Fawyer hob das gesamte Netz mit den Kisten glatt mit dem Kran an und brachte sie als würde er in seinem Leben bisher nur Monsterkräne bedienen, näher zum Strand. Tess konnte vom Strand sehen wie er auf die Schaltknüppel im Kabuff einhieb. Allerdings schien er zu wissen was er tat... die Kisten landeten mit einem Krachen in ihrer Mitte. Die Fußpumpen taten ihr übriges um sie alle vor einer Lungenembolie zu bewahren. "Na toll, jetzt wirst du ja gar nicht mehr zum Blasen kommen. Aber hey, ich werd trotzdem dafür sorgen, dass du feucht wirst." Dob setzte sein dreckigstes Grinsen auf. „Schwafel nicht, sieh zu das wir das erste Teil endlich seetauglich bekommen!“ Dob würde die Zombies definitiv fernhalten. Mit seinem Charme konnte er hoffentlich wenigstens das hinkriegen.
Sie arbeiteten Hand in Hand. Sie funktionierten. Gott waren sie gut. Tess lächelte Isa mehrfach strahlend an. Die Kleine hatte mehr drauf, als man auf den ersten Blick sehen konnte. Sie zitterte nicht, zögerte nicht. Funktionierte. Das erste Boot war startklar. „Isa hier. Das erste Boot ist bereit. Die ersten vier Leute, runter zum Strand. Los!“
~*~
Fußpumpe, Reperatursätze, Aluminiumruder. Alles kam mit ins erste Boot, bevor sie es zu Wasser ließen. „Dani!“ Tess hechtete durch das seichte Wasser zu der angespannt aussehenden Frau. „Tritt ihnen allen ordentlich in den Arsch, die Truppe machts sonst nicht mehr lange. Und vergiss ihn niemals. Vergiss keinen einzigen.“ Unausgesprochen blieben die Namen. Die Helden der vergangenen Tage waren zuviele um sie aufzuzählen. Tess friemelte wieder das zusammengefaltete Papier aus ihrer Hosentasche. „Du kennst das Prozedere. Nimm die Notizen. Bitte.“ Dani blickte sie leicht genervt an, Trauer in den Augen - dann nickte sie nur.
Tess kniete sich neben das Boot und suchte nach Leo um ihr ihre improvisierte Schwimmweste zu geben. „Alistair was...?“ „Sie... ist mit Clover bei den Funkgeräten gewesen. Ich... sie rennt wie der Teufel, sie wird kommen.“ Sie drückte dem Iren das Panzertape in die Hand, mit der anderen drückte sie ihm die Schulter. „Sorg einfach dafür das ihr vier heil drüben ankomm. Und... wenn du eine Wunde am Boot entdeckt und es zischt tust du was?“ Er lachte und seine Augen glommen traurig als er an ihr vorbei zum Lager hochblickte. „Pusten und kleben?“ „Ja. Genau so machst du das. Ich hole Leo und bring sie zu dir zurück. Versprochen."
Da schwankte bereits eine Gruppe von Infizierten zu ihnen heran. „Helena!“ Aber es war Fawyer, der aus der Deckung vom Kran her die Truppe niedermachte. Tess wusste nicht wieso – aber als sie mit Dob und Isa die anderen zwei Boote startklar gemacht hatte und sie wie Sandwichhälften übereinander stapelten um sie gleichzeitig zu Wasser zu lassen, packte sie wieder dieser unsägliche Teufel des Aktionismus. „Isa, wir brauchen Zeit. Je mehr Leute hier unten sind, umso mehr von diesen Biestern kommen uns auf die Spur. Und ich will Leo und alle anderen die da noch runter kommen müssen da oben sicher rausholen - wir müssen die Viecher ablenken, damit sie ne Chance haben. Kannst du rennen?“ „Ja. Ich weich den Bastarden einfach aus, kein Problem.“ „Dann nehmen wir die Signalfackeln und rennen – Dob, du hilft den andren weiter in die Boote! Isa und ich kommen gleich zurück!“ „Tess, was soll der Scheiß? Was wenn... daaa FUCK!“, da knallten wieder Schussalven und keine 5 Meter hinter Dob fiel eine Baywatch-Blondine mit blauer Haut zu Boden. „Wenn ihr unsre Signalfackeln nicht mehr seht... dann seht zu das ihr euch das Boot schnappt und rüber kommt. Wenn nur noch du und Fawyer hier unten sind, kommen wir zurück so schnell wir können. Bastelt uns eine Fangleine ans letzte Boot oder sowas, lasst sie am Ufer liegen, verhakt sie, dann schippert los. Wir sorgen dafür das die Bastarde lange genug von euch allen wegbleiben.“ „Ja. Wir machen das Dob. Also los Kleines, zeigen wirs denen - Hooah!“ Tess geballte Faust traf auf Isas Hand. Beide waren fest entschlossen die Schützen mit einem Ablenkungsmanöver zu unterstützen.
