgebracht!" Eine stumme Träne trat aus seinen Augen und rannte seine Wangen hinunter. Er sah zur Seite, blickte Clover nicht mehr an. Er wollte keine Angst sehen, keine Abscheu vor ihm und seiner Tat. Nicht in ihren Augen.

    "Ich war die letzten dreieinhalb Jahre im Gefängnis. Das war meine Strafe. Und jetzt bin ich hier und lerne dich kennen... und alles ist anders. Es kann... es kann irgendwie kein Schicksal geben... oder Karma... wenn sich irgendjemand ausdenkt, dass ein Mensch wie ich... jemand der sowas getan hat... mit DIR zusammenkommt... und DU mich liebst. Ich versteh' nicht, wie das geht. Ich kann dir nichts geben, außer das Versprechen, dich zu lieben und das Wissen, dass diese Liebe bleiben wird, so lange ich lebe. Und wenn du mich nicht mehr willst, dann hoffe ich nur, dass du jemanden findest, der dich so sehr liebt wie ich und der dich im Gegensatz zu mir verdient hat."

  17. #37
    Mit purpurenen Wangen war Léo neben Josh zu den Anderen gelaufen In ihrem Leben hatte sie schon viele Küsse an Männer verteilt: an Papa, an ihre Onkel, an hilfsbereite Fremde, auch Riley hatte einen bekommen. Aber noch nie, niemals hatte sie einen Jungen in ihrem Alter geküsst, weil das ja mal etwas vollkommen Anderes war. Nach ihrer unglaublichen Tat hatte sie Josh er ein paar Momente strahlend angelächelt, dann schockiert, und war dann rasend schnell aufgesprungen, weil sie ja zum Hafen laufen wollten. Sie konnte ihn einfach nicht mehr ansehen, warum genau, wusste sie selbst nicht, es ging einfach nicht. Josh hatte sich stumm bei ihr eingehakt und war mit ihr losgegangen.
    Als erstes rannte Noah zu ihnen und fiel seinem Bruder und dann dem Mädchen um den Hals. Léo wirbelte mit dem kleinen Jungen um die eigene Achse und zufällig trafen sich Joshs und ihr Blick. Sofort hörte das Wirbeln auf, ein paar ewige Momente schaute sie in sein leicht gerötetes, hübsches Gesicht und lächelte ihm dann zu. Da war nichts zum Nicht-angucken, sie hatte ihm vollkommen verständlich auf die Wange geküsst, er war ja auch ein lieber Junge. Und sie hatte ihn ja gar nicht auf dem Mund geschmatzt, also war alles in Butter.
    Zusammen erreichten sie sehr schnell, unter Rücksichtnahme der Behinderung durch der herumliegenden Sachen und Menschen, den Hafen, der in das warme Licht des Sonnenaufgangs gehüllt war. Nur wo war das Schiff, mit dem sie fahren wollten? Der Gedanke wurde auf später verschoben, denn Onkel Alistair rannte auf die drei zu und sie taten es ihm gleich. Überschwenglich fiel die Begrüßung aus. Nach einem dicken Stirnschmatzer für jedes der drei Kinder sprach Noah das aus, was ihnen allen wohl nun am meisten auffiel:
    "Wo ist denn das Boot?"
    Léo blickte sich um. Am Hafen war definitiv keines, das hätte man ja schnell gesehen. Viele der großen schauten zum Sonnenaufgang über dem Meer, also tat sie es ihnen gleich und schirmte das Licht etwas mit Rileys tollem Schal ab. Da war etwas…mit zusammengekniffenen Augen machte die Kleine mit ziemlicher Sicherheit ein Schiff aus. Si deutete mit ausgestrecktem Arm auf ihren Fund.
    Da vorne, es ist ohne uns los…
