Dani war die ganze Zeit mit Dob bei Tess geblieben. Mehr als der Anblick des Blutes hatte sie der Schock gelähmt, dass Tess tot sein könnte. Tess, die sich bisher nicht hatte unterkriegen lassen, die für Dani irgendwie die Aura der Unverwundbarkeit umgab, auch wenn sie durch die Schlägereien schon ziemlich mitgenommen war. Ausserdem stellte sie fest, dass Dob tatsächlich nicht so übel war. Er dachte zwar nur an das Eine, aber ansonsten - oder vielleicht gerade deswegen - war er ein offener, direkter Mensch, Eigenschaften die Dani durchaus zu schätzen wusste.
Als der Zustand von Tess stabil zu seien schien und sie nach dem Funkgerät verlangte, drückte sie ihr noch einen spontanen Kuss auf die Stirn, und sagte zu Dob: "Du machst das hier schon, oder?", wobei sie ihm auf die Schulter klopfte. Hoffentlich würde Sanders der Ärztin erlauben das Funkgerät zu benutzen, sonst würde Dani sie schon dazu bringen. Wenn es jemand verdient hatte, dann Tess, die im wahrsten Sinne des Wortes ihren Kopf bzw ihr Bein hingehalten hatte, um an Informationen zu kommen. Aber zuerst wollte sie nach Yuki sehen, die das ganze ziemlich mitgenommen zu haben schien. Schließlich fand sie sie auf dem Dach, wo sie dazu ansetzte, Sit-Ups zu machen. Vermutlich keine gute Idee in ihrem Zustand.
Dani setzte sich neben Yuki und versuchte, Blickkontakt mit ihr zu bekommen. Sie schien wirklich völlig durch den Wind, wohingegen sich Dani erstaunlicherweise gerade mal wieder etwas gefangen hatte. Oder es war der Moment geistiger Klarheit vor dem kompletten Wahnsinn, wer wußte das schon.
"Meinst du das ist jetzt wirklich eine gute Idee? Mal unter der Annahme du hast nicht vor, deiner Schulter den Rest zu geben."

Yuki saß nur da und starrte leer in Richtung des Lochs in der Mauer. Nur noch ein paar Stunden.
"Ich muss wissen, wie sehr ich sie belasten kann.", sagte sie mit fast roboterartiger Intonation. "Nicht, dass ich nachher einem der Garde-Penner seine AK klauen und sie nicht benutzen kann, weil die Schulter schlappmacht."
"Naja, aber du meintest selbst, dass da nichts geht im Moment. Dass du Hilfe brauchst, bei diesem Plan da."
"Könnte es auch alleine versuchen. Würde allerdings wahrscheinlich dabei draufgehen.", sagte Yuki und drehte nun endlich den Kopf in Danis Richtung, schaute sie allerdings nur aus den Augenwinkeln an. "Hatte ich nicht vor." Sie grinste kurz und wandt sich wieder ab, den Blick geradeaus gerichtet. "Wie geht's Tess? Kommt sie klar?"
"Den Umständen entsprechend. Dafür, dass sie ein scheißriesiges Loch im Bein hat, scheint es ihr ganz okay zu gehen."
"Das ist gut. Ich weiß nicht was ich getan hätte, wenn sie jetzt-", Yuki beendete den Satz gar nicht erst. Dani würde schon wissen worauf sie hinauswollte. "Es klingt vielleicht etwas komisch, aber ich muss wissen, was sie gesehen hat, bevor das Arschloch auf der Mauer sie erwischt hat. Ich habe nur keine Ahnung, ob ich ihr gerade unter die Augen treten kann, ohne dass sich Sanders auf mich stürzt."
"Oder ohne, dass du schon wieder durch die Gegend ballerst und den Rest der Heilsarmee auf uns aufmerksam machst.", sagte Dani mit einer Spur Ironie in der Stimme und grinste Yuki an, die das Grinsen spontan erwiderte.
"Touché.", witzelte Yukari leise und wandte sich endlich Dani zu. "Hey, ist noch was übrig von deinem Tabak-Zeug? Ich glaube ich könnte erstmal 'ne Zigarette vertragen nach der ganzen Scheiße."

Dani grinste immer noch, als sie den Tabakbeutel aus der Tasche zog. Viel war nicht mehr da, aber Yuki hatte es sich mehr als verdient, vor allem da Dani alles andere als Unschuldig an dem ganzen Drama war. Bei dem Gedanken verdüsterte sich ihr Gesicht kurz, bevor sie Yuki wieder ansah: "Sorry übrigens. Für vorhin. Und danke dass du dazwischen bist." Sie wollte das nur gesagt haben, da nicht klar war, wer die nächsten Stunden überleben würde. Dann reichte sie Yuki die Zigarette.