~*~
Sie selbst war immer noch hier, weil es nur darum ging zu leben. Oder zu sterben. Mehr nicht. Und wenn es um nichts anderes ging als Leben oder Sterben – wer war sie, die eigentlich bereits 2 Mal hatte sterben sollen, die sich dem Schicksal entgegen stellte? „Dein Wille geschehe. Ich bin dein Werkzeug. Tue an mir, nach deinem Willen. Ich bin bereit.“Sie küsste das blassgoldene Kreuz an ihrem Rosenkranz, hängte es sich um den Hals – und rannte mit 3 Signalfackeln in jeder Hand los, schreiend, rufend, winkend – in der Hoffnung der köstliche Duft nach Menschenfleisch würde die Bastarde auf ihre Spur bringen.
Tess rannte mit den Signalfackeln unter lautem Rufen und Hüpfen am Strand entlang nach Norden, während Isa den Strand nach Süden entlang lief. Es gibt keine Zufälle, hatte ihre Großmutter immer gesagt. Alles ist miteinander verwoben. Nichts passiert ohne Grund. Kein Mensch stirbt, ohne eine Nachricht, eine Spur im Leben der andren Menschen zu hinterlassen. Sei dankbar, für die die du treffen durftest. Für die kurze Zeit, in denen ihr euch Zeit und eure Anwesenheit schenken durftet. In der ihr voneinander gelernt habt. Blick nach vorne und trag sie in deinem Herzen wie ein kostbares Geschenk. Trag ihre Spuren und Nachrichten, ihre Gefühle weiter – und sie werden unsterblich sein. Nikita, Mike, Travis, Kekoa, Ryan, Abby, Michail, Axel... „Wir werden... leben.“ Es war nie darum gegangen Macht oder Stolz oder Sühne zu erlangen. Es ging nur ums verdammte, wunderbare, nackte Leben.
Sie kam am Nordende der Bucht an, die Bluttrinkenden Zombies im Nacken. Sie musste... weiterlaufen... damit die übrige Truppe weit, weit, weit weg war von den Biestern. Tess hörte bereits um sich herum das Schlurfen, Stöhnen, Knochen knacken, Zähne klappern. Sie roch den Fleischbrei der aus ihren Gedärmen hervorquoll. Überall war der Tod. Tod. Tod. Überall war der Geruch nach Tod. Sie konnte nicht weiterrennen - also umdrehen und …Ausdauer! Ausdauer! Alle 4 knallgelben Boote schaukelten auf dem Wasser. Unübersehbar. Fawyer ballerte wie ein Wahnsinniger und sogar von den Booten her erklangen Schüsse um die Streunenden Zombies umzunieten und im Schlamm zu begraben. Tess warf die Signalfackeln an die Steilwand und sprang zwischen den Klippen wieder hinab zum Strand. Sie benutzte ihren Kopf um das Gelände sinnvoll zu ihren Gunsten zu nutzen. Ich will sehen wie diese Fressen hier runter kommen wollen. Ausdauer! Ausdauer! „Na los, macht das ihr vom Strand wegkommt!“ hinter ihr fielen Infizierte wie Lemminge von den Klippen, immer noch auf ihrer Spur. Sogar mit zertrümmerten Beinen krochen sie weiter auf sie zu. Dann fielen sie neben ihr. Vor ihr. Stießen sich gegenseitig vor Hunger hinab zum Strand. „MACHT DAS IHR WEGKOMMT!“ Die Boote trieben davon. Und vom letzten schimmerte schwach die Fangleine im aufkommenden Sternenlicht.
