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Ehrengarde
Kaum zierte die Schiene Noahs verunglücktes Gelenk, versiegten auch seine Tränen und er betrachtete interessiert die Konstruktion um seinen Knöchel. Man konnte förmlich sehen, wie es hinter den blaugrünen Augen arbeitete. "Danke, Frau Ärztin.", sagte er vorsichtig. Léo war schon wieder weitergezogen, aber Àlvaro hatte sie bei ihm gelassen. Noah drückte den Plüschaffen trostsuchend an sich. Ihm fehlte Denny. Ihm fehlte Mama. Er wusste nicht, was er tun sollte. Jetzt wo Mama nicht mehr da war, lohte es sich überhaupt noch, weiterzuziehen? Wo sollten sie denn hin, wenn Josh und er kein Zuhause mehr hatten? Sollten sie wirklich mit den anderen gehen? Ging das überhaupt? Noah stand auf und stakste ein wenig durch die Gegend. Natürlich konnte er den Fuß immer noch nicht belasten, aber dank der stabilisierenden Maßnahme tat es beim Hüpfen nun wesentlich weniger weh.
"Josh.", sagte Noah traurig, "Ich kann damit immer noch nicht laufen. Was machen wir denn jetzt? Wo sollen wir jetzt hin?"
Sein großer Bruder war gerade dabei, das Fiebermittel so schnell herunterzustürzen, wie es mit seinem geschwollenen Hals nur ging. Es schmeckte wiederwärtig. Und er brachte unangenehme Sachen gerne hinter sich. Er spürte immer noch die Pranke des Iren auf seinem Kopf ruhen. Josh war generell kein Kind, das viel Körperkontakt suchte, doch er ließ es zu, denn die Hand war warm und stark und es war eine gute Woche her, dass er eine solch beschützende Geste erfahren hatte. Josh sah fragend zu dem Mann auf, der an seiner Seite wachte. Alistair hatte die Ärztin ihn genannt.
Die Augen des Iren waren sturmgrau. Joshua sah Schmerz aber auch Stärke in ihnen. Und ... Zuversicht.
"Ihr kommt natürlich mit uns.", ertönte Alistairs tiefe Stimme, "Ich habe eurer Mutter versprochen, auf euch aufzupassen und der Ire hält sein Wort, wenn er es gegeben hat. Ich werde euch hier nicht zurücklassen. Darauf könnt ihr Gift nehmen. Seht euch um. Ihr seid nicht alleine." Er sah erst Joshua, der ihn von unten her intensiv anblickte, und dann Noah, dessen helle Augen wie Irrlichter flackerten, fest in die Augen.
[Abbys Kinder. Verdammt noch mal.] Er würde ihre Lebensaufgabe weiterführen. Für sie, für die beiden und auch für sich selbst.
"Es gibt eine Insel am anderen Ende der Welt: Irland. Sie ist wunderschön und ist ein Ort ohne Zombies. Wenn wir hier draußen sind, werde ich euch dorthin mitnehmen. Eure Mutter wollte euch mehr als alles andere in Sicherheit wissen." Alistair lächelte. "Und darum dürft ihr nicht aufgeben."
Noah blickte sprachlos von Joshua zu Alistair und wieder zurück. Man konnte sehen, dass er nicht ganz begriff, was gerade geschah, aber es schien etwas Gutes zu sein.
Joshua hielt seinen Blick nach wie vor auf Alistair gerichtet - der Junge hätte einen Starrwettbewerb mit einer Katze gewinnen können - und nach einer gefühlten Ewigkeit, in der sein Blick ihn förmlich zu durchbohren schien, nickte er langsam. Er traute dem Mann. er konnte sie hier rausbringen. Er hatte ein Ziel vor Augen. Sie würden mit ihm gehen. Josh entspannte seine vor Fieber schmerzenden Muskeln und genoss das Gefühl der Hand auf seinem Kopf.
Ein Beschützer.
"Wir werden nicht aufgeben.", versprach er.
Geändert von Ty Ni (31.08.2012 um 17:32 Uhr)
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