    Noch einmal glitt ihr Blick umher über das Gelände. Nirgendwo sah sie einen Militärtruck oder einen Mexikaner, der fieberhaft nach seiner kleinen Tochter suchte. War er vielleicht da vorne auf dem Schiff? Aber er würde nie hier wegwollen, wenn sie nicht dabei wäre. Aber vielleicht hatte er auch gedacht, dass sie bereits auf dem Schiff ist und sucht sie jetzt gerade auf ihm. Léo seufzte. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass es noch eine ganze Weile dauern würde, bis sie Papa wiederfinden würde. Aber es wird irgendwann klappen, da war sie sich sicher, denn sie hatte ja großartige liebe Leute hier, die ihr bestimmt helfen würde. Auch wenn Onkel Alistair eben gesagt hatte, dass Irland kommen könne für ihn und die Brüder, wo Papa bestimmt nicht war. Außerdem machte sie der Gedanke daran, dass die drei dann für immer von ihr weg waren, unglaublich traurig. Sie schüttelte sich. Nicht mehr traurig sein, das hatte sie sich doch geschworen!
    "Hey seht mal was ich hier habe" zog Onkel Alistair sie wieder in die Wirklichkeit. Der Ire gab Noah, Josh und ihr jeweils einen Lollie und Léos Augen begannen zu leuchten, als sie sich die süße Kugel am Stiel in den Mund schob. Noah wirkte jetzt ganz traurig, und während sich das Mädchen umschaute nach dem Rest ihrer Gruppe, hörte sie ihn schniefend sagen:
    "Andris, er hat gesagt ... er würde einen anderen Weg finden. E...her passte nichte durch das Loch. Do...hob ha...hatte noch nach ih...him gerufen aber er hat nicht geantwortet."
    Ihre Augen weiteten sich. Er hatte Recht, der alte nette Mann war nirgends zu sehen. War Andris jetzt etwa…? So wie Travis und Ryan und Axel? Der Lollie fiel ihr aus dem Mund und landete auf dem Boden. Wie automatisch kam ein Ich bin gleich wieder da aus ihr heraus.
    Mit Álvaro und Campanilla dazwischengeklemmt auf dem Rücken ging sie über das weite Hafengelände, auf der Suche nach einem schönen, unbemüllten Platz. Vorne am Hafen erstreckte sich ein kleiner, aber sehr hübscher Strand, sie stolperte fast über einen großen, ovalen, vollkommen glatt geschliffenen hellgrauen Stein und wusste, dass das der perfekte Ort war. Nicht mal verabschiedet hatte sie sich von dem Alten, weil sie sich so sicher gewesen war, dass sie ihn hier wiedersehen würde. Die Kleine sah sich nach weiteren hübschen Steinen um, die man dazulegen könnte und fand in der Tat noch zwei weitere, die sie auf dem großen zu einer Art kleinen Turm aufbaute. Außerdem fand sie eine wunderschöne, große Muschelschale, die sie auch mitnahm. Der oberste Stein war sehr flach, und so legte sie behutsam die Muschel darauf. Dann nahm sie Álvaro vom Rücken, öffnete seinen Bauch und kramte ein wenig in ihm herum, bis sie gefunden hatte, wonach sie suchte.
    Die Calavera de dulce grinste sie mit ihren überaus weißen Zähnen und aus leeren Augenhöhlen an. Bedächtig kratzte sie das „Leocadia“ vom Totenkopf und ritzte dann mit ihren Fingernägeln voller Hingabe an der Stelle „Andris“ ein. Den Zuckerschädel, die Speise für die Toten in México, platzierte sie hinter der Muschel auf dem Stein. Eigentlich war es sehr makaber, dass sie ihren eigenen immer dabeigehabt hatte, aber jetzt erfüllte er einen besseren Zweck als in einem Plüschaffen zu versauern. Während sie bedächtig die Cempasúchil-Blütenkette auf dem selbstgebautem Grab des Letten drapierte, begann sie leise mit ihrer klaren Stimme zu singen.
    Tränen bildeten sich in ihren Augen.