~*~
Sie schlidderte zu Boden, Dob und Fawyer betrachteten sie missmutig. Aber Tess Plan hatte funktioniert. Die 3 Boote schipperten bereits in sicherer Entfernung. Gott sei Dank. Wenige Momente später lag sie nach Luft schnappend im sicheren Boot. „Durch Ausdauer... werden Kriege gewonnen...“ sie lachte lauthals. Und wieder war sie dem Tod um Haaresbreite entkommen. Gab es für sowas einen Eintrag ins Guinness Buch? Mhmmm Guinness...
"Ist die Kleine immer noch nicht da?" Kopfschütteln. Sie blickte sich um... und in der Ferne sah sie wie Signalfackeln aus der Sicht der Bootsinsassen hinter einer Sanddüne verschwanden – wie kleine Sternschnuppen, die immer noch glommen. Ihre Fangleine war immer noch am Ufer verankert... sie würden warten. Warten. Auf Isabelle. Auf Leo. Warten, solange es eben dauerte.
Nachdem Isabelle die Schwimmwesten fertiggestellt hatte, lief sie Dob und Tess hinterher, die schon zu den Booten aufgebrochen waren. Anscheinend war es Fawyer gelungen, den Kran ordentlich zu bedienen und die Boote näher an den Strand zu bringen. Die anderen beiden hatten sich bereits daran gemacht, die Boote genauer zu inspizieren, als Isa die sie erreichte.
„Wollen wir?“, fragte sie und nickte in Richtung der Boote.
„Oh, mit dir immer, Schätzen“, lautete Dobs fröhliche Antwort. Und ehe Isa etwas erwidern konnte, setzte der Mistkerl noch einen drauf. "Ich hab da übrigens ne Theorie", sagte Dob. Mit hochgezogenen Augenbrauen und geschlossenen Augen steckte er sich den Joint zwischen die Lippen. "Die Zombies, die riechen uns, weil wir wie Menschen riechen, weißte? Also werde ich überleben" - er steckte sich den Joint an - "indem ich wie eine Pflanze rieche."
„Das ist ja süß, aber kannst du uns Nichtrauchern trotzdem helfen, die Boote in Ordnung zu bringen?“ Erst jetzt bemerkte Isa, wie angespannt sie eigentlich war. Sie atmete tief durch und machte sich dann an die Arbeit.
Schon bald bemerkte sie, dass die anderen viel schneller vorankamen als sie selbst. Vermutlich war es nicht so klug gewesen, ihre Zeit an die Schwimmwesten zu vergeuden. Schnell verwarf sie den Gedanken – immerhin konnten dadurch Leben gerettet werden. Und zwar nicht nur ihr eigenes, sondern vielleicht auch das eines lieben Mitmenschen.
Was Ethan wohl gerade machte? Ob er wütend war über ihre Entscheidung? Und was dachte er wohl darüber, dass sie ihn geküsst hatte? Was, wenn er ganz anders über sie dachte, als sie über ihn?
Isa schüttelte diesen Gedanken ab. Sie musste das hier fertig bringen und die Antwort später, wenn sie alle wieder in Sicherheit waren, herausfinden. Aber eine Restfurcht blieb. Und obwohl Isa eifrig und mit großer Präzision am Boot hantierte und somit eigentlich abgelenkt genug war, merkte sie, wie ihre Stimmung sank. Dennoch machte sie weiter.
Das erste Boot war fertig und die ersten Flüchtlinge konnten in die Boote steigen. Doch anscheinend war noch nicht jeder so weit. Ausgerechnet die kleine Léo war noch nicht am Strand angelangt.
„Isa, wir brauchen Zeit. Je mehr Leute hier unten sind, umso mehr von diesen Biestern kommen uns auf die Spur. Und ich will Leo und alle anderen die da noch runter kommen müssen da oben sicher rausholen - wir müssen die Viecher ablenken, damit sie ne Chance haben. Kannst du rennen?“ Diesmal sprach Tess ihr aus der Seele. Das kleine Mädchen durfte unter keinen Umständen zurückbleiben. „Ja. Ich weich den Bastarden einfach aus, kein Problem!“, antwortete Isa entschlossen. „Dann nehmen wir die Signalfackeln und rennen – Dob, du hilft den andren weiter in die Boote! Isa und ich kommen gleich zurück!" „Wenn ihr unsre Signalfackeln nicht mehr seht... dann seht zu das ihr euch das Boot schnappt und rüber kommt. Wenn nur noch du und Fawyer hier unten sind, kommen wir zurück so schnell wir können. Bastelt uns eine Fangleine ans letzte Boot oder sowas, lasst sie am Ufer liegen, verhakt sie, dann schippert los. Wir sorgen dafür das die Bastarde lange genug von euch allen wegbleiben“, rief Isa den anderen noch zu.
