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Legende
Tess trat zögerlich hinaus in den Regen, eher um von Clover wegzukommen. Ein Ziel hatte sie nicht. Sie fühlte sich in der Nähe der Sängerin (Clover) merkwürdig. Die Frau strahlte von innen heraus, auch wenn sie sichtlich lustlos in dem Papier herumgewühlt hatte – ihr Interesse an den andren hatte das nicht gedämpft. Bewundernswert. Aber sagen konnte sie es nicht.
Ein weiterer Blitz vom gewitterschwarzen Himmel, der sie hochschrecken ließ. Sie konnte von einem Moment auf den andren keinen klaren Gedanken mehr fassen, stolperte und fiel zurück in das Kommandozelt. Schwer atmend lag sie vor Ian, Clover und Dob, der eben noch im Begriff war Ian von seiner Entdeckung zu erzählen und noch den Mund offen hatte, auf dem Boden. Die Hände hatte sie wie ein kleines Kind vor die Augen geschlagen um die Lichtblitze abzuwenden. Ein weiterer Blitz erhellt die Aussenwand des Militärzeltes, der Tess unter den Tisch in der Mitte des Raums robben ließ. Ausser dem Rasen ihres Herzens und dem Wasser in ihren Schuhen war da nur noch ihre eigene Angst.
Tess wirkte wie eine Katze, die man versucht hatte zu ertränken. Schreckhaft, aufgelöst, zitternd vor Kälte und Panik. Ihr wirres Haar stand kreuz und quer vom Kopf ab. Ihre Hände und Knie waren seit den Kanälen aufgerissen und zwischen dem Matsch und dem Gras sickerte ein wenig Blut in ihre Hosenbeine. Das violett-schwarze Auge das ihr Dob verpasst hatte und die aufgeplatzte Haut an ihrem Gesicht, tat sein übriges um sie wirklich fertig aussehen zu lassen. "Ich wünschte ich könnte einfach nur sterben, damit es aufhört."
~*~
Es gab nur zwei Dinge vor denen sie Angst hatte. Und eines davon waren diese Scheißgewitter.
Das Gefühl, wie Vieh zur Schlachtbank getrieben zu werden, in die Arme der Metzger. Und das von denen, denen sie vertraute - Befehl von ganz oben. Wir handeln vorausschauend, nicht human. Manchmal erkennt man erst zu spät das man nie Rücken an Rücken stand, sondern der Geliebte mit einer Waffe im Anschlag direkt hinter einem steht. Oder passender - über einem, auf einem beschissenen Felsvorsprung, mit jeder Menge Sprengladungen zum abwerfen.
Aus jeder Richtung Feuer, Explosionen, Rauch, Lichtblitze, Todesschreie. Sie wusste nicht wie, aber sie hatte sich hangabwärts fallen lassen. Dann war sie gerollt. Gerollt. Immer weiter gerollt. Und als sie von einem aufflammendem Feuerzeug geblendet wurde hielt ihr ein zitternder Soldat der Schweizer Armee den Mund zu. Der junge blonde Sanitäter, mit den Locken aus Rauschgold und der puren Unschuld in den Augen, übergab sich. Und dann wollte er nur noch sterben, sich nicht auf diese Hetzjagd einlassen. „Lasst mich, sie sind alle tot! Er hat sie alle umgebracht! Sie sind überall! Einfach überall. Ich kann das nicht...“ Sie waren die letzten drei Lämmer. Es würde keine Rettung kommen für die, die man ausgesandt hatte um einfach nur zu sterben um Verräter, die Rechnungen nicht begleichen wollten, in die Falle zu locken. Aber ihr geliebter Jay hatte dafür bezahlt.
~*~
Sie wusste nicht wer ihr die Decke und die Kippe gereicht hatte. Aber sie sah schemenhaft Dobs besserwisserischen Blick mit einem fetten Grinsen im Gesicht, was beinahe noch schlimmer war als das Gewitter da draussen. Irgendwas von wegen „Ich hab dir noch gesagt, dass du dich mehr entspannen musst“ drang an ihr Ohr. Sie war sich nicht sicher, ob sie Drogen jetzt noch abgelehnt hätte.
Dob war immer noch da... also... was solls. "Dob, hei... ich glaub ich könnte... echt mal was zum loslassen brauchen. Die ganze Scheiße hier ist doch eh schon unkontrollierbar geworden. " Dem Sunnyboy fiel daraufhin erstmal die Kippe aus dem Mund. Er war schlichtweg sprachlos. Und als er wortlos das Päckchen aus seiner Tasche kramte und Tess ihn dann nur mit einem hundelenden Blick ansah und auf ihre zitternden Hände zeigte, "Ich... glaub aber ich kriegs nicht hin mir selber was zu bauen... würdest du? Bitte?" rettete er ihr mit einer schönen ordentlichen Portion Gras das Leben. Immerhin kommt die mal zur Vernunft...
Das alles war so grotesk. Aber es wurde besser. Sie fühlte sich leichter mit dem Joint in der Hand. Mit geschlossenen Augen bekam sie es sogar hin das blitzen zu ignorieren und loszulassen. Es einfach sein zu lassen. "Is gut das du da bist Dob. Gleichstand und so. Ich würd dir noch hundertmal das Leben retten. Bist n prima Kerl. Wirklich. Wusste ich schon als du mir die erste gelangt hast. Ich erkenn das, wie ein Mann beinander ist, in der Art wie er zuschlägt. Hast nen ordentlichen Schlag."