    Abuela hatte dieses Lied zur Beerdigung von Onkel Rámon Eduardo gesungen. Léo mit Drei Jahren hatte das Versprechen ihrem Papa gegenüber gehalten und Niemandem davon erzählt, dass sie gesehen hatte, wie und von wem ihr lieber Onkel umgebracht wurde, es einfach vergessen, wie versprochen. Ihr jüngster Sohn saß direkt links neben der klagend singenden Mutter, ihre Enkelin zu ihrer Rechten. Léos Mama musste ganz hinten sitzen, aber das war Angela auch sehr recht gewesen. Dem Kleinkind war das Wasser aus den Augen gequollen, doch Abuela wischte diese unbeirrt weiter singend weg und deutete an, dass Léo das lassen sollte. In México sollten die Toten bei der Beerdigung und danach nicht mehr beweint werden, das würde ihre Reise auf die andere Seite nur unnötig schwer machen und sie würden zum Dia de los Muertos nicht mehr gerne zu ihren lebenden Lieben zurückkehren. Augenblicklich stoppte das Bächlein und die kleine lächelte zu ihrer Großmutter hoch. Natürlich wollte sie, dass Onkel Rámon ordentlich tot sein konnte…

    Und auch Andris sollte das können. Sie durfte nicht traurig sein. Die Tränen wurden schnell weggewischt, und als sie mit ihrem Lied geendet hatte, strich das Kind behütsam über den das Grab umgebenden Sand, ein hübsches Muster streichend. Im orangenen Licht der aufgehenden Sonne, den Geruch des Meeres in der Nase und das Rauschen der Wellen im Ohr war es ein wundervoller Anblick. Sanft lächelte sie, umfasste dann ihr Rosenkranzarmband und betete für Helena, Cyrillus und vor allem Riley, dass alles bei ihnen gut laufen würde und sie sich baldmöglichst wiedersehen konnten.

    Langsam kehrte sie zurück zu den Anderen, immernoch ganz bendebelt von der wunderschönen Idylle des Ortes der letzten Ruhe für den alten Letten, den sie so gern gehabt hatte.
    Sie hörte Tess rufen, dass doch Jemand anderes Sherlock spielen soll, wenn er das wollte und plötzliche Begeisterung machte sich in ihr breit. Das war jetzt genau das Richtige. Mit Josh und Noah würde das bestimmt ein Riesenspaß werden! Gerade lenkten sie ihre Schritte zu den Jungs, als sie entfernt Onkel Alistair sah, der Ian wieder am Kragen packte und die beiden dann umfielen und sich irgendwie rangelten. Völlig perplex stand sie da. Was hatten denn die beiden für ein Problem miteinander? Es ging ihr absolut nicht in den Kopf. Onkel Alistair war absolut lieb und Ian doch eigentlich auch…obwohl, er hatte schon lange nichts mehr mit ihr gemacht, woher wollte Léo wissen, dass Ian jetzt nicht böse geworden war? Aber Clover hatte ihn doch so lieb und würde ihn heiraten, also konnte er nicht böse sein! Der Ire war aufgeprungen, trank den Apfelsaft für Fortgeschrittene und stapfte dann zu Abbys Söhnen. Ian dafür…bekam gerade eine Ohrfeige von Clover, die doch noch nie auch nur irgendwie jemanden etwas hätte tun können! Ian war also doch definitiv böse geworden. Deswegen wollte er auch nicht mehr bei ihr sein und Léo hatte gedacht, sie hätte einen Fehler gemacht. Schnell lief sie den Jungs und ihrem Irenonkel, das schlimme Gefühl, dass in ihrem bauch hochkommen wollte, gar nicht zulassend. Sie musste glücklich sein für die Anderen, das musste sie, weil die anderen doch so viel für sie machten, sie konnte nicht einfach traurig sein.
    Bei den dreien angekommen, fragte sie ohne Umschweife die Brüder:
    Wollt ihr was ganz Tolles für alle Lieben machen, die in unserer Gruppe waren?
    Die Detektivarbeit müsste warten, sie wollte eigentlich mit Ian anfangen, doch nun war da irgendwie nicht mehr richtig.
    Begeistert stimmten die Jungs zu.