Und dann rannte sie den Strand Richtung Süden hinunter. Überall waren nun diese verdammten Zombies. Und nur zu gerne würden sie ein wenig Menschenfleisch verzehren. Aber das würde Isa ihnen nicht gönnen. Sie war aus einem bestimmten Grund nach Australien gekommen – und er lag nicht darin von ein paar dreckigen, vergammelten Untoten verspeist zu werden…
Während sie einem Zombie nach dem anderen grazil auswich, machte sie sich das immer wieder bewusst. Sie war hier, um ihre Mutter zu finden.
Und da war noch mehr. Isa rannte nun, die wütende Horde hinter sich. Sie würde ihnen nicht in die Hände fallen. Sie würde Ethan wiedersehen.
Wie wild fuchtelte sie mit der Fackel, sodass jeder noch so verpeilte Zombie auf sie aufmerksam wurde. Einen Moment lang blieb Isa stehen, die toten kalten Augen auf sich fühlend. Genug Zeit war nun sicher vergangen. Also nahm sie die Beine in die Hand und rannte.
Gedanken an Ethan schossen ihr durch den Kopf. Die Art wie er sie angelächelt hatte. Wie er seine Arme um sie gelegt hatte. Wie sich seine Lippen angefühlt hatten. All dies gab ihr Kraft und ließ sie schneller laufen.
Bis sich vor ihr ein Zombie aufbaute. Innerlich fluchte Isa. Sie hatte ihn nicht gesehen, anscheinend hatte er regungslos am Strand gelegen, denn seine modrige Haut war von Sand bedeckt. Und jetzt streckte er seine ekelerregenden Hände nach ihr aus.
Nein, das würde Isa nicht zulassen. Nicht, nachdem sie soweit gekommen war. Entschlossen schlug Isa mit der Fackel nach ihm. „Friss das!“, schrie sie ihm wütend entgegen. Doch sie war nicht vorsichtig genug. Der Schlag brachte das untote Etwas zwar aus der Fassung, doch ein brennend heißer Schmerz machte sich auf Isas Arm breit. Sie hatte sich an ihrer eigenen Fackel verbrannt.
Doch das durfte sie nicht aufhalten! Sie musste weiter. Deutlich uneleganter als bisher, wich sie den zerfallenden Händen aus und rannte weiter. Dabei hielt sie sich unentwegt ihren verbrannten Arm. Es ging langsamer voran. Der Schmerz, die Anstrengung und der Sand erschwerten ihr Vorankommen. Doch wie sie zufrieden feststellte, war sie immer noch schneller als die Zombies.
Da – sie erblickte die Stelle mit den Booten. Und eins war noch angelegt.
Erleichtert rannte sie weiter. Doch dann sah sie, wie man ablegte.
Nein. Das durfte nicht sein…
„Stop! Halt, ich bin noch hier!!!“, schrie Isa, so laut sie konnte. Doch niemand achtete auf sie. Womöglich war sie zu leise. Und dann fiel ihr Blick auf eine weitere Zombiemeute, die in Richtung Boot wankte – und nun die Aufmerksamkeit auf Isa richtete.
„Nein…“, hauchte das Mädchen. Sie würde es nicht schaffen. Sie würde einfach hier zurückgelassen werden und als eine dieser widerlichen Kreaturen enden…
Und dann sah Isa sie… einfach so lag sie auf dem Boden. Eine der Schwimmwesten.
Ohne lang zu überlegen, zog Isa das Ding über und sprang ins Wasser. Das Salz brannte in ihrer Wunde und in ihren Augen. Trotzdem nahm sie all ihre Kraft zusammen und schwamm dem Boot hinterher.