Sie zuckte grade zusammen unter einer Folge von drei Blitzen, als Helenas Funkspruch kam. „Hallo Welt, hier ist die Erste von den beiden.“ Ein eigenartig trauriges Lied verwob sich mit diesem Funkspruch. Was hatte Helena ihr gesagt? „Ich werde die Wichsflöte eher eigenhändig erschießen“ „Ach du Scheiiiße.", stieß sie mit einem Kichern hervor. "Und ich hab ihr auch noch eine Waffe in die Hand gedrückt. Bin ich bescheuert, oder bin ich bescheuert. Dob sags mir. Ich bin doch echt einfach nur bescheuert. Mal schaun, was die Bande da draussen im Regen sonst so macht - Dob, ich komm gleich wieder, mach das er nicht ausgeht, hm?“ Sie lachte und schritt aus dem Zelt. Die beiden Signalfackeln brannten noch an der Ecke des Lagers. Tess streckte die Zunge aus und ließ sich den Regen darauf tropfen. Dann kratzte sie sich unter den Achseln und rief mit einem Kichern in die Runde: „Überlasst mir das. Mit blöden Sprüchen kenn ich mich aus! Ausserdem hab ich ihr die Wumme gegeben. Ich bads aus, ich bin immerhin Dr. Cutter. Zu ihren Diensten.“
Dann schlidderte sie auf Helena zu, die am Rand des Lagers stand von wo aus sie den Krater erblickten konnte an der Axels Überreste lagen. Gegen den Zaun drängten sich unzählige Zombies, streckten ihre Hände durch die Maschen, würgten vorfreudig Jamjam-Fleischmatsche aus ihren Gedärmen hervor.
Tess lief weiter. Verwundet. Zitternd vor Kälte. Ein Glucksen im Hals. Sie warf den rot-blau-violetten Dingern sogar einen Gruß zu "Die Welt grüßt ihre Bewohner. Lets Partey, ihr Süßen!" Wenn Blondie sie abknallte, hielt sie wenigstens ihr versprechen Dob gegenüber. Der Gruppe gegenüber. Dann sollte es eben so sein. „Hei, wunderwunderschöne Helena, was machst du hier im Regen? Willst du nen trojanischen Krieg anzetteln? Der war schon.. vor ner Weile. Bist zu spät Schätzchen.“ „Hei Dr. Cutter. Sie stehen in der Schusslinie. Ich warte hier auf eine Ratte.“ Machete knurrte leise, wie um diese Worte zu bestätigen. „Das ist mir klar. Aber meinst du es bringt irgendwem was, wenn wir alle tot am Boden liegen? Am Boden liegen is okay, aber tot... ich weiß nich wies dir geht aber ich hätt gern noch ein paar Jahre.“ Helenas hochgezogene Augenbraue sagte ihr alles, was sie wissen musste. Andris blablate ins Funkgerät, was Tess mit einer Handbewegung imitierte. Er schien Axel, der ihm den Popo gerettet hatte irgendwie zu vergessen – oder ihm war der frische Mord einfach wichtiger. Rache. Verrat. Das letzte Wort erinnerte Tess an irgendwas. Aber ihr Kopf war herrlich leicht und es war ihr egal. Die sollten einfach nur aufhören zu streiten.
Ein weiterer Blitz, bei dem Tess zusammenzuckte und „Huch“ machte. Dann kicherte sie los und stolperte zwei Schritte weiter auf Helena zu. Mit dem Gleichgewichtssinn schien sies nicht mehr so zu haben... das konnte gefährlich werden an der steilen Schanze, das war sicher auch Helena klar.
„Helena. Die Toten sind niemals weit von uns entfernt. Sie leben in uns weiter. Axel lebt. In. Dir.“ Wie um diese Worte zu verfestigen klopfte sie sich aufs eigene Herz mit einem treuherzigen Blick, den man sonst so gar nicht von der ollen Schreckschraube kannte. „Das klingt voll gruselig, isses aber nicht. Ich mein- würden dies sonst in nen Disneyfilm packen? König der Löwen, den mussu sehen. Einfach packend. Und son bisschen traurig." Sie schien den Faden verloren zu haben. Oder ihren Verstand. Oder beides. Mit einem Blick auf den Lauf des Gewehres erinnerte sie sich aber wieder daran, wieso sie hier stand. "Der Axel der hat gute Arbeit geleistet. Und er hätte uns alle beschützt. Aber jetzt wo ers nich mehr kann müssen wir das machen, mkay? Lass uns Axels Marke holen gehen, ja? Riley meinte doch sie ist im LKW geblieben. Wir schlagen uns durch. Ich nehm eine seiner angematschten Waffen und dann... holen wir seine Marke. Um einem guten Mann mit Klöten aus Stahl zu gedenken. Und danach spachteln wir was, ich hab nen Mordskohldampf. Du nich?“
Sie wusste nicht wie wehrlos sie aussah. Sie wusste nicht, das wenn Helena jetzt abdrückte es nicht mehr viel von der Ärztin aus Leidenschaft (*hust*) geben würde was man begraben konnte. Aber sie war beflügelt von der Leichtigkeit der Narren. Und einem verdammt guten Joint. "Sag mal Helena, hat dir schonmal jemand gesteckt das du mit ner Waffe verdammt heißt aussiehst?"
Geändert von Viviane (28.08.2012 um 13:22 Uhr)
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