    Schweigend dachte Léo daran, wie wenige sie nun noch waren und dass da auch locker Clover und Onkel Alistair oder Tess oder der gute Dob dazugehören konnten, dem sie ja noch Papas Süßigkeiten geben wollte. Kurz schniefte sie, doch verbitt sich, traurig zu werden. Für die Anderen, das hatte ssie geschworen.
    Plötzlich umarmte sie Noah und kurz darauf nahm Josh sie still bei der Hand und sie setzten sich neben Onkel Alistair. Die Frage Joshs an ihn bekam sie nicht mit, auch nicht, was Alistair ihm antworte. Sie dachte darüber nach, was sie jetzt machen sollte, wenn sich die Gruppe trennen würde und sie Papa noch nicht gefunden hatte. Eigentlich wollte sie bei Clover bleiben, weil sie einfach immer so lieb zu ihr war und das Mädchen die Sängerin einfach unglaublich gern hatte. Und weil Ian bei ihr war und sie ihn auch gerngehabt hatte. Doch jetzt, wo Ian offensichtlich böse war, konnte sie das ja nicht mehr machen und irgendwie hatte sie keine Ahnung, was sie sonst machen sollte. Onkel Alistair wollte mit Noah und Josh nach Irland, das wusste Léo, und den Iren hatte sie auch unglaublich lieb. Seit dem Hotel war er wie ein Eratzpapa für sie gewesen, immer da, wenn sie es nötig hatte und er hatte ihr ja auch gezeigt, dass sie ein Kobold war! Und dann Noah und Josh, die beiden hatte sie eben erst kennengelernt, doch schon in den wenigen Stunden so lieb gewonnen, dass sie eigentlich gar nicht mehr von ihnen wegwollte. Doch war ihr nicht klar, ob Onkel Alistair auch einen mexikanischen Kobold mit zu seiner Heimat nehmen wollten.
    Sie wurde unglaublich traurig. Aber sie durf- ach was soll das denn? Léo war traurig, wegen allem, was sie in den letzten Tagen traurig gemacht hatte und sie einfach runtergeschluckt hatte und vor allem traurig von der Unsicherheit darüber, was aus ihr werden sollte.
    Sie hob ihren Kopf, ihre Lippen zuckten und vor dem Wasser in ihren Augen konnte sie Onkel Alistair nur unscharf sehen, als sie ihn kleinlaut und fast schon flehend fragte:
    Darf ich mit euch nach Irland kommen?

  18. #38
    Als Ian offensichtlich alles Wichtige gesagt hatte und nun zur Seite starrte, zog Clover ihre Hand langsam aus seinem sanften Griff. Dann erhob sie sich, ging ein paar Schritte, nur um wieder umzudrehen und in die andere Richtung zu laufen. Bei diesem Hin und Her kam sie sich ein bisschen wie ein Tiger in einem Käfig vor, nur dass sie gerade bestimmt nicht bedrohlich, sondern eher komplett lächerlich aussah.
    Aber sie konnte jetzt nicht still sitzen.

    Erst nach einer Weile, nachdem sie nur stumm hin und her gelaufen war und ihre Unterlippe fast blutig gebissen hatte, blieb sie genau vor Ian stehen und starrte ihn so lange an, bis er endlich auch sie wieder ansah. Clover lächelte nicht, aber da war auch kein Ärger in ihrer Stimme - sie konnte eigentlich vollkommen ruhig sprechen. Wahrscheinlich der Schock.
    "Weißt du eigentlich warum ich überhaupt Gefühle für dich entwickelt habe?" Ian schüttelte den Kopf als könnte er es sich nicht einmal ansatzweise erklären.
    "Es war wegen Léo.", sagte Clover schlicht und zuckte mit den Schultern. "Léo hat die Gabe durch ihre schiere Anwesenheit oder nur ein kurzes Gespräch die Menschen zu verändern und Situationen zum Guten zu wenden. Und du warst derjenige, der dafür gesorgt hat, dass es ihr selbst gut gehen konnte." Sie lächelte kurz bei dem Gedanken daran. "Als du 'Hey there Delilah' für Léo gesungen hast war ich fasziniert und überwältigt und... ich habe mir eingebildet, dass du der beste Mensch der Welt sein musst. Alles was ich von dir mitbekommen hatte, waren gute Taten, die vielleicht nichts Großartiges waren, aber mir die Welt bedeutet haben. Weil sie meine Idealvorstellungen bestätigt haben. Also ich denke, ich mochte vor allem das Bild, das ich von dir hatte, und nicht dich."