„Hier bin ich! Helft mir. Ich bin nicht gebissen mir geht´s gut!“
Erleichtert stellte sie fest, dass man sie gehört hatte. Das Boot verlangsamte sich. Isa schwamm weiter und weiter, mit zusammengebissenen Zähnen, den Schmerz ignorierend. Sie hörte laute, aufgeregte Stimmen. Nur noch ein kleines Stück. Sie würde Ethan wiedersehen. Sie würde ihre Mutter finden.
Doch dann merkte sie, wie eine Strömung an ihr zog. „Beeilt euch, ich…“, schrie sie, doch die letzten Worte wurden vom Wasser verschluckt. Die Strömung war wie tausend Zombiehände, die gierig an ihr zogen. Dennoch schaffte sie es, erneut aufzutauchen.
Das Boot war jetzt ganz nah. Genau sehen konnte Isa niemanden mit dem ganzen Salz in den Augen. Doch sie meinte, aus dem Stimmen Tess und Dob herauszuhören. Eine Kinderstimme –Léo. Also hatte die Kleine es geschafft! Und war da noch jemand? Isa war sich nicht sicher, hatte sie doch mit dem Wasser zu kämpfen, welches ihr so schnell die Kräfte raubte und auch an der Schwimmweste wenig interessiert zu sein schien.
Das Boot befand sich genau vor ihr. Menschliche Hände streckten sich ihr entgegen. Isa streckte ihre eigene, gesunde Hand aus, um nach ihnen zu greifen. Nur noch ein Milimeter…
Und dann zog die Strömung erneut an ihr. Stärker als jemals zuvor. Isas verletzter Arm ließ sich nicht mehr bewegen, einzig der Schmerz war zu spüren.
Isabelle dachte an Ethan. Er war eindeutig nicht in dem Boot vor ihr. Sicher würde er wahnsinnig werden, würde er sie so sehen… Isa lächelte sanft. Wie gut, dass er sie nicht so sehen musste.
Dann schwappte die See endgültig über ihr zusammen.
Geändert von Zitroneneis (29.08.2012 um 22:25 Uhr)
Der Wind wehte über den Hafen, die Sonne ließ ihre letzten Strahlen auf die Sydneyer Skyline scheinen. Die Luft war geschwängert vom Geruch nach Tod und Verwesung, ein eklig süßlicher Geruch. Jeden normalen Menschen würde es die Galle hochbringen, doch die Gruppe war inzwischen daran gewöhnt. Während der nun fast einwöchigen Dauerflucht war es ihr ständiger Begleiter gewesen, von wenigen glücklichen Ausnahmen abgesehen. In dieser kurzen Zeit hatten sie gelernt zusammenzuarbeiten. Selbst Fawyer, der sich zuerst distanzierte erkannte die Notwendigkeit einer engen Kooperation.
Um den Kran zu bedienen musste er hinauf in die Fahrerkabine. Eine schmale Leiter führte hinauf.
Während er mühsam die einzelnen Stufen hinaufging musste er über die letzten Tage nachdenken. Er hatte sich doch verändert, musste er zugeben. Die Opfer waren nicht spurlos an ihm vorbeigegangen, auch wenn er vielleicht etwas anderes behaupten würde. Die Tatsache, dass er sich hier für die Gruppe einsetzte bewies das. Aber auch Hintergedanken hatte er, ohne die anderen würde er selbst sterben. Er fragte sich ob ihn das zu einem „schlechten Mensch“ machte, und wurde sich klar, dass ihm das eigentlich egal war. Er war angekommen.
Vieles ging ihm durch den Kopf als er im Kran saß. Es war das erste Mal, dass er sich mit so einem Gerät auseinandersetzen wurde. Die Pläne des deutschen Mädchens halfen ihm etwas, so gab es eine kleine Anleitung, die aber kaum als grundlegende Beschreibungen gab. Dennoch genug für Fawyer um zu verstehen, dass dieses Ding hier höchstes High-Tech war. Er hatte zuerst einen alten verrosteten Kran erwartet, aber die Aussies hatten tatsächlich Geld für derlei Extras.
„Hier Fawyer, ich fange dann an den Kran in Gang zu setzen, entfernt euch bitte von den Booten.“, warnte Fawyer noch die anderen, bevor er sich dran machte die Richtigen Knöpfe zu finden.
Aber zuerst musste er es einschalten. Er drückte auf den großen roten Knopf.
„Ein Notruf wird abgesetzt. Die lokale Rettungsleistelle wurde informiert. Warten sie auf Rettung.“, informierte ihn eine monotone Frauenstimme.
„Etwas zu spät…“, sagte er mit einem Blick auf die Zombies um das Lager herum. Ob da wohl einer der Sanitäter unten ist?
Na gut, dann probieren wir etwas anderes.
Fawyer fielen drei Drehschalter auf dem Dach der Kabine auf. Er drehte sie alle auf und … der Motor sprang an. Ein Grinsen verirrte sich in sein Gesicht, bis sich der Motor wieder abwürgte. Es dauerte ein paar Sekunden bis Fawyer verstand, dass er die Knöpfe in einem bestimmten Interwall betätigen musste. Dann lief der Kran.
Die Bedienung des Krans selbst war dann überraschend einfach. Es gab einen einfach Knüppel, mit dem er den Kran horizontal verschieben konnte, und einen Hebel zum runterlassen und greifen. Wie die bekannten Spielautomaten.
Glücklicherweise hatte Fawyer in seiner Kindheit, bevor er Vollwaise wurde, ständig in Spielehallen verbracht. In wenigen Handgriffen waren die Boote in Richtung Wasser, um sie Tess, Dob und Isa zum Aufbauen bereitzustellen. (Probe auf Intelligenz: Erfolg!).
Er hatte mal wieder ein gutes Werk getan.
Bevor er gleich hinunterstieg gönnte er sich noch eine der Zigaretten die Dob im LKW ausgegeben hatte, während er die Beine über dem Steuerpult übereinander warf. Wenn die ganzen Zombies und die Apokalypse nicht wären, wäre es ein eigentlich schöner Sonnenuntergang.
Sie ist weg. Sie ist weg und ich... Ich musste die Tür verbarrikadieren. Muss warten bis sie hier reinkommen und... Wenn mich die Zombies nicht kriegen, kriegen mich die Bomben, also - keine Chance auf eine weitere Sendung, Leute.
Ah shit, ich glaube es wird Zeit für ein paar *langer, lauter Seufzer* Sachen die ich sagen muss, damit ihr wisst woran ihr seid.
Ich bin nur ein Kindergärtner, der mit seiner Mum abgehauen ist als es anfing. Ich... ich dachte sie würde durchhalten bis ein Gegenmittel verfügbar wird, aber...
Radio. Das war immer mein Traum. Meine eigene Show. Yuki half mir dabei, sie klaute das ganze Equipment von den Nationalgarde-Arschlöchern zusammen und... ich wünschte sie wäre jetzt hier. [Ohne scheiß, wenn du jetzt heulst, war alles umsonst. Reiß dich am Riemen!]
Ich hab euch bereits gesagt, dass ich es nicht tun konnte. Ich kann meine Mum nicht erschießen, egal was für eine Form sie annimmt. Willy ist durchgeknallt, aber so durchgeknallt nun auch wieder nicht.
Yuki.
Yuki hat mich gerettet. Und ich hätte sie fast umgebracht, es tut mir leid.
Ich hab mal eine 16-jährige gebumst, aber ich schwöre es euch, ich-
*hustet etwas hoch, wahrscheinlich*
-ah, igitt-
*spuckt es aus*
wusste es nicht bis zu dem Moment wo sie mir sagte, dass sie es cool finden würde, wenn ich ungeschnittene Filme für sie organisieren könnte. Soviel muss dazu gesagt werden.
Ähm. Was noch?
Was könnte ich noch loswerden, bevor diese verkackte Tür auffliegt? [Wann hört dieses Scheißpoltern auf? Geben die nie auf?]
Ich werde sterben. Aber zumindest trete ich ab mit- [Oh mein Gott, Explosionen. Sie kommen näher.]
mit einem Lächeln im Gesicht. Mit einem fetten Lächeln im Gesicht, hört ihr? Mit Hoffnung, dass alles gut wird! Hahaaa!
[Ruhig Willy, du kannst das. Du schaffst das.] Danke Ellen. Danke, euch Überlebenden vom Flughafen Sydney. Danke euch. Ihr seid- [Sie kommen näher.] der Grund warum ich hier bin. Ihr und all die anderen Freaks da draußen, die es schaffen werden. Ihr schafft es. Hört ihr mich? Und wenn ihr es nicht schaffen solltet- [Näher.]