    Clover sah zu Boden und und lächelte bitter. "Aber ich bin nicht bescheuert. Zumindest meistens nicht. Ich wusste immer, dass du nicht perfekt sein kannst. Und ich wusste, dass der Moment kommen würde, an dem ich das nicht mehr ignorieren kann."
    Sie setzte sich nun wieder neben ihn, da sie nicht wirken wollte, als würde sie auf ihn hinabsehen.
    "Hast du seit wir in die LKWs gestiegen sind auch nur ein einziges Wort mit Léo persönlich gewechselt?", fragte sie nun und lächelte dabei, denn sie kannte die Antwort natürlich. "Schon damals ist mein Hauptgrund, warum ich überhaupt an dir interessiert war, gestorben. Ich hatte erwartet, dass mich so etwas so enttäuschen würde, dass ich erkenne, dass meine Gefühle eine Lüge waren. Aber nichts dergleichen geschah. Weil es da plötzlich noch tausend andere Gründe gab."

    Ian sah die Sängerin nun zum ersten Mal wieder an, ohne dass sie das Gefühl hatte, er würde ihrem Blick ausweichen wollen. Sie sah ihm eine Weile in die Augen ohne etwas zu sagen und musste an das einzige Lied denken, das ihr als passend für den Moment einfallen wollte.

    When I look into your eyes
    It's like watching the night sky
    Or a beautiful sunrise
    There's so much they hold


    "Ich muss nicht alles was du tust oder getan hast gut finden. Manches davon enttäuscht oder erschreckt mich. Vieles davon habe ich nicht mal mitbekommen. Aber das ändert nichts an den Momenten, die ich mit dir verbringen konnte und nichts an den kleinen Taten, mit denen du die letzten Tage für mich erträglich gemacht oder mir Hoffnung gegeben hast. Es ändert nichts daran, wer du für mich bist und macht alles Erlebte nicht weniger wahr. Ganz im Gegenteil."

    And just like them old stars
    I see that you've come so far
    To be right where you are
    How old is your soul?


    "Gerade wenn du all das noch geschafft hast nach allem, was dir widerfahren ist dann finde ich es umso bewundernswerter. Ich möchte nicht wissen, was eine Vergangenheit wie deine aus mir gemacht hätte... Aber ich möchte wissen, was sie aus dir gemacht hat."
    Clover nahm nun wieder Ians Hand. "Was ich zu dir auf dem Dach gesagt habe, war ernst gemeint und ich werde bestimmt nicht einfach weglaufen, nur weil es Dinge gibt, von denen ich nichts wusste."

    I don't wanna be someone who walks away so easily
    I'm here to stay and make the difference that I can make


    "Ich werde dir nicht verheimlichen, dass mir deine Vergangenheit natürlich auch Angst macht. Offenbar bist du unberechenbar." Der leichte Anflug eines Lächelns huschte über ihr Gesicht. "Aber ich vertraue dir. Dass du mir die Wahrheit sagst, bestärkt mich darin nur noch mehr."

    Our differences they do a lot to teach us how to use
    The tools and gifts we got yeah, we got a lot at stake


    Clover lehnte ihren Kopf nun an Ians Schulter und sah etwas träumerisch aufs Meer hinaus. "Nach dieser Sache möchte ich, dass du mir mehr von dir erzählst. Ich will alles wissen, alle ekligen Details. Ich möchte alle Seiten von dir kennen. Aber für jetzt können wir es erst einmal dabei belassen. Wir haben später noch genug Zeit dafür. Ich möchte auf jeden Fall bei dir bleiben."

    I won't give up on us
    Even if the skies get rough
    I'm giving you all my love
    I'm still looking up
    Still looking up.

    Geändert von Lynx (08.09.2012 um 14:27 Uhr)