Ah fuck! [Näher.]
Es wird heller da hinten, ich kann's durch mein Fenster sehen! Fuck, fuck, fuck! [Näher.] Wenn ihr es nicht schaffen solltet und an all die, die es nicht geschafft haben! [Näher.] [Die Glasscheiben zerbersten. Ich spüre die Splitter, wie sie mir ins Gesicht fliegen, an den Körper, überallhin.] Ich warte oben auf euch. [Aber ich spüre nichts.]
Der Wahnsinn des Krieges war über sie gekommen…
Es schien keine Rolle zu spielen ob man Nationalgardist, Soldat der ADF oder ein Offizier war – jeder Einzelne von ihnen war wahrscheinlich ein Patriot und der Ausmaß der Katastrophe, der Zombie-Apokalypse gar, konnte sich am besten daran ermessen lassen wie verzweifelt sie sein mussten um eine ihrer größten Städten mit unvergesslichen Kulturdenkmälern zu bombardieren.
Und was auch immer den Teufel über Sydney heute Abend tanzen ließ – die Handschrift Maddox’ war unverkennbar. Sie sahen wie Gebäude in Flammen aufgingen deren Transparente auf Überlebende hinwiesen, sie konnten sehen wie eine Brücke pulverisiert wurde auf der sich ein Wagen auf ihre Position hin bewegt hatte…
Leeland wollte Sydney brennen und sterben sehen. Als Nero der Neuzeit beherrschten seine Legionen die Luft, wie die Überlebenden nun sehen konnten:
In großer Höhe – fast so als wären sie zu feige ihren Opfern in die Augen zu sehen – flogen die Bomber dahin, ein malerisches Bild vergangener Flugshows bis sie die ersten Bomben ausklinkten und diese wie Sternschnuppen am Boden verglühten und die Stadt erst in ein grellrotes Licht tauchten und dann alles verzehrendes Feuer spieen.
Es war fast als würden die Überlebenden „spüren“ wo die Bomben einschlugen um das Antlitz der Stadt auszulöschen. Dort, der Feuerball ganz im Süden musste das Stadion gewesen sein und was dort wie leises Knattern erst anschwoll, konnten nur die Treibstofftanks der Raffinerie sein…
Fawyer konnte von seinem Kran aus erkennen wie die Stadt in blutigrotes Feuer getaucht wurde und von diesem bizarren Anblick konnte er die Augen kaum abwenden. Als seine Arbeit getan war, beeilte er sich die Leiter nach unten zu kommen.
Die anderen waren mittlerweile in den Booten und das Herz blieb ihnen stehen als sie erkannten, dass die Bomber nun auf ihren Standort zuhielten…
Die Schnauzen der Flugzeuge erinnerten an Haie die Blut gewittert hatten und es schien dem irren Offizier eine Herzensangelegenheit zu sein, die Gruppe ausgelöscht zu wissen die es gewagt hatte, sich mit McCormack zu verbünden, denn schon gingen die Bomber tiefer als wollten sie das Zielen dem mordlüsternen Auge und keinem Bordcomputer überlassen.
Leocadia saß in dem Zelt und das schwarze Mikrofon wirkte umso klobiger und größer in ihren kleinen Händen…
Und sie begann zu sprechen, ein Erwachsener würde es fast plappern nennen.
Als keine Antwort erfolgte, wusste Leocadia, dass irgend etwas schiefgelaufen war. Sie hatte das Erwachsenengerät falsch bedient und dieser Fehler würde wohl Ärger bdeeuten.
Traurig blickte sie an das Zeltdach, unfähig, ihre Beinchen zu bewegen als die Flugzeuge sich näherten.
Dann – plötzlich – eine vertraute Stimme.
„McCormack hier – Funkspruch wird durchgeleitet.“
„Fremden Funkverkehr ignorieren!“, bellte die Stimme von Maddox in das Funkgerät und kurz danach war ein Schuss zu hören und das sterbende Keuchen von McCormack.
Doch die Verbindung zu den Bombern war hergestellt und Leo begann zu sprechen. Wie ein Wasserfall und ohne Pause.