  19. #39
    Niki war am Boden zerstört und stellte sich wiederholt die Frage, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn er jetzt einfach tot sein würde. Clover redete ihn darauf ein, sich nicht deswegen schlecht zu fühlen. Ansonsten wäre Danis Opferung ja umsonst gewesen, oder nicht? Er fühlte sich besser, war trotzdem immer noch bedrückt. Als Clover kurz wegging, legte er sich hin und legte seinen Kopf auf seine Hände, die er hinter sich verschränkte. Aus seiner Hosentasche kramte er die Taschenuhr hervor, die er von Riley erhielt. Er richtete sich wieder auf und drehte die Uhr auf. Eine kleine, niedlich klingende, Melodie ertönte. Niki saß stumm da und hörte ihr zu. Er versuchte sich besser zu fühlen und bildete sich Freudentränen ein. Doch er hatte Angst. Angst davor, was noch passieren würde. In den letzten Tagen dachte er viel nach, kam jedoch zu keinem Ergebnis. Was würde er machen, wenn Alexis tot ist? Wen hätte er noch? Hinter sich spürte er plötzlich, wie Clover sich hinter ihm setzte. Er wusste nicht so recht, wieso sie das jetzt tat, allerdings dachte er auch nicht mehr viel darüber nach. Emotionslos saß er da und ließ alles auf sich zukommen, was auch kommen würde. Momentan hatte er einfach nichts, wofür er kämpfen würde... oder etwa doch?

  20. #40
    "Alistair. Wenn wir in Irland sind, bring mir das Kämpfen bei."
    Alistair strahlte bei diesen förmlich und seine Brust schien vor Stolz zu platzen. Auch wenn es absehbar war, dass Noah wöhl der kräftigere von beiden werden würde, er kannte das Geschäft und wusste, dass es nicht nur darauf ankam.
    Der Ire legte seinen Arm um Joshua und grinste breit.
    "Selbstverständlich Kleiner! Ich werde aus dir und Noah, wenn er das will, die besten Kämpfer machen die Irland, nein, die die Welt je gesehen hat."
    Er fühlte sich super, die Kinder um ihn herum weckten alle seine Lebensgeister.
    "Jungs, ich bin wirklich stolz auf euch. Ihr macht dem Andenken eurer Mutter alle Ehre. Sie kann wirklich solz darauf sein euch als ihre Söhne bezeichnen zu dürfen."
    Dann nahm er alle drei, auch Leo, nocheinmal in den Arm.

    "Waaas?", rief Noah entrüstet, "Von wegen! Ich werde ein Handwerker, wie Mami!" Er richtete sich auf und streckte seine Arme in die Luft. "Ich werde ganz viel bauen und heile machen! Und dann bin ich immer lieb zu den Leuten. Dann wollen die gar nicht mehr kämpfen!", er sah Alistair tadelnd an, schien ihm dann aber wieder zu verzeihen und tätschelte großmütig seinen Kopf. "Ich mag dich aber trotzdem, auch wenn du immer kämpfst. Sonst bist du ja lieb und Joshua natürlich auch."
    Joshua, dessen Gesicht bei Alistairs Worten förmlich aufgeleuchtet hatte, räusperte sich jetzt und sah zu Boden. "Ähm. Ganz so einfach funktioniert das nicht, Noah. Es gibt Menschen, die wollen nicht nett sein. Dann muss man sich wehren können. Ich will meine Familie beschützen können."
    "Wohl! Aber ihr werdet ja schon sehen.", Noah lachte versöhnlich und ließ sich wieder auf seinen kleinen Hintern plumpsen.

    Die Ruhe die dann für ein paar Sekunden einkehrte wurde dann jedoch von dem kleinen Mädchen unterbrochen.
    "Darf ich mit euch nach Irland kommen?"
    Sie schaute ihn aus großen, tränenfeuchten Augen an, ihre kleinen Lippen zitterten. Alistair schaute sie zuerst hilflos an, weil er nicht wusste, warum sie traurig war. Ihn persönlich freute diese Frage. Vielleicht hatte die Kleine Angst, dass er nein sagen würde.
    Mit einem sanften und warmen Lächeln hob er Leo an und setzte sie sich auf seinen Schoß.
    "Hey, du musst nicht weinen. Natürlich kannst du mit Irland, ich hab mir sogar gewünscht, dass du mit den Jungs und mir mitkommen willst."
    Anstatt zu lächeln, wie er erwartet hatte, brach Leo dann jedoch endgültig in Tränen aus und warf sich dem Iren um den Hals. Alistair dachte zuerst, er hätte etwas falsches gesagt, doch unter ihrem Schluchzen hörte er ein leises "Danke" heraus. Sanft lächelnd schloss er dann seine Arme um die Kleine und hielt sie fest in seinen Armen.

    Geändert von Streicher (08.09.2012 um 15:31 Uhr)

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