Leo konnte nicht wissen, welche Gefühle sie in den Piloten auslöste, doch Leeland Maddox tat was er tun musste UM seine Tochter im Alter von 7 zu retten. Und so drohte er, er fluchte und befahl.
Doch die Herzen der Piloten waren gebrochen, die Männer mit den Todesbefehlen entglitten ihm, es war irgendwo ein einem geheimen Kommandobunker, in dem ein in die Jahre gekommener Mann sein Lebenswerk und dann sein Leben durch seine eigene Hand verlor.
Tief im Fels des Bunkers war der einzelne laute Schuss nur eine Randnotiz. Für Maddox Leeland war es das ende seines verkorksten Lebens.
Draußen waren die anderen bereits in die Boote gesprungen und bereit, sich abzustoßen und das Wagnis der Fahrt aufzunehmen. Doch dann sahen sie die 3 Maschinen die aus der Formation ausscherten und nun genau auf sie zuhielten.
Im Angesicht des drohenden Todes war lähmendes Entsetzen alles was sie spürten. Doch was sie sahen, glich einem Wunder: Die letzte Maschine ließ sich sichtlich weiter zurückfallen und schoss plötzlich zwei Raketen auf die beiden Flugzeuge vor sich. Die Rauchsäule des Raketenantriebs war gegen den feurig-dunklen Nachthimmel gut auszumachen und dann geschah es: Zwei der Drei Maschinen gingen in Flammen auf als die Raketen trafen. Die dritte Maschine die geschossen hatte, jagte über die Köpfe der Überlebenden hinweg und in dem Moment in dem Leo aus dem brennenden Zelt gestürzt kam und sich lächelnd in ein Boot warf, wackelte der Bomber wie zum Salut mit den Flügeln und schoss dann in die Nacht davon.
„Wo ist Isabelle?“, fragte Fawyer, der in diesem Moment seines Triumphes zur Gruppe stieß und Trauer senkte sich wie ein Leichentuch über die Gruppe die das letzte Boot vom Ufer losmachte und Richtung der Halbinsel ruderte. „Sie hat es nicht geschafft. Wahrscheinlich liegt sie irgendwo da hinten in den Trümmern des Bombardements…“, sagte die Ärztin leise und Fawyer wurde blass.
Kein Wort wurde gesprochen als sie still und leise ihrer Kameradin Isabelle gedachten, die ihr Leben für sie gegeben hatte – wie schon andere vor ihr. Leise, fast zärtlich tauchten die Ruder in das Wasser der Bay ein und Meter für Meter näherten sie sich dem Garden Island…
Noch immer regnete es wie aus Eimern und Ruß, Tränen und Regen vermischte sich zu einem fettig-schwarzen Brei auf ihren Gesichtern, der Geruch nach Feuer und Brand und Rauch hafteten ihren Kleidern an. Hinter ihnen stand die kleine Festung in Flammen, die Flugzeuge jagten mit unverkennbarem Hass ihre Munition in den Ort den sie kurz „Heimat“ nennen durften.
Und dann sahen sie es – während ein weiterer Feuerball den Nachthimmel erhellte, konnten sie den großen unförmigen Schatten erkennen, der nördlich von ihnen durch das Wasser gepflügt war. Ein riesiges Schiff unter amerikanischer Flagge welches dann im Norden des Garden Islands hinter den Silhouetten aus Lagerhäusern verschwand.
Entsetzen stand den Überlebenden ins Gesicht geschrieben, sie waren ihrer Rettung so nah wie nie zuvor gewesen. Es schmerzte körperlich, dem Impuls nicht nachzugeben und dem Schiff hinterher zu rudern, doch ihre Schlauchboote waren gefundenes Fressen für das nun aufgewühlte Wasser der Bay. Wenn sie leben wollten, mussten sie sich Richtung Osten halten um in der Mitte der Halbinsel schließlich zu landen…
Und um dort auf Sanders zu treffen, McCormacks letztem Getreuen in Sydney.
Es war genau in dem Moment, in dem sich die schwarzen Lagerhallen von Garden Island abzeichneten, als Ethan die angekokelten und halbverbrannten Bilder von Isas Mutter aus ihrem Besitz an seinem Boot vorbeitreiben sah und schnell in das Wasser griff…
Geändert von Daen vom Clan (29.08.2012 um 22:53 Uhr)